Menge von 430 kg Chrom aus dem Boden entfernt
Chromkontamination (Chrom VI) von Boden und Grundwasser durch einen Galvanikbetrieb in Lohr am Main
Seit 1985 gelangten große hochtoxische, krebserregende Chrom-VI-Mengen in den Untergrund der Firma H. Bis zum heutigen Tage ist das Schadensgebiet von den verantwortlichen Aufsichtsbehörden nicht eingegrenzt worden. Seit 1990 wurden mehr als die unvorstellbar hohe Menge von 430 kg Chrom aus dem Boden entfernt. Da es sich sowohl bei der Außen- und Innengalvanik der Firma H., aus der das giftige Chrom ausgetreten ist, jeweils um Grenzbebauungen zur benachbarten Firma O. handelt, muss davon ausgegangen werden, dass auch das Nachbargrundstück O. verseucht ist.
Seit vielen Jahren bemüht sich die Nachbarfirma O. in das Sanierungsvorhaben mit aufgenommen zu werden. Mehrere Gutachten (Gerling Konzern, Juli1998; BGI Heidelberg, November 1999; ISU Umweltinstitut 2002) belegen, dass das Chrom VI auch in ihr Gelände vertrifftet ist. Chrombelastungen in Firmen eigenen Brunnen, die weit entfernt vom Schadenszentrum liegen, konnten zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Angesichts dieser Fakten und der Tatsache, dass seit nunmehr 20 Jahren ein Sanierungsverfahren in einem der größten Umweltskandale in Bayern anhängig ist, frage ich die Staatsregierung:
1. Welche Rolle spielen die Aufsichtsbehörden Landratsamt Main-Spessart, Regierung von Unterfranken und das Wasserwirtschaftsamt Würzburg, welche Behörden haben:
a) den Bau der Außen- und Innengalvanik
b) den Betrieb der Außen- und Innengalvanik
c) die Sanierung und den Rückbau in welchen Zeiträumen genehmigt und überwacht?
2. Warum werden (ab dem Jahr 2003) bzw. wurden (vor dem Jahr 2003) nicht die eigenen Möglichkeiten der staatlichen, kompetenten Fachbehörden (Landesamt für Umweltschutz, Landesamt für Wasserwirtschaft, Landesgewerbeanstalt) zu einer fachlich unabhängigen Begutachtung genutzt?
3. Warum lässt der Freistaat Bayern einen Gutachter der schädigenden Firma gewähren, der gleichzeitig deren Versicherer, Gutachter und Sanierer ist und es seit 20 Jahren nicht fertig bringt, die Sanierung für alle Beteiligten zum Abschluss zu bringen?
4.a) Trifft es zu, dass der seit 1990 tätige Gutachter (Fa. G.) der Firma H., die nach Bundesbodenschutzgesetz § 18 erforderliche Qualifikation als Sachverständiger und als Untersuchungsstelle nicht besitzt?
b) Trifft es zu, dass gleichzeitig der qualifizierte Gutachter der Nachbarfirma, der diese Anforderungen nach § 18
Bundesbodenschutzgesetz erfüllt, seitens der Behörden nicht aktiv mit eingebunden wird?
c) Wenn ja, warum nicht?
5. Da nach dem Rückbau der stillgelegten Innengalvanik erste Beprobungen in zwei-, drei Metern Tiefe hohe Chromkonzentrationen (9,9 mg /l) ergaben und es sich bei der Innengalvanik um eine Grenzüberbauung handelt, bei der zwingend davon ausgegangen werden muss, dass sich das Chrom auch auf das Nachbargrundstück ausgedehnt hat, frage ich, warum das Landratsamt Main-Spessart und die Regierung von Unterfranken als zuständige Sanierungsbehörden nicht eine neutrale und umfassende Erkundung des Schadensgebietes veranlassen und es dem Gutachter der schädigenden Firma (die schon wegen der möglichen zusätzlichen Kosten kein Interesse an der Ausweitung des Sanierungsgebietes hat) überlassen, festzulegen, bis wohin das Schadensgebiet ermittelt wird?
6. Gilt die Sanierung der Außengalvanik als abgeschlossen?
a) Wenn ja, auf welcher Grundlage wird ein Überschreiten des vereinbarten Sanierungswertes bei Chromat um teilweise das 330fache geduldet?
b) Wer trägt die Kosten, wenn dieses Chromat mobilisiert wird und eine Verunreinigung des Bodens, Grund- und Trinkwassers außerhalb des Firmengeländes H. einträte?
Antwort des Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 07.03.
Der angesprochene Galvanikbetrieb in Lohr am Main ist bereits mehrfach Gegenstand von schriftlichen und mündlichen Anfragen im Bayerischen Landtag gewesen. Ich verweise diesbezüglich auf die schriftliche Anfrage des Wörner vom 11.01.2002 (Drs. 14/8759) sowie auf die Beantwortung der mündlichen Anfragen der Abgeordneten Münzel vom 12.12.2001 und Tolle vom 21.07.2004.
Zu 1.: Untere Bauaufsichtsbehörde für den Bereich der Stadt Lohr
a. Main war bis zum Jahr 2001 die Stadt Lohr a. Main. Seit 14.04. diesem Zeitpunkt ist das Landratsamt Main-Spessart zuständig. Im Jahre 1986 wurde zwar auf Anordnung der Stadt Lohr a. Main ein Bauantrag für die Außengalvanik eingereicht, dieser wurde von der Stadt jedoch im Jahre 1996 ohne abschließende Bearbeitung in die Registratur gegeben.
Die Innengalvanik ist bauaufsichtlich genehmigt. Dem Landratsamt liegen eine Baugenehmigung vom 03.07. sowie eine Tekturgenehmigung vom 17.05.1962 für die Errichtung einer Werkhalle vor. In den zugehörigen Plänen ist im Gebäudeinnern eine Verchromerei dargestellt. Die Innengalvanik ist auch in den Planunterlagen zu der Baugenehmigung der Stadt Lohr a. Main vom 14.12.1988 dargestellt.
Am 29.05.2002 legte die Fa. H. dem Landratsamt (einen erneuten) Bauantrag für die Außengalvanik vor, der jedoch von der Fa. H. wegen neuer Planungen (Stilllegung von Außen- und Innengalvanik) wieder zurückgezogen wurde.
Mit Bescheid vom 23.07.2002 ordnete das Landratsamt Main-Spessart eine Nutzungsuntersagung der nicht genehmigten Außengalvanik an. Die Innengalvanik wurde am 30.09.2002 vom Betreiber ohne behördliche Anordnung stillgelegt.
Die Sanierungsmaßnahme Außengalvanik mit Betonabbruch und Bodenaustausch wurde vom Wasserwirtschaftsamt Würzburg sowohl hinsichtlich der Konzeption und den fachlichen Vorgaben als auch bei der Durchführung selbst fachlich begleitet. Während der Betonabbrucharbeiten und des Bodenaushubs mittels Austauschbohrungen wurden mehrere Ortseinsichten pro Arbeitswoche durchgeführt, um den Ablauf der Arbeiten und die Dokumentation zu überwachen.
Zusätzlich wurden stichprobenweise Kontrollbeprobungen durchgeführt. Für die Zwischenlagerung des kontaminierten Materials wurden die aus wasserwirtschaftlicher Sicht erforderlichen Auflagen definiert und deren Einhaltung kontrolliert.
Zu 2.: Während der gesamten Sanierungsdauer waren die staatlichen Fachbehörden (Wasserwirtschaftsamt Würzburg, Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft und Bayer. Landesamt für Umweltschutz) in die fachliche Bewertung der Sanierungskonzepte und Gutachten eingebunden.
Soweit erforderlich wurde das Landesamt für Wasserwirtschaft vom Wasserwirtschaftsamt Würzburg intern eingebunden. Insbesondere zu Fragen des Bodenaustausches mit Großbohrgeräten und zu Sanierungszielwerten wurde das Landesamt für Wasserwirtschaft beteiligt.
Zu 3.: Es steht grundsätzlich im Ermessen des Sanierungsverpflichteten ein Unternehmen seiner Wahl mit der Durchführung der Sanierung zu beauftragen. Die beauftragte Fa. G. ist nach unserer Kenntnis eine juristisch unabhängige Gesellschaft, die über vielfältige Referenzen im Bereich der Erkundung und Sanierung von Altlasten verfügt. Es besteht insofern weder Anlass noch die Möglichkeit diese Firma von den Sanierungsarbeiten auszuschließen.
Zu 4.: Gem. § 9 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 Bodenschutzgesetz kann die Behörde verlangen, dass entsprechende Untersuchungen bzw. der Sanierungsplan von Sachverständigen bzw. Untersuchungsstellen nach § 18 Bundesbodenschutzgesetz durchgeführt werden. Der von der Fa. H. beauftragte Gutachter verfügt zwar formell nicht über den in § 18 Bundesbodenschutzgesetz geforderten Nachweis der Sachkunde und Zuverlässigkeit. In diesem Fall war die Einbindung eines derartig zugelassenen Sachverständigen jedoch nicht gefordert, da aus Sicht des Landratsamtes Main-Spessart und der übrigen mitwirkenden Behörden keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der beauftragten Firma bestehen. Hinzu kommt, dass die Firma bereits seit Beginn der Sanierungsmaßnahmen im Jahre 1985 als Gutachter mit der Sachbearbeitung betraut ist und somit über umfangreiche und detaillierte Kenntnisse des Sachverhaltes verfügt. Darüber hinaus gab es zum Zeitpunkt des Beginns der Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen im Jahre 1985 das Bodenschutzgesetz mit seinen formellen Anforderungen an die Sachverständigen noch nicht.
Der anerkannte Sachverständige des Nachbarbetriebs ist
soweit es die Nachbargrundstücke betrifft in das Verfahren eingebunden.
Zu 5.: Die zwischenzeitlich stillgelegte Innengalvanik stellt keine Grenzüberbauung dar. Die angeführten Belastungen wurden im Grenzbereich zwischen ehemaliger Innengalvanik und der Nachbarfirma festgestellt. Um weitere Hinweise zur Ausdehnung und Abgrenzung der Belastung zu erhalten, wurde auch dieser Bereich in das vom Gutachter der Fa. H. vorgeschlagene Untersuchungsprogramm mit grenznahen Probenahmen aufgenommen. Ein derartiges iteratives und stufenweises Vorgehen ist üblich, zielführend und nicht zu beanstanden. Auch der anerkannte Sachverständige der Nachbarfirma hat hierzu sein grundsätzliches Einverständnis erklärt. Zum Vorwurf der Befangenheit der Fa. G. siehe Antwort zu Frage 3.
Zu 6.a):
Die Sanierung der Außengalvanik wird als weitgehend abgeschlossen angesehen. Die angesprochenen Belastungen wurden im Bodenmaterial festgestellt, das durch Austauschbohrungen entfernt worden war. Die Untersuchung diente der Beweissicherung. Ggf. im Boden verbleibende, geringere Restbelastungen werden über die Grundwasserreinigungsanlage saniert. Gemäß dem Sanierungsvertrag mit der Fa. H. gilt die Sanierung als abgeschlossen, wenn im Grundwasser ein Wert von 30 Mikrogramm pro Liter zuverlässig unterschritten wird; dies ist bislang noch nicht der Fall.
Zu 6.b):
Für Verunreinigungen des Bodens, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen sowie für Verunreinigungen des Grund- und Trinkwassers, die von einer solchen Bodenverunreinigung ausgehen, können die nach Bodenschutzrecht Verantwortlichen zur Kostentragung herangezogen werden. Verantwortlich sind nach § 4 Abs. 3 des Bundes-Bodenschutzgesetzes insbesondere der Verursacher der Bodenverunreinigung sowie der Eigentümer des verunreinigten Grundstücks. Voraussetzung ist daher, dass nachgewiesen ist, dass die Verunreinigung von dem jeweils in Anspruch Genommenen verursacht wurde bzw. von seinem Grundstück ausgeht. Die Auswahl des, bzw. der bodenschutzrechtlich Verantwortlichen im konkreten Fall erfolgt unter dem Gesichtspunkt der effektiven und schnellen Gefahrenabwehr und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit.