Stellung der Untersuchungsgefangenen

Um gleichwohl eine weitgehende Trennung der Untersuchungsgefangenen von anderen Strafgefangenen sicherzustellen, wird die Untersuchungshaft in den Justizvollzugsanstalten vorrangig in besonderen Abteilungen vollzogen, soweit dies ­ insbesondere nach den räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnissen der Anstalt ­ möglich ist. Gegebenenfalls können nach Art. 9 auch Verlegungen in andere Justizvollzugsanstalten mit solchen Abteilungen in Betracht kommen, wobei in solchen Fällen im Interesse der Untersuchungsgefangenen, ihrer Familienangehörigen, aber auch ihrer Verteidiger sowie der verfahrensführenden Gerichte und Staatsanwaltschaften einer möglichst heimatnahen Unterbringung besondere Bedeutung zukommt. Die Untersuchungsgefangenen sollen in geeigneten Fällen auf die Möglichkeit hingewiesen werden, entsprechende Verlegungsanträge zu stellen.

Zu Teil 2

Zu Artikel 2:

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen Nr. 1 Abs. 1 der und beschreibt den Zweck des Untersuchungshaftvollzugs. Der Vollzug der Untersuchungshaft hat neben der Sicherung des Strafverfahrens keinen eigenständigen Zweck. Es besteht anders als im Strafvollzug kein Behandlungsauftrag; eine Sonderregelung für die erzieherische Ausgestaltung des Vollzugs bei jungen Untersuchungsgefangenen enthält Art. 30 Abs. 1. Es ist (außer im Rahmen des Haftgrunds der Wiederholungsgefahr nach § 112a auch nicht Zweck des Untersuchungshaftvollzugs, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

Der Zweck der Untersuchungshaft bestimmt sich im Einzelfall nicht ausschließlich nach dem im Haftbefehl benannten Haftgrund. Es kann auch auf die im speziellen Fall nicht herangezogenen Haftgründe zurückgegriffen werden. Vor allem zur Vermeidung einer Verdunkelungsgefahr ist eine Maßnahme auch zulässig, wenn die Inhaftierung nur wegen Fluchtgefahr erfolgte (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 52. Auflage 2009, § 119 Rdnr. 12 m.w.N.). Ggf. muss die Anstalt auf ihre Eilzuständigkeit aus § 119 Abs. 1 Satz 4 zurückgreifen.

Zu Artikel 3:

Die Vorschrift enthält als Grundnorm die maßgeblichen Regelungen über die Stellung der Untersuchungsgefangenen im Vollzug.

Abs. 1 betont als grundlegendes Prinzip die für die Untersuchungsgefangenen geltende und aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus Art. 6 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten resultierende Unschuldsvermutung.

Sie prägt den gesamten Haftvollzug und ist bei sämtlichen die Untersuchungsgefangenen belastenden Maßnahmen zu beachten.

Der Entwurf stellt sie daher bewusst an den Anfang der Regelung über die Stellung der Untersuchungsgefangenen im Vollzug.

Abs. 2 entspricht Nr. 18 Abs. 3 Satz 1 und regelt als Ausfluss der Unschuldsvermutung, dass Untersuchungsgefangene auf die Gestaltung ihres Alltagslebens auch in Haft Einfluss nehmen können, soweit dies mit dem Zweck der Untersuchungshaft und der Sicherheit und Ordnung der Anstalt vereinbar ist.

Abs. 3 übernimmt den Regelungsinhalt von Nr. 1 Abs. 2 und enthält eine Generalklausel für vollzugliche Beschränkungen der Untersuchungsgefangenen, soweit keine spezialgesetzlichen Regelungen bestehen. Die Regelung macht deutlich, dass das Gesetz Beschränkungen der Untersuchungsgefangenen nur aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt ermöglicht. Auf Grund der Neuordnung des Kompetenzgefüges im Bereich der Untersuchungshaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz für derartige Beschränkungen, während verfahrenssichernde Beschränkungen weiterhin auf Grund Bundesrechts (§ 119 angeordnet werden können. Gegenüber einem Untersuchungsgefangenen werden daher in den meisten Fällen verfahrenssichernde Beschränkungen (in der Regel durch das Gericht) und Beschränkungen aus Sicherheits- und Ordnungsgründen (regelmäßig durch die Anstalt) nebeneinander angeordnet werden. Beide Arten von Beschränkungen bestehen unabhängig voneinander. Sie können sich inhaltlich decken (insbesondere bei Beschränkungen zur Abwehr einer Fluchtgefahr, die mit solchen aus Gründen der Sicherheit der Anstalt vielfach übereinstimmen werden), so dass gleichlautende oder ähnliche Beschränkungen gegenüber dem gleichen Untersuchungsgefangenen durch mehrere Stellen angeordnet werden können. Umgekehrt bedeutet der Verzicht des Gerichts auf eine bestimmte verfahrenssichernde Beschränkung nicht, dass die Anstalt daran gehindert wäre, eine entsprechende Beschränkung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu erlassen. Dies mag für die Untersuchungsgefangenen zunächst unübersichtlich erscheinen, ist aber durch die Kompetenzverteilung in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG vorgegeben.

Nur soweit verfahrenssichernde Anordnungen nach der bereits erlassen sind und durch die Anstalt im Vollzug der Untersuchungshaft umgesetzt werden müssen, enthält der Entwurf in Abs. 3 ergänzend und klarstellend eine Befugnisnorm für die Anstalt im Bereich der Verfahrenssicherung. Hierdurch wird der Anstalt aber lediglich die rechtliche Grundlage zur Umsetzung der gerichtlichen Anordnung zur Verfügung gestellt, nicht aber die Befugnis, eigene verfahrenssichernde Anordnungen zu treffen.

Dass Beschränkungen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angeordnet werden dürfen, wird in Abs. 4 ausdrücklich klargestellt.

Abs. 5 unterstreicht das Recht der Untersuchungsgefangenen auf eine effektive Verteidigung, das während der gesamten Zeit der Untersuchungshaft und bei sämtlichen in diesem Zusammenhang zu treffenden Beschränkungen zu beachten ist.

Zu Artikel 4:

Die Vorschrift normiert in Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und in Anlehnung an Art. 5 Abs. 1 und 2 wesentliche Gestaltungsgrundsätze, die beim Vollzug der Untersuchungshaft zu beachten sind.

Abs. 1 regelt den Angleichungsgrundsatz als einen der elementaren Gestaltungsgrundsätze des Untersuchungshaftvollzugs. Gerade den als unschuldig geltenden Untersuchungsgefangenen sollen soweit als möglich Lebensverhältnisse gestattet werden, die denjenigen in Freiheit entsprechen. Dieser Grundsatz ist bei der Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzugs durch die Anstalten zu beachten; unmittelbare Rechte können die Untersuchungsgefangenen aus dieser Vorschrift jedoch nicht herleiten.

Das Vollzugsleben ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, nicht also den konkreten Lebensverhältnissen der einzelnen Untersuchungsgefangenen. Andernfalls würde ein Klassenvollzug drohen, in welchem wohlhabende Untersuchungsgefangene mit gehobenem Lebensstil in vergleichsweise luxuriösen Hafträumen untergebracht würden und auch in Haft eine Vielzahl von Annehmlichkeiten genießen könnten, während umgekehrt für weniger gut gestellte Untersuchungsgefangene lediglich eine Erfüllung einfacher Bedürfnisse sichergestellt wäre.

Eine derartige Vollzugsgestaltung würde zu unerträglichen Spannungen zwischen den Untersuchungsgefangenen führen und die

Anstaltsordnung massiv gefährden, ist aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen.

Der Angleichungsgrundsatz wird durch das Gesetz in zweierlei Hinsicht begrenzt. Zum einen darf der Zweck der Untersuchungshaft nicht gefährdet werden. Für eine solche Bestimmung besteht auch eine Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, da es sich insoweit nicht um eine verfahrenssichernde Beschränkung der Freiheiten der Untersuchungsgefangenen handelt, sondern um eine Einschränkung der Angleichungsmöglichkeiten der Vollzugsgestaltung durch die Anstalt. Zum anderen ist bei der Umsetzung des Angleichungsgrundsatzes auf die Wahrung der Erfordernisse eines geordneten Lebens in der Anstalt zu achten.

Der in Abs. 2 normierte Gegensteuerungsgrundsatz nimmt die Anstalt darüber hinaus in die Pflicht, schädlichen unbeabsichtigten Nebenfolgen der Inhaftierung aktiv entgegenzuwirken. In den meisten Fällen werden Untersuchungsgefangene von der Inhaftierung weitgehend unvorbereitet getroffen. Daraus resultieren zum einen eine verstärkte psychische Belastung, zum anderen typischerweise aber auch Probleme im sozialen Bereich (zwischenmenschliche Beziehungen, Arbeitsplatz), die insbesondere zu Beginn der Haftzeit einer Lösung zugeführt werden müssen. Dabei haben die Untersuchungsgefangenen keinen Rechtsanspruch auf bestimmte Maßnahmen oder eine spezifische Hilfeleistung. Die Anstalt hat aber ein entsprechendes Angebot vorzuhalten, auf das die Untersuchungsgefangenen im Einzelfall zurückgreifen können.

Abs. 2 Satz 2 wird in Art. 26 näher konkretisiert.

Abs. 3 normiert in Anlehnung an Nr. 1 Abs. 3 Satz 1 ausdrücklich den besonderen Schutz von Persönlichkeit und Ehrgefühl der Untersuchungsgefangenen.

Zu Artikel 5:

Die Vorschrift stellt einen grundlegenden Ausfluss der Unschuldsvermutung und der daran orientierten Behandlung der Untersuchungsgefangenen in der Anstalt dar.

Abs. 1 normiert insoweit in Anlehnung an das bisherige Recht (§ 119 Abs. 1 Satz 2 a.F., Nr. 22 Abs. 1 sowie die Regelung in Art. 1 Abs. 2 den Trennungsgrundsatz. Untersuchungsgefangene sollen von Gefangenen anderer Haftarten, insbesondere von Strafgefangenen, getrennt bleiben, damit nicht der Eindruck einer Strafhaft entsteht. Darüber hinaus sollen negative Einflüsse durch Strafgefangene weitgehend vermieden werden.

Der Hinweis in Abs. 1 Satz 3 auf Art. 11 Abs. 2 stellt klar, dass z. B. gemeinsame Arbeit und Ausbildung oder auch gemeinsame Freizeitveranstaltungen mit Strafgefangenen möglich sind, soweit sich nicht eigene Gruppen nur für Untersuchungsgefangene bilden lassen.

Abs. 2 Satz 1 schreibt entsprechend zu den Regelungen in Nr. 22 Abs. 3 bzw. Art. 166 Abs. 3 die Trennung von weiblichen und männlichen Untersuchungsgefangenen vor.

Abs. 1 Sätze 4 und 5 sowie Abs. 2 Satz 2 tragen dem Umstand Rechnung, dass äußere Gegebenheiten vorliegen können, die Ausnahmen vom Trennungsgrundsatz nach Abs. 1 oder Abs. 2 gebieten oder zumindest erlauben.

Solche äußeren Umstände können im Falle des Abs. 1 vollzugsorganisatorisch (beispielsweise infolge der geringen Zahl von Untersuchungsgefangenen in einer Anstalt), aber auch durch verfahrenssichernde Anordnungen nach § 119 (wie Trennungsgebote von anderen Untersuchungsgefangenen) bedingt sein. Eine gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen kann den Untersuchungsgefangenen auch Vorteile ­ wie einen verbesserten Zugang zu Arbeits- oder anderen Behandlungsangeboten ­ einbringen. Da die Unschuldsvermutung nicht dazu führen soll, dass Untersuchungsgefangene schlechter gestellt werden als Strafgefangene, sind Ausnahmen vom Trennungsgrundsatz auch dann zulässig, wenn die Untersuchungsgefangenen zustimmen. Diese Zustimmung kann von den Untersuchungsgefangenen auch widerrufen werden, allerdings darf ein solcher Widerruf nicht zur Unzeit (z.B zur Nachtzeit) erfolgen. Im Fall der Zustimmung kann eine gemeinsame Unterbringung mit Gefangenen anderer Haftarten auch dauerhaft erfolgen. Im Übrigen ist zum Schutz des oder der einzelnen Untersuchungsgefangenen ist in den Fällen des Abs. 1 Satz 5 geregelt, dass dieser oder diese nur vorübergehend gemeinsam mit Gefangenen anderer Haftarten untergebracht werden dürfen.

Behandlungsangebote im Sinne des Abs. 2 Satz 2, bei denen eine gemeinsame Teilnahme von männlichen und weiblichen Gefangenen nicht ausgeschlossen sein muss, können beispielsweise Bildungsmaßnahmen oder Freizeitveranstaltungen, therapeutische Maßnahmen oder seelsorgerische Veranstaltungen sein. Soweit weibliche Untersuchungsgefangene nicht in einer überwiegend mit Frauen belegten Justizvollzugsanstalt untergebracht sind, würde andernfalls das Trennungsgebot in den mit lediglich gesonderten Abteilungen für weibliche Untersuchungsgefangene ausgestatteten Anstalten dazu führen, dass die weiblichen Untersuchungsgefangenen auf Grund ihrer vergleichsweise geringen Zahl an vielen solchen Angeboten der Anstalt nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen könnten. Die gemeinsame Unterbringung von männlichen und weiblichen Gefangenen egal welcher Haftart in einem Haftraum ist jedoch auch nach Abs. 2 Satz 2 nicht zulässig.

Zu Artikel 6:

Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit für alle im Rahmen des Entwurfs normierten Entscheidungen im Untersuchungshaftvollzug.

Gemäß § 119 Abs. 6 war nach bisherigem Recht das Gericht nicht nur für verfahrenssichernde, sondern auch für vollzugliche Anordnungen zuständig. Auf Grund der größeren Sachnähe und der besseren Kenntnisse hinsichtlich vollzuglicher Belange wird die Zuständigkeit für die nach diesem Entwurf notwendigen Entscheidungen nunmehr der Anstalt zugewiesen. Damit folgt der Entwurf einem seit langem bestehenden Bedürfnis der Praxis.

Gleichzeitig wird das Verfahren bei vollzuglichen Entscheidungen vereinfacht und beschleunigt. Verfassungsrechtliche Hindernisse bestehen nicht, da Art. 104 GG lediglich die Entscheidung über das Ob einer Freiheitsentziehung dem Richter vorbehält (also letztlich den Bereich, der weiterhin durch den Bund in der geregelt wird). Über die Ausgestaltung des Vollzugs der Untersuchungshaft kann dagegen auch durch die Vollzugsverwaltung entschieden werden.

Art. 6 weist die Entscheidungskompetenz innerhalb der Anstalt der Anstaltsleitung zu, da diese die Gesamt- und Letztverantwortung zu tragen hat. Es bleibt der Anstaltsleitung aber nach Art. 42 Satz 1 i.V.m. Art. 177 unbenommen, entsprechende Entscheidungen auf andere Bedienstete zu delegieren.

Zu Artikel 7:

Die Vorschrift ergänzt § 114d und § 114e und unterstreicht die Bedeutung einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Anstalt.

Abs. 1 stellt deklaratorisch die Verpflichtung zur Beachtung und Umsetzung verfahrenssichernder Anordnungen fest. Die Verpflichtung der Anstalt, die Anordnungen des Gerichts oder der Seite 18 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/9082

Staatsanwaltschaft zu befolgen bzw. umzusetzen, soweit ihr nicht selbst eine Zuständigkeit durch die (z.B. für Eilanordnungen) zugewiesen wird, ergibt sich unmittelbar aus den einschlägigen Vorschriften der und wird durch die Befugnis zur Umsetzung dieser Anordnungen nach Art. 3 Abs. 3 ergänzt. Die Anstalt ist dadurch allerdings nicht daran gehindert, nach den Vorschriften dieses Entwurfs Anordnungen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu treffen, wenn das Gericht oder die Staatsanwaltschaft in einem bestimmten Bereich Anordnungen aus verfahrenssichernden Gründen nicht getroffen hat.

Abs. 2 betont besonders die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und wechselseitigen Information über für die jeweils andere Stelle bedeutsame Informationen.

So können insbesondere Beschränkungen, welche die Anstalt den Untersuchungsgefangenen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung auferlegt, wie etwa die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum, Bedeutung für die Durchführung des strafprozessualen Verfahrens haben. Beispielsweise kann in diesem Zusammenhang die Verhandlungsfähigkeit der Untersuchungsgefangenen berührt sein. Das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ist in solchen Fällen auf eine Unterrichtung durch die Anstalt angewiesen, um geeignete prozessuale Schritte wie eine Begutachtung der Untersuchungsgefangenen einleiten zu können.

Ebenso sind gerade im Rahmen umfangreicher Strafverfahren etwa aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität das Gericht und die Staatsanwaltschaft auf Informationen aus dem vollzuglichen Bereich angewiesen, soweit diese den Inhalt des Strafverfahrens berühren. So kann beispielsweise das Auffinden unerlaubter Gegenstände (Betäubungsmittel, Kassiber u.a.) für weitere Ermittlungsansätze von erheblicher Bedeutung sein. Ebenso können Informationen über den weiteren Vollzugsablauf, etwa Überstellungen in andere Anstalten, unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Trennung von anderen Untersuchungsgefangenen relevant sein.

Die Anstalten sind gehalten, insoweit Gericht und Staatsanwaltschaft umfassend zu informieren. Voraussetzung hierfür ist aber ­ schon um eine ungeordnete Informationsflut zu vermeiden ­, dass auch Gericht und Staatsanwaltschaft die Anstalt über solche Anhaltspunkte unterrichten, aus denen sich wiederum erst das Informationsbedürfnis dieser Stellen ergibt. Gerade bei Strafverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität ist es insoweit von essentieller Bedeutung, dass die Anstalt von Gericht bzw. Staatsanwaltschaft überhaupt erfährt, dass bei bestimmten Untersuchungsgefangenen ein erhöhtes Informationsbedürfnis besteht ­ und in welchem Bereich genau.

Umgekehrt sind aber auch Gericht und Staatsanwaltschaft gehalten, die Anstalt von Tatsachen zu unterrichten, die für Sicherheit und Ordnung der Anstalt von Relevanz sind. Die Informationspflicht darf insoweit keine Einbahnstraße sein, da auch die Anstalt darauf angewiesen ist, etwaige sicherheitsrelevante Informationen aus dem Verfahren zu erhalten, um dadurch letztlich auch die sichere Unterbringung der Untersuchungsgefangenen gewährleisten zu können.

Dass die Zusammenarbeit von Gericht, Staatsanwaltschaft und Anstalt auch der Wahrung der Rechte der Untersuchungsgefangenen zu dienen hat, wird in Abs. 2 Satz 3 ausdrücklich klargestellt.

Zu Teil 3

Zu Artikel 8:

Die Vorschrift enthält Regelungen über die Aufnahme der Untersuchungsgefangenen in die Anstalt.

Abs. 1 ergänzt § 114d Abs. 1 Der Bundesgesetzgeber hat davon abgesehen, eine ausdrückliche Regelung zur Abweichung vom Vollstreckungsplan aus verfahrensbezogenen Gründen durch das Gericht zu treffen. Eine solche muss aber gleichwohl möglich sein, ggf. über § 119 Abs. 1 (besondere Trennungsanordnung).

Im Regelfall sollte das Gericht vor einer Einweisung in Abweichung vom Vollstreckungsplan zunächst den Kontakt mit der in Betracht gezogenen Anstalt aufnehmen, um sicherzustellen, dass die Anstalt nach ihren spezifischen Verhältnissen, insbesondere unter Sicherheitsaspekten, für die betreffenden Untersuchungsgefangenen auch geeignet ist.

Da in der Vergangenheit immer wieder Fälle aufgetreten sind, in denen Gerichte Untersuchungsgefangene in Anstalten eingewiesen haben, die beispielsweise auf Grund ihrer niedrigen Sicherheitsstufe oder auf Grund der Unterbringungssituation nicht geeignet für die jeweiligen Untersuchungsgefangenen waren, ist es angebracht, den Anstalten die Möglichkeit einzuräumen, auf solche unter vollzuglichen Aspekten untunlichen Fehleinweisungen korrigierend zu reagieren. In diesen Fällen können die Anstalten von ihrer Befugnis zur Verlegung nach Art. 9 Gebrauch machen.

Abs. 2 und 3 entsprechen im Wesentlichen der Regelung in Art. 7 und ersetzen Nr. 16 Abs. 2 und 3.

Von besonderer Bedeutung für einen ordnungsgemäßen Vollzugsablauf gerade bei haftunerfahrenen Untersuchungsgefangenen ist die Unterrichtung über ihre Rechte und Pflichten im Vollzug nach Abs. 2 Satz 1 in einer für sie verständlichen Form. Um insbesondere bei haftunerfahrenen Untersuchungsgefangenen zu vermeiden, dass es aufgrund von Unkenntnis über den weiteren Verlauf des Strafverfahrens zu Problemen im Vollzug der Untersuchungshaft kommt, sollen die Untersuchungsgefangenen im Rahmen der Belehrung nach Abs. 2 Satz 1 auch noch einmal über ihre Rechte nach § 114b Abs. 2 belehrt werden. Wesentlich sind zudem das Zugangsgespräch und die alsbald erfolgende ärztliche Untersuchung nach Abs. 2 Sätze 2 und 3.

Das Persönlichkeitsrecht der Untersuchungsgefangenen ist als Ausfluss ihrer Stellung nach Art. 3 ohnehin während des gesamten Vollzugs zu wahren. Abs. 3 stellt zusätzlich klar, dass beim Aufnahmeverfahren das Persönlichkeitsrecht der Untersuchungsgefangenen in besonderem Maße zu berücksichtigen ist, da die Situation in der ersten Phase der Inhaftierung besonders belastend ist. Dies bedeutet insbesondere, dass beim Aufnahmeverfahren in der Regel andere Gefangene nicht zugegen sein dürfen. Ausnahmsweise kann aber bei sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten die Hilfe eines oder einer sorgfältig ausgewählten Mitgefangenen in Anspruch genommen werden.

Eine körperliche Durchsuchung von Untersuchungsgefangenen und ihrer Sachen bei der Aufnahme ist selbstverständlich, um die Einbringung von unerlaubten Gegenständen, namentlich Waffen oder Drogen, zu unterbinden (Art. 42 Satz 1 i. V. m. Art. 91 Die Aufnahme einer Nr. 16 Abs. 1 entsprechenden Vorschrift ist daher nicht erforderlich. Bei der körperlichen Durchsuchung sind allerdings die Maßgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 2009, 253 ff.) zu beachten. Einer gesetzlichen Erwähnung bedarf es insoweit nicht, weil das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Beschluss wesentlich auf die Bedeutung der konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt hat, die sich einer generalisierenden Betrachtung entziehen.

Zu Artikel 9

Die Vorschrift regelt Verlegungen und Überstellungen aus vollzuglichen Gründen. Werden Verlegungen oder Überstellungen aus verfahrenssichernden Gründen notwendig, kann sie das Gericht nach der Generalklausel des § 119 Abs. 1 anordnen.