Haushaltskonsolidierung der Stadt Würzburg ­ freiwillige Leistungen an soziale Einrichtungen etc

Die Antwort der Staatsregierung vom 28.01.2004 auf meine mündliche Anfrage zur Haushaltskonsolidierung der Stadt Würzburg veranlasst mich zu folgenden Fragen:

1. Wie sind kommunale Zuschüsse an Sportvereine, soziale Einrichtungen und Kulturträger in anderen Bundesländern geregelt?

2. Was spricht dagegen, diese bisher freiwilligen Zuschüsse künftig zu notwendigen Leistungen, also Pflichtleistungen der Kommunen zu machen?

3. Wie beurteilt die Staatsregierung den Widerspruch, dass einerseits die Stadt bei ungenehmigtem Haushalt freiwillige Leistungen nicht auszahlen darf, andererseits aber für das gesundheitliche, kulturelle und soziale Wohl der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen hat?

4. Was empfiehlt die Staatsregierung der Stadt Würzburg, um diesen Widerspruch aufzulösen?

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 26.03.

Zu 1.: Weder die Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern ­ GO

­ noch die Kommunalgesetze anderer Bundesländer enthalten spezielle Regelungen zur grundsätzlichen Zulässigkeit bzw. zur Freiwilligkeit oder Pflichtigkeit kommunaler Zuschüsse an Sportvereine, an soziale Einrichtungen oder an Träger kultureller Einrichtungen.

In Bayern stellt sich die Rechtslage dabei wie folgt dar: Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Bayern

­ BV ­ gibt den Gemeinden das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten (vgl. auch Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 GO). Dieser Aufgabenbereich ist in Art. 83 Abs. 1 BV näher umschrieben.

Nach Maßgabe des Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO sollen die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die dort genannten öffentlichen Einrichtungen schaffen und erhalten.

In diesen Grenzen entscheiden die Gemeinden eigenverantwortlich im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts, zu dem auch die gemeindliche Finanzhoheit gehört, über die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben. Sie entscheiden dabei auch, ob und inwieweit sie Maßnahmen Dritter, die auch der Aufgabenerfüllung der Gemeinde dienen, fördern bzw. bezuschussen.

Die Rechtslage in den anderen Bundesländern entspricht hinsichtlich der Aufgabenverantwortung der Gemeinden für sämtliche öffentlichen Belange mit örtlichem Bezug in den wesentlichen Grundzügen der bayerischen Rechtslage.

Ebenso wie in Bayern wird auch in den übrigen Bundesländern grundsätzlich zwischen pflichtigen und nichtpflichtigen Aufgaben differenziert. Ebenso wie in der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern ist auch in den Kommunalgesetzen der anderen deutschen Flächenländer die Grenze der Leistungsfähigkeit der Gemeinde als Schranke für ein Tätigwerden innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Allzuständigkeit der Gemeinde für sämtliche Belange mit örtlichem Bezug im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts überwiegend ausdrücklich gesetzlich verankert.

Zur Frage der Zulässigkeit freiwilliger Leistungen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung, die bereits Gegenstand der mündlichen Anfrage des Herrn Rainer Boutter vom 26.01.2004 war, darf hinsichtlich der bayerischen Rechtslage zunächst auf die Beantwortung der mündlichen Anfrage durch Herrn Staatssekretär Georg Schmid verwiesen werden.

Die Regelungen in den anderen Bundesländern sind weitgehend identisch mit der bayerischen Regelung in Art. 69 Abs. 1 Nr. 1 GO oder weichen nur in Nuancen von der bayerischen Vorschrift ab.

Zu 2.: Gegen die Umwandlung freiwilliger Pflichtaufgaben spricht insbesondere das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Der breit gefasste Katalog möglicher freiwilliger Aufgaben in Art. 83 Abs. 1 BV und Art. 57 Abs. 1 GO gestattet den Gemeinden nämlich je nach den örtlichen Bedürfnissen und Entwicklungsabsichten eigenverantwortlich Prioritäten zu setzen.

Würden dagegen in beachtlichem Umfang neue Pflichtaufgaben begründet, wären die Gemeinden zu ihrer unterschiedslosen Umsetzung ohne Rücksicht auf örtliche Bedürfnisse und Schwerpunkte genötigt. Hierbei würden neue Pflichtaufgaben in einem Bereich Forderungen hinsichtlich 28.04. der Umwandlung auch der verbliebenen, aber dann u. U. benachteiligten freiwilligen Aufgaben in anderen Bereichen nach sich ziehen. Folge wäre ein undifferenzierter und nicht mehr wesentlich gestaltbarer Einheitsvollzug.

Zudem fände bei der Neubegründung von Pflichtaufgaben das neu in die Bayerische Verfassung (Art. 83 Abs. 3) eingefügte Konnexitätsprinzip Anwendung. Da der Freistaat nicht finanzielle Einstandspflichten für jegliche Entscheidung auf Gemeindeebene übernehmen kann, könnten neue Pflichtaufgaben nur auf niederstem Niveau der Aufgabenerfüllung definiert werden und würden darüber hinausgehende freiwillige Mehraufwendungen verwaltungsintensive und streitanfällige Abgrenzungen erfordern.

Die Kernaufgabe, begrenzte Mittel möglichst eigenverantwortlich optimal zur Lösung örtlicher Aufgaben einzusetzen, würde damit eher erschwert als erleichtert, die Selbstverwaltung jedenfalls gemindert.

Zu 3.: Der hier unterstellte Widerspruch besteht nicht. Wie bereits ausgeführt, weisen Art. 83 Abs. 1 BV und Art. 57 Abs. 1 GO den Gemeinden ­ bei grundsätzlicher Allzuständigkeit ­ eine breite Aufgabenpalette zu, die auch von den leistungsfähigsten Gemeinden nicht bis in jede mögliche Verästelung umgesetzt werden kann und soll. Sorge für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl und Förderung des Gemeinschaftslebens der Einwohner einer Gemeinde bedeuten deshalb stets eine an den selbst gesetzten Prioritäten und an den verfügbaren Mitteln orientierte Auswahl unter weit gespannten Möglichkeiten, für die Bürger zu wirken.

Dabei gibt es in der Regel weder Mindeststandards der Aufgabenerfüllung ­ sonst läge insoweit keine freiwillige Leistung vor ­, noch eine Art Bestandsschutz auf der Höhe des erreichten Leistungsniveaus. Vielmehr wird ein Rückgang der Leistungsfähigkeit Einschränkungen bei den freiwilligen Leistungen nach sich ziehen, soweit er nicht anderweitig kompensiert werden kann. Umgekehrt wird eine Verbesserung der Finanzen zu Leistungsausweitungen führen können.

Diese Abhängigkeit der Leistung von der Leistungsfähigkeit ist systemimmanent und jedenfalls kein Widerspruch. Probleme würden sich allerdings ergeben, wenn eine Gemeinde in keiner Weise mehr für die genannten Ziele tätig werden könnte. Dies ist jedoch nirgends der Fall, auch nicht bei der vorläufigen Haushaltsführung durch die Stadt Würzburg.

Einzuräumen ist, dass die Einschränkungen durchaus fühlbares Gewicht erhalten können.

Zu 4.: Da nach Auffassung der Staatsregierung kein Widerspruch besteht, können auch keine Empfehlungen zu seiner Auflösung gegeben werden.

Im Übrigen steht die Regierung von Unterfranken in ständigem Kontakt mit der Stadt; das Staatsministerium des Innern hat deren Probleme wiederholt mit ihren Vertretern erörtert und schriftliche Auskünfte gegeben. Die Stadt selbst hat nach Auffassung der Aufsichtsbehörden zweckdienliche Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung eingeleitet.

Sie hat schließlich auch staatliche Hilfen erhalten und wird bei Vorliegen der für alle Gemeinden geltenden Voraussetzungen auch weitere Hilfen erhalten können.