Abgeordneter Rainer Volkmann SPD kommt ohne Sakko zum Redepult Wenn mein Kollege Prof

Ich darf in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf: Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Helga Rainer Volkmann u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes (Drs. 15/10606)

­ Erste Lesung ­

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Herr Kollege Volkmann steht schon bereit.

­ Bitte schön, Herr Kollege.

(Abgeordneter Rainer Volkmann (SPD) kommt ohne Sakko zum Redepult)

­ Wenn mein Kollege Prof. Dr. Gantzer hier wäre, Herr Kollege Volkmann, was würde er zu Ihnen sagen? ­ Kleiderordnung!

Rainer Volkmann (SPD): Ich weiß es schon, Frau Präsidentin. Aber ich war gerade bei einer Besuchergruppe und habe dort versehentlich mein Sakko hängen lassen.

Vor lauter Eile habe ich. Das muss jetzt aber nicht ins Protokoll.

(Allgemeine Heiterkeit)

Es ist mir wirklich unangenehm.

Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Seien Sie froh, dass ich hier nicht so streng bin.

Rainer Volkmann (SPD): Ich bin schon ein Sakko suchen gegangen, aber ich bin nicht fündig geworden. Keiner tritt sein Sakko ab. Ich gelobe für das nächste Mal wirklich Besserung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem bestimmt von allen Seiten des Hauses mit großer Freude zugestimmt werden wird, weil er ausgesprochen sinnvoll, zielführend und zweckmäßig ist. Es geht schlicht und einfach um Folgendes: Die Mehrheit dieses Hauses hat vor zwei Jahren in der Plenarsitzung vom 19. Juli 2006 das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz in Artikel 46 geändert. Es war ein sehr umfangreiches Gesetz zur Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes.

Aber diese eine Vorschrift, der Artikel 46, ist mehr als problematisch, wie sich bei der jetzigen Kommunalwahl herausgestellt hat. Ich finde, das sollten wir korrigieren.

Worum geht es? ­ Bei der Neufassung vor zwei Jahren wurde unter anderem folgende Regelung eingeführt:

Wenn bei einer Bürgermeisterwahl eine Stichwahl erforderlich ist und einer der beiden Kandidatinnen oder Kandidaten, die in die Stichwahl gekommen sind, auf betroffen sind, tätig zu werden. Geld kann hier nicht das alleinige Thema sein, denn die Verbraucherinnen und Verbraucher haben kein Verständnis dafür, dass nicht nur immer höhere Umsätze, sondern immer höhere Gewinne eingefahren werden, die an die Aktionäre ausbezahlt werden. Und trotzdem werden die Stromkosten immer mehr in die Höhe getrieben. Das Geld darf also beim Thema Erdverkabelung kein Thema sein.

(Beifall bei der SPD) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank.

Frau Kollegin Gote, ich frage Sie der Ordnung halber, ob Sie im Rahmen der Aussprache noch einmal das Wort wünschen. Ich gehe davon aus, dass Sie im Rahmen der Aussprache nicht mehr sprechen wollen. ­ Gut, sie ist in ein Gespräch vertieft. ­ Vielen Dank. Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? ­ Das ist der Fall. fortfahre, ist es mir eine Ehre, unsere Ehrengäste auf der Besuchertribüne begrüßen zu können. Wir haben Ehrengäste aus der Islamischen Republik Mauretanien.

Hier darf ich ganz besonders die Vorsitzende des Finanzausschusses der mauretanischen Nationalversammlung, Frau Mentata Mint Khlil Ould Heddeid, und ihre Delegation ganz, ganz herzlich willkommen heißen. Herzlich willkommen, Frau Vorsitzende.

(Allgemeiner Beifall) Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Delegation ist auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Deutschland unterwegs. Das Programm umfasste eine Reihe von Gesprächen in Berlin und, wie wir heute sehen können, auch in München. Es wird vor allen Dingen auf der Arbeitsebene gesprochen; es geht um Informations- und Erfahrungsaustausch.

Den Kolleginnen und Kollegen darf ich ferner mitteilen, dass der Delegation auch unsere ehemalige Landtagskollegin Frau Emma Kellner angehört. Sie betreut die Delegation und begleitet sie. Herzlich willkommen, liebe Frau Kellner!

(Allgemeiner Beifall) Ihnen allen wünsche ich noch einen angenehmen, nicht nur arbeitsreichen, sondern auch erlebnisreichen Aufenthalt in München.

Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode8976 Plenarprotokoll 15/123 v. 28.05. mehr oder weniger begeistert zustimmen werden. ­ Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Die Redezeit beträgt wiederum fünf Minuten pro Fraktion. Ich darf Herrn Kollegen Dr. Weiß das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Dr. Manfred Weiß (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Volkmann hat richtig geschildert, dass wir mit der Gesetzesänderung nicht den Erfolg erreicht haben, den wir uns erhofft haben.

(Rainer Volkmann (SPD): Das kann passieren!)

Die Hoffnung war damals, wenn man die Möglichkeit einräumt, vor der Stichwahl zurückzutreten, dass sich dann diese Stichwahl erledigt. In Wirklichkeit ist es anders gekommen, nämlich so, dass das Ganze manchmal zum politischen Kampfinstrument geworden ist, dass jemand, der in die Stichwahl kommt, vor der Stichwahl zurücktritt und dass dann ganz neu gewählt wird. Theoretisch könnte dann wieder jemand in die Stichwahl kommen und zurücktreten, sodass es auf die Dauer Schwierigkeiten gibt. Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir dieses Problem lösen müssen.

Ich glaube aber auch, wenn wir den ursprünglichen Zustand wiederherstellen würden, wie Sie es jetzt anstreben, dann würde das bedeuten, dass das, was wir an sich lösen wollten, wieder nicht gelöst ist. Da würde dann jemand in die Stichwahl gezwungen und möglicherweise nach der Stichwahl zurücktreten. Es gibt beispielsweise den Fall, dass jemand nicht mehr will.

Ich habe mir auch überlegt, was für Möglichkeiten es gibt. Wir könnten sagen, wenn jemand vor der Stichwahl zurücktritt, dass dann die zwei weiteren Bewerber

­ wenn es zwei weitere gibt ­ die Stichwahl miteinander ausmachen. Oder: Wenn nur noch ein Bewerber da ist, könnte der möglicherweise schon gewählt sein. Ich könnte mir auch vorstellen, dass dann, wenn eine Wiederholungswahl stattfindet, die Regelung, die wir jetzt haben, dass neue Vorschläge gemacht werden können, nicht gilt, wobei dann natürlich eine Partei bei der Wahl ausgeschlossen wäre. Kurzum: Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir dieses Problem lösen könnten, wobei ich glaube, wenn wir den Zustand von vor zwei Jahren wiederherstellen, wie es die SPD anstrebt, dann kommen wir auch nicht weiter.

Ich bin der Meinung, die Sache ist zu ernst, um ein parteipolitisches Scharmützel zu veranstalten. Wir haben bisher immer die Übung gehabt, dass dann, wenn die Kommunalwahlen vorbei sind, das Innenministerium auswertet: Wo gab es Probleme, welche Regeln haben die Stichwahl verzichtet, muss ­ das ist die absurde Regelung ­ die gesamte Wahl wiederholt werden, und zwar innerhalb von drei Monaten. Das ist jetzt mehrfach in Bayern geschehen, zum Beispiel in Burgkirchen an der Alz im Landkreis Altötting, einer Gemeinde mit 11 000 Einwohnern. Burgkirchen hat zumindest jetzt mal für sechs Wochen keinen Ersten Bürgermeister, weil erst am 8. Juni neu gewählt werden kann, denn die gesamte Wahl muss wiederholt werden. Der Kandidat an zweiter Stelle hat gesagt: Ich kandidiere jetzt nicht mehr. Aus welchen Gründen er das getan hat, ist jetzt völlig uninteressant. Die ganze Wahl muss daher wiederholt werden.

Ich darf Sie darauf hinweisen ­ ich mache das natürlich wahnsinnig ungern, aber ich tue es trotzdem ­, dass meine Fraktionskollegin Helga Schmitt-Bussinger schon in der Ersten Lesung der Beratung zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz im Jahr 2006 darauf hingewiesen hat, dass die Regelung, nämlich die Pflicht zur Wahlwiederholung, falls einer der Stichwahlkandidaten auf die Wahl verzichtet, völlig unsinnig ist. Sie hat übrigens auch bei der Beratung im Kommunalausschuss darauf hingewiesen. In beiden Fällen wurde dieses Argument vonseiten der CSU überhaupt nicht beantwortet. Sie, Herr Kollege Weiß, waren damals im Kommunalausschuss der Berichterstatter. In der Zweiten Lesung hat meine Kollegin Helga Schmitt-Bussinger erneut darauf hingewiesen, und der damalige Innenminister und nunmehrige Ministerpräsident hat das etwas lässig zur Kenntnis genommen und gesagt: Ich möchte nicht übermäßig polemisieren, aber manche Leute sind bereits froh, wenn sie in eine Stichwahl kommen. Für diese Leute ist das der Erfolg ihres Lebens. Wir dagegen meinen, dass es nicht sinnvoll ist, so jemanden in die Stichwahl zu zwingen, wenn er dann die Wahl nicht annehmen will. ­ Ich frage Sie schlicht und einfach: Glauben Sie denn allen Ernstes, dass jemand, der für den Posten des Bürgermeisters kandidiert, egal, ob in einer kleinen oder in einer großen Gemeinde, hinterher die Wahl nicht annimmt? ­

Diese Annahme ist schlicht und einfach weltfremd, meine Damen und Herren. Wir machen Ihnen daraus gar keinen besonderen Vorwurf; wir tun das auch nicht lange. Wenn wir Ihnen einen Vorwurf daraus machen, dann nur noch bis Ende September, und dann nicht mehr. Ich denke aber, wir sollten das regulieren und ausbessern. Wir sollten das jetzt tun.

Ich weiß, dass die nächste Kommunalwahl erst 2014 ist.

Aber wir haben eine Reihe von Fällen in Bayern, in denen jetzt auch Bürgermeister gewählt werden. Wenn Sie es bei der jetzigen Regelung belassen würden, würde das bedeuten, dass wieder solche Fälle auftreten können, in denen nach einer Stichwahl völlig unsinnigerweise die ganze Wahl wiederholt werden muss, weil einer der beiden Kandidaten sagt: Jetzt mog i nimmer. Das ist nur eine Kleinigkeit. Wir sollten daher den Zustand, wie er bis 2006 bestanden hat, wiederherstellen. Ich bitte um Ihre Zustimmung. Ich bin ungewöhnlich optimistisch, dass die Bayerische Staatsregierung und die Mehrheit dieses Hohen Hauses dem vorliegenden Antrag

Wir wollen, dass die bestehende Regelung abgeschafft wird. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger nur wählen müssen zwischen Kandidatinnen und Kandidaten, von denen sie sicher sein können, dass sie im Fall einer Wahl oder im Fall dessen, dass sie in die Stichwahl kommen, tatsächlich die Wahl annehmen und ihre Kandidatur zu Ende führen. Deswegen begrüßen wir eine Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Zur Aussprache noch einmal Herr Kollege Volkmann.

Rainer Volkmann (SPD): Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Weiß, ich finde es wirklich originell, wie Sie das wieder gemacht haben. Sie haben wörtlich gesagt, ich gebe Ihnen recht, und dann kommt unausgesprochen: Aber wir stimmen Ihnen natürlich nicht zu. Wir sind es schon gewohnt, dass Sie unseren Anträgen nicht zustimmen und ihnen dann zu einem späteren Zeitpunkt doch zustimmen, indem Sie den Antrag selbst einbringen. Diesmal kündigen Sie das sogar ausdrücklich an.

(Unruhe bei der CSU)

­ Das hat irgendwo sogar Stil und Charme; wir haben uns auch schon daran gewöhnt, dass das so ist. Aber ich sage Ihnen mit aller Ernsthaftigkeit: Sie haben recht, natürlich muss man die ganzen Erfahrungen der letzten Kommunalwahl im Rahmen einer Überprüfung verwerten

­ das wird Ihr Ministerium natürlich machen, Herr Herrmann, das ist keine Frage ­, aber in der Frage, um die es hier geht, läuft man Gefahr, dass bei jeder in den nächsten Monaten oder im nächsten halben Jahr anstehenden Bürgermeisterwahl ­ diese Wahlen können auch außerhalb der gewöhnlichen Termine stattfinden; zum Beispiel ist der Oberbürgermeister von Freising noch nicht gewählt worden und wird außerhalb der Zeit gewählt ­ das, was in Burgkirchen an der Alz, aber auch in anderen Gemeinden in Bayern passiert ist, wieder geschieht.

Ich denke, das ist peinlich, das muss wirklich nicht sein, und ich mache Ihnen den großherzigen Vorschlag, dass Sie ganz schlicht und ergreifend unserem Antrag zustimmen. Sie geben sich aufseiten der CSU auch keine Blöße, wenn Sie das einmal tun. Wir vermeiden damit nur die Situation, dass eine Wahlwiederholung in der Form stattfindet, wie es hier der Fall war.

Lassen Sie mich noch einen Satz dazusagen: Ich möchte die Kommunalpolitiker von Burgkirchen an der Alz loben, die es folgendermaßen gemacht haben: Nachdem

­ erfreulicherweise ­ der SPD-Kandidat die meisten Stimmen hatte, haben die anderen Parteien für die Wahlwiederholung auf die Nominierung eines eigenen Kandidaten verzichtet ­ aus Gründen der Fairness vielleicht, sich bewährt und welche haben sich nicht bewährt. Wir bereiten im Moment einen Antrag an die Staatsregierung vor, dass bei uns im Innenausschuss im Herbst berichtet werden soll, was hat sich bei diesen Kommunalwahlen als problematisch herausgestellt hat und wo wir etwas ändern können. Wir sollten dann gemeinsam im Ausschuss darüber beraten, wie wir nicht nur dieses Problem, sondern vielleicht auch das eine oder andere Problem, das sich hier aufdrängt, lösen können.

Kurzum, Herr Kollege: Ich gebe Ihnen recht, dass wir die gegenwärtige Rechtslage ändern sollten, halte allerdings Ihren Weg nicht für den richtigen. Ich würde vorschlagen, wir könnten den Antrag auch ein bisschen langsamer beraten, sodass wir die ganze Sache im Herbst mit neuer Kraft angehen können. Ich glaube, wir sollten uns schon auf die Erfahrungen, die das Innenministerium dann aufgrund der Berichte der Kommunen gesammelt hat, stützen. Wir sollten gemeinsam beraten und eine Lösung finden, die wir vielleicht sogar gemeinsam aus voller Überzeugung vertreten können.

(Beifall bei der CSU) Erste Vizepräsidentin Barbara Stamm: Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm. Bitte schön, Frau Kollegin.

Christine Kamm (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Weiß, ich habe Ihre Ausführungen so verstanden, dass die bestehende Regelung einer Änderung zugeführt werden soll und dass Sie vorschlagen, man sollte ein bisschen langsamer beraten. Angesichts der Gesetzesflut, die derzeit aus dem Innenministerium kommt, denke ich, wäre das auch im Hinblick auf andere Gesetze ­ Stichwort: Versammlungsrecht ­ sinnvoll. Ich finde, wir sollten darüber nachdenken, wie wir wirklich gute Regelungen finden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Derzeit ist die Situation im Gemeinde- und Landkreiswahlrecht so, dass es ein Recht auf Rücktritt von der Stichwahl gibt, und als Begründung für dieses Rücktrittsrecht wird ­ meiner Meinung nach nicht ganz stichhaltig und eher fadenscheinig ­ ausgeführt, dass dieses der Vermeidung unnötiger Stichwahlen dienen soll, weil etwa der rücktrittswillige Stichwahlbewerber im Falle seiner Wahl vielleicht die Wahl gar nicht annehmen könnte.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich denke, die jetzige Regelung ermöglicht Rücktrittsspielchen und taktische Kandidaturen, und das ist genau das, was wir nicht wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)