Bitte nach Jahren und Hafteinrichtungen getrennt aufführen

(Bitte nach Jahren und Hafteinrichtungen getrennt aufführen.)

In wie vielen Fällen sind in den Jahren 2000 bis 2003 sowie im ersten Quartal 2004 Übergriffe von Häftlingen gegenüber Abschiebungshäftlingen bekannt geworden, in wie vielen Fällen bestätigten sich entsprechende Vorwürfe und welche Folgen hatten Vorwürfe, die sich bestätigten, jeweils für die Beschuldigten?

(Bitte nach Jahren und Hafteinrichtungen getrennt aufführen.)

Wie viele ausländische Gefangene befanden sich in den Jahren 2000 bis 2003 sowie im ersten Quartal 2004 ausschließlich aufgrund von Verstößen gegen Vorschriften des Ausländer- oder des Asylverfahrensgesetzes

a) in Untersuchungshaft?

b) in Strafhaft?

c) in Untersuchungs- und Strafhaft?

(Bitte jeweils nach Jahren und nach den in Rede stehenden Vorschriften getrennt aufführen.) 38. Gegen wie viele ausländische Untersuchungs- oder Strafgefangene wurde in den Jahren 2000 bis 2003 sowie im ersten Quartal 2004 Abschiebungshaft als Überhaft angeordnet?

(Bitte nach Jahren und nach Dauer der vorhergehenden Untersuchungs- oder Strafhaft sowie nach Dauer der anschließenden Abschiebungshaft getrennt aufführen.) Antwort der Staatsregierung gegeben vom Staatsministerium des Innern vom 19. Oktober 2004

Allgemeines Abschiebungshaft stellt wie jede andere Form der Freiheitsentziehung einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Freiheit der Person dar. Sie wird in Bayern unter strikter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beantragt, angeordnet und vollzogen. Der Vollzug von Abschiebungshaft in den bayerischen Justizvollzugsanstalten entspricht in jeder Hinsicht rechtsstaatlichen Grundsätzen.

Das Zuwanderungsgesetz hat die bisherigen Ausweisungstatbestände in § 62 des Aufenthaltsgesetzes das das Ausländergesetz zum 1.1.2005 ablöst, weitgehend unverändert übernommen und diese sogar um einen weiteren Tatbestand (nicht unmittelbar vollziehbare Abschiebungsanordnung gemäß § 58a ergänzt. Der Bundesgesetzgeber hat damit erneut zum Ausdruck gebracht, dass als ultima ratio auf Abschiebungshaft zur Sicherung und Vorbereitung der Abschiebung nicht verzichtet werden kann.

1.1

Rechtliche Grundlagen 1.1.1

Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, Menschen zur Vermeidung des Untertauchens und zur Sicherstellung der Rückführung in Haft zu nehmen, hat der Bundesgesetzgeber bei Erfüllung der in § 57 des Ausländergesetzes aufgeführten Tatbestände eindeutig entschieden.

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 ist ein Ausländer zur Vorbereitung der Ausweisung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). § 57 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen ist, wenn

1. der Ausländer aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist,

2. die Ausreisepflicht abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort gewechselt hat, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,

3. er aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde,

4. er sich in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen hat,

5. der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will (Sicherungshaft). § 57 gilt in Fällen der Zurückweisung und Zurückschiebung nach unerlaubter Einreise entsprechend (§§ 60 Abs. 5, 61 Abs. 3 1.1.2

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in allen Verfahrensstadien und von allen beteiligten Behörden und Gerichten zu beachten. Er bestimmt die behördliche Vorgehensweise sowohl bei der Frage, ob Haft beantragt werden soll, als auch bei der Prüfung, ob angesichts der Länge der Freiheitsentziehung das öffentliche Interesse an einer wirksamen Durchsetzung ausländerrechtlicher Vorschriften noch in einem angemessenen Verhältnis zum Freiheitsanspruch des Betroffenen steht. Abschiebungshaft muss für die Durchführung der Abschiebung erforderlich und insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht auf das notwendige Maß begrenzt sein. In Ausprägung dieses Grundsatzes ist bereits gesetzlich bestimmt, dass Sicherungshaft unzulässig ist, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann (§ 57 Abs. 2 Satz 4 Sie kann grundsätzlich nur bis zu sechs Monaten angeordnet und nur in Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden (§ 57 Abs. 3 Ist die Ausreisefrist abgelaufen und steht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, kann ein Ausländer längstens für die Dauer von zwei Wochen in Sicherungshaft genommen werden (§ 57 Abs. 2 Satz 2 Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten (§ 57 Abs. 1 Satz 2 Eine Vorbereitungshaft ist auf die Sicherungshaft anzurechnen.

1.1.3

Im Zusammenhang mit der Abschiebungshaft sind die formellen Gewährleistungen der Freiheit der Person in Art. 104 GG zu beachten, insbesondere gilt der Vorbehalt richterlicher Entscheidung, der nicht zur Disposition des Gesetzgebers steht. Berechtigt zur Anordnung von Abschiebungshaft als freiheitsentziehende Maßnahme ist ausschließlich der unabhängige Richter, der im Sinne des Art.

Abs. 2 GG unverzüglich, d.h. ohne jede vermeidbare Säumnis, über den Antrag auf Freiheitsentziehung zu entscheiden hat. Das Verfahren über die Anordnung von Abschiebungshaft richtet sich gemäß § 103 Abs. 2 Satz 1 nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG). Das für die Anordnung von Abschiebungshaft zuständige Gericht hat den für die Anordnung von Abschiebungshaft entscheidenden Sachverhalt von Amts wegen umfassend aufzuklären. Gemäß § 5 FEVG ist die Person, der die Freiheit entzogen werden soll, vor Anordnung oder Verlängerung der Abschiebungshaft durch das Gericht mündlich zu hören. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz. Schon im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit ist eine besonders sorgfältige Ermittlung und Klärung des Sachverhalts, auf den der Haftantrag gestützt wird, erforderlich.

1.2

Allgemeine Anmerkungen zur Behördenpraxis in Bayern 1.2.1

Zuständig für die Beantragung von Abschiebungshaft bei den Gerichten sind die für den Vollzug des Ausländerrechts zuständigen Ausländerbehörden (§ 63 Abs. 1 Für die Beantragung der Abschiebungshaft besteht, soweit es beispielsweise zur Vorbereitung und Sicherung der Abschiebung erforderlich ist, auch eine (Parallel-) Zuständigkeit der bayerischen Polizei (§ 63 Abs. 6 1.2.2

In der weit überwiegenden Zahl der Fälle wird Haft zur Sicherung der Abschiebung durch die Ausländerbehörden beantragt. Den Ausländerbehörden obliegt die gesetzliche Aufgabe, die gesetzliche Ausreiseverpflichtung notfalls auch mit den Mitteln des Verwaltungszwangs (Abschiebung) durchzusetzen, wenn ein Ausländer zur freiwilligen Ausreise nicht bereit ist. Ohne die Möglichkeit, Abschiebungshaft zu beantragen, würden Abschiebungen, die bereits heute einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen, erheblich erschwert und es würden sich noch viel mehr Ausreisepflichtige als bisher der Abschiebung entziehen. Vielfach könnte die Ausreisepflicht mit vertretbarem Aufwand nicht mehr durchgesetzt werden, weil Ausreisepflichtige weitgehend folgenlos immer dann kurzfristig untertauchten, wenn eine Abschiebung droht. Auf Abschiebungshaft zu verzichten oder ihren Anwendungsbereich einzuschränken hieße auch, vor dem illegalen Aufenthalt zu kapitulieren und jene Ausländer eklatant zu benachteiligen, die ihrer Verpflichtung, aus Deutschland auszureisen, nachkommen.

1.2.3

Wird Abschiebungshaft beantragt und verhängt, lässt dies den Schluss zu, dass es keine Alternative zur Abschiebungshaft gibt, denn bereits die Ausweisungstatbestände knüpfen an ein Verhalten an, das befürchten lässt, dass sich ein ausreisepflichtiger Ausländer der Abschiebung entziehen wird. Abschiebungshaft trifft die Betroffenen daher nicht unerwartet, sondern ist in aller Regel Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens.

Gerade bei diesen Personen stehen auch in Bayern weniger einschneidende Maßnahmen als eine Freiheitsentziehung nicht zur Verfügung. So dient die Ausreiseeinrichtung für nicht ausreisewillige Ausreisepflichtige zwar dazu, Ausreisepflichtige zur Erfüllung ihrer Verpflichtung anzuhalten, an der Klärung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit und Beschaffung von Heimreisedokumenten mitzuwirken. Die Ausreiseeinrichtung ist jedoch eine offene Einrichtung, die jederzeit verlassen werden kann, und ist somit nicht geeignet, die Anwesenheit des Ausreisepflichtigen im Zeitpunkt der Abschiebung zu gewährleisten.

Bei begründetem Verdacht, dass ein Ausländer untertauchen oder auf andere Weise sich der Abschiebung entziehen will, räumen die zwingenden Haftgründe des § 57 Abs. 2 dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung grundsätzlich den Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des Betroffenen ein, jedoch nicht zeitlich unbegrenzt und ausnahmslos. Damit besteht grundsätzlich auch kein Handlungsspielraum für die Ausländerbehörde, die zur Sicherung der Abschiebung Haft beantragen muss.

Dem steht nicht entgegen, dass im Einzelfall geprüft wird, ob nicht dennoch weniger einschneidende Maßnahmen genügen, um den Erfolg der Abschiebung zu gewährleisten.

Gerade bei Familien kann der Zweck der Sicherung der Abschiebung häufig auch dadurch erreicht werden, dass Haft nur für den Familienvater beantragt wird. Bei schweren Behinderungen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Betroffenen wäre Abschiebungshaft häufig mit zusätzlichen und unverhältnismäßigen Belastungen und Risiken verbunden (vgl. Antworten zu Fragen 9-12).

Ist Abschiebungshaft angeordnet, werden die Verfahren zur Durchsetzung der Ausreisepflicht zügig betrieben (Beschleunigungsgebot). 1.2.4

Abschiebungshaft wird in Bayern in den Justizvollzugsanstalten vollzogen, die in Amtshilfe für die Ausländerbehörden tätig werden (§ 8 Abs. 2 FEVG in Verbindung mit den §§ 171 und 173 bis 175 des Strafvollzugsgesetzes Dadurch ist eine qualifizierte Betreuung der Betroffenen durch speziell hierfür ausgebildetes Fachpersonal gewährleistet. In den Justizvollzugsanstalten stehen neben dem qualifizierten Vollzugsbediensteten verschiedene Fachdienste wie Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter oder Geistliche für eine Betreuung zur Verfügung. Die Betroffenen können Freizeitmöglichkeiten der Justizvollzugsanstalten wie Sporteinrichtungen, Bibliotheken oder Einzel- und Gemeinschaftsfernsehen nutzen. Durch eine dezentrale Unterbringung in den verschiedenen Justizvollzugsanstalten ist gerade in einem Flächenstaat wie Bayern auch gewährleistet, dass, soweit soziale Bindungen des Abschiebungsgefangenen bestehen, diese durch Besuche gepflegt werden können.

Soweit es die personellen und räumlichen Gegebenheiten ermöglichen, werden Abschiebungsgefangene nicht gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht. In den Justizvollzugsanstalten in Nürnberg und München erfolgt die Unterbringung von Abschiebungshäftlingen in eigenen Abteilungen (Näheres dazu in den Antworten zu Fragen 1 und 2). Abschiebehäftlinge werden in den Justizvollzugsanstalten über ihre Situation und die Besonderheiten der Abschiebungshaft informiert. Neben den üblichen Informationen für Gefangene, die in Einzelfragen auch auf spezielle Bedürfnisse von Abschiebungsgefangenen eingehen und auch in verschiedenen Fremdsprachen erhältlich sind, wurde ein spezielles Merkblatt für Abschiebungsgefangene in verschiedenen Sprachen (deutsch, englisch, französisch, spanisch, türkisch, serbisch und arabisch) aufgelegt (Anlage 1).

Daneben stehen die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten für weitergehende Auskünfte zur Verfügung.

Beantwortung der einzelnen Fragen 2.1

Vorbemerkung:

Der Interpellation liegt offensichtlich die Vorstellung vom gläsernen Abschiebungsgefangenen zu Grunde, dessen personenbezogene Daten für alle möglichen Zwecke und auch ohne konkreten Anlass erhoben und miteinander verknüpft werden. Nur wenn dies der Fall wäre und es einen entsprechenden Datenvorrat gäbe, wäre eine annähernd zeitnahe und vollständige Beantwortung der zahlreichen Fragen und Unterfragen möglich.

Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Antworten ist daher zunächst klarzustellen, dass in Bayern spezielle Statistiken zur Abschiebungshaft weder bei den Ausländerbehörden noch bei der Polizei oder den Justizvollzugsanstalten geführt werden.

Die Daten werden auch nicht für das Ausländerzentralregister erhoben und dort gespeichert. Das Ausländerzentralregistergesetz erlaubt nur die Speicherung von explizit beschriebenen Speichersachverhalten, zu denen Angaben über den Vollzug von Abschiebungshaft nicht gehören. Im Bereich der Justiz ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeiten zur Auswertung allgemeiner Datensätze dadurch erschwert sind, dass diese gemäß § 184 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes zwei Jahre nach Entlassung gelöscht werden müssen.

Für die Beantwortung der sehr ins Detail gehenden Fragen müssten daher bei den verschiedenen Behörden Tausende von Vorgängen mit mittelbarem oder unmittelbarem Bezug zur Fragestellung gesichtet, anhand des gesamten Fragenkatalogs ausgewertet und ggf. aufwändige Nachermittlungen durchgeführt werden. Die detaillierte Beantwortung sämtlicher Fragen wäre mit dem vorhandenen Personal nicht zu leisten, ohne wichtige Vollzugsaufgaben zu vernachlässigen.

Die Interpellation wird daher auf der Grundlage der vorhandenen und ohne völlig unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu beschaffenden Daten beantwortet. Einzelne Fragen können daher nur fragmentarisch oder sehr allgemein beantwortet werden.

2.2

Zu den gestellten Fragen kann im Einzelnen Folgendes berichtet werden:

Zu 1: In welchen bayerischen Hafteinrichtungen (einschließlich Polizeigewahrsame) wird Abschiebungshaft durchgeführt? Wie viele Plätze stehen dort jeweils für die Durchführung von Abschiebungshaft zur Verfügung? Wie hoch ist die Zahl der durchschnittlich dort Inhaftierten?

Abschiebungshaft wird gemäß Nr. 22 des Vollstreckungsplans für den Freistaat Bayern grundsätzlich in den auch für den Vollzug von Untersuchungshaft zuständigen Justizvollzugsanstalten dezentral vollzogen. In den Justizvollzugsanstalten Amberg, Ansbach, Ebrach, Erlangen, Ingolstadt, Kaisheim, Landsberg am Lech, Niederschönenfeld, Straubing und Würzburg wird jedoch keine Abschiebungshaft vollzogen.

Gesonderte Haftplätze für Abschiebungsgefangene sind in den Justizvollzugsanstalten München (maximal 69 Haftplätze für männliche Abschiebungsgefangene), Nürnberg (maximal 65 Haftplätze) und Traunstein (maximal 14 Haftplätze für männliche und 12 Haftplätze für weibliche Abschiebungsgefangene) ausgewiesen.

Darüber hinaus existieren in der Justizvollzugsanstalt St.

Georgen-Bayreuth maximal 45 Haftplätze für Abschiebungsgefangene, die jedoch zum Teil mit Strafgefangenen belegt werden.