Das Innenministerium sieht dagegen keine datenschutzrechtliche Notwendigkeit den Verfahrensausgang zu speichern

Ich halte es deshalb für erforderlich, im KAN (aber auch in der polizeilichen Vorgangsverwaltung) den Ausgang des Verfahrens zu dokumentieren.

Das Innenministerium sieht dagegen keine datenschutzrechtliche Notwendigkeit, den Verfahrensausgang zu speichern. Die Information über den Verfahrensausgang sei für die polizeiliche Aufgabenerfüllung - jedenfalls im Rahmen des Kriminalaktenachweises und in der Vorgangsverwaltung - ohne Belang. Soweit ein polizeiliches Informationsinteresse an dieser Erkenntnis besteht, sei sie der Akte bzw. dem Vorgang zu entnehmen.

Ich bedauere diese Haltung des Ministeriums, die die Belastung des Betroffenen durch die unvollständige Speicherung und die polizeiliche Praxis nicht berücksichtigt.

Auch einer weiteren Forderung, die ich bereits in meinem 20. Tätigkeitsbericht dargestellt hatte, will das Innenministerium nicht nachkommen. Danach sollte die Polizei nach Abschluss der Ermittlungen grundsätzlich eine Prüfung durchführen, ob die Speicherung unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses weiter zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist (vgl. Nr. 6.1 - 4. Absatz). Das Staatsministerium des Innern führt dazu aus, dass die Frage des ob in jeder Phase der Ermittlungen zu prüfen sei. Dies sollte aber in den ausdrücklich betont werden. Die Notwendigkeit einer solchen Prüfung macht folgendes Beispiel deutlich: Ein Bürger hatte sich an mich gewandt, da er von Zivilbeamten der Polizei kontrolliert worden war. Nach einer Datenabfrage über Polizeifunk war er vor den Augen seines Arbeitgebers durchsucht worden. Bei meiner Prüfung der zur Person des Betroffenen bestehenden Speicherung im Kriminalaktennachweis stellte sich heraus, dass er von der Polizei verdächtigt wurde, als Türsteher einer Diskothek an einer Schlägerei beteiligt gewesen zu sein. Im Verlauf der Ermittlungen stellte sich aufgrund von Zeugenaussagen heraus, dass der Betroffene als Täter nicht in Betracht kam.

Trotzdem wurde die Speicherung von der Polizei nach Abschluss der Ermittlungen wegen der unterlassenen Prüfung nicht gelöscht. Erst auf meine Veranlassung kam auch die Polizei zum Ergebnis, dass die Speicherung zu löschen ist. Bei einer Prüfung nach Abschluss der Ermittlungen unter Abwägung der beund entlastenden Zeugenaussagen, hätte dieses Ergebnis bereits zu diesem früheren Zeitpunkt ohne mein Eingreifen erzielt werden können.

Auf eine weitere Problematik im Zusammenhang mit der fehlerhaften Bezeichnung von Delikten im KAN wurde ich durch eine andere Eingabe aufmerksam.

Der Petent lebte vor einigen Jahren in München und war später ausgewandert. Während seines Aufenthalts in München war wegen des Verdachts der Gefährdung im Straßenverkehr gegen ihn ermittelt worden. Im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung im Einwanderungsland musste er zu seiner Überraschung feststellen, dass ihm Gefährdung des Straßenverkehrs auf Grund Alkoholgenusses vorgehalten wurde. Der betreffenden Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft konnte ich entnehmen, dass der Petent wegen Nötigung und Gefährdung des Straßenverkehrs (ohne Zusatzvermerk) angezeigt worden war.

Der Betroffene soll auf der Autobahn mit seinem Pkw einen anderen Verkehrsteilnehmer dadurch genötigt haben, dass er die Überholspur über einen längeren Zeitraum nicht freigab. Ein Zusammenhang mit Alkoholgenuss konnte der Ermittlungsakte nicht entnommen werden.

Die Polizei hat mir auf meine Nachfrage mitgeteilt, dass zum Zeitpunkt der Anzeige das betreffende Delikt mit dem Text Gefährdung des Straßenverkehrs erfasst worden war. Bei einer Umstellung des Straftatenkatalogs sei der ursprüngliche Text durch Gefährdung des Straßenverkehrs - infolge Alkohol ersetzt worden. Entsprechend wurde bei allen anderen Altfällen mit gleichem Speicherungstext verfahren, ohne Rücksicht auf den zu Grunde liegenden Sachverhalt.

Über den Einzelfall hinaus war davon auszugehen, dass weitere Personen im Kriminalaktennachweis auf Grund einer solcher Änderungen im Straftatenkatalog mit dem nicht zutreffenden Zusatz infolge Alkohol gespeichert sind. Ich habe deshalb die Polizei zur Prüfung aufgefordert, wie solche fehlerhaften Speicherungen korrigiert werden können. Darüber hinaus habe ich sie aufgefordert, bei künftigen Änderungen des Straftatkatalogs dafür Sorge zu tragen, dass Speicherungen nur mit zutreffenden Deliktsbezeichnungen angezeigt werden. Inzwischen hat mir die Polizei mitgeteilt, dass alle Altfälle entsprechend korrigiert worden sind.

Polizeiliche Sachbearbeitung/Vorgangsverwaltung-Verbrechensbekämpfung (PSV) Zusammengefasst habe ich hier folgende, teilweise schon in früheren Tätigkeitsberichten angesprochene Mängel festgestellt:

- Überlange Aussonderungsprüffristen

- Erhebliche Erweiterung der Zugriffsberechtigung auf die PSV, dadurch Abbau des Unterschieds zwischen (landesweitem) Kriminalaktennachweis und (regionaler) Sachbearbeitung/(Vorgangsverwaltung)

- kein Hinweis auf richterliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme Seite 32 Bayerischer Landtag 15. Wahlperiode Drucksache 15/2074

- In einem Einzelfall regelwidrige Weiterspeicherung wegen fehlerhaften Löschlaufs

Im Einzelnen:

Die in meinem 20. Tätigkeitsbericht (Nr. 6.2) geschilderte Problematik überlanger Aussonderungsprüffristen für personenbezogene Daten Dritter (z.B. Geschädigte, Anzeigeerstatter, Hinweisgeber) ist leider immer noch nicht gelöst. Zwar hat das Staatsministerium des Innern einer Entkoppelung der Speicherfristen für diesen Personenkreis von der Frist für die Aussonderung der Kriminalakten der Täter/Tatverdächtigen insoweit zugestimmt, als eine Verlängerung der Aussonderungsfrist für die Kriminalakte auf Grund weiterer Vorgänge (sog. Mitziehklausel nach Art. 38 Abs. 2 Satz 6 PAG) keine Auswirkung auf die Speicherungsdauer Dritter haben soll. Die Speicherfrist soll aber automatisch um 5 Jahre verlängert werden, wenn eine erneute Sachbearbeitung erfolgt. Dies erscheint mir zu weitgehend. Ich habe deshalb das Innenministerium gebeten, in den festzulegen, dass eine Verlängerung der Speicherfrist nur in Betracht kommt, wenn der Sachbearbeiter bei einer Wiedereröffnung des Vorgangs nach Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass wegen der erneuten Sachbearbeitung eine Verlängerung der Speicherung der Daten Dritter erforderlich ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, sind diese Daten zu löschen. Als Gedächtnisstütze für den Sachbearbeiter sollte ein Hinweis in die Datei auf die notwendige Prüfung der Erforderlichkeit einer Verlängerung der Aussonderungsfrist personenbezogenen Daten Dritter bei Neueröffnung eines alten Vorgangs aufgenommen werden. Weder darauf, noch auf den Vorschlag, zumindest in den eine entsprechende Prüfung bei der Wiedereröffnung von Vorgängen vorzusehen, ist das Innenministerium eingegangen.

Eine datenschutzrechtliche Verschlechterung stellt auch die erhebliche Erweiterung des Zugriffs- und Berechtigungskonzeptes für die Vorgangsverwaltung dar. Wie bereits im 20. Tätigkeitsbericht berichtet, hatte ich mich gegen einen bis dahin nur in den Ballungsraumpräsidien München und Nürnberg möglichen präsidiumsweiten Zugriff auf die PSV gewandt, da damit die Differenzierung zwischen dem bayernweiten Kriminalaktennachweis und der regionalen Vorgangsverwaltung aufgegeben würde. Damit nicht genug, teilte mir das Innenministerium wiederum ohne meine vorherige Beteiligung mit, dass es die Zustimmung für einen landesweiten Zugriff auf die PSV für bestimmte Dienststellen des Landeskriminalamtes erteilt hat. Dem folgte als dritte Erweiterung der Entwurf für einen funktionsbezogenen landesweiten Zugriff einer Vielzahl von Bediensteten der Polizei. Die Auswahl der Funktionen war so umfangreich und unbestimmt, dass nur wenigen ein landesweiter Zugriff vorenthalten würde.

Diesem Zugriffs- und Berechtigungskonzept habe ich nicht zugestimmt, da es auf personenbezogene Daten von nur regionaler Bedeutung einen breiten landesweiten Zugriff zulässt, ohne dass die Erforderlichkeit dafür im Einzelnen dargetan wäre. Dadurch können z. B. Opfer einer Vergewaltigung sowie Zeugen oder Betroffene einer Ordnungswidrigkeit landesweit abgefragt werden. Gleiches gilt für Personen, die in der PSV gespeichert werden, weil sie im Rahmen der Münchener Sicherheitskonferenz 2002 (s.u.) zwar in Gewahrsam genommen wurden, von denen aber weder Straftaten begangen wurden noch Staatsschutzerkenntnisse vorgelegen haben.

Nach Auffassung des Innenministeriums verliere der bisherige Gedanke des Schutzbereichs (Ballungsraumpräsidien, Polizeidirektionen) angesichts der hohen Mobilität der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Zudem stehe der landesweite Zugriff unter dem Vorbehalt der polizeilichen Erforderlichkeit. Deshalb hat es das Konzept trotz meiner Einwände vorläufig in Kraft gesetzt. Es wird aber die Verbände im Rahmen der Umsetzung ausdrücklich auf die erforderliche Sensibilität bei der Vergabe von landesweiten Zugriffsberechtigungen hinweisen.

Ich beabsichtige, zu gegebener Zeit die Vergabe der Zugriffsberechtigungen und den praktischen Gebrauch des bayernweiten Zugriffs im Einzelnen datenschutzrechtlich zu prüfen.

Ein weiteres Defizit der Vorgangsverwaltung, diesmal inhaltlicher Natur, das bei einem landesweiten Zugriff noch verstärkt wird, habe ich im Rahmen meiner datenschutzrechtlichen Prüfung im Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz festgestellt. In der Vorgangsverwaltungsdatei waren sechs Personen gespeichert, bei denen die Ingewahrsamnahme durch die Polizei vom Amtsgericht bzw. vom Landgericht für rechtswidrig erklärt worden war. Ein Hinweis auf diese richterliche Entscheidung wurde in der Datei jedoch nicht vermerkt, obwohl ein solcher Hinweis für die Bedeutung der Speicherung und damit für die Belastung der Betroffenen von wesentlicher Bedeutung ist. Im Hinblick auf die Doppelfunktion der PSV als Vorgangsverwaltungsund als polizeiliche Sachbearbeitungsdatei kann diese Unvollständigkeit unter Umständen auch bei polizeilichen Kontrollen unangenehme Konsequenzen für die Betroffenen haben. Ich habe deshalb die Polizei aufgefordert, die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme in geeigneter Form in der PSV zu vermerken. Das Staatsministerium des Innern habe ich gebeten allgemein festzulegen, dass entsprechende Ergänzungen vorzusehen sind, wenn auf Grund einer justiziellen Ent scheidung die Rechtswidrigkeit einer dokumentierten Maßnahme feststeht.

Weder die betreffende Polizeidienststelle noch das Innenministerium haben die Notwendigkeit einer Ergänzung gesehen, da der PSV-Eintrag nur die Vornahme der jeweiligen Maßnahme dokumentiere und diese Dokumentation auch bei der justiziellen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vornahme nicht unrichtig werde. Vor einer Datenübermittlung aus der PSV seien die zu Grunde liegenden Unterlagen beizuziehen, aus denen sich die Entscheidung der Justiz ergebe.

Ich bedaure diese wenig datenschutzfreundliche Haltung. Das Innenministerium stellt hier unrichtigerweise nur auf die Funktion Vorgangsverwaltung ab und verdrängt die zweite Funktion, nämlich Grundlage auch der Sachbearbeitung durch die Polizei. Ich halte deshalb die Umsetzung meiner Forderungen im Hinblick auf die Vollständigkeit und Qualität der Daten und besonders wegen des damit verbundenen ersten Eindrucks von einer gespeicherten Person bei einer polizeilichen Dateiabfrage weiter für notwendig. Dass Speicherungen in der PSV unter Umständen auch negative Auswirkungen für Betroffene haben können, zeigt folgender Vorgang:

Ein Petent hatte sich 2004 bei der Polizei beworben und in diesem Zusammenhang auch einer Überprüfung seiner Person durch einen Abgleich seiner Daten mit polizeilichen Dateien zugestimmt. Zu seiner Überraschung wurde er nach dem Datenabgleich von der Einstellungsberaterin mit zwei Strafverfahren konfrontiert, bei denen gegen ihn als Jugendlicher im Jahre 1990 und 1991 ermittelt wurde. Im Kriminalaktennachweis waren die betreffenden Speicherungen zwar rechtzeitig nach Ablauf der 5-jährigen Regelfrist gelöscht worden. Auf Grund eines Fehlers im Löschlauf waren seine personenbezogene Daten zu diesen Ermittlungsverfahren aber noch in der PSV gespeichert. Nach meiner Intervention sind die Daten gelöscht worden. Sie werden - wie mir die Polizei mitgeteilt hat - das Bewerbungsverfahren auch nicht mehr beeinflussen. Ich habe die Polizei aufgefordert, dem Petenten den Sachstand mitzuteilen, insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass er sich im Hinblick auf seine Bewerbung zu den o.g. Verfahren nicht mehr äußern muss.

Speicherungen in sonstigen Dateien Anlässlich meiner Prüfungen bei bayerischen Polizeidienststellen habe ich neben Speicherungen im Kriminalaktennachweis und in der Vorgangsverwaltung auch Speicherungen in delikts- und dienststellenspezifischen Dateien überprüft. Im Folgenden habe ich die wichtigsten Ergebnisse dieser Prüfungen zusammengefasst:

Ein Schwerpunkt in diesem Berichtszeitraum war die Prüfung von Speicherungen Betroffener wegen politisch motivierter Vorkommnisse. Neben den Speicherungen im Zusammenhang mit den Münchner Sicherheitskonferenzen 2002 und 2003 waren auch Speicherungen in der bayerischen Staatsschutzdatei SDBY einer Polizeidirektion Gegenstand meiner Prüfung. Die von mir dabei festgestellten Mängel wurden von der Polizei auf meine Forderung hin beseitigt. So waren beispielsweise einzelne Speicherungen, die in der Datei nach Ablauf der Speicherfrist nicht automatisiert, sondern nach der Erstellung von Löschlisten durch den Sachbearbeiter händisch hätten gelöscht werden müssen, nicht fristgerecht gelöscht worden. Zudem waren einige Betroffene, bei denen ich die Vorraussetzungen für die Speicherung in der SDBY nicht gesehen habe, dort aufgenommen worden.

Geprüft habe ich auch die Arbeitsdatei (ADKV). Sie soll der repressiven und präventiven Bekämpfung der internationalen dienen. Darin sollen Informationen über Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Diebstahl von Kraftfahrzeugen oder wesentlichen Teilen davon gespeichert werden, wenn Anhaltspunkte für eine organisierte Begehung oder eine Verschiebung in das Ausland vorhanden sind. Ich habe bezüglich des von der Speicherung betroffenen Personenkreises und der Überprüfungsfristen Korrekturbedarf in der Errichtungsanordnung gesehen. So ist in der Datei beispielsweise für die Speicherung von Beifahrern eine 5-jährige Aussonderungsfrist vorgesehen, ohne dass zwischen Beschuldigten und Nichtbeschuldigten unterschieden wird. Ich habe deshalb das Innenministerium aufgefordert, in der Errichtungsanordnung differenzierte Regelungen festzulegen. Dies hat das Innenministerium in Aussicht gestellt.

Bezüglich einzelner Speicherungen habe ich die Polizei zur Löschung bzw. zur Korrektur der vergebenen Speicherfristen aufgefordert. Beispielsweise wurden die Daten eines amerikanischen Staatsbürgers mit einer Überprüfungsfrist von 5 Jahren gespeichert, weil er einen Pkw angemietet hatte und in Begleitung eines weiteren amerikanischen Staatsbürgers damit nach Tschechien ausreisen wollte, obwohl dies laut Polizeibericht nicht der vertraglichen Vereinbarung mit dem Vermieter entsprach. Tatsächlich war in dem Mietvertrag eine Klausel enthalten, wonach das Fahrzeug nicht in Eastern Europe gefahren werden darf.

Der Betroffene gab an, nicht gewusst zu haben, dass die Tschechische Republik in Osteuropa liege. Er habe nur nach Prag fahren wollen.