Erbschaftssteuer

Stiftung Ann und Jürgen Wilde 2009 wurden den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit der Sammlung Wilde die wohl bedeutendste Privatsammlung zur Fotografie des frühen 20. Jahrhunderts übergeben, mit rund zehntausend Originalabzügen (Vintage Prints) und ebenso vielen Negativen, umfangreichen Archivalien zur Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts und eine mehrere tausend Bände zählende Fachbibliothek.3 Bei welchen privaten Sammlungen in welchen Museen wurden nicht lange Leihzeiten bzw. ein ständiger Verbleib vereinbart? Wann laufen diese Verträge jeweils aus?

In der Regel werden private Sammlungen nur unter der Voraussetzung aufgenommen, dass sie langfristig zur Verfügung gestellt werden.

Archäologische Staatssammlung:

Die Münzsammlung Flesche wurde bis zum Ende der geplanten Münzausstellung Ende 2011 als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Bayerisches Nationalmuseum: Sammlung Hauger, nur 10 Jahre; 2009 Rückgabe, Sammlung Pasold, Kündigungsfrist 6 Monate.

Staatliche Münzsammlung München:

Für die Dauerleihgabe der Sammlung Leifeld wurde kein fester Zeitraum vereinbart.

Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek:

Es bestehen langfristige Leihgaben aus den Sammlungen Schwarzenberg und Bünemann. Der Vertrag mit der Sammlung Schwarzenberg ist mit zwölfmonatiger Frist kündbar; im Vertrag mit der Sammlung Bünemann ist keine Kündigung vorgesehen.

Der scharfe Wettbewerb um öffentliche und private Mittel, der insbesondere zur Erringung öffentlicher Aufmerksamkeit durch große Ausstellungen und Events geführt wird, gefährdet nach Auffassung der Enquete-Kommission des Bundestags den originären Auftrag der Museen: das Sammeln, Bewahren und Forschen. Wie will die Staatsregierung dieser Gefahr begegnen?

Ausstellungen, die ihren Fokus ausschließlich auf eine Maximierung der Besucherzahl richten, tragen letztendlich dazu bei, den eigentliche Auftrag der Museen zu überlagern, der eben nicht im Eventcharakter ohne tieferen wissenschaftlichen Anspruch liegt. Das Hauptaugenmerk der staatlichen Museen und Sammlungen liegt auf wissenschaftlich fundierten, hochwertigen Ausstellungen, deren Erfolg nicht ausschließlich an Besucherzahlen gemessen werden kann.

Wird der Freistaat seine Zuwendungen erhöhen, sollten angesichts der Rezession in den nächsten Jahren die privaten Gelder geringer fließen?

Die Dotierung der im Haushaltsplan des Freistaats Bayern enthaltenen Ansätze für die staatlichen Museen und Sammlungen über den Doppelhaushalt 2009/2010 hinaus bleibt künftigen Haushaltsverhandlungen sowie dem Landtag als Haushaltsgesetzgeber (Art. 70 Abs. 2, Art. 78 BV) vorbehalten (vgl. Antwort zu Frage 1.5).

Bei welchen Forderungen privater Geldgeber sieht die Staatsregierung eine Grenze, bei deren Überschreitung sie die Mittel nicht annehmen würde, bzw. in welchen Fällen wurde warum eine Beteiligung Privater abgelehnt?

Mittel privater Geldgeber würden dann abgelehnt werden, wenn sie aus rechtlich fragwürdigen Quellen kämen oder mit ihrer Bereitstellung illegale oder inakzeptable Erwartungen verbunden wären.

Ist zumindest in Fällen von Kooperationen mit größeren und bedeutenden privaten Leihgaben und Sammlungen vertraglich abgesichert worden, dass kurzfristige Zurücknahmen der Objekte ausgeschlossen sind?

Um eine kurzfristige Rücknahme von privaten Leihgaben auszuschließen, wurde in einigen Fällen vereinbart, dass der Vertrag nur aus wichtigem Grund, d.h. außerordentlich, gekündigt werden kann und insbesondere das jederzeitige Rückforderungsrecht aus § 604 Abs. 3 BGB abbedungen wird. In anderen Fällen wurde ein erstmaliges ordentliches Kündigungsrecht an eine bestimmte Mindestlaufzeit (10 oder 15 Jahre) geknüpft. Beispiele für die genannten Fälle sind die Sammlung Stoffel, die Siemens Fotosammlung sowie die über die Museumsstiftung vertretenen Stiftungen Kurt Schäfer, Johanna Stricker und Kester-Häusler.

11.10 Sieht die Staatsregierung in wie dem von der Stadt Düsseldorf und E.ON gemeinsam getragenen ein Vorbild, das auch auf Bayern übertragen werden könnte?

Die Entwicklung der angesprochenen ÖPP zwischen der Stadt Düsseldorf und E.ON lässt einmal mehr deutlich werden, dass derartige Modelle mit der Neutralität des staatlichen Kulturauftrags unvereinbar sind. Zur Verdeutlichung darf auf den am 15. April 2009 im artnet-Magazin erschienen Artikel von Gerrit Gohlke verwiesen werden, der im Folgenden auszugsweise wiedergegeben wird: PRIVATE-PUBLIC ROSENKRIEG [...] Der Energiekonzern E.ON könne durch sein Kulturengagement zeigen, was er unter Verantwortung in der Gesellschaft verstehe. Deshalb fördere das Unternehmen die Kunst dort, wo es zu Hause sei. An seinen Hauptstandorten entwickelten sich enge und zuverlässige Partnerschaften mit Museen, die weit über das reine Sponsoring hinausgehen. In unserem Engagement steckt die klare Botschaft: E.ON ist ein zuverlässiger, fairer Partner, mit dem man große Projekte gestalten kann. [...] Auch in Düsseldorf hatte man [E.ON-Chef] Bernotats Standortbekenntnis mit erleichtertem Interesse vernommen, hatte das museum kunst palast doch gerade erst mit Mühe einen Hauskrach mit seinem Sponsor E.ON ausgestanden. Zeitungsberichte kolportierten massive Einflussversuche des Konzerns auf das laufende Ausstellungsprogramm. Der ehemalige Direktor des Museums, Jean-Hubert Martin, erzählte in einem Zeitungsgespräch gar, der Sponsor habe ganze 72 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/4132 gen verhindert und das Programm als Marketing-Plattform für die Anbahnung von Geschäften nutzen wollen. Vorausgegangen war diesem Streit eine euphorisch gelobte Zusammenarbeit zwischen Sponsor und Institution, die in Deutschland einmalig war. Mit dem nordrhein-westfälischen Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff als Regisseur war es 1998 zu einem handfesten Kuhhandel gekommen. Das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Düsseldorf und der Energieriese gründeten eine Stiftung mit 32 Millionen Mark der öffentlichen Hand als Kapital. Die Stiftung wurde außerdem Eigentümer des Museumsgrundstücks und einer Nachbarliegenschaft, auf die E.ON seit langem ein Auge geworfen hatte. Heute steht auf diesem Grundstück die Konzernzentrale des Unternehmens, das der Stiftung für dieses Filetstück immerhin noch einmal 32 Millionen Mark gezahlt und sich darüber hinaus in einem Zehnjahresvertrag verpflichtet hatte, seinem musealen Nachbarn zwei Millionen Mark Betriebskosten zu zahlen und drei Jahre lang noch einmal drei Millionen Mark für das Programm aufzuschlagen.

Diesen Dreijahresvertrag hat E.ON nun nicht verlängert.

Die Projektförderung sei wichtiger für das Unternehmen.

Zuvor wurde das Engagement in München, Hamburg und Berlin ausgebaut. Alles deutet darauf hin, dass der Förderer sich langfristig nicht mehr an seinem rheinischen Standort engagieren will, was aus der Kulturverwaltung aber angstvoll dementiert wird. So haben die Skeptiker Recht behalten, die in der Private Public Partnership nur den kurzfristigen Kaufpreis für eine Immobilie sehen wollten und von der Zusammenarbeit mit dem Konzern eine unberechenbare Abhängigkeit des Museums erwarteten. Am Ende scheint das Düsseldorfer Modell vor allem ein dankbarer Gegenstand für künftige Diplomarbeiten zu sein. Kulturmanager könnten beschreiben, wie nicht nur das Selbstverständnis weltweiter Unternehmenspolitik, sondern auch der Begriff gesellschaftlicher Verantwortung ein Verfallsdatum eingeprägt bekommt. Der gute Ruf des Düsseldorfer Museums jedenfalls hat unter der Kooperation mit dem mächtigen Nachbarn gelitten. Kunsthistorisch stieg die Institution zuletzt in die zweite Liga ab. Quotenträchtige Großprojekte wurden auf Kosten der wissenschaftlichen Alltagsarbeit inszeniert. Die Sammlung geriet ins Abseits. Vielleicht also verhält es sich mit der Zweckehe der ungleichen Partner wie mit der Rezession. Der Zwang zum kleineren Maßstab könnte in Erinnerung bringen, was das Kapital eines Museums ist. Langfristigkeit nämlich. Was es wiederum für den Energiekonzern bedeutet, dass ein solch konservativer Wert für ihn zu einem Kulturkonflikt geführt hat, können am Ende nur Investoren beurteilen. 11.11 Welche Empfehlungen (Anmerkung: zu Öffentlich-Privaten-Partnerschaftsmodellen) gibt die Staatsregierung in dieser Hinsicht nichtstaatlichen Museen?

Die sich durch Öffentlich-Privaten-Partnerschaftsmodelle ergebenden Möglichkeiten werden grundsätzlich begrüßt.

Hinsichtlich der Betriebsträgerschaften ist jedoch besonders auf die Dauerhaftigkeit und Zuverlässigkeit des jeweiligen Partnerschaftsmodells zu achten.

11.12 In der Stellungnahme zum ORH-Bericht 2005 hat die Staatsregierung angekündigt, die staatlichen Einrichtungen verstärkt anzuhalten, Spenden einzusammeln. Bei den Staatsgemäldesammlungen wurde deshalb eine befristete Stelle zur Sponsorengewinnung geschaffen. Wurde die Stelle verlängert und was sind die Ergebnisse der Bemühungen?

Die Beschäftigung einer Mitarbeiterin zur Sponsorengewinnung erfolgte bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen als Pilotprojekt für zwei Jahre (06.06.2005 bis 31.05.2007), die Resultate rechtfertigten jedoch keine Weiterführung des Projekts. Es erwies sich als außerordentlich schwierig, neben dem Generaldirektor und den Konservatoren eine ausschließlich für die Aquise von Sponsorenmitteln zuständige Mitarbeiterin zu etablieren, da sich die in Frage kommenden Sponsoren üblicherweise unmittelbar an den Generaldirektor oder die zuständigen Konservatoren wenden und dies im umgekehrten Fall ebenso erwarten. Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt haben gezeigt, dass sich an dieser Konstellation kaum etwas ändern lässt. Zudem konnte während der Laufzeit des Projekts keine signifikante Steigerung der eingeworbenen Drittmittel verzeichnet werden.

11.13 Mit welchen Modellen der Spenden- bzw. Drittmitteleinwerbung arbeiten bayerische Museen mit welchem Erfolg?

Spenden werden in der Regel durch den persönlichen Einsatz der Direktoren und Konservatoren akquiriert. Sponsoringmaßnahmen lassen sich insbesondere im Bereich der Medien- und Veranstaltungskooperationen realisieren.

Von den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns werden kontinuierlich Drittmittel eingeworben für Forschungsprojekte (z.B. wurden im Jahr 2006 von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fast 1,8 Mio. an Drittmitteln in Forschungsprojekten eingesetzt; dies entspricht rund 22,5 Prozent der gesamten institutionellen Förderung ohne Baumassnahmen; rund 50 Prozent der für Wissenschaftler bestimmten Personalmittel stammen aus Drittmittelprojekten). Kontinuierliche Unterstützung erfolgt durch die Arbeit der Fördervereine, die zum Teil erhebliche Investitionen für die Aufrechterhaltung und Modernisierung der Schaubereiche leisten. Personelle Unterstützung leisten zahlreiche Amateurforscher (vor allem Spezialisten für bestimmte Tier- und Pflanzengruppen) und ehrenamtliche Helfer (z.B. im Botanischen Garten, bei Grabungen in den Regionalmuseen). 11.14 Wird die Staatsregierung die Möglichkeit, Erbschaftssteuerschulden nach § 224a Abgabenordnung (AO) mit Kunstwerken zu tilgen, erleichtern, indem die Verfahren vereinfacht werden?

11.15 Wird die Staatsregierung sich für die Empfehlung der Enquete-Kommission des Bundestags verwenden und zur Erleichterung der Abgabe von Kunstwerken an Zahlungs statt bei Erben mit Wohnsitz in unterschiedlichen Ländern sich für ein länderübergreifendes Verrechnungssystem einsetzen, um der Zerschlagung von Nachlässen vorzubeugen?

Durch das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz wurde zur Förderung des privaten Mäzenatentums neben erbschaftsteuerrechtlichen und bewertungsrechtlichen Vorschriften auch die Möglichkeit der Hingabe von Kunstwerken an Steuerzahlungs statt in die Abgabenordnung eingefügt (§ 224a AO). Bayern hat von dieser Möglichkeit in der Vergangenheit erfolgreich Gebrauch gemacht. Ein Bedarf für eine weitere Verfahrenserleichterung wird nicht gesehen.

11.16 Sieht die Staatsregierung die Gefahr, dass die dramatische Reduzierung der öffentlichen Ankaufsetats die Museen immer mehr in Ausstellungs- und Aufbewahrungsorte für private Großsammlungen verwandelt, und wenn ja, wie will sie dieser Gefahr begegnen?

11.17 Sieht die Staatsregierung die Gefahr, dass die zunehmende Finanznot der Museen und das große Interesse Privater, Kunstwerke dort vorübergehend auszustellen, auch weil die Zurschaustellung nicht nur von aktueller Kunst in öffentlichen Museen immer wieder zu erheblichen Preissteigerungen bei dieser Kunst führt, zur Abhängigkeit öffentlicher Museen von Interessen Privater wie zu einem Absenken der Qualität der Museen führen kann, und wenn ja, wie will sie dieser Gefahr begegnen?

Diese Gefahren werden nicht gesehen. Die staatlichen Museen und Sammlungen prüfen in eigener Zuständigkeit unter Beachtung ihres Sammlungsauftrages sehr sorgfältig die Übernahme privater Sammlungen, mit der in der Regel erhebliche finanzielle und personelle Folgelasten (z.B. für die Ausstellung, Aufbewahrung und konservatorische Betreuung) verbunden sind. Gerade in der jüngeren Vergangenheit ist es wiederholt gelungen, bedeutende private Sammlungen für die staatlichen Museen und Sammlungen zu gewinnen (vgl. Antwort zu Nr. 11.2), die zu einer Steigerung ­ keinesfalls zu einem Absenken ­ der Qualität der Museen beigetragen haben.