Demonstration und Rechtsrockkonzert in München

Die Kameradschaft München, die Nachfolgeorganisation der Kameradschaft Süd, rief am 2. April 2005 unter dem Motto Nur ein Esel glaubt noch an den Sozialstaat in der BRD zu einer Demonstration mit anschließendem Rechtsrockkonzert auf der Theresienwiese auf. Es nahmen 250 Personen an dieser Demonstration teil. Als Redner wurden Norman Bordin (Kameradschaft München, Mitglied der NPD), Lars Käppler (Ex-Vorsitzender der Bewegung Deutscher Volksgemeinschaft BDVG), Axel W. Reitz (Gausekretär Rheinland des Kampfbundes Deutscher Sozialisten KDS), Dieter Riefling (Ex-Kader der inzwischen verbotenen Neonaziorganisation FAP) und Christian Worch (zentrale Figur der Neonaziszene, Anmelder zahlreicher Demos) angekündigt.

An der Gegenkundgebung, zu der das Bündnis für Toleranz aufgerufen hat, auf dem Marienplatz nahmen über 4.

Menschen teil, über 1.000 säumten die Straßen während der Demonstration.

Auf der Demonstration trugen einige Teilnehmerlnnen laut Augenzeugenberichten Eselsmasken. Mit dem Motto der Demonstration spielen die Organisatoren auf frühere Propagandaaktionen neonazistischer Gruppen an. Bereits 1978 liefen Mitglieder der Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS), wie Christian Worch und Michael Kühnen, mit Helmen, Eselsmasken und Plakaten mit der Aufschrift Ich Esel glaube noch, dass in deutschen KZs Juden vergast wurden durch die Hamburger Innenstadt. Auch bei einer Demonstration im Jahr 2004 in Hamburg gegen die Ausstellung Vernichtungskrieg Verbrechen der Wehrmacht, trugen Neonazis Eselsmasken und Plakate mit der Aufschrift: Ich bin ein Esel, weil ich immer noch glaube, dass mein Großvater ein Verbrecher war. Das Tragen von Masken erfüllt den Tatbestand des Vermummungsverbots (§ 17a Versammlungsgesetz). Es wird in der Regel nur ausnahmsweise gestattet, wenn die Masken als Demonstrationsmittel angemeldet wurden und die Personalien der Maskenträger der Ordnungsbehörde (bzw. der Polizei) mitgeteilt werden.

Aus diesem Grund fragen wir die Staatsregierung:

1. Wie hoch waren die Kosten für diese Demonstration insgesamt?

a) Auf welchen Betrag beliefen sich die Kosten für den Freistaat?

b) Wie hoch waren die Ausgaben der LHSt München?

c) Wie hoch war jeweils der Anteil der Kosten, der auf den Polizeieinsatz zum Schutz der Nazikundgebung entfiel?

2. Wie viele Festnahmen gab es während der Demonstration

a) Aus welchen Gründen erfolgten die Festnahmen?

b) Wie viele der Festnahmen erfolgten präventiv?

c) In wie vielen Fällen wurde Anzeige gegen die Betroffenen erstattet?

d) Und aus welchen Gründen?

3. Waren besagte Eselsmasken als Demonstrationsmittel angemeldet und die Personalien der Maskenträger bekannt?

a) Wenn ja, mit welcher Begründung wurden diese Masken als Demonstrationsmittel genehmigt?

b) Wenn nein, warum wurde gegen die Maskierung nicht eingeschritten?

4. Aus welchen Gründen wurden von Seiten der Polizei Gegendemonstrantinnen per Video aufgezeichnet, so an der Ecke Mozartstraße/Herzog-Heinrich-Straße, obwohl es an diesen Orten zu keinerlei Ausschreitungen kam und eine Gefahrensituation nicht erkennbar war?

5. Nachdem Teilnehmerlnnen der Demonstration Nur ein Esel glaubt noch an den Sozialstaat in der BRD Fotos und Videoaufnahmen von den angefertigt haben, es außerdem polizeibekannt ist, dass solche Fotos in der rechten Szene dazu verwendet werden, Gegnerlnnen zu bedrohen, zu beleidigen oder sogar, direkt anzugreifen und insofern der begründete Verdacht bestand, dass diese Fotos nicht (nur) zu Dokumentationsoder Informationszwecken, sondern zur Vorbereitung von Straftaten bzw. zum Aufruf zu Straftaten benutzt würden, fragen wir, warum dagegen nicht eingeschritten wurde?

Antwort des Staatsministeriums des Innern vom 24.05.

Zu 1. a) und c):

Der Freistaat Bayern hat den unterstützenden Ländern die sog. einsatzbedingten Mehrkosten zu erstatten. Diese Mehrkosten umfassen insbesondere die Reisekosten, die Einsatzzulagen, die Mehrarbeitsvergütung und die Betriebskosten (beispielsweise für Benzin). Eine darüber hinaus gehende Kostenerhebung und -abrechnung erfolgt nicht.

22.06.

Der Freistaat Bayern wurde anlässlich des in Rede stehenden Demonstrationsgeschehens vom Land Baden-Württemberg mit 2 Einsatzhundertschaften unterstützt. Die Abrechnung der Einsatzkosten liegt derzeit noch nicht vor, so dass hierzu keine Aussage getroffen werden kann.

Innerhalb des Freistaates Bayern sind für die eigenen Dienstkräfte einsatzbedingte Mehrkosten in Höhe von rund 19.600,­ Euro angefallen.

Zu 1. b):

Die Ausgaben der LHSt München sind hier nicht bekannt.

Zu 2.: Im Laufe des Einsatzes wurden insgesamt 94 Personen vorläufig fest-, 2 Personen in Gewahrsam genommen.

Zu 2. a):

Die Festnahmen erfolgten aufgrund folgender Verstöße: Verstöße gegen das Versammlungsgesetz: 30

Körperverletzungsdelikte: 42

Staatsschutzdelikte: 9

Sonstige Delikte: 13

Zu 2. b):

Es wurden zwei Personen zur Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen.

Zu 2. c) und 2. d):

Gegen die 94 Personen wurden Strafanzeigen wegen der unter 2a aufgeführten Verstöße erstattet.

Zu 3.: Die Eselsmasken wurden durch den Veranstalter als Kundgebungsmittel angemeldet. Das KVR München hat in seinem Auflagenbescheid vom 29.03.2005 diese als Kundgebungsmittel zugelassen, allerdings mit der Auflage, dass die Personen, welche die Masken tragen, sich vor Beginn der Versammlung beim Einsatzleiter der Polizei auszuweisen haben. Darüber hinaus war der Polizei durch den Versammlungsleiter eine Liste mit den Personalien dieser Personen zu übergeben. Der Veranstalter hat beide Auflagen erfüllt.

Zu 4.: Bereits in der Anfangsphase der Versammlung der Rechtsextremisten auf der Theresienwiese kam es durch Gegendemonstranten zu Stein- und Flaschenwürfen gegen Teilnehmer der Versammlung sowie gegen Polizeibeamte. Diese Würfe verstärkten sich beim Abmarsch des Zuges in Höhe Esperantoplatz, der von Hunderten von Gegendemonstranten gesäumt war. Die Würfe erfolgten meist aus den hinteren Reihen der Gegendemonstranten. Vergleichbare Szenen spielten sich auch im Bereich Mozartstraße Ecke ab. Es wurden sowohl Versammlungsteilnehmer als auch Polizeibeamte getroffen. Zur Verfolgung dieser und weiterer zu erwartender Straftaten wurde die Beweissicherung mittels Videoaufzeichnung angeordnet.

Zu 5.: Angehörige der rechtsextremistischen Szene passen sich zunehmend mehr den Gepflogenheiten an, die in der Vergangenheit nur von Angehörigen der linksextremistischen Szene zu beobachten waren (beispielsweise so genannte Gegenobservationen durch Fotografie).

Das Einschreiten gegen fotografierende bzw. filmende Versammlungsteilnehmer ist nur bei einer konkreten Gefahr möglich. Hierzu müssen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass ein bestimmtes Rechtsgut durch das Fotografieren oder Filmen bedroht ist.

Allein die Tatsache, dass Aufnahmen vom jeweiligen politischen Gegenüber gefertigt werden, rechtfertigt nicht die Annahme, dass diese zur Begehung von Straftaten genutzt werden. Vor diesem Hintergrund lagen die rechtlichen Voraussetzungen für polizeiliche Maßnahmen nicht vor.