Die Zulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Daten an den Gemeinderat ist grundsätzlich nach Art

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Personaldaten im Gemeinderat

Im Berichtszeitraum häuften sich Anfragen von Kommunen zur Nutzung von Personaldaten durch den Gemeinderat. Dabei ging es v.a. um die Unterrichtung über Schwangerschaften, die Einsicht in Geschäftsverteilungsplan und Stellenbeschreibung oder um die Mitteilung der Höhe von Überstunden und Resturlaub der Gemeindebediensteten. Aber auch Veröffentlichungen aus dem Gemeinderat, wie die Bekanntgabe von Sachbearbeiternamen gegenüber der örtlichen Presse, waren ein Thema. In Anbetracht der allgemeinen Bedeutung solcher Fallgestaltungen gebe ich aus datenschutzrechtlicher Sicht folgende Hinweise: Nutzung von Personaldaten durch den Gemeinderat

Der Gemeinderat ist (einschließlich seiner Ausschüsse) Teil der öffentlichen Stelle Gemeindeverwaltung. Die Weitergabe personenbezogener Daten von der (sonstigen) Gemeindeverwaltung an den Gemeinderat stellt daher eine Datennutzung gemäß Art. 4 Abs. 7 dar.

Die Zulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Daten an den Gemeinderat ist grundsätzlich nach Art. 17 zu beurteilen, soweit keine spezielleren Rechtsvorschriften vorgehen.

Eine solche vorrangige Rechtsvorschrift stellt Art. 100 a Abs. 1 Satz 3 dar, der meiner Auffassung nach analog auch auf die nicht verbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes anzuwenden ist, da er allgemein gültige Schutzprinzipien für Arbeitnehmer enthält. Nach dieser Bestimmung dürfen Personalaktendaten (vgl. Art. 100 a Abs. 1 Satz 2 - beispielsweise über eine Schwangerschaft, aber auch über Überstunden und Urlaub - nur für Zwecke der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft verwendet werden, es sei denn, der Beamte willigt in die anderweitige Verwendung ein. Die Begriffe Personalverwaltung und Personalwirtschaft sind hier weit gefasst. Personalaktendaten dürfen danach nicht nur für auf den einzelnen Beamten bezogene Zwecke, sondern auch für allgemeine Zwecke der Personalverwaltung und Personalwirtschaft herangezogen werden, soweit dafür Personalaktendaten einzelner oder sämtlicher Beamten benötigt werden. Im Übrigen kommt man zum gleichen Ergebnis, wenn man bei Angestellten und Arbeitern ohne analoge Anwendung des Personalaktenrechts für Beamte Art. 17 Abs. 1 anwendet, der sowohl das Erforderlichkeitsprinzip als auch das Zweckbindungsprinzip enthält.

Um die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit beantworten zu können, ist es also notwendig, die Gründe für die Information des Gemeinderats zu ermitteln. Nur dann kann die Erforderlichkeit der Datennutzung geprüft werden. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Adressat der Datennutzung; u.U. ist eine Datennutzung durch den zuständigen Ausschuss, wie hier den Personalausschuss, ausreichend.

In Anbetracht der genannten Zwecke sind meiner Ansicht nach Fälle denkbar, in denen dem Gemeinderat (Personalausschuss) - unter Wahrung des Grundsatzes der Erforderlichkeit - die Schwangerschaft einer Mitarbeiterin ohne deren vorherige Zustimmung mitgeteilt werden oder Einsicht in den Geschäftsverteilungsplan und in die Stellenbeschreibung gewährt werden darf.

Was dagegen die Forderung nach Mitteilung der Höhe von Überstunden und Resturlaub sämtlicher Gemeindebediensteten an den Gemeinderat betrifft, ist insbesondere auf Art. 37 Abs. 4 und Art. 43 Abs. 3 GO hinzuweisen. Danach führt der erste Bürgermeister die Dienstaufsicht über die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gemeinde; er ist zudem Dienstvorgesetzter der Gemeindebeamten. Die Befugnisse des Gemeinderats in Personalangelegenheiten sind hingegen in Art. 43 Abs. 1 GO enumerativ begrenzt und können zudem gem. Art. 43 Abs. 2 GO auf den ersten Bürgermeister übertragen werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus meiner Sicht die namentliche Mitteilung der Höhe von Überstunden und Resturlaub an den Gemeinderat (Personalausschuss) weder Zwecken der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft gemäß Art. 100 a Abs. 1 Satz 3 zuordnen, noch kann ich deren Erforderlichkeit erkennen. Ein denkbares Interesse des Gemeinderats an der Zahl der Überstunden und der Resturlaubstage kann anonymisiert erfüllt werden.

Im Übrigen hat der Gemeinderat gegenüber dem ersten Bürgermeister ein Informationsrecht, soweit die Datenweitergabe zum Vollzug seiner Aufgaben erforderlich und damit zulässig ist. Diesem Informationsrecht setzt der Erforderlichkeitsgrundsatz des Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 Grenzen. Ziel von Überwachungsmaßnahmen nach Art. 30 Abs. 3 GO kann stets nur die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sein. Es bedarf also eines sachlich begründeten Anlasses, der eine Kontrolle erforderlich macht.

Veröffentlichungen aus dem Gemeinderat

Gegen die ortsübliche Veröffentlichung der Niederschriften öffentlicher Gemeinderatssitzungen, die lediglich den in Art. 54 Abs. 1 GO vorgesehenen Mindestinhalt enthalten, bestehen keine datenschutzrechtlichen Einwendungen. Da die Veröffentlichung personenbezogener Daten durch die Gemeinde datenschutzrechtlich eine Datenübermittlung an nicht7 öffentliche Stellen darstellt, ist eine weiter gehende Information der Öffentlichkeit über den Ablauf einer Sitzung grundsätzlich nach Art. 19 Abs. 1 zu beurteilen. Allerdings geht eine Reihe spezieller Geheimhaltungsvorschriften - wie z. B. die Art. 100 ff. über das Personalaktengeheimnis - dieser allgemeinen Vorschrift vor (vgl. Art. 2 Abs. 7 und stellt erheblich strengere Anforderungen an die Zulässigkeit von Übermittlungen an Dritte.

Gemäß Art. 100 e Abs. 2 Satz 1 dürfen Auskünfte aus Personalakten an Dritte nur mit Einwilligung des Beamten erteilt werden, es sei denn, dass die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Dritten die Auskunftserteilung zwingend erfordert. Inhalt und Empfänger der Auskunft sind dem Beamten schriftlich mitzuteilen (Art. 100 e Abs. 2 Satz 2

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung einer Kommune gehört, die Bürger darüber zu informieren, welche Bediensteten die richtigen Ansprechpartner für ihre Anliegen sind. Dazu ist es zulässig, Bedienstete, die Funktionen mit Außenwirkung in der Verwaltung wahrnehmen, auch namentlich der Öffentlichkeit bekannt zugeben. Dieser Personenkreis muss aufgrund seiner auf die Öffentlichkeit bezogenen Aufgabenstellung daher beispielsweise hinnehmen, dass von ihm Name, Amts-/Dienstbezeichnung, Tätigkeitsbereich und Funktion sowie dienstliche Anschrift und Telefonnummer, z. B. in Form eines Behördenwegweisers, veröffentlicht werden (siehe in diesem Zusammenhang auch die Nr. 12.3 meines 18. Tätigkeitsberichts zu Mitarbeiterdaten im Internet und Wilde/Ehmann/Niese/ Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Kommentar, Teil C, Handbuch XII.8.b).

Vor diesem Hintergrund ist bei der Bekanntgabe von Sachbearbeiternamen gegenüber der örtlichen Presse allgemein auf Art. 4 Abs. 1 Satz 1 hinzuweisen, der unter dem Vorbehalt des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 steht. Danach darf eine Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Der presserechtliche Auskunftsanspruch steht daher - mit den erwähnten Einschränkungen - unter dem Vorbehalt der Verschwiegenheitspflicht des Dienstherrn nach Art. 100 e Abs. 2

In Bezug auf die (generelle) Bekanntgabe des Namens des (jeweils) zuständigen Sachbearbeiters in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats kann ich weder ein Informationsinteresse der Allgemeinheit noch des Gemeinderats erkennen. Meiner Ansicht nach besteht im Rahmen einer öffentlichen Sitzung grundsätzlich keine Erforderlichkeit für die Nennung des Sachbearbeiternamens, insbesondere in dessen Abwesenheit. Über die Tagesordnungspunkte und über die Arbeit der Beschäftigten kann auch ohne deren Namensnennung beraten werden. Gemäß Art. 100 e Abs. 2 ist eine Namensnennung deshalb regelmäßig nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig.

Zur Übersendung von Sitzungsunterlagen über Personalangelegenheiten (z.B. Bewerbungsunterlagen) an die Mitglieder des Gemeinderats (bzw. des Personalausschusses) mache ich auf meine in den Nrn. 7.4 meines 14. Tätigkeitsberichts und 7.3 meines 15. Tätigkeitsberichts vertretene Auffassung, die sich im Übrigen mit der des Staatsministeriums des Innern deckt, aufmerksam. Aus meiner Sicht ist es zur Aufgabenerfüllung der Mitglieder des Gemeinderats (bzw. des Personalausschusses) nicht im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich, Sitzungsunterlagen über Personalangelegenheiten schon zusammen mit der Tagesordnung zu erhalten. Hier besteht die Gefahr, dass in den Sitzungsunterlagen enthaltene vertrauliche Informationen unbefugt an Dritte gelangen oder weitergegeben werden könnten.

In Anbetracht der besonderen Sensibilität dieser Daten halte ich daher allein eine Information der Gemeinderats-/Personalausschussmitglieder in der Sitzung selbst für datenschutzrechtlich vertretbar.

Befugnisse des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers

Erhebung personenbezogener Daten über Bewerber

Im Zuge der Veränderungen am Arbeitsmarkt gewinnt die Problematik der Erhebung personenbezogener Daten bei der Auswahl von Bewerbern mehr und mehr an Bedeutung. Aus datenschutzrechtlicher Sicht nehme ich dazu wie folgt Stellung:

Nach Art. 100 Satz 1 darf der Dienstherr personenbezogene Daten über (Beamten-) Bewerber nur erheben, soweit dies zur Begründung des Dienstverhältnisses erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift dies erlaubt. Fragebogen, mit denen solche personenbezogenen Daten erhoben werden, bedürfen gem. Art. 100 Satz 2 der Genehmigung durch die oberste Dienstbehörde. Zum Schutz der Bewerber gelten diese Vorschriften bereits im Vorfeld der Einstellung. Datenschutzrechtlich zulässig ist nur die Erhebung der erforderlichen Daten. Nötig ist hier stets eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Dienstherrn und dem Anspruch des Bewerbers auf Persönlichkeitsschutz.

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Dabei ist zu beachten, dass der unbestimmte Rechtsbegriff erforderlich nicht nur eine materielle, sondern auch eine zeitliche Komponente umfasst.

In materieller Hinsicht müssen die personenbezogenen Daten eine zulässige Entscheidungsgrundlage bilden. In zeitlicher Hinsicht darf der Dienstherr im Rahmen der Bewerbung keine Daten erheben, die für eine Entscheidung über die Einstellung ohne rechtliche Bedeutung sind, selbst wenn sie später für die Durchführung des Dienstverhältnisses benötigt werden. Bei der Bewerbung können somit zum einen die Daten erhoben werden, anhand derer nachgeprüft werden kann, ob die zwingenden (persönlichen) Einstellungsvoraussetzungen erfüllt sind. Benötigt werden zum anderen aber auch diejenigen personenbezogenen Daten, die erforderlich sind, um eine leistungsgerechte Auswahl nach Art. 12 Abs. 2 zwischen mehreren Bewerbern zu treffen. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die Erhebung von Daten, die für die personalpolitische Ermessenabwägung zwischen mehreren im wesentlich gleich gut geeigneten Bewerbern notwendig sind.

Der Dienstherr darf nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur Daten in einem für die Entscheidungsfindung erforderlichen Ausmaß erheben (also z. B. nicht, um sich ein lückenloses Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers zu verschaffen).

Dies gilt ebenso hinsichtlich der charakterlichen und der gesundheitlichen Eignung.

Nach den vorstehenden Ausführungen ist es daher beispielsweise zulässig, im Rahmen der Bewerbung um eine Einstellung ins Beamtenverhältnis u. a. Unterlagen, Erklärungen und Auskünfte zur Prüfung der charakterlichen Eignung - wie z. B. polizeiliche Führungszeugnisse, Auszüge aus dem Bundeszentralregister, Erklärungen über etwaige anhängige Ermittlungsverfahren - zu erheben.

Zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers ist eine ärztliche Untersuchung erforderlich, welche dem Gesundheitsamt oder einem anderen von der Einstellungsbehörde beauftragten Arzt obliegt. Ergeben sich keine Zweifel an der gesundheitlichen Eignung, darf nur das zusammenfassende Untersuchungsergebnis an den Dienstherrn übermittelt werden. Bestehen allerdings Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung, müssen diese auch in dem zusammenfassenden Bericht soweit konkretisiert werden, dass die Einstellungsbehörde darüber befinden kann, ob ergänzende ärztliche Untersuchungen erforderlich sind, ob trotz der getroffenen medizinischen Feststellungen die gesundheitliche Eignung noch bejaht werden kann oder ob die gesundheitliche Eignung nicht mehr Gewähr leistet ist.

Es steht grundsätzlich im Ermessen des Dienstherrn, ob bzw. welche gesonderten Untersuchungen hinsichtlich bestimmter Erkrankungen oder Risikofaktoren vorzunehmen sind. Dabei muss aber der Dienstherr zwischen dem eigenen Informationsinteresse und den schutzwürdigen Belangen des Bewerbers abwägen. Eine Grenze für gezielte Untersuchungen ist jedenfalls dort zu ziehen, wo durch eine Untersuchung erheblich in die Intimsphäre eingegriffen würde (z.B. bei einer Genomanalyse zur Ermittlung veranlagungsbedingter Risiken für künftige Erkrankungen).

In diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, dass eine Einwilligung des Betroffenen für sich allein noch keine Datenerhebung rechtfertigt. Auch auf freiwilliger Basis dürfen nur die Daten erhoben werden, die der Dienstherr zulässigerweise verwenden darf.

Meine Ausführungen zu Art. 100 gelten auch in Bezug auf die nicht verbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes; zur analogen Anwendung des Art. 100 verweise ich auf die Nrn. 13.1.1 und 13.1.2 meines 20. Tätigkeitsberichts. Für die Beurteilung der Datenerhebung kann auch die Rechtsprechung zum Fragerecht des Arbeitgebers herangezogen werden. Dem Arbeitgeber steht danach ein Fragerecht zu, wenn er im Zusammenhang mit dem zu begründenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwertes Interesse an der Beantwortung seiner Fragen hat. Das Interesse muss objektiv so stark sein, dass dahinter das Interesse des Bewerbers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts und an der Unverletzlichkeit seiner Intimsphäre zurücktritt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber daher nach persönlichen Daten des Bewerbers insoweit fragen, als diese in einem Sachzusammenhang mit dem geplanten Arbeitsverhältnis stehen. So darf nach Vorstrafen (auch im öffentlichen Dienst) z. B. nur gefragt werden, soweit die Straftaten für das beabsichtigte Arbeitsverhältnis relevant sind.

Die Bewerbungsunterlagen sind den Sachakten zuzuordnen; erst bei einer Einstellung ist ein Personalakt zu führen, in den die Bewerbungsunterlagen aufgenommen werden können (vgl. Art. 100 a Abs. 1 Satz 1 § 13 BAT, § 13 a MTArb). In Bezug auf den Verbleib der Bewerbungsunterlagen von nicht zum Zuge gekommenen Bewerbern treffen die o. a. Bestimmungen allerdings keine Regelung. Mangels bereichsspezifischer Vorschriften gelten deshalb für die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten von Bewerbern sowie für ihre Auskunftsansprüche die Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts