Börse

Obdachlose Jugendliche

Frage 67. Wie hat sich die Zahl der Jugendlichen und jungen Menschen, die obdachlos bzw. von Obdachlosigkeit betroffen sind, in den letzten zehn Jahren verändert, wie die Zahl der Straßenkinder (Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen, Geschlecht und Staatsangehörigkeit) und wie bewertet die Landesregierung diese Entwicklung?

Der Hessische Landkreistag teilte mit, dass seitens der Jugendämter der Mitgliedskreise zur Problematik der Obdachlosigkeit bei Jugendlichen und jungen Menschen keine zahlenmäßigen Aussagen getroffen werden können. „Trebegänger", aber auch die Personengruppe der von Obdachlosigkeit Bedrohten haben ihren Lebensmittelpunkt nach den Erfahrungen der örtlichen Jugendhilfeträger offenkundig ausschließlich in den urbanen Zentren der Großstädte.

Grundlage der folgenden Antworten sind die Angaben der im Hessischen Städtetag organisierten Städte Darmstadt, Kassel, Wiesbaden, Offenbach und Frankfurt am Main: Stadt Darmstadt:

Das Amt für Wohnungswesen bei der Wissenschaftsstadt Darmstadt ist zuständig für die Akutversorgung obdachloser Personen, allerdings bezieht sich dies bei Alleinstehenden auf den Altersbereich ab 18 Jahren. Daten über die Anzahl der Jugendlichen und jungen Menschen, die obdachlos oder von Obdachlosigkeit betroffen sind, werden nicht erfasst.

Die Erfahrungen in der Obdachlosenbörse zeigen, dass besonders in den letzten 2 ­ 3 Jahren immer mehr junge Menschen das Beratungsangebot der Obdachlosenbehörde in Anspruch nehmen. Die Vorsprachen von jungen Menschen, bei denen Obdachlosigkeit droht oder bereits eingetreten ist, sind tendenziell steigend. Die Gründe liegen oftmals im familiären Bereich. So werden Streitereien mit den Eltern bis hin zum Rauswurf aus dem Elternhaus (unter Umständen auch verbunden mit einer Drogenproblematik) immer öfter als Begründung angegeben.

Die Zahlen der „Straßenkinder" beruhen auf Schätzungen. In Darmstadt wird von 8 ­ 10 Kindern und Jugendlichen ausgegangen.

Stadt Kassel

Nach Auskunft der Zentralen Fachstelle Wohnen (ZFW) des Wohnungsamtes der Stadt Kassel, die für Kasseler Bürgerinnen und Bürger zuständig ist, die obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht sind, werden diese sofort in Wohnungen eingewiesen. Dies gilt auch für die Gruppe der 18 ­ 24-Jährigen.

Nach der vorliegenden Statistik der ZFW für den Zeitraum 1995 ­ 2003 sind die Einweisungen von Minderjährigen zusammen mit ihren Familien rückläufig. Im Jahre 1995 belief sich die Gesamtzahl der mit Obdachlosenstatus untergebrachten Haushalte auf 435 mit insgesamt 1.172 Personen, von denen 334 minderjährig waren. Im Jahr 2003 hingegen gab es nur noch 160 Haushalte mit insgesamt 317 Personen, von denen 72 minderjährig waren.

Die Anzahl der ausländischen Haushalte lag im Jahr 1993 bei 74 und im Jahr 2003 bei 22.

Die Anzahl der eingewiesenen und der von Obdachlosigkeit bedrohten Personen im Alter von 18-24 Jahren wurden bisher statistisch nicht erfasst.

Wohnungslose Menschen, die sich vorübergehend im Stadtgebiet aufhalten und nach § 72 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu versorgen sind, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Beratungsstelle für Haftentlassene, allein stehende Wohnungslose und Nichtsesshafte des Sozialamtes. Nach Auskunft der Beratungsstelle macht der Anteil der Altersgruppe der 18 ­ 24Jährigen ca. 15 ­ 20 v. H. des Klientels (bei 400 ­ 500 Vorsprachen monatlich) aus.

Der Anteil dieser Altersgruppe ist in den letzten 10 Jahren stark angestiegen.

Den größten Teil machen die deutschen männlichen Ratsuchenden aus. Der Anteil von Frauen und Ausländern ist eher gering (jeweils 10 v. H.). Junge Männer werden häufig an die Heilsarmee oder an die Wohngruppe des Vereins Soziale Hilfe e.V. verwiesen. Junge Frauen werden häufig in Hotels untergebracht, bei „Karla 3 ­ Aufenthalts- und Beratungsstelle für Frauen in Wohnungsnot" oder in einer Wohngruppe, wenn sie schwanger sind. In solchen Fällen gibt es eine enge Kooperation mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes.

Nach Auskunft des Diakonischen Werkes (Abteilung alleinstehende Wohnungslose) ist die Altersgruppe der 18-24-Jährigen in ihren Angeboten kaum vertreten: die 22 Plätze im Betreuten Wohnen sind kaum mit jungen Erwachsenen dieser Altersgruppe belegt.

Auch bei „Karla 3" ist die Altersgruppe der 18-24jährigen kaum vertreten (der Alterdurchschnitt liegt bei ca. 40 Jahren).

Die Zuständigkeit für allein lebende Minderjährige liegt beim Jugendamt.

Nach Auskunft des Jugendamtes gibt es das Phänomen der „Straßenkinder" in Kassel nicht. Minderjährige Wohnungslose werden in Wohngruppen mit dem Ziel der Verselbständigung betreut.

Stadt Wiesbaden

Eine Statistik über „Jugendliche und junge Menschen, die obdachlos bzw. von Obdachlosigkeit betroffen sind", wird nicht geführt.

Stadt Offenbach

Gemäß § 42 SGB VIII ist das Jugendamt verpflichtet, jedes Kind und jeden Jugendlichen in Obhut zu nehmen, das/der um Obhut bittet oder wenn dies aufgrund einer dringenden Gefahr für das Wohl oder des Jugendlichen erforderlich erscheint.

Es käme deshalb nach Auffassung der Stadt Offenbach einer Pflichtverletzung gleich, wenn die Stadt Kenntnis über obdachlose Kinder oder Jugendliche hätte oder eine Statistik führen würde, ohne aktiv geworden zu sein.

Dementsprechend gibt es beim Jugendamt auch keine speziellen Hilfe- und Beratungsangebote.

Stadt Frankfurt am Main

Das Jugendamt der Stadt Frankfurt am Main teilte mit, dass in Frankfurt am Main unterschiedliche Organisationseinheiten mit der Thematik obdachloser Jugendlicher und junger Menschen befasst sind. Die von diesen Organisationseinheiten statistischen Auswertungen erfolgen daher nach unterschiedlichen Kriterien, die aufgrund der verschiedenen Erhebungsmethoden und kriterien nicht vereinheitlicht werden können.