Personen in Hessen bekannt die Anlass für die konkrete Besorgnis eines rechtsterroristischen Anschlages geben

Personenschäden in den Achtzigerjahren zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Diese Personen sind zwar bis heute weiterhin im Bereich des Rechtsextremismus aktiv, jedoch nach erfolgter Verbüßung dieser Strafen langjährig nicht mehr in Form rechtsterroristischer Straftaten in Erscheinung getreten.

Aktuell sind hier keine rechtsextremistischen Organisationen bzw. Personen in Hessen bekannt, die Anlass für die konkrete Besorgnis eines rechtsterroristischen Anschlages geben würden.

Wehrsportähnliche Übungen werden zum Teil innerhalb neonazistischer Kameradschaften als Teil ihrer Agitation durchgeführt. So fand im September 2003 in der Gemarkung der Gemeinde Heimbuchenthal (Landkreis Aschaffenburg) eine wehrsportähnliche Übung unter Beteiligung der neonazistischen Kameradschaft Frankfurt (inzwischen in den "Freien Nationalisten Rhein-Main" aufgegangen) statt.

Frage 11.2 Wie viele Personen sind in diesen Gruppierungen aktiv, organisiert oder gehören zum Kreis der potenziell ansprechbaren Personen im Umfeld?

Auf die Antwort zu Frage 11.1 wird verwiesen.

Frage 11.3 Wie viele aus dem unter 11.2 aufgeführten Personenkreis verfügen nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden über Waffen?

Welche Waffen haben Inhaberinnen und Inhaber von Waffenbesitzkarten und Waffenscheinen?

Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sind vereinzelte Rechtsextremisten im Besitz von Waffenscheinen und -besitzkarten, die jedoch legal über die zuständigen Erlaubnisbehörden erworben wurden.

Frage 11.4 Welche Rolle spielen nach Erkenntnissen der Landesregierung organisierte "Killerspiele" (Gotcha, Paintball usw.) in der rechtsextremen Szene und in wie vielen Fällen wurde in Hessen seit dem Jahr 2000 die Durchführung solcher "Spiele" verboten bzw. strafrechtlich verfolgt?

In den Neunzigerjahren war die Erscheinungsform dieser so genannten "Killerspiele" auch bei hessischen Rechtsextremisten vereinzelt festzustellen. Soweit diese Handlungen polizeilich bekannt wurden und es in diesem Zusammenhang zu rechtswidrigem Verhalten kam, wurden entsprechende Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren durchgeführt.

Seit dem Jahr 2000 sind bei der Polizei keine entsprechenden Fälle bekannt geworden.

Lediglich bei einer hessischen Staatsanwaltschaft lagen Erkenntnisse zu Ermittlungsverfahren wegen Vergehens gegen das Waffengesetz durch sogenannte Gotcha-Spiele im Freien vor. Da diese jedoch keinen rechtsradikalen Bezug aufwiesen, bleiben sie hier außer Betracht.

Bei den übrigen hessischen Staatsanwaltschaften liegen insoweit keine Erkenntnisse vor.

12. Rolle und Aktivitäten von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern

Frage 12.1 Wie viele so genannte Altnazis gibt es in Hessen?

So genannte "Altnazis" werden vom LfV Hessen nicht isoliert beobachtet. Sie sind vielmehr Teil der rechtsextremistischen Beobachtungsobjekte. Aus dem Auftreten einzelner "Altnazis" bei Demonstrationen oder sonstigen rechtsextremistischen Veranstaltungen lassen sich keine Rückschlüsse über deren Gesamtzahl ziehen.

Frage 12.2 Welche Rolle spielen ehemalige NSDAP-Mitglieder in der rechtsextremistischen Szene in Hessen?

In Hessen auftretende "Altnazis", bzw. ehemalige NSDAP-Mitglieder, ne hmen die Rolle von Zeitzeugen ein, die Neonazis und Skinheads die damalige Zeit in verklärter, verfälschter Weise darstellen bzw. nahebringen. Hervorzuhebendes Beispiel dieser "Zurschaustellung" ist in Hessen der Ritterkreuzträger Otto Riehs (84) aus Frankfurt am Main. Riehs nimmt bundesweit an Demonstrationen (z.B. gegen den Abriss bzw. für den Wiederaufbau des SS-Ehrenmals in Marienfels/Rheinland-Pfalz) und Rednerveranstaltungen verschiedener rechtsextremistischer Organisationen teil.

Eine Verurteilung durch das Amtsgericht Lahnstein (Rheinland-Pfalz) im Jahr 2004 (90 Tagessätze à 30) machte Riehs kurzzeitig zu einem Märtyrer für die rechtsextremistische Sache. Riehs wird vorgeworfen, das Ritterkreuz wä hrend einer öffentlichen rechtsextremistischen Veranstaltung am 22. November 2003 in Marienfels (Rheinland-Pfalz) so getragen zu haben, dass das Hakenkreuz für jedermann sichtbar gewesen sei. Das Ritterkreuz wurde von der Polizei Frankfurt am Main sichergestellt. Der Mitbegründer des "Kampfbundes Deutscher

Sozialisten" (KDS), Thomas Brehl (Langen), thematisierte in einer Veröffentlichung "Leben und Wirken" des Rechtsextremisten Riehs. Brehl prangert in einem Artikel die Hausdurchsuchung bei Riehs und die Beschlagnahmung dessen Ritterkreuzes an: "Hausdurchsuchung bei Ritterkreuzträger Otto Riehs!

Politische Polizei schreckt vor nichts mehr zurück: (damals) 82jährigem, untadeligem Frontsoldaten werden Kriegsauszeichnungen beschlagnahmt!".

Hinsichtlich der Person Manfred Roeder wird auf die Beantwortung zur Frage verwiesen.

Frage 12.3 Welchen Einfluss nehmen sie auf Jugendliche und welche Wege der Kommunikation nutzen sie hierfür?

Siehe Antworten zu Frage 12.1 und 12.2.

13. Antisemitismus in Hessen

Frage 13.1 Welche Rolle spielt nach Erkenntnissen der Landesregierung der Antisemitismus in Hessen?

Der Antisemitismus ist ein Ideologie-Element, welches in fast allen rechtsextremistischen Strömungen und Organisationen zu finden ist. Offen oder unterschwellig ist in rechtsextremistischen Publikationen und Internet-Seiten Antisemitismus vorhanden.

Nicht nur die offene, sondern auch die unterschwellige oder latent vorhandene Verbreitung antisemitischen Gedankengutes ist als Gefahr anzusehen. Auch wenn bislang nicht festzustellen ist, dass antisemitische Propaganda und Agitation auf breiten fruchtbaren Boden fällt, bleibt die Beobachtung und Bekämpfung des Antisemitismus ein Schwerpunkt nicht nur der Sicherheitsbehörden, sondern auch der Bildungsträger sowie der gesamten Gesellschaft.

Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität -rechts- stellt der Anteil der Straftaten mit antisemitischem Hintergrund eine nicht unerhe bliche Teilmenge dar. Der Anteil dieser Straftaten betrug in den letzten fünf Jahren zwischen 12 und 23 v.H. der Gesamtzahl der politisch motivierten Kriminalität - rechts.

Neben der strafrechtlich relevanten Erscheinungsform des Antisemitismus sind in diesem Zusammenhang auch strafrechtlich nicht relevante Äußerungen bzw. Verlautbarungen von Personen der rechtsextremistischen Szene bzw. rechtsextremen Organisationen/Parteien bedeutsam.

Ursächlich für die erkennbare Steigerung der Fallzahlen im Jahr 2005 sind eine Vielzahl von Straftaten eines den Sicherheitsbehörden bekannten Rechtsextremisten aus Nordhessen, der im Jahr 2005 eine große Anzahl von E-Mails mit antisemitischen und volksverhetzenden Inhalten im Internet verbreitet hat (bislang 68 Fälle). Es ist beabsichtigt, bei dieser Person eine medizinischpsychiatrische Begutachtung hinsichtlich der Schuldfähigkeit durchzuführen.

Die dieser Person zuzurechnenden Straftaten sind folglich auch kausal für die starke Zunahme der Fallzahlen im Bereich des Tatbestandes der Volksverhetzung und - daraus ableitend - im Bereich des Themenfeldes Antisemitismus.

Frage 13.2 Welche Organisationen und Gruppierungen mit antisemitischen Ideologien sind in Hessen aktiv und wie viele Mitglieder haben sie?

Wie bereits dargestellt, umfasst das ideologische Weltbild der Rechtsextremisten grundsätzlich auch antisemitische Grundeinstellungen. Daher sind antisemitische Tendenzen in jedweder Ausprägung grundsätzlich bei fast allen rechtsextremistischen Organisationen festzustellen. Insoweit wird auf die Antwort der Fragen I Nr. 2.1 und 2.2 verwiesen.

Frage 13.3 Welche Organisationen oder Publikationen außerhalb des organisierten Rechtsextremismus schüren Antisemitismus oder antisemitische Vorurteile wie etwa die Bürgerbewegung Solidarität (EAP)? Außerhalb des organisierten Rechtsextremismus tritt Antisemitismus zunehmend auch bei islamistischen Organisationen auf. Im Islamismus handelt es sich um einen auf Vernichtung zielenden Antisemitismus, der häufig hinter einer als antizionistisch auftretenden Israelkritik verborgen wird. Auch unter dem Einfluss des europäischen Antisemitismus und besonders des Nationalsozialismus entwickelte sich eine Vernichtungsideologie, die der der Muslimbruderschaft (MB) zuzurechnende Ägypter Sayyid Qutb in seiner einflussreichen Schrift "Unser Kampf gegen die Juden" bereits Anfang der Fünfzigerjahre programmatisch zusammenfasste. Qutb unterstellt den Juden, die er als intellektuell zersetzend ansieht, eine umfassende Verschwörung gegen den Islam. Hinter allem, was in der Welt gegen den Islam geschehe, stünden die Juden.

Dieser Antisemitismus innerhalb des Islamismus wird auch zukünftig verstärkt unter der Beobachtung der Sicherheitsbehörden stehen.

Die in der Frage genannte "Bürgerbewegung Solidarität" BüSo (kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden), ein Ableger der Sekte um Lyndon LaRouche, die als Partei im Jahre 2003 noch zur Landtagswahl in Hessen angetreten war, spielt heute keine bedeutende Rolle mehr. Es existiert noch eine Web-Seite. Zur Kommunalwahl 2006 ist sie nochmals angetreten.

Frage 13.4 Welche Rolle spielt der Antisemitismus in Publikationen der Neuen Rechten?

Bei der sogenannten "Neuen Rechten" handelt es sich nicht um eine homogene Variante des Rechtsextremismus. Mit ihren unterschiedlichen Strömungen, die regelmäßig von Akademikern getragen werden, deckt sie vielmehr das Spektrum vom Rechtskonservatismus bis zum Rechtsextremismus ab. In diesem Bereich dominieren Publikationen und Einzelakteure, die sich häufig für mehrere Schriften der "Neuen Rechten" betätigen. Das Ideologieelement Antisemitismus spielt auch in der "Neuen Rechten" regelmäßig eine gewisse Rolle, der jedoch nicht in jeder Veröffentlichung deutlich wird, sondern nur dann, wenn bestimmte Themen aus der tagespolitischen Debatte einen Anlass bieten. Hierbei werden antisemitische Elemente jedoch selten in offener Form deutlich, sondern in unverfänglicher, intellektuell wirkenden Formulierungen verbrämt, um den öffentlichen Diskurs in Richtung ihrer tendenziell antidemokratischen (und auch antisemitischen) Vorstellungen zu beeinflussen.

14. Mädchen und Frauen in rechtsextremistischen Gruppen

Frage 14.1 Welche Rolle spielen anti-emanzipatorische Motive in der rechtsextremen Szene?

Ein derartiges Frauenbild ist erkennbar und wird, insbesondere in den Bereichen, in denen auf die germanisch-heidnische Historie Bezug genommen wird, auch entsprechend gepflegt.

Frage 14.2 Wie hoch ist der Anteil an weiblichen Mitgliedern in rechtsextremistischen Organisationen und Gruppierungen in Hessen?

Welche Rolle bzw. Funktion haben diese Mädchen und Frauen?

Auf die Antwort zu I Frage 1.4 wird verwiesen.

Mit einem Anteil von 10 bis 30 v.H. in den rechtsextremistischen Parteien sind die Frauen eher gering vertreten. Vor allem in Führungspositionen sind kaum Frauen aktiv. Lediglich eine Frau ist im NPD- Bundesvorstand vertreten.

In der Neonaziszene liegt der Frauenanteil bei rund 10 v.H.

Bis vor wenigen Jahren gab es keine weiblichen Rednerinnen auf Demonstrationen von Neonazis. Erst in jüngster Zeit sind Frauen, vor allem junge Frauen, als Rednerinnen aufgetreten.

Die Nebenorganisation der NPD, die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), hat in ihrem Landesverband Hessen eine Zwanzigjährige in die Position der Stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt.

Viele Frauen im organisierten Rechtsextremismus unterstützen als Ehefrauen oder Lebenspartnerinnen die Funktionäre neonazistischer Organisationen, indem sie verschiedene Aufgaben übernehmen. In der Regel agieren sie aber im Hintergrund. Dazu gehören vor allem die Teilnahme an Aktionen, Demonstrationen und Veranstaltungen, organisatorische Aufgaben, wie das Anmelden von Veranstaltungen und das Anmieten von Räumlichkeiten sowie verschiedene Funktionen im Parteiapparat wie Delegierte oder Beisitzerin und Kassenwartin in regionalen Vorständen.

Immer wieder wurden in den letzten Jahrzehnten neue Zusammenschlüsse von Frauen aus der Neonazi- und Skinheadszene ins Leben gerufen.