Abschlepprichtlinie

Guten Morgen, meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 9.00 Uhr. Die Uhr hier im Saal ist richtig eingestellt, wie mir gerade versichert wurde.

Ich eröffne die 28. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.

Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Herrn Kollegen Hans Joachim Werner ­ er ist nicht da, dann mache ich es sozusagen anonym ­ herzlich zu seinem Geburtstag gratulieren und ihm Gesundheit und viel Erfolg bei seiner parlamentarischen Tätigkeit wünschen.

Die Fragestunde dauert heute nur 45 Minuten. Ich bitte zunächst Herrn Staatssekretär Schmid um die Beantwortung der ersten Fragen. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Schindler. Bitte schön.

Franz Schindler (SPD): Herr Präsident, Herr Staatssekretär! Aus welchen Gründen wird in den vom Bayerischen Staatsministerium des Innern vorgegebenen Qualitätskriterien für Abschleppbetriebe vom 17.01.2001 für die Aufnahme von Unternehmen in eine Vermittlungsliste für die Vergabe von Privataufträgen und für die Auftragsvergabe durch die Polizei unter anderem verlangt, dass die entsprechenden Abschleppunternehmen in die Handwerksrolle für Kfz-Technik oder für Karosserie- und Fahrzeugbau eingetragen sind, obwohl für das Bergen und Abschleppen von Kraftfahrzeugen keine Meisterprüfung und damit auch keine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich ist?

Zweiter Vizepräsident Prof. Dr. Peter Paul Gantzer: Herr Staatssekretär, bitte.

Staatssekretär Georg Schmid (Innenministerium): Herr Präsident, verehrter Herr Kollege Schindler, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einen schönen guten Morgen. Ich darf die Frage des Kollegen Franz Schindler wie folgt beantworten: Firmen, die in der Kfz-Reparatur und Pannenhilfe tätig sein wollen, müssen unter anderem nach der Abschlepprichtlinie Bayern ­ ARB ­, bestehend aus den so genannten Qualitätskriterien und den Anlagen zur Begutachtung der Abschleppbetriebe, grundsätzlich die Eintragung in die Handwerksrolle als Kraftfahrzeugtechniker oder als Karosserie- und Fahrzeugbauer nachweisen und eine geeignete Werkstattausrüstung nach dem Stand der Technik vorhalten. Danach muss nicht unbedingt der Inhaber des Abschleppbetriebes Meister sein, sondern es ist ebenso ausreichend, wenn im Betrieb ein Handwerksmeister beschäftigt ist.

Mit Schreiben vom 04.06.2002 haben wir unserem Vertragspartner, der GDV-Dienstleistungs & Co. KG ­ GDV -, die ARB an die Hand gegeben. Diese hat sie zum Bestandteil der zwischen ihr und den einzelnen Hilfeleistern geschlossenen privatrechtlichen Verträge gemacht, nachdem ihr 2001 der Zuschlag zur Vermittlung der Abschleppaufträge in Bayern im Rahmen einer entsprechenden Privatisierungsinitiative erteilt wurde. Ab dem 09.04.2003 wurde die ARB auch auf so genannte Polizeiaufträge, also beispielsweise auf das hoheitliche Abschleppen von Falschparkern oder die Bergung von Unfallfahrzeugen erweitert. Die Erfüllung der Bedingungen aus der ARB, also aus der Abschlepprichtlinie Bayern, bestimmt sich daher einerseits aus einem vertraglichen Schuldverhältnis zwischen dem ausführenden Unternehmen und der GDV und andererseits bei Polizeiaufträgen aus privatrechtlichen Rechtsbeziehungen des Freistaates Bayern mit dem ausführenden Unternehmen.

Nach unserer Überzeugung sind aus guten Gründen auch für das Bergen und Abschleppen eine Meisterqualifizierung und der Eintrag in die Handwerksrolle erforderlich, Herr Kollege Schindler. Die Notwendigkeit, Meisterpflicht und Eintragung in die Handwerksrolle mit der Tätigkeit eines Abschlepp- und Bergungsbetriebes zu verknüpfen und diesem die Beschäftigung eines Meisters vorzugeben, ergibt sich aus dem wohlverstandenen Interesse des Verbrauchers, das sich naturgemäß nicht nur auf das schlichte Verbringen von der Unfallstelle beschränkt, und auch aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs. Hierdurch wird eine kompetentere Lagebeurteilung ermöglicht und eine schnellere und effektivere Hilfe vor Ort. Insbesondere kann in vielen Fällen nur ein Kfz-Meister beurteilen, welche konkreten Maßnahmen zur Behebung einer Panne erforderlich sind, sodass Kosten für den Pannenleidenden minimiert werden können.

Daneben verhindert bzw. minimiert die Meisterpflicht Sach- und Vermögensschäden des Einzelnen, der die Panne erlitten hat, Schäden der Allgemeinheit und das Haftungsrisiko des Staates, der bei nicht sorgfältiger und sachgerechter Auswahl der vermittelten Unternehmen in Anspruch genommen werden kann. Viele Fahrzeughersteller sind mittlerweile dazu übergegangen, in den Fahrzeugbedienungs- und Reparaturanleitungen unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass nur Fachpersonal bei Pannenhilfe, Bergen und Abschleppen eingesetzt werden darf, da bereits geringe Fehler beim Anschlagen, Anheben oder Bewegen der Fahrzeuge erhebliche Schäden am Fahrzeug verursachen können. Andernfalls können Garantieleistungen der Autohersteller erlöschen. Die Technik bestimmter Fahrzeuge macht es sogar für Abschleppmaßnahmen über längere Distanzen erforderlich, Fahrzeugteile, beispielsweise Kardanwellen, auszubauen.

Vor diesem Hintergrund ist aus unserer Sicht der inhaltliche Regelungsgehalt der ARB gerechtfertigt.