Aufsicht über das Sammeln von Spenden

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) warnt laut einer Pressemitteilung vom 2. April 2007 vor Spenden an das Deutsche Kinderförderwerk e.V. mit Sitz in Wetzlar. Es wird berichtet, dass der 2002 gegründete Verein 2003 nur 4,5 v.H. und 2004 nur 5,9 v.H. des bundesweiten Sammelbetrags in Höhe von insgesamt rund 370.000 für Hilfeleistungen verwendet hat. Dies ergaben Ermittlungen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier (Sammelaufsicht für Rheinland-Pfalz) in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Finanzamt. Das von der ADD für Rheinland-Pfalz verhängte Sammlungsverbot wurde am 28. März 2007 vom Oberverwaltungsgericht Koblenz bestätigt. Die Sammlungsaufsicht hatte unter anderem ca. 600 in Rheinland-Pfalz aufgestellte Sammeldosen eingezogen.

In Hessen wurde die Sammelaufsicht durch das Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörde der Landesverwaltung an die Kreisausschüsse und Gemeindevorstände zur Erfüllung nach Weisung übertragen.

Nach vorliegenden Informationen kann das Deutsche Kinderförderwerk e.V. in Hessen immer noch Spenden sammeln. Des Weiteren ist bekannt, dass auch andere Organisationen, für die in Rheinland-Pfalz ein Sammelverbot existiert, in Hessen weiterhin Spenden sammeln dürfen.

Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport:

Die Zuständigkeit für die Ausübung der Aufsicht über das landesweite Sammlungswesen wurde mit dem Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie dem Oberbürgermeister als Behörden der Landesverwaltung im Jahr 2005 den Kreisausschüssen und Magistraten der kreisfreien Städte übertragen.

Ziel der Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene war es, bürgernahe Entscheidungen sicherzustellen und effizientes Verwaltungshandeln zu befördern. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich für die Übertragung der Aufgaben auf die kommunale Ebene ausgesprochen. Die Landesregierung hat keinen Zweifel daran, dass die Kreisausschüsse und Magistrate die ihnen übertragenen Aufgaben gewissenhaft nach Recht und Gesetz wahrnehmen.

Im Rahmen der im Zusammenhang mit dem Ablauf der Befristung des Gesetzes obligatorischen Evaluierung wird die Regelung insgesamt auf ihre Bewährung in der Praxis überprüft. In diese Evaluierung werden u.a. auch die Erkenntnisse und Erfahrungen der Kreisausschüsse und Magistrate der kreisfreien Städte im Zusammenhang Anwendung des Sammlungsgesetzes einbezogen.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Effektivität der Aufsicht über das Einsammeln von Spenden überregional tätiger Organisationen, nachdem die Zuständigkeit Kommunalisiert wurde?

Durch die Neuordnung der sammlungsrechtlichen Zuständigkeiten durch Gesetz vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229) hat sich die Effektivität der Aufsicht nicht erkennbar geändert. Die Regelung wird rechtzeitig vor Ablauf der Befristung am 31. Dezember 2009 evaluiert.

Frage 2. Wurde in Hessen seit der Kommunalisierung dieser Aufgabe schon mal ein Spendensammelverbot ausgesprochen?

Die Kreissammlungsbehörden haben seit dem genannten Zeitpunkt kein Sammlungsverbot erlassen; auf eine Abfrage der Gemeindevorstände, die für die Sammlungen zuständig sind, die auf das Gemeindegebiet beschränkt sind, ist verzichtet worden.

Frage 3. Sind die Ordnungsämter ausreichend darüber informiert, dass sie auch für die Kontrolle "nicht genehmigungspflichtiger Spenden" zuständig sind?

Die Landesregierung geht davon aus, dass den zuständigen Behörden der Inhalt des Sammlungsgesetzes vertraut ist.

Frage 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass Organisationen, denen das Einsammeln von Spenden in anderen Bundesländern untersagt wurde, in Hessen weiterhin Spenden einwerben dürfen?

Das Sammlungsrecht unterscheidet zwischen erlaubnisbedürftigen und erlaubnisfreien Sammlungen. Nur für bestimmte Sammlungsformen, nämlich für solche, bei denen von Angesicht zu Angesicht um Spenden gebeten wird, hat der Gesetzgeber einen hoheitlichen Erlaubnisvorbehalt für erforderlich gehalten, um den eingeschränkten Prüfungs- und Überlegungsmöglichkeiten der Angesprochenen, noch dazu in einer gewissen psychologischen Drucksituation, Rechnung zu tragen. Bei anderen Sammlungsformen, wie zum Beispiel durch aufgestellte Sammeldosen, geht das Gesetz nicht von einem vergleichbaren Schutzbedarf aus und überlässt es dem Einzelnen, sich - gegebenenfalls nach Einholung von Informationen - für eine Spende zu entscheiden. Für diese nicht erlaubnisbedürftigen Sammlungen besteht lediglich eine behördliche Mißbrauchsaufsicht, die ein Sammlungsverbot zulässt, wenn Zweifel bestehen, dass durch die Sammlung oder durch die Verwendung des Ertrages die öffentlicher Sicherheit und Ordnung gestört werden, oder wenn keine Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung oder der zweckentsprechenden Verwendung der Sammlungserträge gegeben ist. Vor diesem Hintergrund sind sammlungsrechtliche Entscheidungen aus anderen Bundesländern eine wichtige Informationsquelle für die hessischen Sammlungsbehörden; sie entbinden aber nicht von eigenen Ermittlungen und einer eigenen sammlungsrechtlichen Bewertung des hessenbezogenen Sachverhalts.

Frage 5. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Verwendung der Spendengelder des Deutschen Kinderförderwerk e.V. vor und wurde von der Organisation aussagekräftiges Informationsmaterial (Finanzberichte) angefordert?

Zuständige Sammlungsbehörde für den genannten Verein ist der Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises. Aufgrund von Informationen über eine Verwendung von Spendengeldern zu anderen als gemeinnützigen oder karitativen Zwecken wurden Finanzberichte angefordert, die derzeit überprüft werden.

Frage 6. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Verwendung der Spendengelder des Welt Kinder Fond vor und wurde von der Organisation aussagekräftiges Informationsmaterial (Finanzberichte) angefordert?

Nach Erkenntnissen der hessischen Kreissammlungsbehörden ist der Verein in Hessen bisher sammlungsrechtlich nicht in Erscheinung getreten; Sitz des Vereins ist inzwischen Bonn.

Frage 7. Wie beurteilt die Landesregierung die Aussage des ADD, dass Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der Geldspenden bestehen, da die Spenden nicht unmittelbar dem beworbenen karitativen Zweck zugeführt, sondern von dem Verein zu diesem Zweck an eine in der Schweiz ansässigen Stiftung "geschenkt" werden?

Die Erkenntnisse der rheinland-pfälzischen Sammlungsaufsicht werden im Rahmen der Prüfung durch den Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises berücksichtigt; die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.

Frage 8. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Verwendung der Spendengelder des World Childrens Fund (www.worldchildrensfund.org) vor und wurde von der Organisation aussagekräftiges Informationsmaterial (Finanzberichte)angefordert?

Nach Erkenntnissen der hessischen Kreissammlungsbehörden ist der Verein in Hessen bisher sammlungsrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Frage 9. Wie beurteilt die Landesregierung die in den Fragen 4 und 5 aufgeführten Organisationen des Dr. Joseph Lam und die ordnungsgemäße Verwendung der gesammelten Spendengelder?

Hinsichtlich des in Frage 5 genannten Vereins wird die derzeit laufende Prüfung durch den Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises zu einer samm

lungsrechtlichen Bewertung der diesbezüglichen Vereinsaktivitäten führen.

Hinsichtlich des in Frage 6 genannten Vereins besteht mangels einer Sammlungstätigkeit in Hessen derzeit keine Veranlassung für eine sammlungsrechtliche Prüfung.

Frage 10. Hat der Welt Kinder Fond nach seinem Umzug nach Frankfurt den Status der Gemeinnützigkeit erhalten?

Die Beantwortung ist aufgrund des Steuergeheimnisses (§ 30 Abgabenordnung - AO) nicht möglich. Durch das Steuergeheimnis wird alles geschützt, was dem Amtsträger oder einer ihm gleichgestellten Person in einem steuerlichen Verfahren über den Steuerpflichtigen oder andere Personen bekannt geworden ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Tatsachen für die Besteuerung relevant sind oder nicht. Das Steuergeheimnis erstreckt sich demnach auf die gesamten persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person. Zu den Verhältnissen zählen auch das Verwaltungsverfahren selbst, die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maßnahmen, die vom Beteiligten getroffen wurden. So unterliegt z. B. auch dem Steuergeheimnis, ob und bei welcher Finanzbehörde ein Beteiligter steuerlich geführt wird, ob ein Steuerfahndungsverfahren oder eine Außenprüfung stattgefunden hat, wer für einen Beteiligten im Verfahren aufgetreten ist und welche Anträge gestellt worden sind. Die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit zählt zu diesen Verwaltungsverfahren und ist somit durch das Steuergeheimnis geschützt.

Will ein Spender darüber Auskunft erlangen, ob seine Spende an eine Organisation steuerlich abzugsfähig ist, gilt Folgendes: Auskünfte darüber, ob eine Körperschaft wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke steuerbegünstigt ist oder nicht, sind dem Spender nur dann zu erteilen, wenn

- er im Besteuerungsverfahren die Berücksichtigung der geleisteten Spende beantragt (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. mit Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO),

- die Körperschaft ihm den Tatsachen entsprechend mitgeteilt hat, dass sie zur Entgegennahme steuerlich abzugsfähiger Spe nden berechtigt ist, oder

- die Körperschaft wahrheitswidrig behauptet, sie sei zur Entgegennahme steuerlich abzugsfähiger Spenden berechtigt (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i. V. mit Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a, vgl. auch § 85 AO); die Richtigstellung kann öffentlich erfolgen, wenn die Körperschaft ihre wahrheitswidrige Behauptung öffentlich verbreitet.

Ansonsten ist der Spender bei Anfragen stets an die Körperschaft zu verweisen, sofern keine Zustimmung der Körperschaft zur Auskunftserteilung vorliegt.

Frage 11. Wie lange wurde dieser bescheinigt und wurde sichergestellt, dass dadurch dem Staat entgangene Einnahmen von den Verantwortlichen wieder zurückgeholt wurden?

Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen.

Frage 12. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, damit "dubiosen Organisationen" das Einsammeln von Spenden in Hessen untersagt wird und das bereits gesammelte Spenden dem eigentlichen Zweck der Sammlung zugeführt werden?

Die Landesregierung stellt den hessischen Sammlungsbehörden alle sammlungsrechtlich relevanten Informationen zur Verfügung, die sie vornehmlich im Wege des Informationsaustausches mit anderen Ländern erhält. Im Übrigen werden die originär zuständigen Sammlungsbehörden bei gegebener Veranlassung in eigener Verantwortung tätig.