Rock- und Popmusik in Bayern

Die Rock- und Popmusik hat in Bayern einen ganz besonderen Stellenwert für das musikalische Leben. Gerade die Entwicklung einer eigenständigen Szene mit großer Vielfalt im ganzen Land gibt der Rock- und Popmusik für die Befindlichkeit und das kulturelle Selbstverständnis Bayerns große Bedeutung. Die Rock- und Popmusik entfaltet im Rahmen der Musikwirtschaft besondere ökonomische Wirksamkeit.

Deshalb frage ich die Staatsregierung: Rock- und Popmusik als Wirtschaftsfaktor

1. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die wirtschaftliche Leistungskraft bayerischer Unternehmer und Unternehmen in der Rock- und Popmusikbranche und im Gesamtspektrum der Musikwirtschaft?

b) Wie entwickelt die Staatsregierung die Rahmenbedingungen für Unternehmungen der Musikbranche in Bayern, insbesondere mit welchen branchenspezifischen Maßnahmen, etwa vergleichbar dem Popbüro Stuttgart?

c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Gefahr der Abwerbeeffekte im Bereich der Rock- und Popmusik für den Standort Bayern?

Nachhaltige Entwicklung der Rock- und Popmusik in Bayern

2. a) Welche Bedeutung misst die Staatsregierung der Herkunft renommierter Künstler im Bereich der Rock- und Popmusik aus Bayern und der dauerhaften Ausbildung einer entsprechenden künstlerischen Szene, etwa im Rahmen der Neuordnung der Musikhochschulen und ihres Lehrangebotes im Freistaat, zu?

b) Wie können aus Sicht der Staatsregierung die Marktchancen bayerischer Rock- und Popmusiker, die sich bayerischer Musik und Mundart verpflichtet fühlen, verbessert und dauerhaft gesichert werden?

c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Idee einer bayerischen (Rock- und Pop-)Musikförderung analog des Grundmusters des Bayern?

Live-Musik in Bayern:

3. a) Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, die für eine große Breite der Szene notwendige Chance für Live-Auftritte von neuen Bands und Newcomern zu verbessern?

b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Förderung besonders von nichtkommerziellen Aktivitäten in diesem Zusammenhang?

c) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Entwicklung der Festival- und Eventszene gerade in den Regionen und welche kulturpolitische Bewertung dieser Szene nimmt sie vor?

Aus- und Fortbildung in der Rock- und Popmusik

4. a) Welche Konzepte für die Aus- und Fortbildung im Bereich der Rock- und Popmusik verfolgt die Staatsregierung?

b) Wie und ggf. mit welchen Maßnahmen können für den Nachwuchs die besonderen Bedingungen der Musikwirtschaft im Bereich von Existenzgründung und Markteinstieg verbessert werden?

c) Welche Rolle spielt nach Einschätzung der Staatsregierung der schulische Musikunterricht für die Entwicklung und Rezeption der Rock- und Popmusik in Bayern?

Information und Beratung in der Rock- und Popmusik in Bayern

5. a) Welche Angebote zur qualifizierten Information und Beratung der Rock- und Popmusikszene stehen in Bayern zur Verfügung?

b) Wie kann eine landesweite Angebotspräsentation bayerischer Rock- und Popmusik erreicht bzw. verbessert werden?

Medienpräsenz von Produktionen der Rock- und Popmusik aus Bayern

6. Welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Präsenz bayerischer Musikproduktionen aus dem Bereich der Rock- und Popmusik in den elektronischen Medien sieht die Staatsregierung?

Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 19.05.

Pop- und Rockmusik spielt im Leben der Menschen ohne Zweifel eine wichtige Rolle, Rock und Pop ist heute eine der vorherrschenden musikalischen Stilrichtungen. Die Bedeutung erschöpft sich jedoch nicht nur im kulturellen Bereich; vielmehr stellt die professionelle Pop- und Rockmusik heute einen nicht unbedeutenden Wirtschaftszweig dar und nimmt in den Medien einen breiten Raum ein. Es wurden zur Beantwortung dieser Anfrage daher auch Stellungnahmen des Wirtschaftsministeriums, insbesondere zum Fragenkomplex 1, sowie des Kultusministeriums (Frage 4 c) und der Staatskanzlei (Fragen 2 c und 6) eingeholt.

Popmusik als Wirtschaftsfaktor:

Zu 1. a): Spezifische Daten über bayerische Unternehmer und Unternehmen in der Rock- und Popmusikbranche werden in amtlichen Statistiken nicht erfasst und stehen daher nicht zur Verfügung. Somit können auch keine stichhaltigen Aussagen über die wirtschaftliche Leistungskraft von Unternehmern und Unternehmen in dieser Branche gemacht werden.

Ein ungefährer Eindruck über die Musikbranche lässt sich jedoch anhand folgender Zahlen gewinnen: Nach den Daten der Künstlersozialversicherung sind in Bayern 5.303 selbstständige Musiker tätig (keine Unterscheidung nach Musikrichtungen). Die durchschnittlichen Umsätze je Steuerpflichtungen in künstlerischen Berufen allgemein lagen 2002 bei 91 Tsd.. Lt. Umsatzsteuerstatistik waren beim Betrieb von Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen im Jahr 2002 530

Personen tätig, die ein Liefer- und Leistungsvolumen von 57

812 Tsd. erbracht haben.

Zu 1. b): Der Bayerischen Staatsregierung ist daran gelegen, die Rahmenbedingungen für die gesamte bayerische Wirtschaft nachhaltig zu verbessern. In Bayern schaffen wir dafür mit unserer Politik auf der Generallinie Sparen ­ Reformieren ­ Investieren im Rahmen unserer landespolitischen Möglichkeiten die erforderlichen Voraussetzungen. Aufgrund des strikten Sparkurses der Bayerischen Staatsregierung stehen seitens des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie allerdings keine Mittel für spezifische Förderungen einzelner Bereiche der Kulturwirtschaft, so etwa der Rock- und Popmusikbranche, zur Verfügung.

Zu 1. c): Um sinnvolle Aussagen über die Gefahr von Abwerbeeffekten machen zu können, müssten zunächst fundierte Daten über den entsprechenden Markt vorliegen. Dies ist leider nicht der Fall. Für einen Auftrag an ein Marktforschungsinstitut zur Erstellung einer entsprechenden Studie sind derzeit keine Haushaltsmittel vorhanden.

Nachhaltige Entwicklung der Popmusik in Bayern:

Zu 2. a): Die Bayerische Staatsregierung begrüßt es grundsätzlich, wenn im Bereich der Rock- und Popmusik ­ wie auch in anderen Sparten des Kulturlebens ­ renommierte und erfolgreiche Künstler aus Bayern kommen, in Bayern ansässig sind bzw. in Bayern ihre musikalische Ausbildung absolviert haben. Gerade erfolgreiche Künstler üben für den Nachwuchs eine Vorbild- und Nachahmungsfunktion aus und können so die heimische Pop- und Rockszene positiv beeinflussen. Mitwirkende der sehr erfolgreichen deutschen Bands Wir sind Helden, Die Happy oder Schandmaul waren oder sind beispielsweise Studierende der Berufsfachschulen für Musik in Bayern.

Im Zuge der Neuordnung der Musikhochschullandschaft in Bayern wird sicherlich auch zu prüfen sein, inwieweit Bedarf für ein entsprechendes Ausbildungsangebot an grundständigen Studiengängen und/oder Aufbaustudiengängen und Weiterbildungsstudien auf Musikhochschulniveau besteht.

Mit dieser Fragestellung wird sich auch die Expertenkommission Musikhochschullandschaft Bayern befassen. Bisher haben die Musikhochschulen in Bayern allerdings entsprechende Studienangebote (noch) nicht entwickelt, auch deshalb, weil selbst bei Musikern der Rock- und Popmusik nach wie vor umstritten ist, ob ein Hochschulstudium geeignet ist, die notwendigen Fertigkeiten und künstlerisch-musikalischen Fähigkeiten für eine erfolgreiche Rock- und Popmusikkarriere zu vermitteln. Ein Diplom-Popmusiker oder Diplom-Rockmusiker wird vielfach auch von der Musikszene und den einschlägigen Verbänden als ungeeignet abgelehnt. Auch würden Musiker, die nach ihrem Schulabschluss (beispielsweise dem Abitur) ein 4- bis 5-jähriges grundständiges Musikhochschulstudium absolvieren, schon in aller Regel bereits zu alt sein, um sich dann noch erfolgreich in oder mit einer Band etablieren zu können. Diese Bedenken gelten allerdings nicht in dem Maße für Aufbau- und Fortbildungsangebote, wie sie beispielsweise aber auch von der Popakademie Mannheim angeboten werden.

Zu 2. b): Rock- und Popmusik wird überwiegend marktorientiert produziert und entsprechend dem Hörermarkt von den Radios ausgestrahlt. Vorrangiges Ziel der Musikverlage ist, Produktionen international und bestenfalls weltweit zu vermarkten.

Der Musikmarkt wird aktuell dominiert von englischsprachigen Musiktiteln, die auch größtenteils in den USA oder England produziert werden. Die deutschsprachige Rock- und Popmusik erlebt aber derzeit mit einer Reihe von sehr erfolgreichen Bands eine Renaissance, von der auch die Rock- und Popmusik in bayerischer Mundart profitieren kann. Ein Beispiel dafür ist der große Erfolg österreichischer Rock- und Popgruppen mit Mundarttexten in den 80er-Jahren. Entscheidend für den Erfolg sind immer eine technisch und musikalisch perfekte Produktion der Titel sowie eine musikalische Ausrichtung, die bei einem breiten Publikum Anklang finden kann.

Eine weitere Förderung derartiger Rock- und Popmusiker könnte sich nach den in den Nrn. 2 c und 6 dargestellten Maßnahmen richten.

Zu 2. c): Der Bayern e.V., Dachverband zur Koordinierung der Medienaus- und -fortbildung in Bayern, hat zusammen mit namhaften Musikproduktionsunternehmen und Aus- und Fortbildungseinrichtungen Überlegungen zu einem derartigen Förderprojekt angestellt. Dabei ging es primär um die Untersützung von Künstlern und Rock- und Popbands mit Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in den Bereichen Musikmanagement und Musiktechnik. Der Kostenrahmen einzelner Förderprojekte würde hier weit unter dem von Filmund Fernsehproduktionen liegen.

Eine nach diesen Gesichtspunkten ausgerichtete Art eines Musikfonds wäre grundsätzlich zu befürworten. Ein intensi ves Training und die Produktion im Zusammenwirken von jungen Musikern und erfahrenen, am Markt erfolgreichen Künstlern kann als Sprungbrett in die Branche dienen. Ein Musikfonds wäre als Public-Private-Partnership mit der Musikwirtschaft denkbar, vorausgesetzt es stehen Haushaltsmittel auf Seiten der öffentlichen Hand zur Verfügung.

Live-Musik in Bayern:

Zu 3. a): Live-Auftritte gerade für junge, meist noch unerfahrene Bands finden zunächst vor Ort bzw. auf regionaler Ebene statt. Daher müssen sich nach dem Grundsatz der Subsidiarität zunächst die Gebietskörperschaften engagieren, deren Bürgern die Veranstaltung zugute kommt: die Gemeinden, der Bezirk oder der Landkreis. Die kommunale Förderung z. B. von Jugendzentren, Nachwuchsbühnen oder kleineren Open-Air-Festivals spielt eine maßgebliche Rolle, um den jungen Bands Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen.

Aufgrund der derzeitigen schwierigen Haushaltssituation sind leider in diesem Bereich in den letzten Jahren die Zuschüsse zurückgegangen, so dass die Veranstalter gezwungen sind, Einnahmen zu erzielen, was mit Newcomerbands häufig nicht zu realisieren ist.

Mit folgenden Möglichkeiten können die Chancen für neue Bands und Newcomer für Live-Auftritte verbessert werden:

­ Ausbau der Arbeitsgemeinschaft bayerischer ABMIBandaustauschprogramme

Mit jährlich 3.800 aus Landesmitteln fördert die ABMI Bands, die aus der lokalen Szene herauswachsen und mit dem Projekt ROADRUNNER-Bandaustausch zu jährlich bis zu 40 Auftritte in anderen Städten Bayerns kommen.

­ Jährliches, landesweites Schülerbandfestival

Für die Finanzierung eines solchen Festivals wäre ein Sponsoring aus der bayerischen Wirtschaft erforderlich. In der Vergangenheit wurde ein solches Festival von der ABMI mit Hilfe der Volks- und Raiffeisenbanken erfolgreich durchgeführt. Leider fanden sich für die Jahre 2004 und 2005 keine Sponsoren mehr.

­ Schaffung eines bayerischen Club-Awards Bayerische Clubs oder Bühnen, die sich durch einen besonders hohen Newcomer-Anteil am Programm oder durch innovative Konzertreihen auszeichnen, könnten mit einem landesweiten Preis gefördert werden. Allerdings stehen dafür derzeit im Bereich Musik keine Haushaltsmittel zur Verfügung.

Zu 3. b): Gerade im nichtkommerziellen Bereich ist die kommunale Förderung unverzichtbar, angefangen bei der Zur-Verfügung-Stellung von geeigneten Proberäumen vor Ort bis hin zu Zuschüssen für Jugendzentren und Nachwuchsbühnen, um den Bands Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen.

Auch kommt im nichtkommerziellen Bereich den ehrenamtlichen Helfern eine bedeutende Rolle zu; ohne die ehrenamtliche Hilfe könnten viele kleinere Open-Air-Festivals nicht stattfinden und könnten viele Jugendzentren oder soziokulturelle Einrichtungen kein innovatives Programm anbieten.

Eine Förderung solchen ehrenamtlichen Engagements ist daher zu begrüßen, muss aber wie bei Frage 3 a) ausgeführt vor allem vor Ort auf kommunaler Ebene stattfinden.

Neben Auftrittsmöglichkeiten ist auch die Vermittlung von Kontakten zu den A&R-Managern entsprechender Labels gerade für junge Bands ein wesentlicher Faktor.

Zu 3. c): Bayern verfügt über eine reichhaltige Rock- und Popmusikszene, wobei üblicherweise von einem Stadt-Land-Gefälle auszugehen ist. Allerdings haben sich auch in bestimmten ländlichen Gegenden eigenständige, innovative Szenen entwickelt, wie z. B. in Weilheim (sog. Weilheim-Musik), die deutschlandweit und sogar international bekannt ist. Durch den Rückgang insbesondere kommunaler Zuschüsse für Jugendzentren, Nachwuchsbühnen oder Festivals ist leider auch ein Rückgang der Festivalszene zu beobachten bzw. eine Verschiebung von Live-Auftritten von Bands hin zu Disco-Events.

Rock- und Popmusik hat insbesondere bei Jugendlichen eine große gesellschaftspolitische Bedeutung. Ein Großteil der Jugendlichen macht seine prägenden musikalischen Erfahrungen im Umgang mit der Rock- und Popmusik. Insbesondere das aktive Musizieren leistet einen wesentlichen Beitrag zur Identitätsfindung von Jugendlichen, für ihre Persönlichkeitsbildung und Sozialisation. Zur Ausprägung von eigener Rock- oder Popmusik sind aber Auftrittsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten zur Verbreitung der eigenen Musik von elementarer Bedeutung.

Aus- und Fortbildung in Pop- und Rockmusik:

Zu 4. a): In Bayern gibt es derzeit eine sehr gute Rock- und Popmusikausbildung an den Berufsfachschulen für Musik in Dinkelsbühl, Krumbach und am Musikcollege in Regensburg (private Berufsfachschule für Pop, Rock und Jazz). Die Berufsfachschulen vermitteln ein professionelles Studienangebot im Bereich Rock/Pop. Dieses Konzept wurde erstmalig an der Dinkelsbühler Berufsfachschule für Musik entwickelt und eingeführt; dort kann man inzwischen auf eine 10-jährige erfolgreiche Ausbildungserfahrung zurückblicken.

Wie bereits zu Frage 2 a ausgeführt, wird im Zuge der Neuordnung der Musikhochschullandschaft in Bayern auch geprüft werden, inwieweit der Bedarf für ein entsprechendes Ausbildungsangebot im Bereich Rock und Pop an grundstelligen Studiengängen und/oder Aufbaustudiengängen und Weiterbildungsstudien auf Musikhochschulniveau besteht.

Zudem führt die Arbeitsgemeinschaft bayerische Musikinitiative e.V. (ABMI), in der sich die überwiegende Anzahl der Rockinitiativen in Bayern zusammengeschlossen hat, landesweite Förder- und Fortbildungsmaßnahmen durch, die vom Staat bezuschusst werden.