Zukunft des Landesamtes für Maß und Gewicht

In seiner Regierungserklärung hat Ministerpräsident Stoiber das Projekt Verwaltung 21 angekündigt. Dabei sollen Selbstständigkeit, Notwendigkeit und Aufgabenzuschnitt diverser Landesämter hinterfragt werden.

Diese Absicht betrifft auch Aufgaben und Organisation des Landesamtes für Maß und Gewicht und hat auch Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die Beschäftigten sowie die Kommunen.

Ich frage deshalb die Staatsregierung:

1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Landesamtes für Maß und Gewicht in seiner bisherigen Form?

a) Welche hoheitlichen Aufgaben hat das Landesamt für Maß und Gewicht bisher erledigt

b) und welche Bereiche gehören davon zur Daseinsvorsorge?

2. Welche konkreten Planungen hat die Staatsregierung hinsichtlich Selbstständigkeit, Notwendigkeit und des Aufgabenzuschnittes des Landesamtes für Maß und Gewicht

a) und wie soll das vorhandene Fachwissen erhalten werden?

3. Welche Synergieeffekte erwartet die Staatsregierung von einer Umstrukturierung bzw. Auflösung von Dienststellen des Landesamtes für Maß und Gewicht konkret?

a) Bis wann sind welche Einsparpotentiale zu erreichen?

b) Mit welchen Mitteln will die Staatsregierung die angestrebten Einsparpotentiale beim Landesamt für Maß und Gewicht konkret erreichen?

c) Welche Berechnungen liegen zu Grunde?

4. Was geschieht bei einer Neuorganisation mit den Immobilien, in denen das Landesamt für Maß und Gewicht bisher untergebracht ist?

5. Plant die Staatsregierung, im Bereich der Ministerialverwaltung Einsparungen durch Wegfall bzw. Zusammenlegung von Abteilungen und Referaten vorzunehmen?

a) Und wenn ja, in welchem Umfang soll dies geschehen?

6. Welche dienst-, status- und weisungsrechtlichen Folgen wird die Umstrukturierung des Landesamtes für Maß und Gewicht auf die bisher in diesem Bereich tätigen Arbeiter, Angestellten, Beamtinnen und Beamten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Möglichkeiten der Versetzung und Abordnung haben?

a) Wie viele Beschäftigte werden von einer Reform betroffen sein?

b) Wie wirkt sich der verfügte Einstellungsstopp bereits derzeit auf die Aufgabenerledigung und die Nachwuchsgewinnung aus?

c) Welche Auswirkungen wird die Neuorganisation des Landesamtes für Maß und Gewicht auf die Ausbildungsplätze haben?

d) In welcher Form können die Beschäftigten im Rahmen der im Februar 2002 getroffenen Modernisierungsvereinbarung die Verwaltungsreform unmittelbar durch ihre Vorschläge und Initiativen mitgestalten?

7. Welche Auswirkungen wird die Reform auf die bisherigen Aufgabenstellungen und auf die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger haben?

8. Werden durch die Umorganisation zusätzliche Aufgaben und Kosten auf die Kommunen zukommen?

a) Und wie ist dies im Zusammenhang mit dem Konnexitätsprinzip zu bewerten?

Die schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit der Staatskanzlei wie folgt:

Im Rahmen des Projekts Verwaltung 21 sollen u.a. Selbstständigkeit und Aufgabenzuschnitt der Landesämter, auch des Landesamts für Maß und Gewicht (LMG), überprüft werden. Das LMG und mit ihm die gesamte bayerische Eichund Beschussverwaltung stehen aufgrund dessen ­ sowie in Folge weiterer politischer Grundsatzbeschlüsse ­ vor einer einschneidenden Aufgaben- und Strukturreform:

­ Durch die EU-Messgeräterichtlinie (MID) entfällt die amtliche Ersteichung; die Verabschiedung der Richtlinie wird Mitte 2004 erwartet.

­ Modernisierung des Eichrechts (ausschließliche Gesetzgebung des Bundes) durch Übertragung der bislang amtlichen Nacheichung für nahezu sämtliche Messgerätearten (Beschluss Wirtschaftsministerkonferenz: in der Re28.04. gel) auf Private; der Bund arbeitet derzeit einen Gesetzentwurf aus.

­ Privatisierung der beiden bayerischen Beschussämter im Wege der Übertragung amtlicher Beschussaufgaben auf beliehene Private (Beschluss des Ministerrats vom 16. Dezember 2003); Umsetzung im Rahmen des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes, zu dem bis 01.03. die Verbandsanhörung durchgeführt wurde; im Anschluss daran Erarbeitung der erforderlichen Ausführungsverordnung.

Als Konsequenz aus den genannten Deregulierungs- und Privatisierungsmaßnahmen im Eich- und Beschusswesen wird somit ­ eingebettet in das Projekt Verwaltung 21 ­ eine Umstrukturierung bzw. eine entsprechende Anpassung des Aufgabenzuschnitts der Eich- und Beschussverwaltung in die Wege geleitet werden müssen. Sie betrifft insbesondere den sukzessiven Wegfall technischer Prüfaufgaben in den nachgeordneten Eichämtern bzw. die Übertragung amtlicher Beschussaufgaben auf beliehene Private und parallel dazu die Neustrukturierung der landesweiten, leistungsfähigen Aufsicht über derzeitige und künftige private Prüfstellen bzw. beliehene Unternehmer sowie eine erweiterte Marktüberwachung u.a. in Anwendung der EU-Messgeräterichtlinie.

Zu den Fragen darf ich im Einzelnen Folgendes ausführen:

Zu 1., 1.a) und 1.b):

Das LMG ist dem Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie unmittelbar nachgeordnete Landeszentral- und insofern alleinige staatliche Mittelbehörde für das bayerische Eich- und Beschusswesen; es übt die Aufsicht über die bayerischen Eich- und Beschussämter aus (Verordnung über die Organisation des Eich- und Beschusswesens, GVBl 1999 S. 113). Daneben führt das LMG auch die Dienst- und Fachaufsicht über die staatlich anerkannten Prüfstellen für Messgeräte für Gas, Wasser, Elektrizität und Wärme in Bayern. Es handelt sich um 52 Prüfstellen in Bayern (34 für Elektrizität, 9 für Gas, 5 für Wasser, 4 für Wärme). Das Landesamt führt darüber hinaus die öffentliche Bestellung und Vereidigung von leitendem Prüfstellenpersonal (Leiter und Stellvertreter) durch (ca. 15 Bestellungen im Jahr).

Die Gewährleistung der Voraussetzungen für richtiges Messen sowie für die Messsicherheit im Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, Umweltschutz und den sicheren Umgang mit Waffen, Böllern, Munition und Schutzmaterialien ist Teil der Daseinsvorsorge.

Zu 2., 2.a):

Im Rahmen des anstehenden (Bundes-)Gesetzgebungsverfahrens zur Neuregelung des deutschen Eich- und Messwesens wird zur Zeit ein Katalog privatisierungsfähiger technischer Eichaufgaben diskutiert. Sukzessive könnten danach künftig evtl. für 62 Messgerätearten die amtlichen Nacheichpflichten entfallen (Deregulierung) und für weitere 101

Messgerätearten die amtlichen Nacheichungen auf private Prüfdienste übertragen werden (Privatisierung). Damit würden künftig voraussichtlich 163 von insgesamt 191 Messgerätearten einer gesetzlichen Neuregelung zugeführt. Diese Reformschritte sollen zusammen mit der bundesgesetzlichen Umsetzung der EU-Messgeräterichtlinie in nationales Recht neu in das Eichrecht aufgenommen werden.

Struktur und Aufgabenzuschnitt und ggf. auch Bestand der Eichverwaltung werden davon im Kern betroffen sein. Deren Aufgaben werden sich weg vom staatlichen Mess- und Eichwesen mit flächendeckender Erst- und Nacheichung hin zu einem Qualitätssicherungssystem entwickeln. Um das gesellschaftliche Vertrauen in Maß und Gewicht sowie den notwendigen Verbraucher-, Wettbewerbs- und Gesundheitsschutz auch unter den grundlegend veränderten Strukturen gewährleisten zu können, muss eine landesweite und fachlich wie technisch leistungsfähige (z.B. für EDV-gestützte Messsysteme) staatliche Aufsicht und Marktüberwachung sichergestellt werden. Die Eichverwaltung entwickelt für Bayern zentral die für den Aufbau dieser neuen Strukturen notwendige personelle und sachliche Kompetenz. Bundesweit wirken Mitarbeiter der bayerischen Eichverwaltung an Schulungsveranstaltungen für leitendes Prüfstellenpersonal mit, die an der Deutschen Akademie für Metrologie (DAM), einer nichtselbständigen Einrichtung des Landesamtes, durchgeführt werden.

Die Aufgaben der beiden bayerischen Beschussämter sollen nach dem Beschluss der Staatsregierung vom 16.12. künftig von beliehenen Privaten übernommen werden. Der Gesetzentwurf wird nach der Verbandsanhörung dem Landtag vorgelegt. Der Staatsverwaltung wird aber auch in Zukunft eine wichtige Funktion bei Aufsicht und Überwachung des Beschusswesens in Bayern zukommen (vgl. Gesetzentwurf der Staatsregierung, die erforderlichen sachlichen und personellen Strukturen sollen für Bayern zentral entwickelt werden.

Zu 3., 3.a), 3.b), 3.c):

Die oben angesprochenen Umstrukturierungen werden aller Voraussicht nach einen Abbau des mit einfachen technischen Prüfaufgaben bislang (in ganzer Breite und landesweit) befassten Personals nach sich ziehen. Auf der anderen Seite werden die neuen und komplexeren Aufsichts- und Marktüberwachungsaufgaben einen erheblichen Aus- und Weiterbildungsaufwand und den wachsenden technischen Anforderungen entsprechend höher qualifiziertes Personal erfordern.

Im Zusammenhang mit der Übertragung technischer Eichprüfungen auf Private und infolgedessen möglich werdender struktureller Maßnahmen könnten ggf. die bislang notwendigerweise an verschiedenen Eichämtern vorzuhaltenden Prüfmittel in Zukunft an nur noch einer Stelle für Stichprobenprüfungen im Rahmen der Aufsicht und Marktüberwachung konzentriert werden.

Die entsprechenden Einsparungen lassen sich gegenwärtig nicht konkret beziffern.

Zu 4.: Ob, wann und ggf. in welcher Weise Immobilien, in denen das LMG und die nachgeordneten Eich- und Beschussämter untergebracht sind, im Falle struktureller Änderungen 2 Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode Drucksache 15/724 behrlich werden, steht derzeit noch nicht fest. Sollten aber Immobilien nicht mehr benötigt werden, würde eine Staatsbedarfsprüfung nach den Vorschriften des Haushaltsrechts (VV zu Art. 64 durchgeführt werden. Vor dem Hintergrund einer Anmietungsfläche von ca. 165.000 qm des Freistaates Bayern im Gebiet der Landeshauptstadt München ist davon auszugehen, dass unmittelbarer Anschlussbedarf für Verwaltungszwecke im staatlichen Bereich bei Behörden oder Einrichtungen des Freistaates Bayern besteht.

Zu 5., 5.a):

Im Bereich der Ministerialverwaltung werden sich infolge der Verwaltungsreform keine absehbaren Umstrukturierungen ergeben.

Mit der fachlichen Betreuung des Eich- und Beschusswesens ist im ein Referat befasst, das daneben auch vielfältige weitere Aufgaben erfüllt. Im Bereich der Eich- und Beschussverwaltung sind die Fachaufsicht über das Landesamt mit den Eich- und Beschussämtern, die Mitarbeit bei Deregulierungs- und Privatisierungsmaßnahmen, bei der Ausarbeitung von Rechtsnormen im Eich- und Beschusswesen sowie zur Privatisierung technischer Prüfaufgaben und beim Bund-Länder-Ausschuss Gesetzliches Messwesen und dessen Arbeitsausschüssen zur Umsetzung der bevorstehenden Europäischen Messgeräterichtlinie MID Schwerpunkte der Tätigkeit. In einer Phase dynamischer Veränderungen in diesem Bereich sind Personaleinsparungen insoweit nicht zielführend und deshalb auch nicht vorgesehen.

Die administrative Betreuung der Eich- und Beschussverwaltung in den für Personal-, Haushalts- und Liegenschaftsverwaltung zuständigen Referaten des erfolgt nur in sehr geringem Umfang:

Im Personalbereich sind die beamtenrechtlichen Zuständigkeiten bis A 14 mit der Verordnung über beamten-, disziplinar-, besoldungs- und reisekostenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom 07.12.1999 dem LMG übertragen worden (analog im Tarifrecht). Das LMG ist somit für 98 % aller Mitarbeiter der bayerischen Eich- und Beschussverwaltung personal- und stellenrechtlich zuständig. Das ist für Beamte ab A 15 zuständig (derzeit 6 Mitarbeiter im LMG). Haushalt: Das LMG hat seine Haushaltsmittel immer selbst bewirtschaftet. Der Personalaufwand im Haushaltsreferat des Ministeriums für die Betreuung des LMG ist daher sehr gering. Dies hat sich mit der Einführung der Budgetierung noch verstärkt, da das LMG Mehreinnahmen ohne Abstimmung mit dem Ministerium eigenverantwortlich für Mehrbedarf verwenden kann.

Das für die Liegenschaftsverwaltung zuständige Referat des ist nur in geringem Umfang mit Aufgaben, die die Eich- und Beschussverwaltung berühren, betraut. Dies betrifft im Wesentlichen die in Einzelfragen nötige Beteiligung bei staatlichen Hochbaumaßnahmen in diesem Bereich, die jedoch zwischenzeitlich alle abgewickelt sind.

Zu 6., 6.a), 6.b), 6.c), 6.d):

Den Rahmen für die dienst-, status- und weisungsrechtlichen Folgen der Umstrukturierung bilden die bestehenden beamten-, arbeits- und tarifrechtlichen Regelungen, die es z. B. ermöglichen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an andere Dienststellen abzuordnen oder zu versetzen. Welche Maßnahme im konkreten Einzelfall Anwendung finden wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Vorrangig wird jedoch immer eine Lösung angestrebt werden, der der Mitarbeiter zustimmt. Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in die Entscheidung mit einbezogen werden, um sinnvolle und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Die Reform kann und soll auch dazu dienen, weitere Entwicklungs- und Qualifikationschancen der Mitarbeiter zu eröffnen. Hierzu dient die im Rahmen des Projekts Verwaltung 21 geplante zentrale Personalbörse.

Im Grunde werden sämtliche Beschäftigte des LMG und der Eich- und Beschussämter von den Veränderungen betroffen sein. Bei Einstellungen und Beförderungen wird vom LMG schon seit Jahren Wert auf Effizienz, auch in Richtung einer Realisierung der oben dargestellten Reformprozesse gelegt; dementsprechend wurde schon ein erheblicher Personalabbau umgesetzt. So wurden in der bayerischen Eich- und Beschussverwaltung seit 1997 (auf Vollzeitkräfte umgerechnet) insgesamt bereits 47 Planstellen eingespart, was einer Einsparungsleistung von knapp 20 % entspricht.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die gegenwärtige Organisationsstruktur der Eich- und Beschussverwaltung gewährleisten einen ordnungsgemäßen Aufgabenvollzug auf Basis des derzeit geltenden Rechts. Auch unter Berücksichtigung des in den vergangenen Jahren vollzogenen Stellenabbaus konnten in der Regel geeignete und gute Nachwuchskräfte für den eichtechnischen Dienst gewonnen werden. Die bevorstehende Aufgaben- und Organisationsreform der Eich- und Beschussverwaltung wird sich unter Umständen auch auf die Nachwuchsgewinnung auswirken. Konkrete Aussagen darüber sind derzeit jedoch noch nicht möglich.

Im Hinblick auf den zu anderen Verwaltungsbereichen der Staatsverwaltung vergleichsweise kleinen Personalkörper der bayerischen Eich- und Beschussverwaltung wurden bisher nur sehr wenige Ausbildungsplätze im gehobenen und mittleren eichtechnischen Dienst bzw. der Verwaltungsinformatik angeboten. Aussagen darüber, ob und inwieweit sich die Anzahl der bisher angebotenen Ausbildungsplätze verändern wird, sind erst dann möglich, wenn Klarheit über die künftigen Aufgaben bzw. die künftige Organisationsstruktur besteht.

Die Beschäftigten der Eich- und Beschussverwaltung werden selbstverständlich in den Reformprozess eingebunden.

Vorschläge und Initiativen sind willkommen, damit die soziale Ausgestaltung der Reformmaßnahmen so weit wie möglich gewährleistet werden kann. Schon in der Vergangenheit haben die Mitarbeiter der bayerischen Eich- und Beschussverwaltung zu einem erheblichen Anteil mit Verbesserungsvorschlägen zu Effizienzsteigerungen und Rationalisierungen in der bayerischen Wirtschaftsverwaltung insgesamt beigetragen.

Zu 7.: Auch nach den Reform- und Umstrukturierungsprozessen sollen die Bürgerinnen und Bürger in der bayerischen Eichund Beschussverwaltung kompetente Ansprechpartner und die notwendigen Dienst- und Überwachungsleistungen vorfinden.

Zu 8., 8.a):

Durch Neu- und Umstrukturierungen in der Eich- und Beschussverwaltung entstehen für die Kommunen keine neuen Aufgaben oder Kosten, da es sich hierbei nicht um gemeindliche Pflichtaufgaben handelt.