Haushaltskonsolidierung der Stadt Würzburg ­ kommunale Schulen

Die Antwort der Staatsregierung vom 28.01.2004 auf meine mündliche Anfrage zur Haushaltskonsolidierung der Stadt Würzburg veranlasst mich zu folgenden Fragen:

1. Bei welchen kommunalen Schulen der Stadt Würzburg handelt es sich nach Meinung der Staatsregierung um freiwillige Angebote der Stadt, die nicht der Erfüllung der Schulpflicht in Bayern dienen?

2. Welche Konsequenzen ergäben sich für den Freistaat, wenn die Stadt aus finanziellen Gründen die kommunalen Schulen schließen würde?

3. Um wie viel Euro und Prozent müsste der Haushalt des Freistaates steigen, um die Lehrpersonalkosten für die kommunalen Schulen in Bayern übernehmen zu können und welchen jeweiligen Anteil daran hätte Würzburg?

4. Wie würde sich durch die Übernahme dieser Lehrpersonalkosten die Staatsverschuldung im Vergleich zu den anderen Bundesländern ändern?

5. Welche Anträge bayerischer Kommunen auf Verstaatlichung kommunaler Schulen liegen derzeit der Staatsregierung vor und wann wurden diese Anträge erstmals gestellt? (Bitte getrennt in berufliche und weiterführende Schulen auflisten.)

6. Welche verfassungsrechtlichen Bestimmungen sprechen gegen eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse für das Lehrpersonal an kommunalen Schulen und wo sieht die Staatsregierung die unbedenkliche Grenze?

Antwort des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 09.03.

Zu 1.: Wie bereits in der Antwort vom 11. Juni 2001 auf die schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Hartmann vom 9. April 2001 (Landtagsdrucksache 14/6900) ausgeführt, stellte der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. Februar 1997 S. 303/339) fest, dass in der Errichtung und im Betrieb kommunaler Schulen, woran manche Städte schon seit jeher ein bildungspolitisches Interesse hatten, nach allgemeiner Meinung eine freiwillige kommunale Aufgabe des eigenen Wirkungskreises zu sehen sei und damit der Personal- und Sachaufwand insgesamt bei den kommunalen Schulen in den Bereich des eigenen Wirkungskreises falle.

Der Betrieb kommunaler Schulen ist nicht nur nach Meinung der Staatsregierung, sondern auch im Licht der höchstrichterlichen bayerischen Rechtsprechung eine freiwillige Aufgabe. Auf die Frage der Erfüllung der Schulpflicht kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Zu 2.: Bei staatlichen Schulen trägt der Staat die Lehrpersonalkosten, bei den entsprechenden privaten Ersatzschulen gewährt er auf Grund verfassungsrechtlicher Verpflichtungen entsprechende Zuschüsse.

Wenn bei einer Schließung kommunaler Schulen die Schüler zu staatlichen Schulen wechseln, kann dies je nach Aufnahmekapazität zu einer Aufstockung des staatlichen Lehrpersonals führen, in besonderen Fällen zur Gründung einer neuen staatlichen Schule. Besuchen die Schüler entsprechende Privatschulen, kann dies entsprechend den für die Zuschüsse geltenden Parametern zu einer Erhöhung des staatlichen Zuschusses führen.

Zu 3.: In der Antwort zu Frage 3 der oben angeführten schriftlichen Anfrage vom 9. April 2001 wurde dargelegt, dass Zahlen zu den tatsächlichen Personalkosten an kommunalen Schulen dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus nicht vorliegen, da Dienstherr der Lehrkräfte die einzelnen Kommunen sind. Ebenso liegen hier auch keine Zahlen vor, in welcher Höhe konkret Personalkosten bei einer Verstaatlichung kommunaler Schulen anfallen würden.

Würde man die Prozentsätze der Lehrpersonalzuschüsse nach Art. 17 bzw. 18 jeweils auf 100 Prozent hochrechnen, würden sich bei Verstaatlichung aller kommunalen Schulen (Realschulen, Gymnasien, berufliche Schulen) jährliche staatliche Mehrkosten von rund 182 Mio. ergeben. Dies entspräche einer Steigerung des Haushalts des Freistaates Bayern um 0,5 %.

Nach dem vorstehend skizzierten Berechnungsschema würden sich bei einer Verstaatlichung der kommunalen Schulen in Würzburg jährliche staatliche Mehrkosten von rund 10,1 Mio. (entspräche einer Steigerung um 0,03 %) ergeben.

Zu 4.: Bei jährlichen staatlichen Mehrkosten von rund 182 Mio. würde sich der Schuldenstand des Staatshaushalts um ca. 26.03.

0,85 % erhöhen. Für einen Vergleich mit den anderen Ländern der Bundesrepublik liegt kein entsprechendes Zahlenmaterial vor.

Zu 5.: Ergänzend zu der Antwort zu Frage 2 der schriftlichen Anfrage vom 9. April 2001 (Zusammenstellung von Verstaatlichungsanträgen) sind noch folgende Anträge zu ergänzen:

· Antrag des Landkreises Freyung-Grafenau vom 15.April 1992 auf Verstaatlichung der Berufsfachschule für Sozialpflege in Grafenau.

· Antrag des Berufsschulverbandes Passau vom 04. Februar 1999 auf Verstaatlichung der Berufsfachschule für Diätassistenten, der Berufsfachschule für Sozialpflege und der Fachakademie für Hauswirtschaft in Vilshofen.

· Antrag des Landkreises Deggendorf vom 20. Mai 2000 auf Verstaatlichung der Fachschule für Datenverarbeitung Plattling.

· Antrag der Stadt Würzburg vom 1. Februar 2001 auf Verstaatlichung der Berufsfachschule für Maschinenbau, der Berufsfachschulen für Hauswirtschaft, für Kinderpflege und für Sozialpflege, der Berufsfachschulen für Büroberufe, für informations- und telekommunikationstechnische Berufe und für kaufmännische Assistenten sowie der Fachoberschule und der Fachakademie für Hauswirtschaft.

· Antrag der Stadt Bamberg vom 14. Februar 2003 auf Verstaatlichung der kommunalen Realschule, des Gymnasiums und der Wirtschaftsschule in Bamberg.

· Antrag der Stadt Memmingen vom 17.07.2001 auf Verstaatlichung der Fachschule für Datenverarbeitung in Memmingen.

· Antrag des Landkreises Bad Kissingen vom 27.03. auf Verstaatlichung der Berufsfachschule für Altenpflege in Münnerstadt.

· Antrag des Landkreises Tirschenreuth vom 28.03. auf Verstaatlichung der Fachschule für Datenverarbeitung in Wiesau.

· Antrag des Landkreises Main-Spessart vom 09.05. auf Verstaatlichung der Berufsfachschule für Krankenpflege und der Fachschule für Altenpflege in Marktheidenfeld.

· Antrag des Landkreises Hof vom 20. November/17. Dezember 2003 auf Verstaatlichung der Fachschule für Kunststofftechnik in Rehau, der Fachakademie für Hauswirtschaft und der Fachakademie für Sozialpädagogik in Ahornberg und der Berufsfachschule für Altenpflege in Münchberg.

· Antrag des Landkreises Mühldorf a. Inn vom 27. November 2003 auf Verstaatlichung der Fachakademie für Sozialpädagogik in Starkheim.

· Antrag des Zweckverbands Berufliches Schulzentrum Kempten vom 10. Dezember 2003 auf Verstaatlichung der Technikerschule Allgäu.

· Antrag des Landkreises Aschaffenburg vom 7. Januar 2004 auf Verstaatlichung der Fachakademie für Sozialpädagogik in Aschaffenburg.

Zu 6.: Nach Art. 133 Abs. 1 Satz 2 BV wirken bei der Einrichtung öffentlicher Schulen Staat und Gemeinde zusammen. In seiner Entscheidung vom 27. Februar 1997 S. 303/339) stellte der Bayerische Verfassungsgerichtshof fest, dass sich auch aus dieser Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung des Staates ergebe, einen bestimmten Mindestanteil der Lehrpersonalkosten der gemeindlichen Schulen zu übernehmen. Verfassungsrechtlich sei es daher nicht von Bedeutung, wenn diese Zuschüsse (nach Art. 17 und 18 nur einen Teil des Lehrpersonalaufwands abdecken.

Somit sprechen verfassungsrechtliche Bestimmungen nicht gegen eine Erhöhung oder Verringerung der staatlichen Zuschüsse für das Lehrpersonal an kommunalen Schulen. Nicht mehr mit der verfassungsrechtlichen Regelung für das Zusammenwirken von Staat und Gemeinde wäre aber vereinbar, wenn der Staat die Personalkosten kommunaler Lehrer übernehmen würde und die Kommune weiterhin Dienstherr des Lehrpersonals bliebe.

Im Übrigen erscheint eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse angesichts der Haushaltslage des Staates derzeit unrealistisch.