Mülltrennung vereinfachen - Haushalte entlasten, gelbe Tonne ade?

Ein Blick auf den aktuellen Stand der Technik zeigt, dass die Mühen und Kosten einer umfassenden Mülltrennung in den Haushalten im gegenwärtigen Umfang weder ökologisch weiterhin erforderlich noch ökonomisch länger zu vertreten sind. Immer deutlicher erweist sich, dass Hausmüll und Wertstoffe aus technischer Sicht weitgehend maschinell getrennt werden können. Das aufwendige Sortieren in den Haushalten per Hand ist ohne ökologische oder ökonomische Einbußen durch eine automatisierte Mülltrennung ersetzbar. Die Quoten der Verpackungsverordnung sind unter Einsatz innovativer Sortier- und Erkennungsverfahren allein durch die Sortierung von Hausmüll zu erreichen. Die derzeit in Deutschland praktizierte Form der Mülltrennung durch den Verbraucher ist also technisch weitgehend überholt und zu teuer. Der technische Fortschritt bei den Sortier- und Verwertungsanlagen hat die Ausgangsbedingungen für die deutsche Abfallwirtschaftspolitik erheblich verändert.

Die haushaltsnahe Abfalltrennung war über eine lange Zeit sinnvoll und ohne Alternative. Auch gilt sicherlich unverändert, dass Bioabfälle, Papier, Pappe, Karton und Glas sowie besondere problematische Abfälle weiterhin getrennt gesammelt werden sollten. Alle anderen Abfallfraktionen können mittlerweile jedoch wesentlich zuverlässiger und kostengünstiger unter Nutzung vollautomatischer Sortieranlagen aufbereitet werden.

Eine Umstrukturierung der Mülltrennung könnte gleichzeitig zu einer Vereinfachung der Mülltrennung und somit auch zu einer Entlastung der Verbraucherinnern und Verbraucher von überflüssigem Sortieraufwand führen. Trotz separater Erfassung von Verkaufsverpackungen über das DSD-System sind nach wie vor nicht unerhebliche Mengen von Verkaufsverpackungen im Restabfall sowie stoffgleiche Nichtverpackungen im gelben Sack zu finden. In den letzten Jahren hat es eine beachtliche Weiterentwicklung der Trenntechnologie für gemischte Abfälle gegeben. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung nach Projekten zur gemeinsamen Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll, um einerseits Kostensenkungspotenziale aufzeigen zu lassen und gleichzeitig dabei die Erfassungssysteme bürgerfreundlicher zu gestalten.

Wir fragen die Landesregierung: Technische/ökologische Fragen

1. Welche Pilotversuche sind der Landesregierung zur gemeinsamen Erfassung von Abfällen bekannt?

2. Von wem wurden diese initiiert und wissenschaftlich begleitet?

3. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der abgeschlossenen und noch laufenden Versuche zur gemeinsamen Erfassung von Restmüll und Verpackungsabfällen?

4. Welche Entwicklungsperspektive sieht die Landesregierung für die nächsten fünf Jahre?

5. Ist aus Sicht der Landesregierung heute ein technischer Stand erreicht, der zwingend dazu führen müsste, einen Technikwechsel vorzunehmen?

6. Wie sehen nach derzeitigen Erkenntnissen die Menge und Qualität der in unterschiedlichen Verfahren gewonnenen Wertstoffe aus?

7. Sind neuartige Abfallbehandlungs- und Sortiertechniken technisch ausgereift und wären bereits großmaßstäblich einsetzbar?

8. Wie wird sich nach Auffassung der Landesregierung der Verwertungspfad bei Aufgabe der Getrenntsammlung verändern und welche Auswirkung auf die Verfügbarkeit von Ressourcen wären zu erwarten?

9. Kann eine hochwertige werkstoffliche Verwertung gewährleistet werden, wenn keine getrennte Sammlung von Werkstoffen durchgeführt wird?

10. Sieht die Landesregierung Auswirkungen auf die Produktverantwortung bei Abschaffung der Getrenntsammlung?

11. Hält es die Landesregierung für erforderlich, aus ökologischen Gründen eine Neubewertung von Verwertungsverfahren und der damit zusammenhängenden Vorbereitung der Stoffströme vorzunehmen?

12. Hätte nach Auffassung der Landesregierung der Verzicht auf die Mülltrennung Auswirkungen auf die Abfuhrrhythmen?

13. Wäre die Landesregierung bereit, einen Modellversuch zur kombinierten Erfassung von Restmüll und Verpackungsabfällen in Hessen zu initiieren?

14. Ist die getrennte Erfassung bestimmter Abfallfraktionen für eine ökologisch hochwertige Abfallverwertung aus technischer Sicht erforderlich?

Wenn ja, für welche Abfallfraktionen gilt dies?

15. Trifft es zu, dass auch unter den aktuellen Bedingungen und der Nutzung von gelben Tonnen oder Ähnlichem aufgrund von so genannten Fehlwürfen eine Nachsortierung der erfassten Abfälle erforderlich ist, um diese verwerten zu können?

Wenn ja, welche Sortiertechniken kommen mit welchem Erfolg zum Einsatz?

16. Wer käme nach Auffassung der Landesregierung als Systemträger für die gemischte Sammlung von Restabfällen und Leichtstoffverpackungen mit anschließender Trennung und Sortierung generell in Betracht?

Rechtliche Fragen

17. Welche Folgen hätte die Aufgabe der Getrenntsammlung nach derzeit geltendem Recht (Eigentumsbegriff)?

18. Wie müsste nach Auffassung der Landesregierung ein rechtlicher Rahmen aussehen, der die Vielfalt der technologischen Systeme zulässt, ohne dass die Qualität, die Kosten und die Kontrolle negativ beeinflusst würden?

19. Gibt es europäische Richtlinien, die den Wegfall der Getrenntsammlung unmöglich machen können?

Kann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der bisher stattgefundenen Modellversuche für eine kombinierte Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll die Aussage getroffen werden, dass die Verwertungsquoten auch unter Einsatz maschineller Sortierverfahren eingehalten werden können?

20. Setzt der Verzicht auf Mülltrennung eine generelle Neuordnung der Entsorgungszuständigkeiten im Kreislaufwirtschaftsabfallgesetz voraus?

21. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage, dass die Verpackungsverordnung zwingend eine Getrenntsammlung von Verpackungsabfällen vorsieht, im Gegensatz zu der Aussage, dass die Verordnung im Hinblick auf ihre Zielsetzung lediglich eine Pflichtzurücknahme von Verpackungsabfällen und bestimmte Verwertungsquoten vorgibt?

22. In welchen Gesetzen sind ausdrücklich oder de facto Getrennthaltungspflichten für bestimmte Abfallfraktionen vorgesehen und inwiefern sind diese technisch, naturwissenschaftlich und/oder ökonomisch zu begründen?

Kostenaspekte

23. Lassen sich die Produkte einer Sortierung von kombiniert mit Hausmüll erfassten Verpackungsabfällen zu den gleichen oder sogar geringeren Kosten und mit dem gleichen ökologischen Nutzen verwerten wie die Produkte der Sortierung getrennt erfasster Verpackungsabfälle?

24. Trifft es zu, dass die kombinierte Sammlung und Sortierung von Hausmüll und bisher getrennt erfasstem Verpackungsabfall deutlich kostengünstiger zu bewerkstelligen sind als die getrennte Erfassung und Sortierung bzw. Entsorgung?

25. Sieht sich die Landesregierung in der Lage, eine Folgeabschätzung hinsichtlich der Kosten, Gebühren und Arbeitsplätze vorzunehmen, wenn die Getrenntsammlung nach herkömmlichem Muster aufgegeben würde?

26. Welche zusätzlichen Kosten verursacht die Aussortierung von Materialien, die gemäß Verpackungsverordnung stofflich zu verwerten sind, wenn diese innerhalb einer Restmüllsortierung stattfindet?

27. In welchem Umfang hängt die Kosteneinsparung, die möglicherweise von der Aufgabe der Getrennterfassung ausgeht, von lokalen Randbedingungen ab?

28. Würde eine gemischte Sammlung von Restabfällen und Leichtkunststoffverpackungen mit anschließender maschineller Trennung und Sortierung im Vergleich zur heute üblichen getrennten Sammlung und Behandlung kostengünstiger durchführbar sein?

29. Welche Auswirkungen auf die Kosten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und damit die Müllgebühren würde die großmaßstäbliche Nutzung der modernen Trenn- und Sortiertechnik bei kombinierter Erfassung mehrerer Abfallfraktionen haben?

30. Wann könnte nach Auffassung der Landesregierung frühestmöglich ein Müllgroßversuch zur kombinierten Erfassung von Leichtverpackungen und Restmüll in Hessen stattfinden?