Lastenausgleichsarchiv

Nachdem der Ministerpräsident laut Presseberichterstattung den sog. Kompromissvorschlag der Vertriebenen-Präsidentin Steinbach im Streit um die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung unterstützen will, frage ich die Staatsregierung, ob sie auch die damit verbundene Forderung unterstützen wird, das Bayreuther Lastenausgleichsarchiv, eine Dienststelle des Bundesarchivs, organisatorisch an die Stiftung anzugliedern, die nach den Vorstellungen von Frau Steinbach dann nicht mehr dem Bundesminister für Kultur und Medien und damit der Bundesregierung unterstellt sein soll, was bedeuten würde, historisches und kulturelles Volkseigentum, das in Bayreuth bewahrt und als öffentliches Gut gepflegt wird, in den Einflussbereich eines Interessensverbands zu überführen und den Standort Bayreuth des Bundesarchivs infrage zu stellen?

Antwort der Staatskanzlei:

Mit der grundsätzlichen Zustimmung zur Unterstützung des Vorschlags der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Frau Erika Steinbach, durch den Ministerpräsidenten ist in keinster Weise daran gedacht, das Lastenausgleichsarchiv am Standort Bayreuth infrage zu stellen. Das Archiv bleibt in Bayreuth.

Angesichts des umfangreichen Quellenmaterials ­ im Lastenausgleichsarchiv lagern rund 8.000 Erlebnisberichte von Flucht und Vertreibung, Millionen Karteikarten der kirchlichen Suchdienste, insgesamt über 40.000 laufende Meter Akten zum Thema Flucht, Vertreibung, Integration und Lastenausgleich nach dem Krieg ist es aber selbstverständlich, dass sich hier eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Archiv und der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung anbietet. Unabhängig von der Frage, ob Frau Steinbach nun im Stiftungsrat sitzen wird oder nicht, bleibt die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung eine staatliche, allein vom Bund finanzierte Einrichtung. Eine Zusammenarbeit wird sich auf der digitalen, fachlichen und wissenschaftlichen Ebene vollziehen, sie ist sogar erwünscht, da dadurch das reichhaltige Quellenmaterial einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird.

Ich frage die Staatsregierung, warum sind Rentner, die eine Grundsicherung im Alter erhalten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Rundfunkgebührenstaatsvertrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit, Rentner, die ein nicht über der Grundsicherung im Alter liegendes Einkommen beziehen, jedoch nicht, welche Initiativen gedenkt die Staatsregierung gegen diese Ungleichbehandlung zu ergreifen, und kann gegebenenfalls auf Initiative der Staatsregierung im Rundfunkgebührenstaatsvertrag eine Einkommensgrenze für die Rundfunkgebührenpflicht vorgesehen werden?

Antwort der Staatskanzlei:

Der § 6 Rundfunkgebührenstaatsvertrag soll gewährleisten, dass möglichst jedermann am Empfang von Rundfunk teilnehmen kann. Mit Blick auf das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und das Sozialstaatgebot (Art. 20 GG) soll insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungskreisen mit einem Einkommen unterhalb der sozialhilferechtlichen Bedarfsgrenzen und ohne verwertbares Vermögen der Zugang zu Medien und Rundfunk eröffnet werden.

Alle Ausnahmen von der Gebührenpflicht bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung. Weder darf gegen den Grundsatz der Gleichheit der Belastung aller Rundfunkteilnehmer noch gegen die Finanzierungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verstoßen werden. Daraus ergibt sich für den Normgeber ein enger Gestaltungsspielraum. Zu beachten ist dabei auch, dass es sich bei der Rundfunkgebührenbefreiung um ein Geschäft der Massenverwaltung handelt, die auf generalisierende, typisierende und pauschalisierende Regelungen setzen soll.

Verschiedene Gerichte haben dazu festgestellt, dass Einzelfallgerechtigkeit nicht hergestellt werden könne.

Gemäß § 6 Abs. 3 kann die Rundfunkanstalt bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls gleichwohl befreien.

Nach der Gesetzesbegründung soll dies insbesondere für die Fälle ermöglicht werden, in denen die Voraussetzungen aus § 6 Abs. 1 Satz 1 nicht vorliegen, aber eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann (Drs. 15/1921, Seite 21). Die Gerichte interpretieren § 6 Abs. 3 übereinstimmend nicht als allgemeinen Aufwandtatbestand, der stets greift, wenn die Voraussetzung für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 nicht vorliegen (vergleiche Urteil vom 16. Mai 2007 ­ AZ: 7B06.2642). Darüber hinaus soll jede Befreiung ausgeschlossen sein, wenn der Antragsteller zum Personenkreis eines der Tatbestände in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis11 gehört.

Die frühere Befreiung wegen geringen Einkommens wurde mit der Gesetzesneuregelung im Hinblick auf die umfassenden sozialen Sicherungssysteme fallen gelassen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass etwa ein Rentner, der ein so geringes Einkommen bezieht, seinen Anspruch auf Grundsicherung oder eine andere Sozialleistung geltend macht, die zur Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 führen. Die früher in § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 Befreiungsordnung geregelte Gebührenbefreiung wegen geringen Einkommens hatte die Grenze beim (damaligen) eineinhalbfachen Sozialhilfesatz gezogen. Im Zuge der Neuregelung des Sozialhilferechtes und der Veränderung der Sätze musste diese Bestimmung geändert werden. Zugleich entfiel mit der Neuregelung die Notwendigkeit einer genauen Berechnung der Bedürftigkeit durch die zuständigen Gemeinden und Sozialämter.

Nach der Gesetzesneuregelung wird der Nachweis gemäß § 6 Abs. 2 durch die Vorlage eines Bewilligungsbescheides der Sozialbehörde erbracht. Befreit wird aus finanziellen oder sozialen Gründen. Für die früher regelmäßig wegen geringen Einkommens befreiten Rentner wurde der Kreis der Grundsicherungsberechtigten im Alter und bei Erwerbsminderung aufgenommen. Es wurde als zumutbar angesehen, dass eine Rundfunkgebührenbefreiung erst nach der Beantragung und Gewährung der ergänzenden Grundsicherung erteilt wird (bestätigt durch VG Ansbach, Urteil vom 19. Januar 2006 ­ AN 5K 05.02873).

Wie auch in anderen Bereichen der Hilfe zum Lebensunterhalt oder anderer Sozialleistungen ist nicht ausgeschlossen, dass Personen mit geringem Einkommen nicht wesentlich oder überhaupt nicht über den finanziellen Mitteln liegen, die ein Sozialleistungsberechtigter erhält. Der Gesetzgeber hat mit den Befreiungstatbeständen in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 die Fälle einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage unter dem Aspekt angestrebter Gleichbehandlung geregelt, in denen er davon ausgeht, dass die Zahlung von Rundfunkgebühren für den erfassten und als sozialbedürftig anerkannten (Drs. 15/1921, Seite 21) Personenkreis finanziell unzumutbar ist. Dieser Kreis der Personen und der Tatbestände wurde deutlich erweitert, um den Wegfall der Befreiung wegen geringen Einkommens zu kompensieren. In den Verfahren wird die konkrete Bedürftigkeit von einer staatlichen Behörde geprüft und durch den entsprechenden Bewilligungsbescheid bestätigt, der damit taugliche Grundlage für die folgende Gebührenbefreiung ist.

Der Landtag hat sich im Zusammenhang mit Petitionen wiederholt mit der Situation einkommensschwacher Gebührenzahler beschäftigt und eine großzügigere Handhabung angemahnt. In den Verhandlungen zur Reform des Rundfunkgebührenrechts hat der bayerische Vertreter das Anliegen vor Monaten eingebracht, die gegenwärtige Regelung zu überprüfen. Insbesondere die restriktive Auslegung der Härtefallklausel durch die Landesrundfunkanstalten und die Bestätigung durch die Gerichte bieten dafür Anlass.

Das Ziel, Bedürftige mit einem Einkommen identisch mit der Sozialleistungsgrenze oder unterhalb liegend von den Rundfunkgebühren zu befreien, kann auf unterschiedlichem Wege erreicht werden. Die Bestimmung einer dynamischen Bezugsgröße aus dem Sozialrechtssystem ist flexibler als die Festlegung einer Einkommensgrenze im Gesetz selbst. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung des zur Verfügung stehenden Einkommens aufwändig und damit kostenintensiv ist. Sämtliche aus dem Steuerrecht bekannten Einkommensarten (abhängige Arbeit, Selbständigkeit, Vermögen, Alterssicherung, sonstige Unterhaltsansprüche) müssen einbezogen werden. Eine entsprechende Mehrbelastung der prüfenden Stelle (Sozialbehörden, Rundfunkanstalten oder andere) ist dann unvermeidbar. Hierbei sind in einer künftigen Beschlussfassung die Vorteile einer typisierenden Prüfung im Massenverfahren gegen die Einzelfallgerechtigkeit abzuwägen.

Mit einer Entscheidung ist frühestens im 2. Quartal 2010 im Zusammenhang mit dem Reformpaket Rundfunkfinanzierung zu rechnen. Denn jede Ausweitung der Befreiungstatbestände führt zu einer Mehrbelastung der verbliebenen Zahlungspflichtigen.

Bei welchen demoskopischen Instituten hat die Staatsregierung Meinungsumfragen im Jahr 2009 in Auftrag gegeben, welche Themenbereiche behandelten die jeweiligen Fragenkataloge (Fragen und Ergebnisse bitte im Wortlaut), wie hoch waren die jeweiligen Kosten?

Antwort der Staatskanzlei:

Die Staatskanzlei hat in 2009 keine Meinungsumfrage in Auftrag gegeben. Insoweit wird auch auf die Antwort der Staatregierung vom 7. April 2009 auf die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Rinderspacher zum gleichen Thema (Drs. 16/1118 vom 28. April 2009), die sämtliche Meinungsumfragen der Staatsregierung von Januar 2005 bis April 2009 auflistet, verwiesen.

Ob darüber hinaus durch andere Ressorts Meinungsumfragen im Zeitraum April bis Dezember 2009 in Auftrag gegeben wurden, ist der Staatskanzlei nicht bekannt und innerhalb der knappen Beantwortungsfrist für Anfragen zum Plenum nicht zu ermitteln.

Aus einer Pressemitteilung des Staatsministeriums der Finanzen vom 20. Januar 2010 geht hervor, dass die Finanzverwaltung München Arbeitsplätze in die Region verlagert, demnach wurde die Finanzkasse des Finanzamtes München auf sechs verschiedenen Standorte verteilt, vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung, denkt die Staatsregierung daran, auch in anderen Verwaltungsbereichen Arbeitsplätze in die Regierungsbezirke auszulagern, und wenn ja, um welche Bereiche und Standorte handelt es sich?