Keine zentrale Schülerdatenbank in Bayern, keine gläsernen Schülerinnen und Schüler

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, auf die Einführung einer zentralen Schülerdatenbank und von einer Schüleridentifizierungsnummer ersatzlos zu verzichten.

Begründung:

Mit der geplanten Umstellung der Schulstatistik auf Individualdaten mit bundeseinheitlichem Kerndatensatz ist beabsichtigt, allen Schul- und möglicherweise auch Kindergartenkindern landesweit einheitliche Identifizierungsnummern zuzuweisen und diese sowohl mit personenbezogenen und sozioökonomischen Daten zu verknüpfen als auch mit Angaben über den Ablauf der Schulkarrieren. Die so gewonnenen Daten sollten für statistische Zwecke und auch im Verwaltungsvollzug verwendet werden.

Die ursprünglichen Pläne der Kultusministerkonferenz (KMK), ein nationales Bildungsregister einzuführen, wurden nach massiver Kritik, vor allem der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, gestoppt. Anschließend strebte die KMK an, in den Ländern jeweils landesweite Datensammlungen einzuführen.

Datenschützer, Pädagogen und Elternvertreter haben bezüglich der geplanten Schülerbildungsregister einen eklatanten Rechtsbruch des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und unüberschaubare Missbrauchsrisiken erkannt:

Der sog. Kerndatensatz ermöglicht die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen (Staatsangehörigkeit, Geburtsland, Geschlecht, Wohnort, Geburtstag, wiederholte Klassen, Abschlüsse, Muttersprache, Zuzug nach Deutschland, angestrebter Beruf).

Zugriffs-, Berechtigungs- und Anonymisierungskonzepte reichen nicht aus, um vor Datenübertragung zu schützen.

Bei der zum Einsatz kommenden Pseudonymisierung ist nicht völlig auszuschließen, dass ein Pseudonym aufgedeckt wird.

Die Verabschiedung des Kerndatensatzes betrifft nicht nur Schüler. Er enthält ebenso Daten zu der Berichtsschule, den Kursen der Schule, den Schulabgängern und Absolventen, den Lehrkräften und weiteren optionalen Merkmalen.

Die Zweckbestimmung der Daten ist unklar und offen.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ASD mit Stand 5. Februar 2008 wurde in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr in den Landtag eingebracht und ist der Diskontinuität verfallen. Dennoch werden die Pläne zur Einführung amtlicher Schuldaten weiter verfolgt, obwohl im geheimen Anhang der Koalitionsvereinbarung festgehalten worden sein soll, dass auf eine zentrale Schülerdatenbank mit zentralen Registernamen, Adressen und schulischen Leistungsdaten und mit dem Ziel, Bildungskarrieren aufzuzeichnen, verzichtet wird.

Bürokratische Überwachungsmaßnahmen können erforderliche neue pädagogische Konzepte nicht ersetzen. Wir brauchen ein besseres Schulsystem statt lückenloser Daten. Der Mehrwert vollständiger Daten gegenüber den jetzigen Näherungswerten ist für die bildungspolitische Forschung unklar. Im praktischen Schulalltag sind die unterschiedlichen Bedarfe beispielsweise nach Sprachförderung oder individueller Förderung ohnehin bekannt, ohne dass es gelingt, überall dort, wo es erforderlich ist, die notwendigen Ressourcen bereitzustellen.