Evaluierung der mobilen Videoüberwachung zur Kriminalitätsbekämpfung

1. Welche Investitionskosten verursachte das 2002 in Betrieb genommene Pilotprojekt in Nürnberg?

2. Welche laufenden Kosten (Sachkosten und Personalkosten) werden durch das Projekt jährlich verursacht?

3. In welchem Umfang konnte durch dieses Überwachungsprojekt tatsächlich Kriminalität zurückgedrängt werden?

4. Hätte der Erfolg dieser Kriminalitätsbekämpfung nicht sinnvoller durch einen verstärkten Einsatz von Streifenpolizisten erreicht werden können?

5. Wie lange wurden die Daten der Videoüberwachungsanlage gespeichert, wie kann sichergestellt werden, dass die Daten nach ihrem Löschen nicht auf anderen Sicherungsdatenträgern weiter bestehen bleiben?

6. Welche Investitionskosten würden durch die beabsichtigte Installation einer solchen Anlage am Münchner Hauptbahnhof entstehen?

7. Welche Arten von Kriminalität wurden in welcher Zahl am Kriminalitätsschwerpunkt Münchner Hauptbahnhof festgestellt, wie werden die Einsatzvoraussetzungen einer solchen Anlage am Münchener Hauptbahnhof konkret begründet?

8. Ist beabsichtigt, eine datenschutzfreundliche Software einzusetzen, so wie dies Datenschutzbeauftragter Vetter fordert?

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 08.03.

Zu 1.: Bei der in Nürnberg am 19. September 2002 in Betrieb genommenen Videoüberwachungsanlage handelt es sich um ein funkgesteuertes, digitales Videoübertragungs- und Aufzeichnungssystem, das in kürzester Zeit auf- und abgebaut und ­ je nach Einsatzlage ­ an die jeweiligen polizeilichen Brennpunkte versetzt werden kann. Die einmaligen Investitionskosten für dieses mobile System betrugen 217.650,-.

Hinzu kamen 7.092 Installationskosten.

Zu 2.: Wegen eines Blitzeinschlags in die Antennensteuerung einer Kamera fiel im September 2003 ein einmaliger Wartungsaufwand von 130.- an. Bis auf den durch die Überwachungsanlage entstehenden Energieaufwand (u.a. je Kamera 1 Kilowatt pro 24 Stunden), der jedoch nicht gesondert ausgewiesen wird, entstehen keine laufenden Sachkosten. Die Kamerasteuerung und die Beobachtung der Monitore wird von den Beamten in der Einsatzzentrale mit übernommen.

Somit ist kein zusätzlicher Personalaufwand mit der Videoüberwachung verbunden.

Zu 3.: Die Videoüberwachung ergänzt als Bestandteil des polizeilichen Gesamtkonzeptes die präventive und repressive Kriminalitätsbekämpfung und verbessert zudem die Effektivität des polizeilichen Gesamteinsatzes. Im überwachten Bereich konnte im ersten Jahr der Videoüberwachung zum Beispiel die Zahl von Körperverletzungsdelikten um 22,8 % gesenkt werden. Die Reduzierung der Anzahl der Gewahrsamnahmen um 34,3 % bei einem Anstieg der polizeilichen Platzverweise um 20 % ist zudem Beleg für eine frühzeitige Entdeckung von sich anbahnenden Sicherheits- und Ordnungsstörungen durch die Videoüberwachung, die dadurch ein frühzeitiges polizeiliches Handeln ermöglicht hat.

Im überwachten Zeitraum wurden im Rahmen der Monitorüberwachung insgesamt 15 polizeiliche Einsätze veranlasst.

Die Videoüberwachung ermöglichte es in diesen Fällen, Sicherheits- und Ordnungsstörungen im Ansatz zu unterbinden bzw. zu verhindern oder Tatverdächtige an Ort und Stelle festzunehmen. Darüber hinaus konnten durch retrograde Auswertung der Videoaufzeichnungen 13 Straftaten einer polizeilichen Aufklärung zugeführt werden.

Zu 4.: Nein. Denn dies würde bedeuten, die Örtlichkeit durch Polizeibeamte rund um die Uhr zu überwachen, was personell nicht leistbar ist.

Zu 5.: Die auf Festplatten gespeicherten Daten wurden und werden systemintern (automatisch) nach 7 Tagen überschrieben. Mit dem Überschreiben stehen diese Daten nicht mehr ­ auch nicht auf einem anderen Sicherungsdatenträger ­ zur Verfügung.

Zu 6.: Die Investitionskosten für eine zweite mobile Videoüberwachungsanlage, bestehend aus drei Videokameras mit entsprechendem Steuer- und Aufzeichnungsgerät sowie den dazugehörenden Monitoren, werden sich voraussichtlich auf 300.000 belaufen. Hinzu kommen ca. 25.000 für den erforderlichen Ein- und Aufbau der Anlage.

26.03.

Zu 7.: Die Auswertung der Kriminalitätslage im Bereich des Polizeipräsidiums München zeigt im 3-Jahres-Vergleich eine Verdichtung von Kriminalität insbesondere im Bereich des Hauptbahnhofs. So wurden im Jahr 2003 47 Rohheitsdelikte (Raubtaten, gefährliche/schwere und einfache Körperverletzung), 52 einfache und 13 schwere Diebstähle, 85 Betäubungsmitteldelikte und 148 ausländerrechtliche Verstöße im Bereich des Bahnhofsplatzes festgestellt. Diese Entwicklung führte im Jahr 2003 unter anderem zu 80 Unterstützungseinsätzen des Polizeipräsidiums München mit eigenen Kräften und mit Hilfe der Bereitschaftspolizei, in deren Verlauf unter anderem 2.600 Platzverweise ausgesprochen wurden.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Videoüberwachung an diesem besonders kriminalitätsbelasteten Ort gemäß Art. 32 Abs. 2 Polizeiaufgabengesetz vor. Durch die Videoüberwachung soll das Gesamtkonzept des Polizeipräsidiums München zur gezielten Bekämpfung der Kriminalität im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofes ergänzt werden.

Zu 8.: Zur Einleitung von einsatztaktischen Maßnahmen, insbesondere zum Zwecke der Täterfahndung und -ermittlung ist es erforderlich, dass der monitorbeobachtende Beamte individuelle Merkmale der abgebildeten Person sofort erkennt. Die Einführung einer entsprechenden Software, die die Gesichter von Personen automatisch unkenntlich macht, widerspräche diesen Einsatzerfordernissen; sie ist deshalb nicht vorgesehen.