Weißbuch Multi-Level-Governance des Ausschusses der Regionen

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bayerische Landtag begrüßt, dass der mit der erstmaligen Vorlage eines eigenen Weißbuchs ein Zeichen für seine Stärkung im institutionellen Gefüge der EU gesetzt hat; stellt in Frage, ob der Titel Multi-Level-Governance des Weißbuchs der vom angestrebten breiten Konsultation dienlich ist, da dieser Begriff ­ zumal in den Regionen und Kommunen der Europäischen Union

­ aufgrund der unterschiedlichen Strukturen keine allgemeine Geltung in den Mitgliedsstaaten beanspruchen kann; betont, dass Multi-Level-Governance die Kompetenzverteilung zwischen EU, Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen sowie das Subsidiaritätsprinzip nicht in Frage stellen darf, sondern nur bei strikter Einhaltung dieser Prinzipien funktionieren kann. In der Europäischen Union ist eine klare Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Ebenen nötig, die politischen Verantwortlichkeiten müssen für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar sein; hebt das besondere Interesse der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen in der Europäischen Union an der strikten Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips hervor. Nur so ist sichergestellt, dass ihre Gesetzgebungsrechte und Gestaltungsmöglichkeiten gewahrt bleiben; hält daher die im Weißbuch vertretene Auffassung für unzutreffend, dass das Subsidiaritätsprinzip verhindere, dass Entscheidungen nur auf einer Zuständigkeitsebene getroffen werden (Seite 7). Ebenso wenig kann er der Auffassung folgen, dass mit Hilfe der in den Politikbereichen, die (...) nicht ausdrücklich in die Zuständigkeit der EU fallen, (...) eine zu strenge Auslegung der Zuständigkeiten überwunden werden könne. Dies gilt gerade für die im Weißbuch genannten sensiblen Bereiche wie Wohnungswesen und den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (Seite 22); teilt ebenfalls nicht die im Weißbuch befürwortete Ausweitung der Methode der offenen Koordinierung, wenn dies zu einer Umgehung der EU-Zuständigkeiten führt und die notwendige Diskussion in den Parlamenten verhindert (Seite 24); begrüßt andererseits das vom eingerichtete Subsidiaritätsnetzwerk und ermutigt den das Netzwerk zu der Plattform für Subsidiaritätsfragen in der Europäischen Union weiterzuentwickeln; unterstützt ferner ausdrücklich Forderungen nach einer aktiven Einbindung der Regionen und Kommunen in die Strategien und Maßnahmen der EU, und zwar nicht erst bei ihrer Umsetzung bzw. Durchführung, sondern schon möglichst frühzeitig bei ihrer Konzipierung und Ausarbeitung. Einbindung bedeutet dabei nicht nur bloße Beteiligung und Anhörung, sondern die Möglichkeit zur Mitgestaltung; sieht wie der die Notwendigkeit, dass die Europäische Kommission frühzeitig die Folgen eines Rechtssetzungsvorschlags auch für Regionen und Kommunen ermittelt und bewertet; hält es gleichfalls für erforderlich, Europa dezentral und auf allen Ebenen zu kommunizieren. Der Bayerische Landtag ist bereit und in der Lage, hier eine Mittlerrolle einzunehmen, er betont jedoch, dass die Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis keinesfalls auf diese Rolle reduziert werden dürfen; hält Transparenz für ein maßgebliches Kriterium für das Gelingen des europäischen Einigungsprozesses und fordert daher, dass die wesentlichen Entscheidungen in der Europäischen Union in den dafür vorgesehenen politischen Institutionen nach offener Diskussion getroffen werden; hält es für unabdingbar, dass Normsetzungsprozesse auf europäischer oder internationaler Ebene, die durch das Komitologieverfahren eine rechtliche Verbindlichkeit in der EU erlangen, in einem offenen, transparenten Verfahren erfolgen, an der sich alle politischen Gruppierungen rechtzeitig beteiligen können.