Die bayerischen Kommunen punkten auch bei der Investitionsquote

Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode8474 Plenarprotokoll 15/116 v. 19.02.

Die Kommunen in Rheinland-Pfalz, in dem Land, in dem der SPD-Vorsitzende seit fast 14 Jahren regiert, weisen dagegen ­ im Vergleich zur Zahl ihrer Einwohner ­ einen mehr als 20 Mal so hohen Bestand an Kassenkrediten auf wie die bayerischen Kommunen. Ist das die soziale Gerechtigkeit, von der der SPD-Vorsitzende immer spricht? Ist das Zukunftsverantwortung für unsere junge Generation? Nein! Das ist Politik auf Kosten der jungen Generation.

Die bayerischen Kommunen punkten auch bei der Investitionsquote. Mit 20,6 % lag sie 2006 deutlich vor der in den anderen westlichen Flächenländern mit 14,4 %. Die kommunale Gestaltungskraft in Bayern ist weit größer als anderswo.

Es wäre allerdings falsch, jetzt das Geld mit vollen Händen auszugeben. Ich appelliere an die Kommunen, finanzielle Spielräume zu nutzen, um Schulden abzubauen und Rücklagen zu bilden. Vorsorge treffen für die Zukunft ist kluge Politik und der Generationengerechtigkeit geschuldet. Darauf hat Erwin Huber in seiner Haushaltsrede zu Recht hingewiesen.

Nun gibt es Kommunen, die aus eigener Kraft nicht die Haushaltskonsolidierung leisten können. Diese Kommunen lässt die Staatsregierung nicht im Regen stehen.

Was für den Staatshaushalt gilt, gilt auch hier: Wir müssen Schulden tilgen, um nicht durch den Schuldendienst in der Zukunft geknebelt zu werden. Denn aufgrund der absehbaren demographischen Entwicklung müssen immer weniger Menschen dafür aufkommen! Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie bewahrt die Handlungsfähigkeit in der Zukunft!

Auf der Grundlage von Sanierungsplänen werden wir gezielt Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Dafür stehen 2008 ­ auch aufgrund der Sperrefreigabe durch das Finanzministerium - nunmehr insgesamt 11 Mio. zur Verfügung. Im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden können wir ab 2008 32 Kommunen auswählen, denen wir durch dieses Pilotprojekt unter die Arme greifen. Die Ausdehnung dieses Pilotprojekts ist ein weiterer Schwerpunkt zu Gunsten finanzschwacher Gemeinden in Bayern.

Im Übrigen diskutieren wir derzeit im Rahmen der Föderalismuskommission II über eine Schuldenbegrenzung für alle staatlichen Ebenen: den Bund, die Länder und die Kommunen. Wir müssen alle öffentlichen Haushalte zukunftstauglich machen, auch die kommunalen!

Eine brennende Frage für die Kommunen ist die Frage der Abfinanzierung staatlicher Förderzusagen. Hier hat die Staatsregierung zusammen mit der CSU-Fraktion ein Sonderprogramm von 200 Mio. beschlossen, um kommunale und private Investitionen schneller bedienen zu können. Um künftig einen derartigen Abfinanzierungsstau zu vermeiden und größere Planungssicherheit für die Kommunen zu erreichen, werden wir manchen Anträgen nicht sofort Rechnung tragen können. Alle gemeinsam müssen wir wieder lernen, unsere Wünsche mit den vorhandenen Haushaltsmitteln in Einklang zu bringen.

Die Bayerische Staatsregierung begegnet Gemeinden, Landkreisen und Bezirken partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Deshalb wurde in meiner Zeit als Innenminister zum 1.Januar 2004 das Konnexitätsprinzip eingeführt. Deshalb hat Ministerpräsident Stoiber in der Föderalismuskommission I das Durchgriffsverbot des Bundes auf die Kommunen durchgesetzt. Die Kommunen sind so umfassend geschützt.

Es wird keine neuen Aufgaben ohne Konnexitätsausgleich geben. Und im Rahmen des Konsultationsverfahrens werden die Kommunen frühzeitig an der Kostenfolgeabschätzung beteiligt. Ich gebe zu: dieser Abstimmungsprozess ist nicht immer einfach, da gibt es natürlich Interessensgegensätze. Ich betone aber: es ist gut, dass wir das Konnexitätsprinzip haben!

Allerdings ­ und auch ein offenes Wort gehört zu einem partnerschaftlichen Umgang ­ ist nicht jede neue Herausforderung konnexitätsrelevant. Die originären Aufgaben der Kommunen sind vielfältig und unterliegen einem ständigen Wandel.

Auf diesen originären Aufgaben gründet die kommunale Selbstverwaltung. Und: Je selbstbewusster die Kommunen neue Herausforderungen als ihre eigenen, originären Aufgaben annehmen, umso leichter ist es, die kommunale Selbstverwaltung zu verteidigen - auch gegen Eingriffe der EU. Investitionsquote Haushaltskonsolidierungskonzepte Abfinanzierung Schutz der kommunalen Selbstverwaltung

Der Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 enthält erstmals die ausdrückliche Achtung der kommunalen Selbstverwaltung durch die EU. Dennoch müssen wir genau verfolgen, welche Überlegungen die EU-Kommission in Brüssel anstellt.

Vorgaben der EU engen die Kommunen erheblich ein und bringen oft hohen bürokratischen Aufwand. Denken Sie nur an die FFH-Richtlinie, die nicht administrierbaren Vorgaben zum Feinstaub oder jetzt an den Entwurf zur Bodenschutzrichtlinie.

Bayern wendet sich mit allem Nachdruck und mit aller bayerischen Hartnäckigkeit gegen EU-Pläne, die die Kommunale Selbstverwaltung bedrohen. Die EU darf die Kommunen nicht aus den Bereichen Wasser- und Energieversorgung verdrängen

- weder durch ordnungspolitische Maßnahmen, noch durch zu hohe bürokratische Hemmnisse. Bayern hat nicht das Subsidiaritätsprinzip in Europa durchgesetzt, damit danach dieses Prinzip auf kaltem bürokratischen Weg wieder ausgehebelt wird.

Die Aufgaben für die Kommunen haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt.

Sie sind komplexer und vielschichtiger geworden. Viele neue Herausforderungen stürzen auf die Bürgermeister und Landräte ein:

­ da ist das Ringen um Investoren und Arbeitsplätze in Konkurrenz mit anderen Kommunen - und in Grenznähe auch mit Österreich und Tschechien,

­ da ist zum Teil eine große Fluktuation in der Bürgerschaft. Immer wieder aufs Neue ist so mühevolle Integrationsarbeit zu leisten;

­ da sind die gestiegenen Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger an eine gute soziale, kulturelle und sportliche Infrastruktur;

­ da sind viele soziale Problemfälle, die in den Kommunen aufschlagen und dort aufgefangen werden müssen.

Kommunen im Aufbruch ­ das gilt gerade für den ländlichen Raum. In Bayern leben die Menschen gerne auf dem Land. Sie engagieren sich in Vereinen, halten Traditionen und Brauchtum am Leben, leisten Nachbarschaftshilfe. Das Leben ist nicht anonym, wie so oft in der Großstadt. Wir haben in Bayern ­ anders als in Frankreich Dörfer und Märkte mit voll funktionsfähigen Sozialstrukturen! Das ist das Markenzeichen des ländlichen Raumes! Diese Lebensqualität müssen und werden wir erhalten. Ich erteile daher allen Überlegungen eine klare Absage, den ländlichen Raum nur auf eine Art Wohnfunktion zu beschränken! Die CSU hat nicht über 50 Jahre, zum Teil gegen den Widerstand der SPD, um den ländlichen Raum gekämpft, um ihn jetzt wegen des Globalisierungsdrucks aufzugeben.

Wir müssen aber sehen: Globalisierung und demografische Entwicklung treffen den ländlichen Raum in besonderer Weise. Arbeitsplätze können leicht in Billiglohnländer verlagert werden. Von Marktredwitz nach Eger oder von Furth im Wald nach Taus in Tschechien sind es nur wenige Kilometer. Hinzu kommt noch das Fördergefälle.

Insgesamt erleben wir derzeit einen Wandel zu einer wissensbasierten Dienst- und Industriegesellschaft. Innovationen vollziehen sich vor allem im Umfeld von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Dorthin zieht es viele leistungsfähige, kreative Kräfte. Bestimmte Regionen in Ost- und Nordbayern verlieren Menschen - durch Sterbeüberschuss und durch Abwanderung. Wie kann dem begegnet werden? Das ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre.

Zunächst einmal: Der ländliche Raum in Bayern als Ganzes ist gewiss nicht Verlierer der Globalisierung. Bayern exportiert Waren wie noch nie, gerade auch in die Märkte im Osten, die nun für unsere Produkte offen sind. Bayern hatte im vergangenen Jahr das höchste Wirtschaftswachstum in Deutschland mit 2,9 %. Bayern hat insgesamt neben Baden-Württemberg die geringste Arbeitslosigkeit ­ und dabei stehen viele ländliche Räume besser da als die Metropolregionen!

Stadt und Land, Metropolregion und ländlicher Raum dürfen nicht zu Gegenspielern werden. Vielmehr stehen ländlicher Raum und Metropolregionen in einer positiven Wechselwirkung zueinander. Sie ergänzen und befruchten sich. Erst gemeinsam ergeben sie das Bild von Bayern. Diese Symbiose werden wir weiter stärken.

Kommunen im Wandel Stärkung des ländlichen Raums Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode8476 Plenarprotokoll 15/116 v. 19.02.

Sie kennen alle den Zukunftsatlas Deutschland des renommierten Prognos-Instituts aus Basel. Was hat das Institut festgestellt? Ich zitiere: vor allem Städte und Landkreise in Bayern lassen den Rest der Republik zunehmend hinter sich.

Wenn man sich den Zukunftsatlas Deutschland anschaut, dann sieht man sofort: die Musik des Fortschritts und der Innovationen spielt im Süden, in Baden-Württemberg und in Bayern. Und man sieht auch sofort: Bayern hat mehrere Regionen mit. Das gibt es so in keinem anderen Land. Hören Sie also auf, meine Damen und Herren von der Opposition, unser Land und damit die Leistungen und den Erfindergeist unserer Bürgerinnen und Bürger ständig schlecht zu reden!

Es gibt ein grundsätzliches Leitziel bayerischer Politik: gleichwertige Lebensbedingungen ­ nicht gleiche - für ganz Bayern. An diesem Ziel werden wir festhalten. Untermauert wird es vom Vorrang­ und vom Vorhalteprinzip. Damit bekennen sich alle staatlichen Ebenen ausdrücklich zu ihrer Verantwortung für den ländlichen Raum.

Innerhalb des Finanzausgleichs haben wir auf unterschiedliche Entwicklungen reagiert, indem wir einen Demographiefaktor eingeführt haben. Bayern hat als erstes Bundesland einen solchen Parameter herangezogen: Betroffene Kommunen erhalten dadurch Planungssicherheit, um notwendige Anpassungen vornehmen zu können.

Daran zeigt sich: der Freistaat war und ist starker und verlässlicher Partner der Kommunen.

Der ländliche Raum ist weitgehend mittelständisch geprägt. Das gibt Sicherheit. Der mittelständische Familienbetrieb strahlt Vertrauen aus. Er ist standorttreu, er bildet aus und versucht Arbeitsplätze zu halten. Wie jüngst eine Studie gezeigt hat, gehen umworbene Talente oft eher zu familiengeführten Mittelständlern als zu großen multinationalen Konzernen. Deswegen stärkt unsere konsequente Mittelstandspolitik, unsere Clusterpolitik und unser Förderinstrumentarium den ländlichen Raum.

Auch die deutliche Anhebung der regionalen Wirtschaftsförderung für 2008 um fast 40 Mio. auf insgesamt 133 Mio. kommt dem Mittelstand zugute.

Unser besonderes Augenmerk gilt den Existenzgründern, denn sie schaffen Arbeitsplätze. In den 23 kommunalen und 23 technologieorientierten Gründerzentren unterstützen wir rund 1000 Unternehmen, die bislang weit über 4000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben.

In den one-stop-shops der Gründeragenturen werden täglich 500 Gründer beraten. 80 % der Anmeldungen sind innerhalb eines Tages erledigt. Aufwändigere Vorhaben dauern 3 - 4 Tage ­ in Berlin 35 Tage. Hier sind wir spitze und das kommt den Kommunen zu gute!

Weil der Mittelstand für unseren ländlichen Raum eine so eminent wichtige Bedeutung hat, setzen wir uns massiv für eine Neuregelung der Erbschaftssteuer ein! Leider wirft uns hier die SPD ständig Knüppel zwischen die Beine! Ich sage: Investitionen zur Weiterführung des Betriebes sind sinnvoller, als durch Erbschaftssteuer einen Betrieb zu gefährden!

Ein Schwerpunkt unserer Politik wird sicherlich der nord- und ostbayerische Raum bleiben. Hier werden die Herausforderungen ­ wie demographische Entwicklung, wie das bestehende Fördergefälle zu Nachbarländern ­ besonders offensichtlich. Deshalb unterstützen wir diese Regionen weit überproportional und werden dies auch weiter tun. Ich erinnere z. B. an das EU-Programm 2007 ­ 2013 von 575 Mio. von dem über 60 % allein in diesen Raum fließen oder an das Hochfrankenprogramm im Bereich Städtebau und Dorferneuerung.

Schwerpunkte setzen wir ferner beim kommunalen Straßenbau, bei der Dorferneuerung, im Städtebau, im Bereich Tourismus: über 246 Mio. stehen für Straßenbau- und -unterhalt zur Verfügung, gleichzeitig senken wir die Bagatellgrenze für Förderprojekte. Zusätzlich sind 15 Mio. von 2008 bis 2011 für Dorferneuerung und 15 Mio. für die Städtebauförderung vorgesehen aus dem Programm Zukunft 2020.

Davon fließen in 2008 bereits 3,8 Mio. in die Dorferneuerung. Um den Abfinanzierungsstau zu beheben, stellen wir jeweils weitere 12,5 Mio. zur Verfügung. Weiter 10 Mio. gibt es nach der Entscheidung der CSU-Fraktion für die Dorferneuerung.

Für den Tourismus haben wir ein Sonderprogramm mit einem Darlehensvolumen von 300 Mio. aufgelegt.