Modalitäten der Datenerhebung

Die Vorschrift regelt die Modalitäten der Datenerhebung. Ausgehend von dem datenschutzrechtlichen Grundprinzip, dass personenbezogene Daten grundsätzlich beim Betroffenen mit seiner Kenntnis zu erheben sind (Abs. 1 Satz 1; § 12 Abs. 1 Satz 1 HDSG), wird für die Erhebung ohne Kenntnis des Betroffenen bei anderen Personen oder Stellen in Abs. 1 Satz 2 auf den Katalog des § 12 Abs. 2 und 3 HDSG verwiesen, da die dort genannten Ausnahmetatbestände auch im Rahmen des Jugendstrafvollzugs angemessen und rechtlich unbedenklich sind:

Nach § 12 Abs. 2 HDSG dürfen Daten bei öffentlichen Stellen im Einzelfall ohne Kenntnis des Betroffenen nur erhoben werden, wenn

1. eine Rechtsvorschrift dies vorsieht, zwingend voraussetzt oder der Betroffene eingewilligt hat,

2. die Bearbeitung eines vom Betroffenen gestellten Antrags ohne Kenntnis der Daten nicht möglich ist oder Angaben des Betroffenen überprüft werden müssen; der Betroffene ist darauf hinzuweisen, bei welchen Personen oder Stellen seine Daten erhoben werden können,

3. die Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit und persönliche Freiheit dies gebietet,

4. sich bei Gelegenheit der rechtmäßigen Aufgabenerfüllung Anhaltspunkte für Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ergeben oder

5. die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden können.

Nach § 12 Abs. 3 HDSG dürfen Daten beim Betroffenen und bei Dritten außerhalb des öffentlichen Bereichs ohne seine Kenntnis nur erhoben werden, wenn der Schutz von Leben und Gesundheit oder die Abwehr einer erheblichen Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen dies im Einzelfall gebietet oder eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder, soweit es sich um eine Rechtsvorschrift des Bundes handelt, zwingend voraussetzt.

Abs. 2 schränkt die Erhebung von Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, ohne Kenntnis des Betroffenen bei Personen und Stellen außerhalb der Anstalt und der Aufsichtsbehörde, weiter ein. Sie ist nur zulässig, wenn sie für das Erreichen des Erziehungsziels (§ 2 Abs. 1) oder für die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzugs einer Jugendstrafe unerlässlich ist. Überdies darf die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beinträchtigen.

Da der Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts wesentlich davon abhängt, dass der Betroffene Kenntnis darüber hat, wer was aus welcher Quelle über ihn weiß, bestimmt Abs. 3, dass bei der Datenerhebung die in § 12 Abs. 4 und 5 HDSG normierten Aufklärungs-, Hinweis- und Benachrichtigungspflichten auch im Bereich des Jugendvollzugs Anwendung finden.

Werden Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, ist er nach § 59 Abs. 3 in Verbindung mit § 12 Abs. 4 HDSG von der datenverarbeitenden Stelle in geeigneter Weise über deren Anschrift, den Zweck der Datenerhebung sowie über seine Rechte nach §8 HDSG aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst bei beabsichtigten Übermittlungen auch den Empfänger der Daten.

Werden Daten bei dem Betroffenen aufgrund einer durch Rechtsvorschrift festgelegten Auskunftspflicht erhoben, dann ist er auf die Rechtsgrundlage hinzuweisen. Im Übrigen ist er darauf hinzuweisen, dass er die Auskunft verweigern kann. Sind die Angaben für die Gewährung einer Leistung erforderlich, ist er über die möglichen Folgen einer Nichtbeantwortung aufzuklären.

Werden Daten beim Betroffenen ohne seine Kenntnis erhoben, dann ist er nach § 59 Abs. 3 in Verbindung mit § 12 Abs. 5 HDSG davon zu benachrichtigen, sobald die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben dadurch nicht mehr gefährdet wird. Die Benachrichtigung umfasst die Angabe der Rechtsgrundlage und die in

§ 12 Abs. 4 Satz 1 und 2 HDSG vorgesehene Aufklärung.

Zu § 60:

§ 60 regelt, unter welchen Voraussetzungen Daten für einen anderen als den Erhebungszweck verarbeitet, insbesondere übermittelt werden dürfen.

Ausgehend von dem datenschutzrechtlichen Grundprinzip, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nur für den Zweck weiterverarbeitet werden dürfen, für den sie erhoben oder gespeichert worden sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 HDSG), verweist Abs. 1 - wie §13 Abs. 2 Satz 1 HDSG - zunächst auf den Katalog des § 12 Abs. 2 und 3 HDSG, da die dort genannten, in der Begründung zu § 59 Abs. 1 Satz 2 im Einzelnen aufgeführten Ausnahmetatbestände auch im Rahmen des Jugendvollzugs angemessen und rechtlich unbedenklich sind:

Dies gilt insbesondere, wenn die Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit oder persönliche Freiheit dies gebietet (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 HDSG) oder wenn Anhaltspunkte für Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten vorliegen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 HDSG). Die Regelungen des Datenschutzes sollen einer Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten nicht entgegenstehen. Schutzwürdige Belange der Betroffenen sind insoweit nicht ersichtlich, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Gefangene oder andere Personen handelt. Die in § 180 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 9 StVollzG vorgesehenen Beschränkungen, dass personenbezogene Daten über Gefangene nur zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet werden, und über Personen, die nicht Gefangene sind, nur zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung verarbeitet oder genutzt werden dürfen, werden deshalb ausdrücklich nicht übernommen.

Abs. 1 Nr. 1 bis 11 enumeriert die weiteren Zwecke, für die eine Datenverarbeitung, insbesondere Übermittlung, im jeweils erforderlichen Umfang zulässig sein soll.

Es handelt sich zum einen um solche Zwecke, die unmittelbar mit der strafrechtlichen Verurteilung des Betroffenen in Zusammenhang stehen, nämlich Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen (Nr. 2), Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht (Nr. 3), Entscheidungen in Gnadensachen (Nr. 4), weiterhin solche, die im Zusammenhang mit dem Vollzug der Jugendstrafe stehen, ohne für deren Vollzug erforderlich (§ 58 Abs. 1 Satz 1) zu sein, nämlich gerichtliche Verfahren wegen Maßnahmen nach diesem Gesetz (Nr. 1), sozialrechtliche Maßnahmen (Nr. 5), die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige der Gefangenen (Nr. 6), dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten (Nr. 7), ausländerrechtliche Maßnahmen (Nr. 8), die Durchführung der Besteuerung (Nr. 9) und schließlich die Datenverarbeitung zur Ausübung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen sowie zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken (Nr. 10) sowie für gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege (Nr. 11). Nr. 5 weicht von § 180 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 StVollzG ab. Die Vorschrift ist auf sämtliche Maßnahmen der Sozialbehörden erweitert, da im Zusammenhang mit einer Inhaftierung eine Vielzahl von sozialrechtlichen Entscheidungen getroffen werden muss und eine Schutzbedürftigkeit der Gefangenendaten insoweit nicht erkennbar ist. Im Wesentlichen wird es sich hierbei um die Gewährung von Leistungen der Sozialversicherung (Arbeitslosengeld, Rente, etc.) oder der Sozialhilfe handeln. Werden die Sozialbehörden mit den erforderlichen Informationen versorgt, kann hierdurch verhindert werden, dass die Gefangenen weitere Straftaten (z.B. Sozialhilfebetrug) begehen.

Entsprechendes gilt für ausländerrechtliche Maßnahmen. Insbesondere soweit solche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verurteilung und dem Vollzug der Jugendstrafe zu treffen sind, ist ein genereller Vorrang des informationellen Selbstbestimmungsrechts gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Durchführung einer gesetzlich vorgesehenen Abschiebung nicht ersichtlich. Daher dürfen auch durch erkennungsdienstliche Maßnahmen gewonnene Daten an die Ausländerbehörde übermittelt werden, wenn und soweit dies erforderlich ist, die Identität des Gefangenen etwa für die Beschaffung von Ausweispapieren festzustellen.

Nr. 9 ist wegen der in § 37 vorgesehenen Zahlung von Ausbildungs- und Arbeitsentgelt erforderlich. Abs. 2 legt einschränkend fest, für welche sonstigen Zwecke personenbezogene Daten, die bei der Überwachung von Besuchen, des Schriftwechsels oder des Inhalts von Paketen bekannt werden, verarbeitet werden dürfen.

Abs. 3 regelt Mitteilungen und Auskünfte über die Tatsache der Inhaftierung einer Person, den Zeitpunkt der innerhalb eines Jahres bevorstehenden Haftentlassung und - gegenüber dem Verletzten einer Straftat - Informationen über die Entlassungsadresse und die Vermögensverhältnisse eines Gefangenen, soweit dies zur Feststellung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Die Vorschrift entspricht

§ 180 Abs. 5 StVollzG. Abs. 4 enthält Beschränkungen für die Weitergabe von Akten mit personenbezogenen Daten. Die Vorschrift entspricht § 180 Abs. 6 StVollzG. Abs. 5 normiert die Bindung übermittelter Daten an den Übermittlungszweck. Die Vorschrift entspricht § 181 StVollzG. Abs. 6 untersagt die Übermittlung von Daten, soweit sie dem besonderen Schutz der in § 61 Abs. 2 genannten therapeutischen Vertrauensverhältnisse unterstehen oder nach § 65 Abs. 3 und 4 gesperrt sind und keine der dort normierten Ausnahmen vorliegt, ferner, wenn sonstige besondere gesetzliche Verwendungsregeln entgegenstehen. Die Vorschrift entspricht § 180 Abs. 10 StVollzG.

Zu § 61:

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 182 StVollzG. Sie regelt den Schutz besonders sensibler personenbezogener Daten und stellt insoweit erhöhte Anforderungen an die Verarbeitung und Nutzung dieser Daten.

Abs. 1 normiert, welche Daten innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden dürfen, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist.

Abs. 2 und 3 regeln, unter welchen Voraussetzungen die den mit der Behandlung der Gefangenen betrauten Personen, die einem strafrechtlich bewehrten Berufsgeheimnis unterliegen (§ 203 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 StGB), ihre berufliche Schweigepflicht durchbrechen müssen oder dürfen.

Abs. 4 normiert die Unterrichtung der Gefangenen über die nach Abs. 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse und Offenbarungspflichten, Abs. 5 die Zweckbindung der offenbarten Daten.

Zu § 62: Abs. 1 schafft die rechtliche Grundlage für eine gemeinsame Datei im Sinne des § 15 des Hessischen Datenschutzgesetzes zu Vollzugszwecken, in der die wesentlichen Gefangenendaten sämtlicher Anstalten im Geltungsbereich dieses Gesetzes gespeichert werden und aus dieser von der Aufsichtsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben verarbeitet werden können. Für die Anstalten sind die Daten Bestandteil der jeweiligen Gefangenenakten. Eingabe, Änderung und Löschung erfolgen durch die für die Gefangene oder den Gefangenen zuständige Anstalt. Durch entsprechende Benutzerberechtigungen wird sichergestellt, dass die Anstalt ausschließlich Zugriff auf die Daten für diejenigen Gefangenen haben, für die sie zuständig sind. Die Aufsichtsbehörde ist die für die Planung, Einrichtung und Durchführung des gemeinsamen Verfahrens zuständige Stelle im Sinn des § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hessischen Datenschutzgesetzes.

Abs. 2 ermöglicht die Übermittlung der in der zentralen Datei gespeicherten Daten an oder den Abruf durch bestimmte Empfänger, die diese zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben benötigen (z.B. Aufsichtsbehörde, Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, Bewährungshelfer, etc.). Insbesondere die Polizei ist darauf angewiesen, dass die Daten nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BKAG (Beginn, Unterbrechung und Beendigung von Freiheitsentziehungen) immer auf aktuellem Stand sind, um im Fall von Personenüberprüfungen feststellen zu können, ob sich eine Person zum Zeitpunkt der Überprüfung zu Recht in Freiheit befindet. Daher gestattet Abs. 2 Satz 2 auch die automatisierte Übermittlung der Daten vom Vollzug an die Polizei.

Abs. 3 bestimmt, dass Vorkehrungen zu treffen sind, die einen Missbrauch des Übermittlungs- und Abrufverfahrens ausschließen sollen.