Welche Behörde überprüft Umfang und Durchführung der Ausgleichs und Ersatzmaßnahmen in der

Zu welchem Zeitpunkt sind die geplanten Maßnahmen flächenscharf im Landschaftsplan bzw. im Bauleitverfahren festzulegen?

2. Muss diese Festlegung bereits vor dem Eingriff geschehen?

3. Welche Behörde überprüft Umfang und Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in der Praxis?

4. In welchem Zeitraum nach dem stattgefundenen Eingriff müssen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden?

5. Welche Ahndungsmöglichkeiten gibt es, wenn die gesetzlichen Vorgaben nicht bzw. nicht rechtzeitig oder unvollständig erfüllt werden?

6. Wer erhält die Zinsen von Ersatzzahlungen, die z.T. über Jahre hinweg auf einem Bankkonto z. B. der jeweiligen Kommune angelegt sind und sich zu beträchtlichen Beträgen aufsummieren können?

7. Falls die Flächen für Ausgleich und Ersatz im Rahmen eines sog. Ökokontos verwaltet werden:

a) Wer überprüft die Zuordnung der jeweiligen Maßnahme/Fläche zu den einzelnen Eingriffen?

b) In welchem Zeitraum vor oder nach einem Eingriff dürfen die Flächen des Ökokontos dem Eingriff noch zugeordnet werden?

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 16.03.

Die schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz wie folgt:

Nach den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes sind Eingriffe in Natur und Landschaft zu unterlassen, wenn sie vermeidbar sind; unvermeidbare Eingriffe sind auszugleichen (§ 19 Abs. 2 Das Verhältnis zwischen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und der Bauleitplanung der Gemeinden ist durch § 21 Abs. 1 in der Weise geregelt, dass dann, wenn auf Grund der Aufstellung oder Änderung von Bauleitplänen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs zu entscheiden ist. Dementsprechend ist in der bauleitplanerischen Abwägung auch die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu berücksichtigen (§ 1a Abs. 2 Nr. 2 Die Gemeinde hat in ihrer Abwägung über Art und Umfang der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen zu entscheiden. Da somit bereits auf der Ebene der Bauleitplanung über die Zulässigkeit und den Ausgleich von Eingriffen entschieden wird, ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung auf Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 nicht anzuwenden (§ 21 Abs. 2

Der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe kann grundsätzlich durch geeignete Darstellungen von Flächen zum Ausgleich im Flächennutzungsplan und durch Festsetzungen von Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Bebauungsplan erfolgen. Im Sinne einer räumlichen Entkoppelung können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Eingriffsort erfolgen. Alternativ zu bauleitplanerischen Darstellungen und Festsetzungen können auch Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden (§ 1a Abs. 3 Ausgleichsmaßnahmen können auch bereits vor Erlass eines Bebauungsplans, der die Grundlage für künftige Eingriffe schafft, durchgeführt werden. Die Gemeinde kann im Rahmen eines sog. Ökokontos frühzeitig gemeindeeigene Flächen heranziehen, Flächen Dritter durch Grunddienstbarkeit sichern oder Flächen erwerben und vorab Maßnahmen durchführen, um darauf beim späteren Erlass des Eingriffsbebauungsplans zurückgreifen zu können.

Auf der Grundlage der dargestellten Rechtslage nehme ich zu den einzelnen Fragen wie folgt Stellung:

Zu 1.: Da, wie einleitend dargestellt, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung abzuarbeiten ist, erfolgt die Darstellung von Flächen zum Ausgleich bzw. die Festsetzung von Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im jeweiligen Bauleitplan selbst, soweit die Gemeinde sich 07.04. für die Durchführung des Ausgleichs durch diese bauleitplanerischen Möglichkeiten entscheidet.

Bezogen etwa auf die Aufstellung eines Bebauungsplans, der Eingriffe in Natur und Landschaft erwarten lässt, hat dies zur Folge, dass über den Ausgleich grundsätzlich anlässlich der Aufstellung dieses Bebauungsplans zu entscheiden ist. Will die Gemeinde Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans selbst festsetzen, erfolgt auch deren flächenscharfe Festlegung in dem Bebauungsplan selbst und damit zum Aufstellungszeitpunkt. Aber auch in Fällen, in denen der Ausgleich außerhalb des Geltungsbereichs des Eingriffsbebauungsplans erfolgen soll ­ sei es in einem anderen Bebauungsplan oder durch geeignete Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen ­ ist es im Hinblick auf eine sachgerechte Abwägungsentscheidung geboten, dass zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Flächen, die für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind, in hinreichender Weise konkretisiert sind. Macht schließlich die Gemeinde von der Möglichkeit des Ökokontos Gebrauch, legt sie im Satzungsbeschluss abschließend fest, welche Flächen und Maßnahmen aus dem Ökokonto dem Ausgleich der planbedingten Eingriffe zuzurechnen sind. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass bei der Aufstellung eines Bebauungsplans, der Eingriffe in Natur und Landschaft erwarten lässt, grundsätzlich zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die für den Ausgleich vorgesehenen Flächen und Maßnahmen festzulegen sind.

Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Zu 3.: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Umfang der Ausgleichsmaßnahmen einerseits und deren Durchführung andererseits.

1. Wie bereits ausgeführt, hat die Gemeinde über die Vermeidung und den Ausgleich der durch die Bauleitplanung zu erwartenden Eingriffe und damit auch über den erforderlichen Umfang von Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung zu entscheiden. Eine Überprüfung des Umfangs der festgelegten Ausgleichsmaßnahmen hat daher anhand der Maßstäbe der Prüfung der Rechtmäßigkeit der bauleitplanerischen Abwägung zu erfolgen, so dass im Einzelfall der Frage entscheidende Bedeutung zukommt, ob die Gemeinde die Grenzen des ihr zustehenden Abwägungsspielraums überschritten hat.

Die Aufstellung oder Änderung eines Flächennutzungsplans bedarf der Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Zuständigkeiten ergeben sich im Einzelnen aus den Bestimmungen des § 2 der Zuständigkeitsverordnung im Bauwesen Für die Flächennutzungspläne kreisfreier Städte und Großer Kreisstädte ist Genehmigungsbehörde die Regierung, für die Flächennutzungspläne kreisangehöriger Gemeinden in der Regel das Landratsamt. Im Genehmigungsverfahren wird geprüft, ob der Flächennutzungsplan mit den Vorschriften des und sonstigen Rechtsvorschriften in Einklang steht, so dass auch die Rechtmäßigkeit der Abwägung Gegenstand der Prüfung ist.

Die Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen ist nur in Ausnahmefällen genehmigungspflichtig (§ 10 Abs. 2 genehmigungspflichtig sind danach Bebauungspläne, die nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt sind). Bei genehmigungspflichtigen Bebauungsplänen wird die Rechtmäßigkeit der Abwägungen in gleicher Weise im Genehmigungsverfahren überprüft wie bei Flächennutzungsplänen. Aber auch bei genehmigungsfreien Bebauungsplänen besteht die Pflicht der Gemeinde zu rechtmäßiger Abwägung.

Im Übrigen dient die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange im Bauleitplanverfahren nach § 4 dazu, den Gemeinden das notwendige Abwägungsmaterial zu liefern und damit die Grundlage für eine rechtmäßige Abwägungsentscheidung zu schaffen. Den fachlichen Hinweisen der Naturschutzbehörden kommt gerade im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung im Hinblick auf die zutreffende Ermittlung und Bewertung des Eingriffs und des gebotenen Ausgleichsumfangs erhebliche Bedeutung zu.

2. Die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen ist zunächst Aufgabe des Vorhabenträgers (vgl. § 135a Abs. 1 Sie kann von der Gemeinde oder ggf. der zuständigen Bauaufsichtsbehörde überprüft werden.

Soweit allerdings Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle als am Eingriffsort den jeweiligen Baugrundstücken zugeordnet sind, soll die Gemeinde diese an Stelle und auf Kosten der Vorhabenträger oder der Grundstückseigentümer durchführen (§ 135a Abs. 2 Satz 1 In diesen Fällen hat die Gemeinde die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen im rechtlich gebotenen Umfang zu gewährleisten. Inwieweit die Gemeinde den diesbezüglichen Verpflichtungen nachkommt, kann ggf. durch die zuständigen Aufsichtsbehörden überprüft werden.

Zu 4.: Die Frage, innerhalb welchen Zeitraums nach dem stattgefundenen Eingriff Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen sind, lässt sich nicht generell beantworten. Vielmehr sind hierbei die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang wiederum auch, auf welche Weise der Ausgleich durchgeführt wird.

So ist es etwa gerade ein wesentliches Merkmal des Ökokontos, dass der Ausgleich bereits vor dem Eingriff durchgeführt werden kann. Nach § 135a Abs. 2 Satz 2 haben die Gemeinden die Möglichkeit, bereits vor Aufstellung eines Bebauungsplans die Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. Mit In-Kraft-Treten des Bebauungsplans werden die zum Ausgleich zugeordneten Kompensationsflächen von dem Ökokonto abgebucht. Seite 2 Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode Drucksache 15/704

Sind demgegenüber Flächen und Maßnahmen zum Ausgleich auf den Baugrundstücken selbst festgesetzt, werden diese regelmäßig von den Bauherren in zeitlichem Zusammenhang oder in der Folge der Verwirklichung des jeweiligen Bauvorhabens umzusetzen sein. Werden in einem städtebaulichen Vertrag vertragliche Regelungen über Ausgleichsmaßnahmen getroffen, bietet es sich regelmäßig an, die Frage des Zeitpunkts der Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen in dem Vertrag näher zu regeln.

Um der Zielsetzung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelung gerecht zu werden, ist ein angemessener zeitlicher Bezug zwischen Eingriff und Ausgleich geboten.

Zu 5.: Auch bei dieser Frage ist zwischen verschiedenen Fallgestaltungen zu differenzieren.

Kommt die Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung der Pflicht zur Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung nicht nach oder erfolgt die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen nicht in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise, kommen zum einen die Versagung der für den Bauleitplan beantragten Genehmigung und zum anderen die Möglichkeiten des kommunalaufsichtlichen Instrumentariums in Betracht. Auf die Antwort zur Frage 3 wird verwiesen.

Kommen die Vorhabenträger ihrer Pflicht zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne von § 135a Abs. 1 nicht nach, kommen nach den Umständen des Einzelfalls die Möglichkeiten des bauaufsichtlichen Einschreitens durch die Bauaufsichtsbehörden bzw. auch ­ bei Nichtbeachtung von im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen über das Anpflanzen oder die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen ­ das gemeindliche Pflanzgebot nach § 178 in Betracht.

Zu 6.: Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass durch eine langfristige Anlage von Finanzmitteln aus Ersatzzahlungen den Kommunen Zinserträge in beträchtlichem Umfang zufließen würden.

Sollten mit der Frage die Ersatzzahlungen nach Art. 6a Abs. 3 Sätze 2 bis 7 des Bayer. Naturschutzgesetzes angesprochen sein, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die Ersatzzahlung ist nach Art. 6a Abs. 3 Satz 5 an den Bayerischen Naturschutzfonds zu leisten. Dieser kann die Mittel zugunsten des Naturschutzes zinsbringend zu günstigeren Konditionen und effizienter anlegen, als es bei einer Vielzahl von Teilbeträgen möglich wäre. Den Zinsertrag erhält der Naturschutzfonds, der ihn ausschließlich wieder für die Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege verwendet.

Sollte die Frage im Zusammenhang mit den Regelungen über die Kostenerstattung für von der Gemeinde durchgeführte Ausgleichsmaßnahmen für durch Bauleitpläne zu erwartende Eingriffe stehen, ist Folgendes zu beachten:

Wie bereits dargelegt, kann die Gemeinde nach § 135a Abs. 2 Satz 1 unter den dort genannten Voraussetzungen die Ausgleichsmaßnahmen an Stelle und auf Kosten der Vorhabenträger oder Grundstückseigentümer durchführen. Die Kosten können geltend gemacht werden, sobald die Grundstücke, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, baulich oder gewerblich genützt werden dürfen; die Erstattungspflicht entsteht allerdings erst mit der Herstellung der Ausgleichsmaßnahmen durch die Gemeinde (§ 135a Abs. 3 Sätze 1 und 3 Da die Erstattungspflicht erst mit der Durchführung der Maßnahmen zum Ausgleich entsteht und der Erstattungsbetrag der Deckung des Aufwands für die Ausgleichsmaßnahme dient, erscheinen Zinserträge allenfalls denkbar, wenn die Gemeinde von der Möglichkeit Gebrauch macht, durch Satzung die Anforderung von Vorauszahlungen auf den Erstattungsbetrag zu bestimmen. Allerdings spricht überwiegend dafür, dass auch Vorauszahlungen nur gefordert werden können, wenn zum Zeitpunkt der Anforderung die Herstellung der Ausgleichsmaßnahmen zumindest absehbar ist.

Zu 7.: a) Wurden Flächen und Maßnahmen zum Ausgleich in ein Ökokonto eingebracht, kann die Gemeinde zum Ausgleich der durch einen Bauleitplan zu erwartenden Eingriffe entsprechende Teile der eingebrachten Gesamtflächen aus dem Ökokonto für den Ausgleich vorsehen.

Im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans äußern sich im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange die unteren Naturschutzbehörden hierzu aus naturschutzfachlicher Sicht. Die Gemeinden haben sich im Rahmen ihrer planerischen Abwägungsentscheidung mit der fachlichen Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde auseinander zu setzen. Es ist Aufgabe der Gemeinde, im Rahmen der Abwägung abschließend festzulegen, welche Flächen und Maßnahmen aus dem Ökokonto dem Ausgleich der planbedingten Eingriffe zuzurechnen sind. Zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der gemeindlichen Abwägungsentscheidung wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

b) Wie in Teilfrage a) ausgeführt, erfolgt die Zurechnung der Flächen und Maßnahmen aus dem Ökokonto zum Ausgleich der planbedingten Eingriffe im Rahmen der Abwägungsentscheidung der Gemeinde, wobei für die Abwägung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgebend ist.

Drucksache 15/704 Bayerischer Landtag · 15.