Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt § 49 Abs
Wenn Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird, ist eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes spätestens nach drei Tagen und danach in angemessenen Abständen einzuholen.
(3) Sind Gefangene in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 49 Abs. 2 Nr. 5 und 6), werden sie dauerhaft überwacht (§ 49 Abs. 6 und Abs. 2 Nr. 2) oder ist Einzelhaft angeordnet (§ 49 Abs. 7), so sucht sie der ärztliche Dienst alsbald und danach in der Regel täglich auf.
Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transports.
(4) Die besonderen Sicherungsmaßnahmen sind den Gefangenen zu erläutern. Die Anordnung und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind zu dokumentieren.
§ 51
Ersatz von Aufwendungen:
(1) Die Gefangenen sind verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die sie durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung, Verletzung anderer Personen oder Beschädigung fremder Sachen verursacht haben. Ansprüche aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die Anstalt kann den Anspruch durch Bescheid gegen die Gefangenen geltend machen. Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch der den Mindestbetrag übersteigende Teil des Hausgeldes in Anspruch genommen werden.
(3) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Abs. 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch das Erziehungsziel gefährdet würde.
Elfter Abschnitt Unmittelbarer Zwang
§ 52
Unmittelbarer Zwang:
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen sowie Reizstoffe.
(2) Vollzugsbedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen oder wenn sie sich unbefugt im Anstaltsbereich aufhalten. Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.
(3) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
(4) Die Vollzugsbediensteten sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der von Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet wird. Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn durch die Anwendung des unmittelbaren Zwangs die Menschenwürde verletzt oder eine Straftat begangen würde oder die Anordnung nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist. Wird in den Fällen des Satzes 2 eine Anordnung trotzdem befolgt, so trifft die Vollzugsbediensteten eine Verantwortung nur, wenn sie die Rechtswidrigkeit der Maßnahme erkannt haben oder diese nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich war. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Vollzugsbedienstete den Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. § 71 Abs. 2 des Hessischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 11. Januar 1989 (GVBl. I S. 26), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2006 (GVBl. I S. 656), ist nicht anzuwenden.
(5) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist.
§ 53
Schusswaffengebrauch:
(1) Schusswaffen dürfen gegen Gefangene nur zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf Leib oder Leben gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Sie dürfen nur von den dazu bestimmten Vollzugsbediensteten mit dem Ziel gebraucht werden, angriffsunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden. Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr des in Satz 1 genannten Angriffs unerlässlich ist.
(2) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen. Abs. 1 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.
Zwölfter Abschnitt Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen
§ 54
Erzieherische Maßnahmen, Konfliktregelung Verstoßen Gefangene gegen Pflichten, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind diese Pflichtverletzungen unverzüglich erzieherisch aufzuarbeiten. Dabei können erzieherische Maßnahmen oder Maßnahmen zur Konfliktregelung ergriffen werden. Als erzieherische Maßnahmen können den Gefangenen insbesondere Handlungsanweisungen erteilt und Verpflichtungen auferlegt werden, die geeignet sind, die Einsicht in das Fehlverhalten und die Notwendigkeit einer Verhaltensänderung zu wecken und zu stärken. Als Maßnahmen der Konfliktregelung kommen insbesondere eine Entschuldigung, Schadensbeseitigung oder Schadenswiedergutmachung in Betracht. Es sollen nur solche Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in einem engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.
§ 55
Disziplinarmaßnahmen:
(1) Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn Maßnahmen nach § 54 nicht ausreichen, um den Gefangenen die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens zu verdeutlichen. Zu berücksichtigen ist ferner eine aus demselben Anlass angeordnete besondere Sicherungsmaßnahme.
(2) Eine Disziplinarmaßnahme kann angeordnet werden, wenn Gefangene rechtswidrig und schuldhaft
1. gegen Strafgesetze verstoßen oder eine Ordnungswidrigkeit begehen,
2. die aufgrund des Förderplans zugewiesenen Tätigkeiten nach § 27 Abs. 2 nicht ausüben,
3. unerlaubt Gegenstände in die Anstalt einbringen, sich daran beteiligen oder solche Gegenstände besitzen,
4. entweichen oder zu entweichen versuchen,
5. in sonstiger Weise wiederholt oder schwerwiegend gegen die Hausordnung verstoßen oder das Zusammenleben in der Anstalt stören.
(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
1. der Verweis,
2. der Widerruf einer aufgrund von § 4 Abs. 2 Satz 2 gewährten Belohnung oder Anerkennung,
3. der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu vier Wochen,
4. die Beschränkung oder der Entzug des Hörfunkempfangs bis zu vier Wochen, des Fernsehempfangs bis zu zwei Monaten,
5. die Beschränkung oder der Entzug von Gegenständen für eine Beschäftigung in der Freizeit bis zu zwei Monaten,
6. die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld bis zu 50 vom Hundert des monatlich zur Verfügung stehenden Betrags bis zu zwei Monaten,
7. die getrennte Unterbringung in der Freizeit bis zu vier Wochen und
8. Arrest bis zu zwei Wochen.
(4) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. Der Verweis kann auch mit der Anordnung, gemeinnützige Arbeit zu leisten, verbunden werden. Arrest darf nur wegen besonders schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
§ 56
Verfahren und Vollstreckung:
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei einer Verfehlung, die während der Verlegung in eine andere Vollzugsanstalt begangen wird, ist die Leitung dieser Anstalt zuständig. Wenn sich die Verfehlung gegen die Anstaltsleitung richtet, entscheidet die Aufsichtsbehörde.
(2) Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung sind sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Die Gefangenen werden gehört. Sie sind darauf hinzuweisen, dass es ihnen freisteht, sich zu äußern.
Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung der Gefangenen wird vermerkt. Bei schweren Verstößen soll vor der Entscheidung die Konferenz (§ 71 Abs. 3) beteiligt werden. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen Gefangene, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, Schwangere oder stillende Mütter ist der ärztliche Dienst zu hören. Die Entscheidung wird den Gefangenen mündlich eröffnet und schriftlich kurz begründet.
(3) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt. Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen. Disziplinarmaßnahmen, die gegen Gefangene in einer anderen Vollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. Die Befugnis nach Satz 2 steht auch der ersuchten Anstalt zu.
(4) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Die Gefangenen können dazu in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse der Gefangenen nach § 19 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 2 und den §§ 27, 29 und 30. Bevor der Arrest vollzogen wird, ist eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Während des Arrests stehen die Gefangenen unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug des Arrests unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit der Gefangenen gefährdet würde.
Dreizehnter Abschnitt Beschwerde
§ 57
Beschwerderecht:
(1) Gefangene können sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an die Anstaltsleitung wenden.
(2) Suchen Bedienstete der Aufsichtsbehörde die Anstalt auf, so ist zu gewährleisten, dass Gefangene sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.