Stromerzeugung

Es wird dann weiter gefragt: Wenn ja, an wen? ­ Auf dem Großhandelsmarkt für Elektrizität. Es wird um Verständnis dafür gebeten, dass Vertraulichkeit besteht.

(Henning Kaul (CSU): Wahrscheinlich, weil es ihnen peinlich ist!)

Das heißt, nach den vorliegenden öffentlich zugänglichen Informationen ist nicht beurteilbar, ob mit dem geplanten Investment in Herne tatsächlich Kernstrom ersetzt wird.

Sollte das beabsichtigt sein, stellen sich natürlich weitere Fragen. Soll dann zum Beispiel der Anteil an Isar II veräußert werden? ­ Das ist auch nicht beurteilbar.

Es stellt sich weiterhin folgende Frage: Warum erfolgt diese Entscheidung so früh? Das Kernkraftwerk Isar II wird nach dem sogenannten Atomkonsens planmäßig im Jahre 2020 abzuschalten sein, wenn sich daran nichts ändert. Nach den Unterlagen zum Kraftwerk Herne 5 geht dieses jedoch bereits 2011 in Betrieb, also rund ein Jahrzehnt vor einer möglichen Abschaltung des Kernkraftwerks.

Insofern stellen sich dann viele weitere Fragen. Mit dem Kernkraftwerk Isar II wird heute kohlendioxidfrei Strom produziert, und zwar wird dadurch jährlich eine Menge von über 10 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Allein der Anteil, der auf die Beteiligung der Landeshauptstadt München entfällt, umfasst rund 3 Millionen Tonnen CO, die klimafreundlich, klimaverträglich durch das Kernkraftwerk Isar II vermieden werden.

Wie Sie wissen, ist gerade das Kernkraftwerk Isar II eines der modernsten und sichersten Kernkraftwerke der Welt.

Es war in den letzten Jahren achtmal Weltmeister in der Bruttojahresstromerzeugung, hat also die höchsten Verfügbarkeiten. Das heißt, es gab kaum Störungen, es musste kaum vom Netz genommen werden. Es liefert sicheren und klimaverträglichen Grundlaststrom.

Hier stellt sich die Frage, warum die bayerische Landeshauptstadt eine solche sichere und klimaverträgliche Stromerzeugungsquelle nicht zu nutzen oder gar deren längere Nutzung einzufordern beabsichtigt, sondern jetzt in ein Kohlekraftwerk investiert.

Sollte kein Ersatz geplant sein, stellt sich natürlich ebenfalls eine Reihe von Fragen: Warum investiert die Landeshauptstadt München in eine Anlage in Nordrhein Westfalen? Warum trägt sie also dort zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei statt in der Region? ­ Nach den Unterlagen, die der Staatsregierung zugänglich sind, werden allein mit dem Neubau mehr als 50 zusätzliche Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen und mehrere hundert Arbeitsplätze im Umfeld der Anlage geschaffen. Warum ein solches Investment laut den zugänglichen Informationen beim geplanten Steinkohlekraftwerksbau in Herne vorgenommen werden soll, ohne daran zu denken, Herr Kollege Kaul, das CO2 abzuscheiden, muss gefragt werden. Von einer Sequestrierung ist bislang nicht die Rede.

Insofern stellt sich die Frage: Warum dringt die Landeshauptstadt nicht darauf, dass das Kohlekraftwerk bezüglich des CO2

-Ausstoßes sauber wird? ­ Zum Vergleich verweise ich auf das Kernkraftwerk Isar II. Da haben wir CO2

-Emissionen im Bereich von etwa 20 Gramm pro Kilowattstunde. Bei einem Kohlekraftwerk sind es etwa 1000 Gramm.

Aufgrund der uns zugänglichen Informationen können wir auf jeden Fall eines sagen: Es entsteht eine höhere CO2

Belastung, und zwar etwa um den Faktor 50. Auf jeden Fall wird mehr schmutziger Strom als bisher erzeugt. Er wird tendenziell auch teurer. Denn die Anlage steht weit weg vom Verbrauchsort, wodurch à la longue höhere Kosten möglich sind.

Neben dem ganz konkreten Investment der Landeshauptstadt erwähne ich, dass weitere Kommunen in Herne investieren wollen.

(Franz Maget (SPD): Warum eigentlich?)

­ Das kann man im Einzelfall unterschiedlich beurteilen, Herr Kollege. ­ München hat im Gegensatz zum Beispiel zu Regensburg oder Rosenheim eine Beteiligung an einem Kraftwerk, nämlich an einem Kernkraftwerk.

Andere Kommunen haben derartige Beteiligungen nicht.

München hätte also keine Not gehabt, jetzt ein solches Investment zu tätigen.

(Franz Maget (SPD): Wenn das eine SPD-Stadt macht, dann ist das also schlecht!)

Dabei stellt sich eines ganz deutlich heraus: Die letzte, die rot-grüne Bundesregierung hatte sieben Jahre lang alles darangesetzt, die Kernkraft in Deutschland zu verteufeln und einen Atomausstieg in Deutschland zu besiegeln. Sie hat den Eindruck erweckt, als könnte die Leistung, die heute Kernkraftwerke für die Stromerzeugung in Bayern und in Deutschland erbringen, ohne Weiteres durch erneuerbare Energien ersetzt werden.

Das Beispiel München zeigt im Grunde genommen eines ganz deutlich: dass selbst nach Auffassung einer rotgrünen Stadtregierung Kernstrom nicht durch erneuerbare Energien ersetzbar ist, sondern auf die herkömmlichen, fossilen Energieträger zurückgegriffen werden muss. Dadurch würde sauberer, klimaverträglicher Strom durch Kohlestrom, durch schmutzigen fossilen Strom ersetzt werden. Das ist im Grunde genommen eine Art Offenbarungseid, ein Augenöffner für alle, die bislang geglaubt haben, dass eine kurzfristige Ersetzung durch erneuerbare Energien möglich sei.

Das Beispiel der Landeshauptstadt München zeigt, dass Rot-Grün in den letzten Jahren den Menschen etwas vorgemacht hat. Sauberer Kernstrom ist nämlich nicht kurzfristig durch den sauberen Strom aus erneuerbaren Energien ersetzbar, sondern ist in dieser Dimension und dieser Qualität ausschließlich durch fossilen und damit schmutzigeren Strom ersetzbar.

Präsident Alois Glück: Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Wörner.

Ludwig Wörner (SPD): Herr Präsident, Herr Staatsminister, Kolleginnen und Kollegen! Zur heutigen Fragestunde muss ich sagen: Thema verfehlt. Wir haben Sie etwas gefragt, Herr Minister. Aber nun haben wir von Ihnen Fragen gehört. Wir wollten, dass Sie unsere Fragen beantworten und nicht Fragen, die Herr Kollege Kaul gestellt hat, von denen Sie ja wussten, dass sie kommen.

Im Übrigen darf ich Ihnen sagen, Herr Kollege Kaul, Sie als Techniker müssten um die Dinge Bescheid wissen.

Wenn Sie gefragt hätten, warum die Staatsregierung am Atomstrom festhalten will, wäre das eine vom Staatsminister zu beantwortende Frage gewesen.

Es gibt kein CO2

-freies Kraftwerk. Es gibt jedoch Kraftwerke, bei denen man CO2 abscheiden kann. Deswegen ist Ihre Frage inhaltlich falsch. Das müssten Sie als Techniker wissen.

Für mich war die Feststellung des Herrn Staatsministers interessant, als er von einem sogenannten Atomkonsens sprach. Dazu hätte ich gern Näheres gehört.

Erkennen Sie als Minister denn nicht ein Gesetz oder eine Vereinbarung, die getroffen wurde, an? ­ Das hätte ich von Ihnen gern gewusst.

Daran schließt sich eine zweite Frage an: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass es mehr CSU-regierte Städte sind, die in dieses neue Konstrukt, in dieses Kraftwerk investieren, als rot-grün-regierte Städte? Ich darf Ihnen sagen, dass auch die Stadtwerke Erlangen und Regensburg dabei sind. Haben Sie mit denen vorher nicht darüber geredet, dass damit aus Ihrer Sicht ein Problem verbunden ist?

Jeder Wissenschaftler, der eine konsequente Berechnung für den Abschnitt zwischen der Entstehung, also dem Bau eines Kernkraftwerks, dem Abbruch und der Wiedereinlagerung macht, kommt der Logik folgend zu einem Ergebnis, das sich mit Ihrer Einschätzung des CO2

Ausstoßes nicht deckt. Das ist inzwischen wissenschaftlich ziemlich gut belegt. Wer das verschweigen will, kann es tun, setzt sich dann aber dem Verdacht aus, dass er in gewisser Hinsicht blind ist.

Herr Minister, ich würde von Ihnen gern noch wissen, wie Sie damit umgehen, dass, wie gesagt, in erster Linie CSU-regierte Städte dieses Thema aufgreifen. Was Regensburg betrifft, so ist der Regensburger Bürgermeister nicht irgendjemand, sondern immerhin Vorsitzender eines großen kommunalen Verbundes. Regensburg ist genauso beteiligt wie viele andere Kommunen, die offensichtlich eine Übergangslösung mit einer Technik suchen, die gerade entwickelt und erforscht wird.

Herr Minister, ich muss Sie noch etwas fragen: Wie technikfeindlich ist eigentlich diese Staatsregierung, wenn es um die Fortentwicklung von Technologien geht, die weltweit gesucht werden? Sie sollten hier mit einsteigen und fördern, um sicherzustellen, dass die Energieversorgung der Zukunft auf eine Weise gewährleistet ist, die uns nicht Jahrtausende, sondern nur kurzfristig belastet.

Ich darf noch darauf verweisen: Ein wesentlicher Teil der Forschung stellt darauf ab, CO2

-freie Kraftwerke zu ermöglichen. Aber genau dazu haben Sie bisher keine Antwort gegeben. Die Haltung, die Sie an den Tag legen, ist technikfeindlich und forschungsfeindlich.

(Beifall bei der SPD) Präsident Alois Glück: Das Wort hat der Herr Staatsminister.

Staatsminister Dr. Werner Schnappauf (Umweltministerium): Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der Tat stellt sich eine ganze Reihe von Fragen. Herr Wörner, Sie haben gesagt, das Handeln der Landeshauptstadt sei mehr als fragwürdig, und zwar gerade im Gegensatz zu anderen Städten wie Regensburg oder Rosenheim. Diese Städte haben keine Beteiligung an einem Kernkraftwerk oder einer anderen großen Energieerzeugungsanlage.

Die Landeshauptstadt München hat im Gegensatz zu anderen Kommunen, die sich an dem geplanten Steinkohlekraftwerk in Herne beteiligen, einen Anteil am Kernkraftwerk Isar 2.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD)) Präsident Alois Glück: Herr Kollege Maget, das Wort hat der Herr Staatsminister! Sie können sich anschließend zu Wort melden. Sie müssen nur zu einer Einteilung der Redezeit innerhalb Ihrer Fraktion gelangen; dann ist das kein Problem.

Staatsminister Dr. Werner Schnappauf (Umweltministerium): Die Frage bezüglich der anderen Kommunen als der Landeshauptstadt stellt sich doch ganz anders.

Regensburg zum Beispiel hat keine Beteiligung an einem großen Kraftwerk, geschweige an einem Kernkraftwerk.

München hat eine Beteiligung an einem Kernkraftwerk.

Diese Beteiligung läuft selbst nach dem Atomkonsens oder dem sogenannten Atomkonsens noch bis zum Jahre 2020, liefert also noch weit länger als ein Jahrzehnt. Nach den Unterlagen über den Bau der Kraftwerksanlage soll Herne aber bereits 2011 in Betrieb gehen. Also warum investiert denn München heute in schmutzigeren Kohlestrom, wenn es noch über ein Jahrzehnt sauberen Kernstrom beziehen kann?

(Zurufe von den GRÜNEN: Sauber?)

Das ist doch die Frage, die Sie stellen.

Deshalb ist es außerordentlich fragwürdig, was hier die Landeshauptstadt macht. Auf der einen Seite sagt der Wirtschaftsreferent, den Kernstrom verkaufen wir auf dem Großhandelsmarkt für Elektrizität an Industrie- und Großkunden, und auf der anderen Seite soll offensichtlich für andere Kunden schmutziger Strom aus Nordrhein Westfalen, nach München gebracht werden. Der Strom wird dann teurer, der Strom wird schmutziger, und das ist eine fragwürdige Politik der Landeshauptstadt.

(Franz Maget (SPD): Oh Gott!)

Und deshalb stellt sich auch eine ganze Reihe von Fragen bei diesem Thema.

(Beifall bei der CSU) Kollege Kaul hat völlig recht, (Franz Maget (SPD): Soll sich Regensburg jetzt beteiligen?) Herr Wörner hat vorhin die Frage gestellt. Das ist auch eine Frage der grundsätzlichen Einstellung zu der künfseiner

tigen Energieversorgung. Herr Maget, Sie waren genauso dabei wie Herr Wörner, als hier in München am Sonntag vor einer Woche der Film von Al Gore Unbequeme Wahrheit gezeigt worden ist. Herr Kleinfeld, Vorstandsvorsitzender von Siemens, hat erklärt, dass es, als er in Davos von einem Forum zum anderen gegangen ist, nur eine einzige Botschaft gab: (Franz Maget (SPD): Und was baut der Herr Kleinfeld?) dass Energieversorgung und Klimaschutz die größten Herausforderungen der Menschheit sind. Insofern ist es mehr als fragwürdig, wenn die Hauptstadt unseres Landes jetzt in Kohlestrom investiert.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Nach allem, was uns an Informationen zugänglich ist, gibt es kein Drängen der Landeshauptstadt München, ihr Investment mit einer CO2

-Sequestierung in Herne zu verbinden. Sie sprechen in Ihrer Frage Forschung, große neue Technologien an. Wo ist denn die Forschung?

Sagen Sie uns doch einmal, ob die Landeshauptstadt ihr Investment mit der Conditio verbunden hat, dass dort in CO2

-Abscheidung investiert wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE)

­ Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN) Niemandem ist das öffentlich bekannt, und deshalb bleibt das eine außerordentlich hinterfragenswürdige Investition in einer Zeit, in der die Klimaerwärmung derart rasant voranschreitet, dass nicht nur die Kanzlerin davon spricht, dass das die größte Herausforderung der Menschheit ist, (Zurufe von den GRÜNEN) sondern zum ersten Mal in der Weltgeschichte sich ein Staatenbund zu einer verbindlichen CO2

-Reduktion entschlossen hat. Der Klimaschutz steht zum ersten Mal auf der Tagesordnung eines G-8-Gipfels ganz oben ­ bei dem anstehenden Treffen in Heiligendamm ­, sodass wir in der Tat global denken müssen, aber auch entsprechend konsequent lokal handeln müssen. Das ist aus dem bisher bekannten Handeln der Landeshauptstadt nicht erkennbar.

(Franz Maget (SPD): Ist die Investition nun hinterfragenswürdig oder falsch?) Präsident Alois Glück: Das Wort hat Frau Kollegin Bause.

Herr Kollege Maget, wir bleiben dabei, dass es geordnete Fragestellungen gibt und keinen Dialog zwischendurch.

(Franz Maget (SPD): In London darf man das! ­ Gegenruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU): Dann müssen Sie halt dort kandidieren!) Margarete Bause (GRÜNE): Herr Staatsminister, ist für Sie ein Strom sauber, wenn dadurch hochgiftiges Plutonium in riesigen Mengen produziert wird, wenn wir heute noch keine Antwort auf die Frage der Endlagerung haben, wenn Sie riesige Probleme haben mit der Entsorgung des hoch giftigen Atommülls?

(Zuruf von der CSU: Wenn ihr das nicht verzögert hättet, hätten wir das längst! ­ Gegenrufe von den GRÜNEN und von der SPD) ­ Unruhe)

Ist dann ein Strom für Sie sauber? ­ Darauf hätte ich gern eine Antwort.

Zweitens. Sind Sie sicher, Herr Staatsminister, . (Anhaltende Unruhe) Präsident Alois Glück: Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte doch, der Kollegin das Wort zu lassen.

Margarete Bause (GRÜNE): Sind Sie sicher, Herr Staatsminister, dass für die Beantwortung der Frage, die die CSU-Fraktion Ihnen heute gestellt hat, der Bayerischen Landtag der richtige Platz ist, oder sollte diese Frage vielleicht besser im Stadtrat von München erörtert werden?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass die deutschen Energiekonzerne in den nächsten Jahren 26 bis 40 neue Kohlekraftwerke planen, und ist Ihnen bekannt, dass das daran liegt, dass der Emissionshandel so konstruiert ist, dass es eine Privilegierung der Kohle gibt? Ist Ihnen bekannt, dass diese Konstruktion des Emissionshandels daher rührt, dass die Koalition auf Bundesebene, an der auch die CSU beteiligt ist, genau diese klimaschädlichen politischen Rahmenbedingungen herstellt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ist Ihnen bekannt, dass es Ihre Politik auf Bundesebene ist, die dazu führt, dass die Kohle privilegiert ist und die großen Stromkonzerne in die Kohle in den nächsten Jahren investieren wollen? Ist Ihnen darüber hinaus bekannt, dass der CSU-Wirtschaftsminister, Herr Glos, für die weitere und stärkere Privilegierung der Kohle kämpft?

Deswegen frage ich Sie, Herr Staatsminister: Was tut die Bayerische Staatsregierung, um die klimaschädliche Privilegierung der Kohle über den Emissionshandel zu beenden und klimafreundliche politische Rahmenbedingungen auf Bundesebene zu setzen?

(Beifall bei den GRÜNEN) Präsident Alois Glück: Herr Staatsminister.

Staatsminister Dr. Werner Schnappauf (Umweltministerium): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Bause, erstens produziert ein Kernkraftwerk kohlendioxidfrei Strom.