Aktivitäten der Scientology-Organisation im Land Bremen

Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt:

1. Welche Scientology-Organisationen, bzw. welche Tarnorganisationen der Scientology-Organisation sind im Land Bremen aktiv?

Im Land Bremen ist die Scientology-Organisation durch die e. V. vertreten.

Der Eintrag im Vereinsregister VR 3651 erfolgte erstmalig 1981. Sitz der Mission ist seit dem 1. April 2000 die Stolzenauer Str. 36 in Bremen-Hastedt.

Die feststellbaren Aktivitäten der Scientology-Mission Bremen beschränken sich im Wesentlichen auf Postwurfsendungen und gelegentliches Ansprechen von Passanten im Innenstadtbereich.

Als Unter- bzw. Tarnorganisation der Scientology-Organisation ist in Bremen im Februar 2002 die KVP Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte durch Verteilen von Handzetteln in Erscheinung getreten. Als Kontaktanschrift fungiert eine Adresse in Bremen-Hastedt.

2. Durch welche staatlichen Einrichtungen werden die Aktivitäten dieser Organisationen überwacht, und wie sind deren Erkenntnisse zu bewerten?

Die Scientology-Organisation wird auf Beschluß der Innenministerkonferenz 5./6. Juni 1997 von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ­ mit Ausnahme Schleswig-Holsteins ­ beobachtet. Somit erfolgt auch in Bremen eine Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz, und zwar unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Allerdings ist die Erkenntnisgewinnung des Amtes, wie auch der anderen Verfassungsschutzbehörden, seit Jahren über die bekannten Tatsachen hinaus als eher gering anzusehen.

Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse über Aktivitäten der Scientology-Organisation und ihrer Tarnorganisationen liegen dem Landeskriminalamt Bremen nicht vor. In den vergangenen Jahren wurden keine Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Aktivitäten der Scientology-Organisation geführt.

Der am 27. Februar 1995 beim Bundeskriminalamt als umfassender Erfahrungsund Informationsaustausch über die Aktivitäten der Organisation in den Bundesländern eingerichtete Sondermeldedienst über Straftaten der Scientology-Organisation wurde, nachdem sich keine Anhaltspunkte für ein strafrechtliches Verhalten der Scientology-Organisation ergeben haben, im Februar 2001 eingestellt.

3. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über Mitarbeiter im öffentlichen Dienst vor, die der Scientology-Organisation angehören?

Dem Senat liegen lediglich Erkenntnisse in wenigen Einzelfällen vor, die jedoch nicht öffentlich verwertbar sind.

4. Wie bewertet der Senat die 1997 im Freistaat Bayern eingeführte Regelung, wonach Bewerber für den öffentlichen Dienst nach einer Angehörigkeit zur Scientology-Organisation befragt werden, und beabsichtigt der Senat eine entsprechende Regelung im Land Bremen einzuführen?

Die Zugehörigkeit von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zur Scientology-Organisation kann zu Interessenkollisionen zwischen den dienstlichen Pflichten und den Verpflichtungen gegenüber der Scientology-Organisation führen. Daher ist auch im öffentlichen Dienst ein besonderes Augenmerk auf eine Unterwanderung durch die Scientology-Organisation zu richten.

Die seit dem 1. November 1996 in Bayern eingeführte Selbstauskunft von Bewerbern bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst wird aber nicht für einen geeigneten Weg gehalten. Der Bund und alle anderen Länder verfahren deshalb nicht so. Entsprechend dem Beschluss der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5./6. Juni 1997 sowie dem Beschluss der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder vom 3. Juli 1997 wird bei einer Einstellung in den bremischen öffentlichen Dienst nicht nach einer möglichen Scientology-Zugehörigkeit gefragt. Sofern eine Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation während eines bestehenden Beamten- oder anderen Arbeitsverhältnisses bekannt wird, wäre allerdings zu prüfen, ob es in diesem Zusammenhang zu Dienstpflichtverletzungen oder Arbeitsvertragsverletzungen gekommen ist. Erfahrungen mit derartigen Problemstellungen liegen aber bisher nicht vor.

Der Senat sieht gegenwärtig keinen Anlass, von dieser in der weit überwiegenden Zahl der Länder praktizierten Linie abzuweichen.

5. Wie wurde vom Senat der Beschluss der Bürgerschaft (Landtag) Drucksache 14/ - vom 22. November 1995 Keine öffentlichen Gelder für Scientology umgesetzt?

Der Beschluss der Bürgerschaft (Landtag) vom 22. November 1995/25. Januar 1996 zur Drucksache 14/136 wurde aufgrund eines entsprechenden Senatsbeschlusses vom 30. Januar 1996 mit Rundschreiben vom 17. April 1996 an alle bremischen Behörden des Landes und der Stadtgemeinde umgesetzt.

Danach ist vor Abschluss von Verträgen mit Wirtschaftsberatungsunternehmen und ähnlichen Firmen stets folgende Erklärung abzugeben: Ich, der/die Unterzeichnende erkläre,

1. dass ich bzw. mein Unternehmen nicht nach der Technologie von L. Ron Hubbard arbeite(t),

2. weder ich noch meine Mitarbeiter nach der Technologie von Ron L. Hubbard geschult werden,

3. dass ich die Technologie von Ron L. Hubbard zur Führung meines Unternehmens/zur Durchführung meiner Seminare ablehne.

6. Welche Beratungsmöglichkeiten gibt es im Land Bremen um Bürgerinnen und Bürger über die Aktivitäten der Scientology-Organisation zu informieren?

Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales stellt durch eine Anlaufstelle für Bürgerfragen zu Psychogruppen und Sekten sicher, dass interessierte Bürgerinnen und Bürger einen für ihr Anliegen geeigneten Ansprechpartner finden. Die Anlaufstelle ist keine Beratungsstelle. Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales verweist bei entsprechenden Nachfragen auch an die Sektenberatung Bremen e. V. oder an die Sektenbeauftragten der Bremischen Evangelischen Kirche oder der Katholischen Kirche in Bremen.

7. Wie werden die Aktivitäten der verschiedenen Senatsressorts in Bezug auf die Scientology-Organisation koordiniert, und sieht der Senat hier inwiefern die Notwendigkeit zur Schaffung eines Sektenbeauftragten?

Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales hat seit 1997 für das Land Bremen als bremische Ansprechstelle für den ressortübergreifenden Bund-Länder-Arbeitskreis Scientology-Organisation bzw. des So genannte Sekten und Psychogruppen fungiert. Die Aufgabe bestand bisher im Wesentlichen darin, die zwischen den Ländern und dem Bund auszutauschenden Informationen und Materialien zum Themenbereich zu sichten und innerhalb des Landes Bremen an die zuständigen Senatsressorts und Ämter weiterzuleiten.

Die Notwendigkeit zur Berufung eines Sektenbeauftragten wurde bislang vom Senat nicht gesehen.

8. Wie stellt der Senat sicher, dass in den öffentlichen Bibliotheken und Büchereien im Land Bremen keine Publikationen der Scientology-Organisation bzw. der Tarnorganisationen erhältlich sind, und gibt es Unterstützung für privat geführte Büchereien, damit diese entsprechende Bücherspenden durch SO erkennen?

Die Stadtbibliothek Bremen wählt ihr Leihangebot aus dem Buchmarkt unter Gesichtspunkten wie Aktualität, Qualität, Zielgruppen sowie nach kultur- und gesellschaftspolitischen Überlegungen, wie Lebenslagen- und Alltagsorientierung, Leseförderung, Unterstützung von Aus- und Weiterbildung aus.

Zum Thema Scientology-Organisationen sieht die Stadtbibliothek Bremen ihre Aufgabe in der Aufklärung über die vor allem auf wirtschaftliche Aktivitäten und mit Psychoterror umgesetzten Methoden der Organisation. Die Stadtbibliothek Bremen führt keine Titel der Organisation.

In der Stadtbibliothek Bremen wird sowohl auf Leitungsebene als auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Bibliotheken über die Scientology-Organisation und ihre Methoden berichtet und über die Position der öffentlichen Bibliothek informiert. Sofern geschenkweise Materialien ins Haus kommen, werden diese an den zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet und nicht in den Bestand einsortiert.

Die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen dient primär der Literatur- und Informationsversorgung der wissenschaftlich arbeitenden Institutionen und Personen im Lande Bremen. In Erfüllung dieses Auftrages erwirbt sie grundsätzlich nur wissenschaftliche Literatur sowie wissenschaftsrelevantes Quellenmaterial, das selbst keinen wissenschaftlichen Charakter besitzen muss (u. a. politisches Quellenmaterial, Statistiken, Firmenschriften, Belletristik, Dokumentationen usw.). In Wahrnehmung dieser Aufgabe ist in der Vergangenheit nicht nur diverse Sekundärliteratur zur Scientology-Organisation erworben worden, sondern zu Studienund Forschungszwecken auch drei Primärtexte aus Scientology-Kreisen. Diese stehen eingeschriebenen Benutzern der derzeit noch ohne Einschränkung zur Verfügung.

Geschenkweise ins Haus gekommene Scientology-Publikationen sind aufgrund fehlender Quellenrelevanz nicht in den Bestand eingearbeitet worden. Grundsätzlich und von vornherein jede von den Scientologen verlegte Publikation aus dem Bestand zu verbannen, würde das z. B. im Studiengang Religionswissenschaften natürlicherweise auch abweichende kulturelle und religiöse Phänomene einbegreifende Forschungsinteresse beeinträchtigen und entspräche nicht dem Erwerbungsprofil und dem auf Quellenmaterial angewiesenem Erwerbungsinteresse der

Es gibt derzeit keine Unterstützung von privaten Büchereien, auch nicht in dieser Thematik. Der Senator für Inneres, Kultur und Sport wird anregen, dass die Stadtbibliothek im Rahmen einer Kooperation mit privaten Bibliotheken dieses Thema zukünftig berücksichtigt.

Die Leseclubs in den Schulen verwenden nur Bücher, die auf einer Liste stehen, die durch Juroren des Kinderfunks vom Saarländischen Rundfunk und von Radio Bremen überwacht wird. Hierbei werden alle kommerziellen und religiösen Interessen ausgeschlossen. Das Startpaket für einen Leseclub orientiert sich an der Auswahlliste des Deutschen Jugendliteraturpreises. Von renommierten Buchhändlern Bremens wurde nur Kinderliteratur gesponsert, die auf der Liste stehen.

9. Inwieweit ist dem Senat bekannt, welche Immobilien im Besitz der Scientologie-Organisation sind?

Der Senat hat insoweit keine Erkenntnisse. Die Scientology-Organisation erwirbt Grundbesitz offenbar nicht unter eigenem Namen. Vielmehr werden vermutlich Dritte zwischengeschaltet, deren Zugehörigkeit zu der Organisation nicht erkennbar ist. Jedenfalls tritt die Organisation in den einschlägigen Verzeichnissen bei den Grundbuchämtern der Amtsgerichte im Land Bremen nicht in Erscheinung.

Die Räumlichkeiten der Scientology-Mission in Bremen, Stolzenauer Straße, sind angemietet.