ZRS Nord

1. Trifft es zu, dass in Würzburg eine Zentrale Rückführungsstelle bzw. eine Außenstelle der ZRS Nord eingerichtet wird und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck? Welche Befugnisse, Ziele und Aufgaben soll die ZRS bzw. die Außenstelle im Einzelnen haben? Wie wird die ZRS oder die Außenstelle organisiert und aufgebaut

2. Nach welchen Kriterien sollen Personen in Gemeinschaftsunterkünfte eingewiesen werden, die der ZRS oder der Außenstelle unterstellt sind? Trifft es zu, dass neben ausreisepflichtigen Asylbewerbern, die bei Klärung ihrer Identität bzw. Passbeschaffung nicht mitwirken, auch Asylbewerber eingewiesen werden sollen, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet gilt oder rechtskräftig abgelehnt wurde?

3. Welche Maßnahmen sollen zur Identitätsklärung und zur Rückkehrförderung ergriffen werden?

4. Welches konkrete Konzept liegt den beiden Projekten (Praktikum in kommunalen Organisationen) und (Reintegrative Ausbildung) zugrunde? Ist eine Bezahlung der Praktikanten oder Auszubildenden vorgesehen und wenn ja, wie hoch? Wie sollen die o.g. Projekte finanziert werden und wer wird daran wie beteiligt sein?

5. Trifft es zu, dass zielstaatsbezogene Abschiebehindernis beseitigen soll, die sich aus mangelnder medizinischer Versorgung im Herkunftsland ergeben, und wenn ja, wie und mit welchen Programmen?

6. Trifft es zu, dass das Staatsministerium des Innern bayernweit die finanziellen Mittel für neue Stellen im Bereich der ZRS zur Verfügung stellen wird und wenn ja, wie viele? Wenn ja, um welche Stellen handelt es sich dabei konkret? Wie hoch sind die zur Verfügung gestellten Mittel?

7. Wie erklärt die Staatsregierung die o.g. Ausgaben angesichts der angestrebten Personaleinsparungen im öffentlichen Dienst und den drastischen Einsparungen im Sozialhaushalt auf Kosten von Asylbewerbern, insbesondere der Sozialbetreuung? Sieht das neue Konzept auch finanzielle Mittel für psychosoziale Beratung und Betreuung vor.

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 26.03.

Zu 1.: Die Außenstelle Würzburg der Zentralen Rückführungsstelle (ZRS) Nordbayern hat am 06.11.2003 ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Außenstelle befindet sich auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber und nimmt in der Erstaufnahmeeinrichtung die Aufgaben der ehemaligen Ausländerbehörde wahr.

Die Betreuung der Aufnahmeeinrichtung durch die Zentrale Rückführungsstelle ist Teil eines Gesamtkonzepts, durch das bessere Ergebnisse bei der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung erzielt werden sollen. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass bis zu 80 % der Asylbewerber behaupten, über keine Identitätsnachweise zu verfügen, vorhandene Papiere pflichtwidrig nicht vorlegen oder über ihre Identität und Staatsangehörigkeit täuschen, um nach negativ verlaufenem Asylverfahren die Aufenthaltsbeendigung hinauszuzögern oder zu verhindern. Die ZRS Nordbayern unternimmt daher besondere Anstrengungen, um bei diesen Asylbewerbern zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Hinweise auf Identität und Herkunft zu erlangen und die Vorlage von Dokumenten zu erreichen, die für eine spätere Passbeschaffung hilfreich sein können (neben Pässen z. B. Führerscheine, Schulabschlusszeugnisse). In der Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf, wo die ZRS Nordbayern bereits seit mehr als einem Jahr tätig ist, hat sich gezeigt, dass dies ein sehr erfolgversprechender Ansatz eines neuen und innovativen Rückführungsmanagements ist. Ziel ist es, bei negativem Ausgang des Asylverfahrens (ca. 90 % der Verfahren) die Ausreisepflicht zügig durchsetzen zu können. Die Außenstelle ist organisatorisch der ZRS Nordbayern der Regierung von Mittelfranken zugeordnet. Die Außenstelle greift auf Personal der ehemaligen Ausländerbehörde der Stadt Würzburg zurück, für das der Freistaat schon bisher die Kosten getragen hat. Zusätzlich wird muttersprachliches Personal eingesetzt.

Zu 2.: In der von der Außenstelle betreuten Erstaufnahmeeinrichtung werden neu eingereiste Asylbewerber bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag, längstens aber bis zur gesetzlichen Höchstdauer von drei Monaten untergebracht. Die Zusammensetzung der Bewohner hängt somit in erster Linie davon ab, welche Fälle die Außenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in der Aufnahmeeinrichtung Würzburg bearbeitet. Für Asylbewerber, deren Asylantrag als unbeachtlich oder als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, sieht das Asylverfahrensgesetz vor, dass der Aufenthalt möglichst kurzfristig und grundsätzlich aus der Unterkunft heraus beendet wird.

Die Außenstelle der ZRS Nordbayern in Würzburg ist für keine sonstigen Gemeinschaftsunterkünfte ausländerbehördlich zuständig.

Zu 3.: Asylbewerber sind gesetzlich verpflichtet, vorhandene Pässe und sonstige Identitätspapiere oder Unterlagen, die für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können, vorzulegen und an der Beschaffung nicht vorhandener Identitätspapiere mitzuwirken. Sie werden daher in Einzelgesprächen zur Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung angehalten. Zu diesem Zweck werden auch muttersprachliche Mitarbeiter eingesetzt. Die Angaben zu Herkunft und Identität werden ggf. mittels vorhandener Informationsquellen (Nachschlagewerke, Karten, Adressbücher, Internet etc.) auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben wird versucht, den Sachverhalt in weiteren Gesprächen mit den Betroffenen zu klären und auf wahrheitsgemäße Angaben hinzuwirken oder zumindest weitergehende Hinweise auf Dokumente zu erlangen, die für die spätere Passbeschaffung von Bedeutung sein könnten. Die Außenstelle sieht ihre Aufgabe auch darin, die Asylsuchenden bei Bedarf realitätsnah über die tatsächlichen Perspektiven eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet aufzuklären, da viele Antragsteller von Schleusern mit falschen Versprechungen in das Bundesgebiet gelockt werden. Wenn dies gewünscht wird, besteht auch die Möglichkeit, frühzeitig über Programme zur Unterstützung der freiwilligen Rückkehr zu informieren und entsprechende Rückkehrhilfen zu vermitteln.

Zu 4.: Bei den Projekten (Praktikum in kommunalen Organisationseinheiten) und (Reintegrative Ausbildung) der ZRS Nordbayern handelt es sich um Modellprojekte zur Förderung der freiwilligen Rückkehr. Ziel der Maßnahmen ist es, berufliche Grundkenntnisse und -fertigkeiten zu vermitteln, die im Heimatland von Nutzen sein können, und auf diese Weise die Reintegration im Heimatland in beruflicher und sozialer Hinsicht zu unterstützen. Voraussetzung für eine Teilnahme ist, dass der Ausländer seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist, Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und der Ausländer glaubhaft erklärt, nach Beendigung der Maßnahme freiwillig ausreisen zu wollen.

Im Projekt das allerdings in erster Linie für Bewohner der Ausreiseeinrichtung in Fürth gedacht ist, werden in Zusammenarbeit mit der Stadt Fürth Praktika bis zu drei Monaten angeboten, in denen handwerkliche Fähigkeiten vermittelt werden. Dieser Ansatz erscheint erfolgversprechend, da in den jeweiligen Heimatländern nicht enge handwerksordnungsrechtliche Bestimmungen die Umsetzung der gelernten Fähigkeiten und deren Ausübung einschränken. Im Projekt werden im Rahmen einer meistergestützten, zweimonatigen Qualifizierung durch einen beruflichen Bildungsträger (Institut IFI) abgeschlossene Ausbildungsinhalte in verschiedensten Berufsfeldern vermittelt. Die Ausbildungsinhalte werden individuell festgelegt und sind auf die Bedürfnisse im jeweiligen Heimatland ausgerichtet.

Eine Bezahlung ist für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen bzw. geleistete Arbeit nicht vorgesehen. Nach erfolgreichem Abschluss kann jedoch bei Bedarf eine finanzielle Starthilfe für den Neuanfang im Heimatland gewährt werden, die abhängig von der Höhe der Ausbildungskosten ist und sich durch Einsparungen der öffentlichen Haushalte im Falle der Ausreise rechtfertigt. Die Projekte werden als Rückkehrhilfen durch das Sozialministerium gefördert. Für das Jahr 2004 ist ein Antrag auf Förderung durch den Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) gestellt, über den noch nicht entschieden wurde.

Zu 5.: Wenn mit der Frage gemeint ist, ob es ein Programm gibt, das die Beseitigung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse bezweckt, kann dies bejaht werden.

In Fällen, in denen eine Rückführung in das Heimatland daran scheitert, dass z. B. dort eine lebensnotwendige medizinische Versorgung nicht finanziert werden kann, besteht die Möglichkeit, im Rahmen des Modellprojekts Medizinische Hilfen im Heimatland dem betroffenen Ausländer den notwendigen Geldbetrag zweckgebunden zur Verfügung zu stellen. Dies erspart dem Sozialhaushalt Kosten in beträchtlicher Höhe, denn die Aufwendungen liegen in den geförderten Fällen deutlich unter denen, die bei Fortbestehen des Abschiebungshindernisses für die medizinische Versorgung in Deutschland anfallen würden.

Zu 6.: Über die bestehenden Haushaltansätze (vgl. 2. Nachtragshaushalt 2002/Einzelplan 03 A bei Kap. 03 08) hinaus ist nicht daran gedacht, für den Ausbau der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern neue Stellen zu schaffen. Für die Zentralen Rückführungsstellen bei den Regierungen nebst Außenstellen sind im Haushaltsjahr 2004 Personalkosten in Höhe von 1 488 000 veranschlagt.

Zu 7.: Der Aufenthalt von Ausländern mit ungeklärter Identität und Herkunft stellt ein Sicherheitsproblem ersten Ranges dar.

Ein Rechtsstaat kann auch nicht hinnehmen, dass Ausländer ihre Identität und Herkunft verschleiern, um einen vom Gesetz nicht vorgesehenen Daueraufenthalt zu erzwingen.

Gerade in Zeiten einer angespannten Haushaltslage kann nicht darauf verzichtet werden, die Ausreiseverpflichtung konsequent durchzusetzen. Im Jahr 2003 belaufen sich die Aufwendungen des Freistaat Bayern allein nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf ca. 143 Mio.. Kosten für ergänzende Betreuungs- und Hilfsangebote und die Vorhaltung von Verwaltungsstrukturen (Verwaltung, Gerichte etc.) sind darin noch nicht enthalten. Je Leistungsbezieher fallen im Jahr Kosten in Höhe von ca. 6.000 an, die im Falle der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung bei leistungsbeziehenden Ausreisepflichtigen eingespart werden können. Die genannten Personalkosten entsprechen dem Aufwand für die Unterbringung und Versorgung von ca. 250 Leistungsberechtigten in einem Jahr. Durch die Tätigkeit der Zentralen Rückführungsstellen können daher erhebliche Einspareffekte erzielt werden, die die Personalkosten mehr als aufwiegen.

Umgekehrt sind mittel- bis langfristig erhebliche Zusatzbelastungen für die öffentliche Hand zu befürchten, wenn der falsche Eindruck entsteht, der Staat sei nicht mehr in der Lage, die Ausreiseverpflichtung durchzusetzen und habe vor dem Missbrauch kapituliert.

Finanzielle Mittel für die Förderung der psychosozialen Betreuung und Beratung in den staatlichen Unterbringungseinrichtungen sind im Haushalt des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vorgesehen.