Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN Ich verstehe um alles in der Welt nicht warum Sie so dichtmachen

Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode9554 Plenarprotokoll 15/130 v. 17.07.

Arbeitslebens, wenn sie eine Rente bekommen, ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Das ist eine Schweinerei, verdammt noch mal!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich verstehe um alles in der Welt nicht, warum Sie so dichtmachen. Sie treten niemandem auf die Füße. Sie nehmen niemandem etwas weg. Den Freistaat kostet es nicht einen einzigen Euro, das zu machen.

(Engelbert Kupka (CSU): Warum haben Sie dann keinen Antrag gestellt?)

Warum machen Sie das nicht endlich? Sie brauchen nur diese Verordnung zu erlassen, so wie es Hamburg auch gemacht hat. Dann hätte die Stadt ein Instrument in der Hand, um all diesen Dingen zu begegnen.

(Zurufe von der CSU)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben diesen Antrag bewusst nicht gestellt, weil Frau Gschwendtner damals darum gebeten hatte. Das hat Herr Obermeier richtig dargestellt. Aber ich muss Ihnen auch sagen: Wie Sie diese Petition, die nicht nur die Petition der Frau Gschwendtner, sondern die Petition des Mieterbeirats und damit eine Vertretung der Münchner Mieterschaft ist, seit zwei Jahren auf die Rolle schieben und wie Sie sich jetzt kurz vor Ende dieser Legislaturperiode hinstellen und sagen: Jetzt machen wir etwas anderes ­ man hat am 22. Januar ein Gespräch gehabt, das Herr Obermeier mächtig lobt; er tut so, als ob sich alle darüber einig wären, dass man da nichts machen kann ­, ist ein Schmarren. Herrgottsakrament noch einmal! Das ist doch wirklich zum auswachsen! Machen Sie jetzt endlich diese Verordnung!

Ich weiß schon, wie Sie abstimmen werden. Herr Obermeier hat es schon gesagt. Ich sage es in Richtung Staatsregierung, damit das ganz klar ist.

Ich sage nochmals in Richtung der Staatsregierung; nachdem der Ministerpräsident nicht da ist ­ seit zehn Jahren bin ich gewohnt, dass Ministerpräsidenten eigentlich immer nur dann da sind, wenn Sie eine Regierungserklärung abgeben, aber das nur am Rande, (Beifall bei der SPD) obwohl sie nach § 4 der Geschäftsordnung als Abgeordnete wie wir auch Sitzungspflicht haben ­, sage ich es der stellvertretenden Ministerpräsidentin: Selbst wenn dieser Landtag heute so beschließt, wie das die CSU den Mietern in München erneut angedroht hat, sind Sie als Staatsregierung frei, noch in den nächsten Wochen und Monaten eine solche Verordnung zu erlassen. Ich empfehle Ihnen, das noch vor der Wahl zu machen, weil Sie damit punkten würden. Ich bin eigentlich dumm, dass ich Ihnen einen so guten Rat gebe. Es ist aber wirklich ein guter Rat, das noch vor der Wahl zu machen. Ich bitte Sie dringend darum. Sie haben es zehn Jahre unterlassen. tuation deutlich verbessern, wir könnten das Problem deutlich minimieren, und wir könnten vor allen Dingen die widerwärtigsten Fälle von Wohnungsspekulation, die es hier gibt, unterbinden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass Sie das seit zehn Jahren nicht machen, ist wirklich ein Skandal. Seit zehn Jahren weigern Sie sich gewissermaßen, den Mietern in dieser Stadt diesen Schutz zu geben. Es ist ohnehin nur ein Teil. Es betrifft nur den Bereich, in dem Erhaltungssatzungen erlassen worden sind. 170 000 Menschen sind in dieser Stadt hiervon betroffen.

Ich möchte Ihnen einmal ganz kurz schildern, wie das abläuft. Das war auch Anlass für die Petentin, Frau Gschwendtner. Ich weise am Rande darauf hin: Das ist die Vorsitzende des Mieterbeirats, einer Institution, die von der Stadt München, vom Stadtrat, berufen worden ist und im Rathaus tagt.

Die Vorsitzende war Mieterin im Wilhelm-Hertz-Block. Sie kennen ihn, wenn Sie nach Norden zur Autobahn nach Nürnberg fahren. Der ganze Block ist gekauft worden.

Dann geschieht Folgendes: Zunächst erfolgt eine Modernisierungsankündigung, die erheblich ist, dann wird die Miete um 11 % gesteigert. Dann kommt auf die Miete noch einmal eine Erhöhung von 20 %, die laut Gesetz zulässig ist, und dann wird gleichzeitig Baulärm in erheblicher Intensität betrieben, Wohnungen werden umgebaut.

Die Leute werden wirklich herausgegrault. Warum geschieht das? Das geschieht aus einem Grund: Eine leere Wohnung ist viel leichter verkäuflich, und sie ist spürbar teurer als eine vermietete. Das heißt: Der Mieter muss, wenn es nur irgend geht, herausgedrängt werden.

Dieser Art von Spekulation, die ein seriöser Vermieter niemals betreiben würde ­ ich betone ausdrücklich: die meisten Vermieter in München sind seriös ­, leisten Sie Vorschub, wenn Sie sich weigern, diese Verordnung zu erlassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist ja zum Wahnsinnigwerden! Ich sage Ihnen nur:

Die genossenschaftliche Immobilienagentur GIMA hat dankenswerterweise ein paar Fälle zusammengestellt:

In der Lothringer Straße 16 ­ das ist hier in der Nähe ­ gab es 16 Wohneinheiten. Bei Beginn der Sanierungsarbeiten waren nur noch vier belegt, weil die Leute bereits vertrieben worden waren. Sedanstraße 28: 15 Wohneinheiten, eine war noch bewohnt. In der Ligsalzstraße 20 und 22 war von 18 Wohneinheiten überhaupt keine mehr bewohnt.

Das ist die Situation, die in München zu verzeichnen ist.

Ich rege mich sonst nie auf, aber das regt mich deshalb so auf, ja es empört mich, weil diese Art von Spekulation dazu führt, dass sich Menschen, die ein Leben lang in dieser Stadt gelebt und gearbeitet haben, am Ende ihres mend von allen bisherigen Rednern zu diesem Thema beschrieben worden sind, nicht in einem Erhaltungssatzungsgebiet stattfinden? Da greift das Instrument nicht.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Aber es wäre schon ein Anfang!)

Was machen Sie dann mit einer Konstruktion, mit einer Landesverordnung, (Joachim Wahnschaffe (SPD): Wir gründen einen Arbeitskreis!) wenn Sie in unterschiedlichen Kommunen völlig verschiedene Ausgangslagen haben? Da greift das nicht.

Deswegen ist es zu kurz gegriffen, meine sehr geehrten Damen und Herren, zu sagen: Alles ist gelöst, wenn wir aufgrund § 172 Satz 4 Baugesetzbuch eine Verordnung erlassen. Im Übrigen ist folgendes schon interessant, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Stadtverwaltung Münchens ist in diesen Gesprächsrunden ­ die letzte hat Ende Mai stattgefunden ­ von uns gefragt worden, ob sie denn schon konzeptionelle Überlegungen darüber hätte, wie diese Verordnung auszusehen habe. Das ist mitnichten der Fall; denn die Stadt München ist natürlich auch daran interessiert. Mitnichten ist das der Fall. Zeigt das nicht auch die Komplexität? Wir setzen dem deshalb ein Gesamtkonzept zum Milieuschutz entgegen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Am Sankt-Nimmerleins-Tag! ­ Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wann?) das mindestens drei Pfeiler, drei Säulen umfasst. Der erste Punkt ist die Prüfung, (Maria Scharfenberg (GRÜNE): Prüfung ist immer gut!) wie das über einen Genehmigungsvorbehalt in Erhaltungssatzungsgebieten gelingen kann, wo aber die Kommune selbst darüber entscheiden kann, ob sie von diesem Recht Gebrauch macht. Rechtlich muss geprüft werden, wie ein Genehmigungsvorbehalt für ihre Belange am besten einzuführen ist.

Zweiter Punkt ­ ich glaube, darüber ist der geringste Streit vorhanden ­ ist die Frage, was geschieht, wenn Umwandlungen erfolgt sind. Beispielsweise geht es auch um Unternehmen ­ ich nenne hier die Namen nicht ­, die im Münchner Norden größere Siedlungen gekauft haben und diese dann umwandeln. Die Landeshauptstadt München hat sich sehr um eine Kooperation mit jenen bemüht, die jetzt diese Wohnungen umwandeln. Über den Einstieg von Genossenschaften können diese Umwandlungen in Richtung einer breiten Mieterbeteiligung erfolgen. Das ist ein Instrument im Rahmen der Förderung, das sehr wohl außerhalb der Erhaltungssatzungsgebiete wirken kann, aber auch innerhalb.

Zum Dritten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es notwendig, Instrumente der Wohnungsbauförderung Machen Sie es jetzt, bevor die letzte Wohnung in München an Immobilienhaie verscheuert worden ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN) Präsident Alois Glück: Nächster Redner: Herr Kollege Unterländer.

(Zuruf von den GRÜNEN: Jetzt machen wir auf sozial!) Joachim Unterländer (CSU): Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das einzig Neue, was ich an Argumenten gehört habe, war, dass Herr Volkmann gesagt hat, er rege sich nie auf. Das hat nicht den Diskussionsverläufen in der Vergangenheit im Hohen Hause entsprochen. Das sei aber Ihr gutes Recht.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Verdrängung und die Strukturveränderungen gewachsener Milieus innerhalb der Großstadt München durch das Aufteilen und durch das Leerstehen von Wohnungen und durch die mit der Aufteilung verbundene Umwandlung führt in der Tat zu explosionsartigen Steigerungen der Wohnungskosten. In der Tat sind damit also ein Leerstand und damit verbundene Strukturveränderungen zu verzeichnen.

(Zuruf von der SPD: Und was tun Sie?)

Diese Veränderung des Milieus kann sowohl stadtentwicklungspolitisch als auch unter den Gesichtspunkten des Mieterschutzes nicht gewünscht sein. Es geht um Alteingesessene, um dort lange wohnende Münchner Mieterinnen und Mieter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen haben wir uns auf den Weg gemacht, einen Dialog zu starten.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie lange noch?)

­ Hören Sie halt einmal zu und reden Sie nicht immer, bevor Sie denken. Auf der Grundlage der Petition der ehemaligen Vorsitzenden des Mieterbeirats der Landeshauptstadt München, Frau Renate Gschwendtner, soll über Wege und Möglichkeiten gesprochen werden, wie dieser Milieuschutz sicherzustellen ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie lange noch?) Sie stellen sich bei dieser Fragestellung ausschließlich auf Erhaltungssatzungsgebiete ein. Das ist aus meiner Sicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu kurz gesprungen. Ich persönlich bin der Meinung, dass das ein Baustein eines umfassenden Milieuschutzes sein kann, wenn es vernünftig konstruiert ist.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dann bauen Sie doch einmal!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was machen Sie aber, wenn diese Entwicklungen, die Landtag · 15. Wahlperiode9556 Plenarprotokoll 15/130 v. 17.07. erledigt hat, die Mieter aus der Stadt herausgedrängt wurden und nur noch die geldigen Eigentumswohnungsbesitzer eine Bleibe finden können. Deswegen hätten Sie längst schon handeln müssen. Die Zeit des Prüfens und Überlegens ist endgültig vorbei.

Diese Verordnung wird natürlich, das habe ich doch gesagt, mitnichten alle Probleme lösen. Aber sie wäre schon mal ein Anfang, ein wichtiger, ein guter Anfang.

Machen Sie heute diesen Anfang, und dann können wir weiterschauen, welche Instrumente wir noch haben, um den Mieterinnen und Mietern in München zu helfen.

(Beifall bei den GRÜNEN) Präsident Alois Glück: Nächster Redner: Herr Kollege Volkmann.

Rainer Volkmann (SPD): Meine Damen und Herren, ich möchte noch ganz kurz auf Herrn Unterländer eingehen, der dankenswerterweise ausdrücklich gesagt hat, dass wir in München die Situation solcher Umwandlungsfälle mit explosionsartig steigenden Mieterhöhungen haben.

Ich sage nochmals: Das führt zur Vertreibung von Menschen. Jeder, der das nicht will, hat heute die Möglichkeit, darüber zu entscheiden.

Herr Unterländer, was ich überhaupt nicht verstehe und was sonst auch kein Mensch versteht: Sie sagen, wir machen das jetzt deshalb nicht, weil das nur in Erhaltungssatzungsgebieten gilt, aber nicht außerhalb. ­ Dazu sage ich Ihnen zwei Dinge: Natürlich ist es in Erhaltungssatzungsgebieten am notwendigsten. Erhaltungssatzungsgebiete werden, wie Sie wissen, nur dort erlassen, wo ein Milieuschutz möglich ist. Denn der Paragraph 172 des Baugesetzbuchs stellt auf den Milieuschutz ab. Das ist ungefähr so, wie wenn sie 20 Ertrinkende haben und sagen: Die fünf rette ich jetzt nicht, die fünf lasse ich jetzt auch noch absaufen. Das ist doch widersinnig bis dorthinaus.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe die dringende Bitte: Stimmen Sie für diese Petition! Beschließen Sie, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Das ist mein Antrag, den ich in diesem Bereich stelle. Es gibt nichts Vernünftigeres, als eine solche Verordnung auf den Weg zu bringen. Sehr geehrter Herr Unterländer, die Stadt muss diese Verordnung nicht erlassen, das muss der Freistaat tun.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie ihm das Instrument an die Hand geben, dann hat die Stadt die Möglichkeit, in den Erhaltungssatzungsgebieten solche Genehmigungen auszusprechen oder eben nicht auszusprechen.

Den Bedenkenträgern Ihrer Fraktion, auch wenn sie nicht zuhören ­ die allermeisten hören nicht zu ­ sage ich Folgendes: Ich weiß, dass es nicht nur ein konservatives, anzusetzen. Das Projekt Soziale Stadt kann diese Ziele zwar nicht über Veränderungssperren, aber über ähnliche Instrumente sehr wohl erreichen. Dann haben wir aber für den Ballungsraum München flächendeckend für die wohnungspolitischen Brennpunkte einen Milieuschutz.

Deswegen ist aus unserer Sicht der im von der CSUFraktion eingebrachten Antrag vorgesehene Weg, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, der richtige Ansatz. Damit verbunden ist, die Eingabe von Frau Gschwendtner weiterhin in die Beratungen einzubeziehen. Das ist keine Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern der wirksamere Schutz der Mieter ohne falsche Instrumente.

Ich bitte deshalb um Zustimmung zum CSU-Antrag.

(Beifall bei der CSU ­ Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Machen Sie halt einen Vorschlag!) Präsident Alois Glück: Das Wort hat nochmals Frau Kollegin Bause.

Margarete Bause (GRÜNE): Kolleginnen und Kollegen!

Herr Obermeier, Ihre billige Polemik fällt auf Sie selbst zurück. Mich trifft es nicht, (Beifall bei den GRÜNEN) aber es zeigt den Betroffenen, welche Bedeutung Sie ihrem Anliegen beimessen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau das ist es!) Sie sagen, unser Vorgehen würde den Interessen der Petentin zuwiderlaufen. Das ist wirklich absolut lächerlich.

Die Petentin hat seit Jahren Gespräche geführt, verhandelt, Sie informiert, worum es geht. Sie hat gesagt: Die meisten wissen ja gar nicht, wie dramatisch die Situation auf dem Münchener Mietwohnungsmarkt ist. Sie hat Aufklärungsarbeit betrieben. Sie war bei Gesprächskreisen und in Runden dabei, bei denen man nach einer besseren Lösung gesucht hat. Sie hat wirklich, sehr, sehr viel Zeit investiert. Sie wurde aber immer wieder vertröstet; das Thema wurde immer wieder vertagt, es wurde immer wieder verschoben. Nach zwei Jahren hat sie gesagt: Jetzt muss endlich eine Entscheidung her. Genau darüber habe ich mit ihr gesprochen.

Deswegen haben wir jetzt diesen Antrag gestellt: weil es nicht angehen kann, dass Sie immer wieder sagen: Wir müssen erst noch einmal prüfen. Gegen Ihren wunderbaren Antrag, Herr Unterländer, ist nichts zu sagen, aber Sie können doch nicht jahrelang prüfen, während in der Zwischenzeit eine Wohnung, ein Mietshaus nach dem anderen in München umgewandelt wird. Wo bleiben denn in der Zwischenzeit die Mieter?

(Beifall bei den GRÜNEN) Sie können doch nicht so lange überprüfen und überlegen und tun und machen, bis wir überhaupt keinen Milieuschutz mehr brauchen.