Entlassungsvorbereitung für Langzeitinhaftierte im Rentenalter

Langjährige Haftstrafen gehen oftmals mit dem Verlust der persönlichen Bindungen und Kontakte zu Angehörigen, Freunden und Bekannten einher. Nach der Entlassung fehlen Anlaufstellen aus dem ursprünglichen familiären Umfeld, die beim Wiedererlernen einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung behilflich sind.

Die Reintegration in die Gesellschaft ist bei denjenigen Langzeitinhaftierten besonders schwierig, die nach ihrer Haftentlassung im Rentenalter sind und somit auch keine beruflichen Perspektiven mehr haben.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung:

1. Welche haupt- und ehrenamtlichen Angebote gibt es zur Entlassungsvorbereitung speziell für Langzeitinhaftierte im Rentenalter?

2. Gibt es Angebote, die insbesondere dieser Zielgruppe Hilfen anbieten, um sich im Leben in Freiheit zurechtzufinden?

3. Gibt es Einrichtungen, die dieser Zielgruppe übergangsweise oder dauerhaft Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stellen und wie viele entsprechende Plätze stehen ggf. wo, aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, zur Verfügung?

4. Gibt es von Seiten der Staatsregierung Konzepte oder Leitlinien für die gesellschaftliche Reintegration Langzeitinhaftierter im Rentenalter und was ist darin im Einzelnen vorgesehen?

Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom Aug. 2004

Zu 1.: Angebote zur Entlassungsvorbereitung werden in den Justizvollzugsanstalten insbesondere vom zuständigen Sozialdienst unterbreitet. Dabei wird der Gefangene bei der Ordnung seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten unterstützt. Hierzu gehört auch die Überprüfung der sozialen Bindungen des Gefangenen, um Klarheit darüber zu erhalten, ob der Gefangene noch über tragfähige soziale Bindungen verfügt oder ob eine andere Regelung für den Fall der Entlassung gefunden werden muss. Ferner werden die Gefangenen bei der Regelung von Rentenangelegenheiten unterstützt.

Im Übrigen steht Langzeitinhaftierten das gesamte Spektrum der Entlassungsvorbereitung wie Gesprächsgruppen, Hauswirtschaftskurse und soziales Kompetenztraining zur Verfügung.

Das ehrenamtliche Angebot ist in den einzelnen Justizvollzugsanstalten unterschiedlich ausgestaltet. In der Justizvollzugsanstalt Straubing besteht etwa eine Geriatriegruppe mit sechs Gefangenen in einer Altersstruktur von 60 bis 83 Jahren unter Leitung eines ehrenamtlichen Betreuers.

Zu 2.: Soweit mit dieser Frage die Einrichtung von Anlaufstellen für Strafentlassene angesprochen wird, ist festzuhalten, dass eine Zuständigkeit des Strafvollzugs hierfür nicht besteht.

Daher können hier nur Anstöße gegeben werden. Die Betreuung der Gefangenen wird nach ihrer Entlassung von caritativen Einrichtungen, den Kommunen und den Agenturen für Arbeit fortgesetzt. So wurden beispielsweise unter Mitwirkung des Bayerischen Landesverbands für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. in Zusammenarbeit mit den örtlichen Kommunen und Behörden sowie caritativen Einrichtungen in München, Nürnberg, Würzburg und Regensburg Zentralstellen für Strafentlassenenhilfe errichtet.

Diese Einrichtungen stehen zwar nicht ausschließlich entlassenen Langzeitinhaftierten im Rentenalter offen, sie bieten jedoch auch dieser Personengruppe wertvolle Hilfen. Der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. ist ein justiznaher Träger der Straffälligenhilfe, dessen erster Vorsitzender kraft Satzung der Leiter der Abteilung Justizvollzug im Staatsministerium der Justiz ist.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen.

Zu 3.: Die Vorbereitung der Entlassung eines Gefangenen durch die Justizvollzugsanstalten umfasst auch dessen Unterstützung bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit nach der Entlassung. Verschiedene caritative Einrichtungen bieten geeignete Wohnmöglichkeiten an. Eine genaue Aufstellung, wie viele Plätze zur Verfügung stehen, liegt hier nicht vor. In letzter Zeit hat aber beispielsweise der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V. das Diakonische Werk Rosenheim bei der Schaffung von drei neuen Plätzen für Langzeitinhaftierte in einem Übergangswohnheim unterstützt. Die Schaffung dreier weiterer Plätze ist in Planung.

Zu 4.: Es wird eine auf die individuellen Belange und Bedürfnisse des Gefangenen zugeschnittene Entlassungsvorbereitung durchgeführt. Fragen der Entlassungsvorbereitung sind auch immer wieder Thema auf entsprechenden Tagungen der Sozialdienste. Angesichts der Unterschiedlichkeit und Vielfalt der einzelnen Angebote liegen einheitliche Konzepte oder Leitlinien der Bayerischen Staatsregierung nicht vor.