Anforderungen an ein modernes Bestattungsrecht ­ gesellschaftliche Bedürfnisse in der Novelle umsetzen

Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit über die angekündigte Novellierung des Bestattungsrechts in Bayern und die dabei vorgesehenen Neuregelungen zur Modernisierung des Gesetzes zu berichten.

Dabei soll berichtet werden, wann die Novelle des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung, die von der Staatsregierung für die 16. Legislaturperiode angekündigt worden ist, vorgelegt werden soll, und insbesondere auf folgende Fragen eingegangen werden:

1. Religiöse Minderheiten

Wie wird die Novelle auf die Bedürfnisse religiöser Minderheiten eingehen und eine problemfreie Bestattung nach nicht-christlichen Riten als Normalfall jenseits von Ausnahmeregelungen ermöglichen?

Was weiß die Staatsregierung über die Zahl an Überführungen zur Beisetzung ins Ausland vor allem bei verstobenen muslimischen Bürgerinnen und Bürgern aus Bayern?

Sieht die Staatsregierung die Möglichkeit zur Einrichtung muslimischer Friedhöfe oder Gräberfelder in Bayern, so wie auch andere religiöse Minderheiten über eigene Friedhöfe verfügen und was in anderen Bundesländern schon länger praktiziert wird?

Können den Anforderungen einer islamischen Bestattung auf bayerischen Friedhöfen Rechnung getragen werden (z.B. Ausrichtung des Leichnams nach Mekka, Aufhebung der Sargpflicht, Bestattung innerhalb von 24 Stunden etc.)?

Soll die Sargpflicht gemäß § 30 der Verordnung zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung, aufgehoben werden oder zumindest eine Vorschrift aufgenommen werden, die Ausnahmen von der Sargpflicht zulässt, wenn eine Bestattung ohne einen Sarg aus religiösen Gründen beantragt wird?

Sollen die Gemeinden verpflichtet werden, Ausnahmen von der Bestimmung des § 18 Abs. 1 nach der Bestattungen frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes zulässig sind, aus religiösen Gründen zuzulassen?

Sollen Gemeinden in Art. 7 verpflichtet werden, Räume für eine Leichenwaschung zur Verfügung zu stellen und zu unterhalten, wenn dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht?

2. Moderne und nicht religiöse Bestattungsformen

Wird die Novelle die rechtlichen Voraussetzungen für die Möglichkeit schaffen, dass die Angehörigen die Urne mit der Totenasche zur Aufbewahrung ausgehändigt bekommen, insofern dies zu Lebzeiten von den Verstorbenen so verfügt worden ist?

Wie viele Bestattungswälder und andere naturnahe Bestattungsorte gibt es derzeit in Bayern?

Was weiß die Staatsregierung über die Nachfrage nach dieser Bestattungsform?

Gibt es Bestattungswälder in den Bayerischen Staatsforsten?

3. Recht und Pflichten eingetragener Lebenspartner und -partnerinnen.

Soll die Novelle die Rechte und Pflichten eingetragener Lebenspartner und -partnerinnen beim Tod des Partners stärken?

Sieht sie vor, dass eingetragene Lebenspartner und -partnerinnen gleich Ehegatten und -gattinnen nach dem Tod des Partners oder der Partnerin berechtigt und verpflichtet sind, die Bestattung zu organisieren?

Begründung:

Die Staatsregierung hat (z.B. im Jahr 2009 in Drs. 16/1957) angekündigt, eine Novellierung des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung stehe demnächst an. Eine solche Neufassung des Bestattungsrechts in Bayern muss den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte ­ unter anderem durch die Einwanderung von Menschen anderen Glaubens, durch die rechtliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften oder die Zunahme des konfessionell ungebundenen Bevölkerungsanteils und den Wunsch nach neuen und nicht religiösen Bestattungsformen ­ berücksichtigen. Ein modernes Bestattungsrecht darf die Wünsche der Betroffenen nicht mit Verweis auf Traditionen einschränken, sondern nur aus Gründen des Allgemeinwohls.

Hierzu gehört, die Bestattung nach islamischen Ritus nicht nur durch Ausnahmenregelungen zu ermöglichen, sondern die Gemeinden generell zu verpflichten, diese prinzipiell als Normalfall zu gestatten. Wenn Menschen, die in Deutschland gelebt oder sogar geboren sind, zur Bestattung in das Heimatland der Vorfahren überführt werden, weil die Familien ihren Ritus hier nicht oder nicht vollständig ausüben können, ist dies ein Zeichen eines mangelndem Integrationsangebots durch den Staat. Die Staatsregierung hat in bereits genannter Drucksache angegeben, die Sargpflicht im Rahmen der Novellierung auch aus Gründen der Deregulierung eingehend zu prüfen.

Zudem ist nach dem Bestattungsrecht der meisten deutschen Bundesländer der Lebenspartner bzw. die -partnerin gleich einem Ehepartner bzw. der -partnerin berechtigt und verpflichtet, für die Bestattung des verstorbenen Lebenspartners zu sorgen. Dies sollte auch für Bayern gelten, um der Nicht-Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnern gerecht zu werden.

Schließlich wünschen sich immer mehr Menschen andere, unter Umständen auch nicht religiöse Bestattungsformen wie etwa die Beisetzung in einem Bestattungswald oder auch die Aufbewahrung der Urne durch Angehörige und nicht die zwangsläufige Beisetzung auf einem Friedhof. Auch hier kann sich Bayern liberalere Bestattungsgesetze, auch aus anderen europäischen Staaten, als Vorbild nehmen, um den Bedürfnissen der Menschen in diesem sehr persönlichen Bereich gesetzlich entgegenzukommen.