Subvention

Dort, wo die Bayerische Staatsregierung den Schutz der bayerischen Natur hätte stärken können - Stichwort Biodiversität in den Alpen -, hat sie - ich sage es noch einmal - kläglich versagt. Statt die Alpenkonvention und deren Protokolle - das ist ganz wichtig - in das Bayerische Naturschutzgesetz aufzunehmen, beschränkt sie den Alpenschutz auf einen lapidaren Satz, der zusammenfassend ausführt: Die bayerischen Alpen sind zu erhalten. Wie ernst die Bayerische Staatsregierung den Schutz der Alpen nimmt, zeigt sich im Wirtschaftsressort. Dort werden mit Steuergeldern Beschneiungsanlagen und Seilbahnen subventioniert, und man scheut sich nicht, Erweiterungen von Skigebieten über hoch sensible und geschützte Naturschutzgebiete ins Auge zu fassen.

Artikel 6 regelt den Wegebau im Alpengebiet und legt fest, dass wesentliche Änderungen von Straßen und Wegen, die keiner öffentlich-rechtlichen Gestattung bedürfen, mindestens drei Monate vorher den unteren Naturschutzbehörden anzuzeigen ist. Aus Sicht des Alpenschutzes wäre nach unserer Meinung die Genehmigung notwendig. Das wäre der richtige und konsequente Weg - nicht nur eine Anzeigepflicht.

Auch die Tatsache - Herr Kollege Wörner hat es schon ausgeführt -, dass man bei der Genehmigung ab zehn Hektar - das war bereits im alten Gesetz enthalten; man müsste endlich einmal schauen, weiter zu kommen - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen hat, während in europäischen Schutzgebieten bereits ab fünf Hektar eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben ist, ist in meinen Augen völlig unverständlich. Derartige Schutzgebiete sollten eigentlich, gerade im Alpenraum, eine absolute Tabuzone darstellen, wenn es um die Erschließung geht.

Als nächsten Punkt möchte ich den Schutz der Biodiversität vor genmanipulierten Organismen ansprechen, den auch das Bundesverfassungsgericht verlangt. Hier hätte man einen Meilenstein im Bayerischen Naturschutzgesetz errichten können. Sie sind aber einmal mehr wieder zu kurz gesprungen.

Sie haben gesagt, rund um die Natura-2000-Gebiete im Umkreis von 1.000 Meter wollen wir die entsprechenden Einschränkungen machen. Wir hingegen haben gefordert, in allen Schutzgebieten gemäß § 23 bis § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes die entsprechenden Einschränkungen festzuzurren. Hier wäre mehr möglich gewesen, und zwar auch EUrechtskompatibel. Sie aber sind hier halbherzig. Aus diesem Grunde beantragen wir zu unserem Änderungsantrag auf Drucksache 16/6492 eine namentliche Abstimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Stellenwert des Naturschutzes bei der Bayerischen Staatsregierung zeigt sich deutlich, wenn man betrachtet, wann das Einvernehmen zwischen Behörden erforderlich ist und wann das Benehmen genügt.

Juristen und Beamte kennen den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen sehr gut. Wenn es zum Beispiel darum geht, die europäischen Vogelschutzgebiete sowie die Gebietsabgrenzungen und die Erhaltung dieser Gebiete durch Rechtsverordnung festzulegen, ist das Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern sowie mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erforderlich. Wenn es also um Schutzgebiete geht, muss der Naturschutz das Einvernehmen mit der Eingriffsverwaltung herstellen. Geht es anders herum um Eingriffe in Natura-2000-Gebiete - siehe Artikel 22 -, so erfolgt die Verträglichkeitsprüfung durch die verfahrensführende Behörde nur im Benehmen mit der Naturschutzbehörde. Das zeigt den Stellenwert, den Sie nach wie vor dem Naturschutz in Bayern zubilligen, dass er nämlich eine Stufe unter dem europarechtlichen Naturschutz steht.

Ich möchte noch etwas zum Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile sagen, nämlich zur Pflege und Nutzung von Hecken, Feldgehölzen und Gebüschen.

Hierzu haben wir einen Dringlichkeitsantrag auf

Drucksache 16/6494 eingebracht, für den wir ebenfalls namentliche Abstimmung beantragen. Danach soll der Zeitpunkt für das Ende der Pflege vom 28. Februar auf den 15. Februar verlegt werden. Ich denke, dass die Bauhofmitarbeiter im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 15. Februar ihren Holzvorrat für den nächsten Winter zusammengesägt haben, sodass wir diese Verkürzung ohne weiteres beschließen können.

Wir sehen gerade, was passiert, wenn das Frühjahr so zeitig beginnt. Die Brutzeit beginnt in diesem Jahr nun einmal nicht am 1. März, sondern früher. Auch die Bienen fliegen bereits. Deshalb bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Seien Sie nicht so hartleibig. Zeigen Sie an dieser Stelle, dass Sie noch ein bisschen bewegungsfähig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir werden dem in den letzten Tagen vorgelegten SPD-Dringlichkeitsantrag zu den Auffangstationen zustimmen. Wir bitten auch um Zustimmung zu unseren 19 Änderungsanträgen. Sollte diese Zustimmung nicht erteilt werden, müssen wir zu dem Ergebnis kommen, dass der Entwurf des Bayerischen 16/67 v. 10.02.2011 Bayerischer Landtag - 16. Wahlperiode 5751 schutzgesetzes leider kein großer Wurf ist. Er schwächt das ohnehin nicht allzu gute alte Bundesnaturschutzgesetz an entscheidenden Stellen. Unter diesen Bedingungen bleibt für uns konsequenterweise nur die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei den GRÜNEN) Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Der nächste Redner ist Herr Kollege Tobias Thalhammer für die FDP. Tobias Thalhammer (FDP): Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf Antrag der FDP-Fraktion wurde zu diesem wichtigen und umfangreichen Gesetz eine Verbandsanhörung durchgeführt. Das unkommunikative Vorgehen, das damals beim Wassergesetz stattgefunden hat, sollte sich nicht wiederholen.

(Ludwig Wörner (SPD): Und das Ergebnis?)

Am 25. November hatten wir in diesem Saal dieses Hohen Hauses eine tolle Verbandsanhörung. Ich hätte mir gewünscht, dass ihr nicht nur die Fachsprecher der Umweltpolitik beigewohnt hätten. Dann hätten wir vielleicht noch mehr wertvolle und wichtige Anregungen und Argumente in das Bayerische Naturschutzgesetz übernehmen können.

Ein erstes konkretes Ergebnis aus der Verbandsanhörung war, dass die Alpenkonvention, dieser völkerrechtliche Vertrag zum Schutze unserer nachhaltigen Entwicklung, explizit in das Bayerische Naturschutzgesetz aufgenommen wurde. Dies unterstreicht die ökologische Bedeutung dieses hochsensiblen Themas und beweist, dass sich Bayern in ganz besonderer Weise für die Alpen verantwortlich zeigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Biotopschutz ist die Königsdisziplin im Naturschutz. Ein konkretes Ergebnis der Anhörung war, dass der Forderung des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern nachgekommen wurde, die Brut-, Nahrungs- und Aufzuchtbiotope für bedrohte Vogelarten besser zu schützen. Neben dem Großen Brachvogel, der Uferschnepfe, dem Rotschenkel oder dem Weißstorch erhalten nun auch der Kiebitz und das Braunkehlchen einen höheren Schutzstatus.

(Beifall bei der FDP)

Um die Redezeit voll auszunützen, müsste ich an dieser Stelle erwähnen, was in den vielen Gesprächen alles verhindert wurde, was auf Kosten der Natur gegangen wäre. Vielleicht sollte ich es explizit als Erfolg herausstellen, dass Bayern beim Naturschutz zumindest nicht zurückgefallen ist. Ich möchte mich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Verbandsanhörung ganz herzlich bedanken, beim Umweltministerium, beim Landtagsamt und - parteiübergreifend - bei allen Kolleginnen und Kollegen im Umweltausschuss. Explizit bedanke ich mich bei meinem Ansprechpartner für Umweltfragen in der CSU, Herrn Otto Hünnerkopf, der gemeinsam mit seiner Fraktionskollegin Christa Stewens die FDP-Fraktion beim Kampf um und der Suche nach einer vernünftigen Partnerschaft zwischen Ökologie und Ökonomie unterstützt hat. An diesem Leitsatz sollten sich alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause orientieren, auch wenn sie die Natur vor allem unter dem Blickwinkel der Ökonomie betrachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass die Landwirte in ihrer großen Mehrheit diesen Grundsatz stärker verinnerlicht haben und ihn deutlich mehr leben, als dies manch einer Ihrer Vertreter in diesem Hause meint. Naturschutz als Lippenbekenntnis reicht nicht aus. Die vernünftige Partnerschaft zwischen Ökonomie und Ökologie muss in die Köpfe. Sie muss beherzt verwirklicht und gelebt werden. Das ist eine zeitgemäße Politik. Ich glaube, dass dies die Bürgerinnen und Bürger in Bayern von uns heute erwarten.

Die FDP lädt Sie herzlich ein, mit ihr gemeinsam diesen Weg zu gehen. Mehr ist heute an dieser Stelle zu diesem Thema nicht zu sagen.

(Beifall bei der FDP) Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Müller für die Fraktion der Freien Wähler.

Ulrike Müller (FW): Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayerns Naturräume sind von bezaubernder Schönheit. Sie sind die Heimat von unzähligen Tieren und Pflanzen. Dass es diese Vielfalt zu bewahren gilt, darüber sind wir uns in diesem Hause fraktionsübergreifend sicher einig.

Herr Minister Dr. Söder hat von mir gefordert, dass ich ihn loben solle. Gut: Der vorliegende Gesetzestext greift viele wichtige Handlungsfelder auf. Herr Minister, ich persönlich kann mit der Regelung zum Grünlandumbruch leben. Recht viel mehr loben kann ich Sie nicht; denn viele Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger wurden leider nicht erfüllt.

In Bayern gibt es immer noch nahezu unberührte Rückzugsgebiete für die heimische Flora und Fauna.

Diese gilt es natürlich zu schützen und zu erhalten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll aber auch ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der zum ganz überwiegenden Teil auf Bayerns unbebauter Landes5752 Bayerischer Landtag - 16. Wahlperiode Plenarprotokoll 16/67 v. 10.02. fläche vorhandenen Kultur- und Erholungslandschaft geleistet werden. Kulturlandschaft bedeutet, dass die Landschaft über Generationen hinweg kultiviert wurde. Dadurch wurde sie in die von den Bürgern vollkommen zu Recht hochgeschätzte heutige Form gebracht.

Gerade diese kultivierte Landschaft bietet einen hohen Erholungswert. Ohne die immense Leistung unserer Vorgänger stünden wir in großen Teilen Bayerns sprichwörtlich im finsteren Tann. Man könnte es auch anders sagen: Der Herrgott hat uns mit unserem wunderschönen Bayernland einen wunderbaren Rohdiamanten geschenkt. Geschliffen und damit richtig zum Funkeln gebracht haben ihn aber in unermüdlicher Arbeit über Generationen hinweg unsere Bäuerinnen, Bauern und Waldbauern.

Diese Arbeit muss täglich bewältigt werden. Mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft muss diese Arbeit aber leider von immer weniger Menschen auf der gleichen Fläche bewältigt werden. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir Freien Wähler stehen natürlich voll und ganz zum Artikel 36 dieses Gesetzes, der sinngemäß besagt, dass Grundeigentümer und sonstige Berechtigte Beeinträchtigungen, die sich durch die Ziele des Naturschutzes und durch das freie Betretungsrecht ergeben, im Sinne des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung entschädigungslos zu dulden haben. Wir hätten uns aber schon ein wenig mehr Entgegenkommen angesichts der nicht immer einfachen Arbeit unserer Flächenbewirtschafter gewünscht.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wir haben diese Vorschläge im Rahmen von Änderungsanträgen eingereicht. Leider fanden diese Vorschläge keine Unterstützung bei den Regierungsparteien. Wir haben gefordert, Haftungsfragen für die Grundeigentümer klar zu regeln. Mit dem freien Betretungsrecht hätte aus unserer Sicht auch klar geregelt werden müssen, dass der Mensch, der vollkommen frei über diese Art des Naturgenusses entscheidet, das auf eigene Gefahr hin macht. Wer sich in Bayern in der freien Fläche bewegt, muss damit rechnen, dass freilaufende Nutztiere und ortsübliche Land- und Forstwirtschaft mit betroffen sind. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Die Medienlandschaft und die Mediennutzung haben sich geändert. Dies hat auch Auswirkungen auf die Art und Weise der Veranstaltungen, die jetzt in der Natur stattfinden. Ich nenne das Geocaching. Das sind neue Herausforderungen, die wir bewältigen müssen. Dem sollten wir Rechnung tragen. Es ist doch verrückt, einerseits im Jagdrecht den Wildtieren vollkommen berechtigte Ruhezeiten zuzubilligen, aber andererseits tatenlos zuzusehen, wie zu jeder Tagesund Nachtzeit satellitengestützte Schatzsucher-Aktionen in den letzten Winkel unserer Wildrückzugsgebiete organisiert werden.

(Beifall bei den Freien Wählern) Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Bäuerin in einer der schönsten Ecken unseres Heimatlandes, im Oberallgäu, weiß ich aus eigener Erfahrung, wovon ich rede. Wir Landbewirtschafter pflegen und erhalten unser Bayernland. Selbstverständlich wollen wir diese Schönheit und den Genuss der Natur mit unseren Mitmenschen teilen. Aber dort, wo der freie Umgang mit der von uns gepflegten Kulturlandschaft ausufert, wäre es mehr als angebracht, diesen rücksichtslosen Umgang klar als Ordnungswidrigkeit ins Gesetz aufzunehmen. Es ist sehr bedauerlich, dass alle von uns aufgezählten Punkte und unsere Änderungsanträge bei den Regierungsparteien nicht auf Gehör gestoßen sind. Aus diesem Grund bleibt uns nichts anderes übrig, als uns bei diesem Gesetzentwurf der Stimme zu enthalten.

(Alexander König (CSU): Das ist aber eine schwache Begründung!) Nein, Sie können von uns nicht erwarten, Herr Kollege König, dass wir einem solchen Gesetz in gleicher Weise zustimmen, wie wir es beim Wassergesetz getan haben, nachdem wir gute Gründe hatten, einige Änderungsanträge einzubringen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Freien Wählern) Dritter Vizepräsident Peter Meyer: Vielen Dank, Frau Kollegin. Jetzt äußert sich für die Staatsregierung Minister Söder. Bitte sehr.

Staatsminister Dr. Markus Söder (Umweltministerium): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den vorliegenden Gesetzentwurf im Wesentlichen deshalb, weil er als Grundlage ein neues Bundesnaturschutzgesetz hat.

Das war damals vom zuständigen Bundesumweltminister Gabriel auf den Weg gebracht worden.

Ich bin der festen Überzeugung und bleibe dabei, dass dieses Gesetz eine verlässliche und stabile Grundlage zur Weiterentwicklung der bayerischen Heimat ist. Natur ist in Bayern ein wesentlicher Bestandteil nicht nur unserer ökologischen, sondern auch unserer kulturellen Identität. Deshalb besorgt es uns alle hier im Hohen Hause, gemeinsam feststellen zu müssen, dass heute viele Arten bedroht sind. Das erörterten wir beispielsweise letzte Woche im 16/67 v. 10.02.2011 Bayerischer Landtag - 16.