Schiffshavarie auf dem Starnberger See

Auf Grund der erneuten Havarie bei der in Dienststellung eines Schiffes der Bayerischen Seen- und Schifffahrts- frage ich die Staatsregierung:

1. Wie lange war die Einarbeitungszeit von Kapitän und Mannschaft auf der neuen MS Starnberg? (Bitte in Tagen und Stunden angeben)

2. Wie viele Versuchsfahrten wurden von Seiten des Schiffsbauers durchgeführt?

3. Wie viele Testfahrten wurden durch die Bayerische Seen- und Schifffahrts- auf dem Starnberger See in welchem Zeitraum, mit welcher Zeitdauer unternommen?

4. Welche Lehrpläne und Dienstanweisungen gibt es dafür?

5 Wie viele Seemeilen oder Kilometer wurden dabei zurückgelegt?

6. Wann wurde das Schiff vom TÜV abgenommen und für seetüchtig erklärt?

7. Ist bekannt, ob es sich bei dem Elektronikausfall um dasselbe Steuerelement handelt, wie bei dem auf dem Ammersee in Dienst gestellten Schiff, bei dem es zu Havarien kam?

8. Wie wird sichergestellt, dass das Schiffspersonal ausreichende Trainingsfahrten im Störfalltraining erlernen kann?

Antwort des Staatsministeriums der Finanzen vom 30.06.

Zu 1.: Die Schiffsführer müssen sich bei der Schifffahrt Starnberger See nach bestandener Kapitänsprüfung erst einige Jahre auf den kleinen Einheiten (MS Berg, MS Phantasie, MS Bernried) bewähren, bevor ihnen die großen Schiffseinheiten MS Seehaupt (Länge 60 m, Breite 12,20 m, 700 Personen), MS Bayern (Länge 48 m, Breite 10,40 m, 700 Personen) und nun auch die MS Starnberg (Länge 56 m, Breite 15 m, 600

Personen) anvertraut werden.

Auf der MS Starnberg werden nur die drei erfahrensten Schiffsführer eingesetzt, die die oben angeführten Kriterien erfüllen.

Der Schottel-Ruderpropellerantrieb und der Einsatz des Bugstrahlruders auf der MS Starnberg sind den Schiffsführern aufgrund langjähriger Erfahrung mit der MS Bernried ebenso bekannt wie die Größenverhältnisse des Katamarans aufgrund der Erfahrungen mit der MS Seehaupt. Die Schiffsführer waren daher vor allem mit den technischen Neuerungen der MS Starnberg vertraut zu machen.

Die Einarbeitungszeit von Kapitän und Mannschaft lässt sich aus diesem Grunde nicht in Tagen bzw. Stunden quantifizieren.

Mit den technischen Einbauten auf der MS Starnberg machten sich die Schiffsführer gemäß Baufortschritt bereits ab Februar 2004 vertraut. Die konkrete Einweisung der Schiffsführer und des Personals begann am 27. April 2004 mit Inbetriebnahme des Schottel-Ruderpropellerantriebs. Alle Funktionen wurden erläutert und die Schiffsführer erstellten sich Checklisten, um sich die Funktionsabläufe umfassend einzuprägen.

Die ersten Probefahrten mit der MS Starnberg begannen am 3. Mai 2004, im Rahmen derer alle Funktionen am Hauptfahrstand und an den Nockfahrständen (= Außensteuerstand) ausführlich erklärt wurden. Weitere Probefahrten dienten der Vertiefung verschiedener Funktionen. In begrenztem Umfang wurden bei den Probefahrten auch technische Defekte simuliert. Ergänzend wurden die Kapitäne bei der Eröffnungsfahrt und an den darauf folgenden Tagen ständig von dem Schiffskonstrukteur der Firma Lux Werft begleitet.

Zu 2.: Versuchsfahrten von Seiten des Schiffsbauers sind weder üblich noch rechtlich zulässig, da die Schiffsbauer keinen Schiffsführerschein Klasse B für den Starnberger See besitzen. Die Schiffsbauer nahmen jedoch an allen Testfahrten der Bayerischen Seenschifffahrt teil.

Zu 3.: In der Zeit vom 3. bis 18. Mai 2004 wurden fast täglich Testfahrten mit mehrstündiger Dauer durchgeführt.

Zu 4.: Die eingesetzten Schiffsführer sind ausgebildete Kapitäne mit Schifffahrtspatent. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1.

Zu 5.: Da die Schiffsführer während der Übungs- und Probefahrten keinem Linienkurs gefolgt sind, kann die genaue Anzahl der zurückgelegten Kilometer nicht rekonstruiert werden.

Zu 6.: Der TÜV-Sachverständige unterzog der MS Starnberg am 5. Mai 2004 der Untersuchung gem. § 19 der Verordnung für die Schifffahrt auf den bayerischen Gewässern und gelangte zu dem Ergebnis, dass die Bauausführung der Schifffahrtsordnung entspricht und keine sicherheitstechnischen Bedenken gegen die Erteilung einer Zulassung für 600

Personen bestehen.

Aufgrund des vom TÜV-Sachverständigen erstellten Gutachtens erteilte das Landratsamt Starnberg mit Bescheid vom 10. Mai 2004 die schifffahrtsrechtliche Genehmigung.

Zu 7.: Die Probleme mit der RMS Herrsching waren nicht auf einen Elektronikausfall zurückzuführen. Hier löste sich ein wenige Millimeter großes Ventil, das den Steuerkolben der Hydraulikpumpe blockierte.

Zu 8.: Vor jeder Saison werden Sicherheitsübungen mit verschiedenen Manövern (Mann über Bord, Feuerlöschübungen, Ausgabe von Rettungsmitteln, Verhalten in Notsituationen, Schulungen in Erster Hilfe) durchgeführt. Zusätzlich werden mit den örtlichen Rettungsorganisationen in regelmäßigen Abständen Übungen (z. B. Feuer an Bord, Kollision von Schiffen, Auflaufen auf Grund usw.) durchgeführt.