Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus

Mit verschiedenen Veröffentlichungen und thematischen Veranstaltungen machen Jugendverbände und andere Gruppierungen auf das Thema aufmerksam.

Im Zusammenhang mit dem Aktionsprogramm des Bundes "Jugend für Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus" wurden in 2001 hessenweit 285 Projekte durchgeführt. Die Projekte wurden und werden unter anderem mit dem Teilprogramm "Entimon" bzw. werden im Rahmen der örtlichen Jugendarbeit weitergeführt. Das Land Hessen hat in den letzten Jahren keine Sonderprogramme der Jugendarbeit zur pädagogischen Bearbeitung des Rechtsextremismus aufgelegt. Hessen setzt auf die Stärkung des demokratischen Potenzials der Gesellschaft und fördert kontinuierlich und ohne finanzielle Abstriche die Regelstrukturen der Jugendarbeit.

Eine Sonderförderung einzelner Projekte erfolgt nicht

Frage 4 Welche Modellprojekte der Jugendarbeit dienen der Verhütung oder Eindämmung des Rechtsextremismus und wie viele Mittel wurden dafür in den letzten fünf Jahren bereitgestellt?

Die Hessische Sportjugend, die Feuerwehrjugend und die Johanniterjugend setzen sich aktiv mit dem Thema Rechtsextremismus auseinander. Die Referenten der politischen Bildung der Hessischen Jugendverbände haben sich - in Kooperation mit dem beim HLKA installierten Informations- und Kompetenzzentrum "Ausstiegshilfen aus dem Rechtsextremismus in Hessen" (IKARus) - dem Thema angenommen.

Wie bereits in der Antwort zu IV Nr. 3 ausgeführt, werden in Hessen derzeit keine Modellprojekte gefördert. Das Land fördert die Jugendverbandsarbeit der 31 hessischen Jugendverbände mit jährlich bis zu 2.060.000 sowie die hessischen Träger der außerschulischen Jugendbildung im Rahmen des Jugendbildungsförderungsgesetzes mit jährlich bis zu 6.321.000. Beispielhafte Projekte und Aktionen gegen Rechtsextremismus führt die Jugendbildungsstätte Burg Ludwigstein durch. Der Hessische Jugendring (HJR) bietet für seine Verbandsmitglieder und Interessierte Veröffentlichungen zum Themenkomplex wie z. B. die "Arbeitshilfe Gedenk(stätten)arbeit" an.

Seitens der Landeszentrale für politische Bildung werden in Hessen folgende Maßnahmen wie folgt gefördert:

a) Gewalt, Rassismus und Zivilcourage unter Kindern und Jugendlichen (Kooperation mit der Buber-Rosenzweig-Stiftung) 12.340

b) Hyperlinks gegen Rechts Jugendliche gegen Rechtsextremismus (Bund Deutscher Pfandfinder/basa) 4.000

c) Argumentationstraining gegen Stammtischparolen (Kooperation mit dem Koordinierungsrat der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Bundeszentrale für politische Bildung) 3.530

d) Netzwerk Interkulturelle Annäherung und Gewaltprävention von Jugendlichen im Schwalm-Eder-Kreis und der Gesamthochschule Kassel 3.000

e) Antirassismustraining "Eye to Eye e.V."(Kooperation mit der Gesamtschule Niederwalgen) 1.250.

Frage 5. Wie schätzt die Landesregierung das Projekt "Courage, Netzwerk für Demokratie und Courage" ein und welche Mittel stellt die Landesregierung für dieses Projekt zur Verfügung?

Der Landesregierung ist das Netzwerk für Demokratie und Courage bekannt.

Im Sachzusammenhang wird auf die Kleinen Anfragen vom

- 8. November 2005 - Drucks. 16/4626 -

- 12. Januar 2006 - Drucks. 16/5176 hingewiesen.

Die Landesregierung betont die Wichtigkeit einer Kooperation des Netzwerks Courage mit dem hessischen "Netzwerk gegen Gewalt" und dem Programm "Ausstiegshilfen Rechtsextremismus in Hessen".

Für das Netzwerk Courage wurden bislang keine Mittel durch die Landesregierung zur Verfügung gestellt.

Frage 6. Wie fördern die Kommunen in Hessen die Jugendarbeit gegen Rechtsextremismus?

Erkenntnisse über die Förderung einzelner Projekte in den Kommunen liegen der Landesregierung nicht vor.

Frage 7. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Projekte vor, die nach dem Konzept der "akzeptierenden Jugendarbeit mit rechtsextremen Jugendlichen" arbeiten?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

V. Kulturelle Bildung und Rechtsextremismus

Frage 1. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um spezifische Angebote gegen Rechtsextremismus im gesamten Kulturspektrum zu fördern?

Zur Beantwortung dieser pauschalen Frage wird an die bisher gemachten Aussagen zur Thematik hingewiesen, insbesondere zu Nr. VI.

Frage 2. In welcher Weise beabsichtigt die Landesregierung zusätzliche Programme zu fördern?

Die Landesregierung beabsichtigt derzeit keine weitergehende Förderung von zusätzlichen Programmen. Alle bisher aufgezeigten Maßnahmen zur Prävention, die mittel- und unmittelbar vom "Netzwerkes gegen Gewalt", der Geschäftsstelle IKARus und sonstigen Initiativen von der Landesregierung gebildet und initiiert wurden, zeigen Wirkung und sind Zeichen für ein erfolgreiches Vorgehen bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus.

VI. Schule und Rechtsextremismus

Frage 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über rechtsextremistische Aktivitäten (unter anderem das Verteilen von Musik-CDs) an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen vor (Schulen bitte einzeln aufführen)?

Seit Januar 2004 planen rechtsextremistische Skinheads und Neonazis die kostenlose Verteilung eines Tonträgers unter der Bezeichnung "Projekt Schulhof" insbesondere vor Schulen. Ziel ist es, insbesondere Schülerinnen und Schüler für rechtsextremistische Themen und Inhalte zu interessieren und sie für die aktive Mitarbeit in der Szene zu gewinnen. Skinhead-Bands, Musikvertriebe, Neonazi-Kameradschaften und Einzelpersonen aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands sind Bestandteil des Projekts. Erstmals stellte die Polizei in einem Presswerk in Rodgau (Kreis Offenbach) eine "Projekt Schulhof"-CD im Juni 2004 sicher. Trotz weiterer Durchsuchungsmaßnahmen und der Sensibilisierung von Produktionsfirmen gelang es den Rechtsextremisten in Baden-Württemberg, 50.000 Tonträger zu fertigen.

Der Sampler (Datenträger) mit dem Titel "Anpassung ist Feigheit - Lieder aus dem Untergrund" enthält neben einem Vorwort und Liedern von 19 bekannten rechtsextremistischen Bands verschiedener Stilrichtungen (Balladen, Hardcore, Heavy Metal) entsprechende Internet- und Kontaktadressen. Im Vorwort werden Ängste vor "Überfremdung", Kriminalität und Arbeitslosigkeit geschürt: "Unsere heutigen Schulen sind schon längst ein Sammelbecken für junge Schwerkrimminelle geworden. Meist ausländische Banden haben hier das Sagen. (...) Wir stehen gegen den unerträglich hohen Zuzug von Fremden in unser Land, (...) gegen Multi-Kulti, (...) gegen die antideutsche Geschichtsschreibung, die an allen Schulen gelehrt wird und nur Deutsche als Täter sieht. Weil wir uns gegen dieses korrupte System wenden, werden wir verteufelt."(...)

An der Aktion beteiligen sich Skinhead-Gruppen, Musikvertriebe im In- und Ausland, Kameradschaften und Einzelpersonen, darunter ein bis September 2004 im Hochtaunus-Kreis ansässiger Versand von Skinhead-Artikeln. Die hessische Skinhead-Band Hauptkampflinie ist mit dem Titel "Rebell" auf dem Tonträger vertreten.

Das Amtsgericht Halle (Sachsen-Anhalt) ordnete am 4. August 2004 die allgemeine Beschlagnahme an. Der Tonträger sei geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen oder gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden. Die CD enthalte fremden- und demokratiefeindliches Gedankengut, vor dem junge und politisch noch nicht gefestigte Menschen geschützt werden müssten.

Im Mai 2005 beschloss das Landgericht Stendal (Sachsen-Anhalt) die Anklage gegen den Auftraggeber der "Projekt-Schulhof-CD", Lutz Willert, wegen des Verdachts der schweren Jugendgefährdung nach dem JuSchuG, zuzulassen. Der Angeklagte wurde im Februar 2006 erstinstanzlich von dem Vorwurf des Vorrätighaltens schwer jugendgefährdender Trägermedien freigesprochen. Nach Auffassung des Gerichtes sind die Inhalte der CD rechtsextremistisch, systemfeindlich und jugendgefährdend, jedoch nicht offensichtlich schwer jugendgefährdend. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat Revision gegen das Urteil eingelegt.

Damit hat der allgemeine bundesweite Beschlagnahmebeschluss vom 4. August 2004 vorerst weiterhin Bestand.

Folgende Aktivitäten sind den Sicherheitsbehörden in Hessen bekannt geworden:

In der Nacht vom 3. zum 4. November 2004 wurden das "Projekt Schulhof" betreffende Plakate mit folgendem Text verbreitet.

"Ihr seid zu dumm und zu jung! Das denken zumindest die Staatsanwälte der BRD, welche die Schulhof-CD der "rechtsradikalen"Freien Kameradschaften verboten haben. Sie behaupten, die CD würde die Jugendlichen "sozial desorientieren". Auf Deutsch: Ihr könntet euch eine eigene Meinung bilden!"

In der Mitte des Plakates befindet sich ein Bild: Geballte Faust mit einer Kette am Handgelenk. Um die Faust herum ist dieses Bild beschriftet: "Erpressung ist Feigheit. Lieder aus dem Untergrund".

Unter dem Bild steht weiter: "Wenn ihr euch nicht vorschreiben lassen wollt, welche Musik ihr hört, welche Meinung ihr habt und wie ihr leben sollt, dann könnt ihr euch (27) weitere Lieder kostenlos herunterladen unter www.schulhof.net. Europa - Jugend - Revolution, (daneben befindet sich eine Fahne, umschriftet mit:) NATIONALER WIDERSTAND SOZIALISTISCHE ZELLE".

An vier Schulen im Schwalm-Eder-Kreis wurde das Plakat geklebt:

- Schwalmgymnasium, Schwalmstadt,

- Ostergrundschule, Schwalmstadt-Treysa,

- Melanchthon-Schule, Willingshausen,

- Steinwald-Schule, Neukirchen.

- Am 5. November 2004 wurden im Bereich der Alexa nder-von-HumboldtSchule in Viernheim insgesamt 17 DIN -A-3-Plakate sowie in der AlbersMagnus-Schule in Viernheim 20 Plakate mit dem Thema "Projekt Schulhof" geklebt.

- Am 9. November 2004 verteilte das Bundesvorstandsmitglied der NPD, Doris Zutt, vor vermutlich sechs Schulen in Wetzlar die CD der NPD.

- Am 12. November 2004 brachten unbekannte Täter in der Leo-SternbergSchule in Limburg ein Plakat mit dem Wortlaut: "Anpassung ist Feigheit. www.schulhof.net" an.

- Im Dezember 2004 (genaues Datum unbekannt) wurden im Kaiser-FriedrichGymnasium in Bad Homburg eine Vielzahl von "Schulhof"-Plakaten angebracht. An eine Wand wurde mit roter Farbe "www.schulhof.net" gesprüht.

Auf der Mauer und neben dem Eingangstor der Maria-Ward-Schule in Bad Homburg wurde ebenso die Internet-Adresse gesprüht.

- Am 13. Dezember 2004 wurden geklebte Flyer zum "Projekt Schulhof" im Eingangsbereich der Eichendorffschule in Wetzlar-Dalheim aufgefunden.

- Am 15. Dezember 2004 sprühten unbekannte Täter mit roter Farbe an acht Stellen auf dem Boden des Pausenhofes der Kähte-Kollwitz-Schule in Frankfurt am Main den Schriftzug "www.schulhof.net".

- Am 16. Dezember 2004 fand der Hausmeister der Hessenwaldschule auf dem Schulgelände Flyer (DIN A4) zum "Projekt Schulhof". In der Freiherrvom Stein-Schule in Frankfurt am Main wurden zehn weitere Flyer geklebt.

- Am 25. Januar 2005 wurde an einer Bushaltestelle in Dipperz (Kreis Fulda) ein Plakat mit "Projekt Schulhof"- Bezug aufgefunden.

- Am 28. Januar 2005 klebten Unbekannte fünf "Schulhof"-Plakate auf dem Gelände der Heinrich-von-Bibra-Schule in Fulda.

- Am 5. Februar 2005 wurde ein Plakat an einer Informationstafel einer Bushaltestelle in Hofbieber-OT Wiesen (LandkreisFulda) festgestellt.

- In der Nacht zum 15. April 2005 wurden die Plakate an der Friedrich-FröbelSchule und der Alexander-von-Humboldt-Schule in Viernheim angebracht.

- Am 6. September 2005 verteilten Unbekannte an einer Bushaltestelle in Königstein etwa 30 CDs, die ähnlich der genannten "Projekt Schulhof"-CD aufgemacht waren. Auf den CDs waren die Internet-Adresse des "Projekt Schulhof" sowie "www.front-stadt.tk" aufgedruckt. Unter der zweiten Adresse konnte man bis vor kurzem die rechtsextremistische Organisation "Freie Nationalisten Rhein-Main" im Internet aufrufen.