Untersuchungsgefangenen

Soweit die Rechte der Untersuchungsgefangenen nach Abs. 2 bis 4 beschränkt werden können, handelt es sich um ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG. Bei der Ausübung des Ermessens sind die Grundrechte, insbesondere das Recht auf Informationsfreiheit, zu beachten. Werden entsprechende Einschränkungen aus Gründen der Verfahrenssicherung nötig, kann sie das Gericht nach § 119 Abs. 1 anordnen.

Zu Artikel 14

Die Vorschrift regelt die persönliche Lebenshaltung der Untersuchungsgefangenen.

Abs. 1 ersetzt Nr. 52 Abs. 1 Untersuchungsgefangenen ist das Tragen eigener Kleidung und Wäsche sowie die Benutzung eigenen Bettzeugs erlaubt. Um der Gefahr des Einschmuggelns verbotener Gegenstände oder geheimer Nachrichten an Untersuchungsgefangene entgegenzuwirken, kann sich die Anstalt die Organisation der Reinigung und Instandsetzung vorbehalten. Sind Untersuchungsgefangene nicht willens oder in der Lage, für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel eigener Kleidung zu sorgen, tragen sie Anstaltskleidung.

Abs. 2 ersetzt Nr. 53 Abs. 1 und regelt die Ausstattung des Haftraums der Untersuchungsgefangenen mit eigenen Sachen.

Durch die Zulassung eigener Sachen wird den Untersuchungsgefangenen ein Lebensbereich zur Verfügung gestellt, den sie ungeachtet der notwendigen Einschränkungen durch die Untersuchungshaft zumindest in gewissem Umfang zur Entfaltung ihrer Privatsphäre nutzen können.

Abs. 3 übernimmt die wichtigsten Teile der Regelung der Nr. 51 zum Einkauf der Untersuchungsgefangenen. Um Gefährdungen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt vorzubeugen, erfolgt der Einkauf ausschließlich durch Vermittlung der Anstalt.

Sie soll bei dem Einkaufsangebot jedoch die Wünsche und Bedürfnisse der Untersuchungsgefangenen beachten; dies bildet in der Regel einen Gegenstand der Tätigkeit der Gefangenenmitverantwortung nach Art. 42 Satz 1 i.V.m. Art. 116 Die Höhe des für den Einkauf zur Verfügung stehenden angemessenen Maximalbetrags kann in Verwaltungsvorschriften geregelt werden.

Abs. 4 übernimmt die Möglichkeit der Selbstverpflegung aus Nr. 50 Abs. 2 Abs. 5 erlaubt die aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung erforderlichen Beschränkungen der Untersuchungsgefangenen im Bereich der Lebenshaltung. Während das Recht aus Abs. 1 gegebenenfalls sogar ganz ausgeschlossen werden kann, können die Rechte aus Abs. 2, 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 nur eingeschränkt werden. Von den Einschränkungen beim Einkauf und bei der Selbstverpflegung ist in jedem Fall der Bezug von Alkohol umfasst.

Werden entsprechende Einschränkungen aus Gründen der Verfahrenssicherung nötig, kann sie das Gericht nach § 119 Abs. 1 regeln.

Abs. 6 übernimmt zudem die bewährte Regelung von Art. 24 Abs. 3 Sätze 2 und 3 zu etwaigen Beschränkungen des Einkaufs aus medizinischen Gründen.

Zu Teil 5

Zu Artikel 15

Angesichts der typischerweise mit der Untersuchungshaft für die Gefangenen und ihre Angehörigen verbundenen Belastungen kommt den Besuchsmöglichkeiten eine erhebliche Bedeutung für eine Normalisierung der Lebensbedingungen zu. Die Vorschrift enthält hierzu die tragenden Prinzipien des Besuchsrechts der Untersuchungsgefangenen.

Abs. 1 Satz 1 normiert den Anspruch der Untersuchungsgefangenen auf Besuch. Untersuchungsgefangene werden durch ihre Inhaftierung plötzlich aus ihren bisherigen Lebensumständen herausgerissen; dadurch ergeben sich naturgemäß Probleme zum Beispiel bei der Sicherung des Lebensunterhalts der Familienangehörigen, der Aufrechterhaltung der Wohnstätte, der Auswirkungen auf einen etwaigen Arbeitsplatz und der Abwicklung finanzieller Angelegenheiten sowie die Gefahr des Abbruchs sozialer Beziehungen. Der großzügigen Einräumung von Besuchsmöglichkeiten für Untersuchungsgefangene kommt daher gerade im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der sozialen Bindungen sowie die Bewältigung der mit der vorübergehenden Freiheitsentziehung notwendigerweise verbundenen Schwierigkeiten ganz besondere Bedeutung zu.

In Abs. 1 Satz 2 wird deshalb mit zwei Stunden erstmals ein Mindestmaß für die monatliche Besuchszeit gesetzlich festgelegt und zugleich die bisherige Mindestbesuchszeit verdoppelt. Bislang hat die bayerische Praxis entsprechend Nr. 25 Satz 1 mindestens zweimal in vier Wochen halbstündige Besuche zugelassen. Insoweit handelte es sich aber lediglich um eine Mindestgrenze; vielfach wurden den Untersuchungsgefangenen im bayerischen Justizvollzug bereits jetzt deutlich längere Besuchsmöglichkeiten eingeräumt. Auch durch die gesetzliche Festschreibung der monatlichen Mindestbesuchszeit auf zwei Stunden sollen die Anstalten aber nicht daran gehindert werden, weiterhin für die Untersuchungsgefangenen möglichst großzügige Besuchsregelungen zu treffen, soweit ihre Kapazitäten dies zulassen.

Umgekehrt wird wegen des in der Praxis mit der Gewährung von Besuchen verbundenen erheblichen Aufwands (etwa Überprüfung der Besucher, Zuführung von Gefangenen, Durchsuchung der Gefangenen, Besuchsüberwachung usw.) abhängig von den konkreten räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnissen der einzelnen Anstalten nicht in jedem Einzelfall zu gewährleisten sein, dass die wünschenswerte Mindestbesuchszeit von zwei Stunden im Monat gewährt werden kann. Für diese Fälle sieht Abs. 1 Satz 3 für die Anstalten die Möglichkeit vor, von der in Satz 1 vorgesehenen monatlichen Mindestbesuchszeit abzuweichen, wenn in der Anstalt erhebliche räumliche, personelle oder organisatorische Gründe entgegenstehen. In diesem Fall beträgt die zwingende Untergrenze der Mindestbesuchszeit eine Stunde im Monat. Wird ein Besuchswunsch verweigert, sind die konkreten Gründe dem Antragsteller mitzuteilen sowie ausreichend zu dokumentieren; eine formelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes ist nicht ausreichend. Die erforderliche Erheblichkeit der Gründe verlangt, dass die Hinderungsgründe nicht durch zumutbare Abhilfe wie zeitliche Verschiebung oder organisatorische Flexibilität überwunden werden können.

Abs. 1 Satz 4 räumt dem Anstaltsleiter oder der Anstaltsleiterin in Anlehnung an Art. 27 Abs. 1 Satz 3 die Befugnis ein, in der Hausordnung nähere Einzelheiten zum Besuch, insbe sondere zu allgemeinen Besuchszeiten, Häufigkeit, Dauer sowie zum Verhalten beim Besuch, zu regeln.

Abs. 2 sieht vor, dass in den ersten drei Monaten nach der Inhaftierung den Untersuchungsgefangenen unabhängig von den räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnissen in der Anstalt die Mindestbesuchszeit von zwei Stunden im Monat uneingeschränkt zur Verfügung steht. Durch den erhöhten Mindestbesuch gerade zu Beginn der Haft soll einer in diesem Zeitraum infolge des Inhaftierungsschocks aufgrund der unerwarteten Verhaftung, der Ungewissheit über die persönliche Zukunft und der Isolation von Familienangehörigen erhöhten Suizidgefahr entgegen gewirkt werden. Ohnehin wird der Suizidprävention und -prophylaxe im bayerischen Justizvollzug besondere Bedeutung eingeräumt. Die Justizvollzugsanstalten unternehmen alles Vertretbare, um bei Gefangenen eine etwaige Suizidproblematik zu erkennen und Suizidversuche schon im Ansatz zu verhindern.

Bereits beim Zugang der Gefangenen wird im Rahmen des Zugangsgesprächs und der ärztlichen Untersuchung besonderes Augenmerk auf das Erkennen einer Suizidgefahr und die Betreuung suizidgefährdeter Gefangener gelegt. In sich krisenhaft zuspitzenden Situationen erfahren die Gefangenen umgehend psychologische oder psychiatrische Betreuung durch die Fachdienste der Anstalten oder durch externe Psychologen und Psychiater.

Daneben können im Einzelfall besondere Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Gefangenen angeordnet werden. Die Maßnahmen werden dabei jeweils auf den Einzelfall abgestimmt und können beispielsweise gemeinschaftliche Unterbringung mit besonders zuverlässigen Mitgefangenen, verstärkte Aufsicht durch Bedienstete oder Unterbringung in einem Raum mit Videoüberwachung ohne gefährliche Gegenstände umfassen. Ist eine psychiatrische oder neurologische Behandlung erforderlich, werden die Gefangenen für die Dauer der Behandlungsbedürftigkeit in die Justizvollzugsanstalten Straubing oder Würzburg überstellt, wo jeweils eine psychiatrische Abteilung eingerichtet ist. Neben diesen konkreten Maßnahmen im Einzelfall zur Verhinderung eines Suizids ist das Thema Suizidprophylaxe immer wieder Gegenstand der Aus- und Fortbildung der Justizvollzugsbediensteten, um diese für die Problematik zu sensibilisieren und vorbeugende Maßnahmen im Umgang mit den Gefangenen aufzuzeigen. Da über 70 % der seit 1999 in Untersuchungshaft in bayerischen Justizvollzugsanstalten begangenen Suizide innerhalb der ersten drei Monate nach der Inhaftierung erfolgt sind, können die beschriebenen vollzuglichen Maßnahmen der Suizidprophylaxe mit den durch Abs. 2 gewährleisteten verstärkten Kontaktmöglichkeiten insbesondere zu den Familienangehörigen der Untersuchungsgefangenen während dieses besonders suizidgefährdeten Zeitraums sinnvoll ergänzt werden. Die Regelung des Abs. 2, die über die gesetzliche Regelung zum Besuch bei Strafgefangenen in Art. 27 hinausgeht, unterstreicht den besonderen Stellenwert der für die Untersuchungsgefangenen geltenden Unschuldsvermutung (vgl. Art. 3 Abs. 1); insoweit sollen die Untersuchungsgefangenen hinsichtlich der Besuchsmöglichkeiten besser gestellt werden als rechtskräftig verurteilte Strafgefangene.

Zu Artikel 16

Die Vorschrift regelt die näheren Umstände der Zulassung von Personen zum Besuch.

Nach den Vorschriften der wird von dem dort vorgesehenen Entscheidungsträger festgelegt, ob es einer Besuchserlaubnis aus verfahrensbezogenen Gründen bedarf. Ist dies der Fall, müssen die Besucher eine entsprechende Erlaubnis vorweisen, um zum Besuch zugelassen zu werden. Ist dies nicht der Fall, bedarf es ­ wie im Strafvollzug ­ keiner gesonderten Erlaubnis des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin. Den Belangen von Sicherheit und Ordnung wird durch die Möglichkeiten einer Besuchsuntersagung nach Abs. 2 sowie einer Beschränkung der zugelassenen Zahl von Besuchern nach Abs. 1 Satz 2 hinreichend Rechnung getragen.

Entsprechend Art. 27 Abs. 3 kann ein Besuch gemäß Abs. 1 Satz 1 davon abhängig gemacht werden, dass sich der Besucher mit einer Durchsuchung nach verbotenen Gegenstände einverstanden erklärt; Hintergrund dieser Regelung ist, dass nach den Erfahrungen der vollzuglichen Praxis Besuche immer wieder zu dem Versuch missbraucht werden, Drogen oder andere unerlaubte Gegenstände in die Anstalt einzuschmuggeln. Der Begriff der Durchsuchung entspricht dem des Polizei- und Strafverfahrensrechts. Das Absuchen der Person nach Metallgegenständen mit einem Detektorrahmen oder einer Handdetektorsonde ist ebenfalls eine Durchsuchung im Sinn dieser Vorschrift. Als sonstiges Hilfsmittel ist auch der Einsatz von Rauschgiftspürhunden zulässig.

Zu Artikel 17

Die Vorschrift entspricht weitgehend Nr. 27 und sieht die Möglichkeit der optischen und akustischen Überwachung der Besuche aus vollzuglichen Gründen vor. Die Anordnung einer Besuchsüberwachung, ein Verbot der Übergabe von Gegenständen oder ein Besuchsabbruch sind zwar auch aus verfahrenssichernden Gründen möglich, finden ihre Rechtsgrundlage dann aber in § 119 Abs. 1 Gegebenenfalls kann die Anstalt Eilanordnungen nach § 119 Abs. 1 Satz 4 treffen.

Nach Abs. 1 wird, soweit nicht im Einzelfall besondere Erkenntnisse vorliegen, aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt die Überwachung des Besuchs ermöglicht. Durch Abs. 1 Satz 2 wird in Anlehnung an Art. 30 Abs. 1 Sätze 2 und 3 dem technischen Fortschritt Rechnung getragen und die optische Überwachung und Aufzeichnung mittels technischer Mittel zugelassen, wenn die Besucher und die Untersuchungsgefangenen vor dem Besuch darauf hingewiesen wurden. Dieser Hinweis kann auch in allgemeiner Form, z. B. durch Schilder oder Piktogramme im Besuchsbereich, erfolgen.

Abs. 2 Satz 1 sieht vor, dass zusätzlich im Einzelfall aus Gründen der Sicherheit und Ordnung der Anstalt auch eine Überwachung der Unterhaltung (nicht nur des Besuches als solchem) möglich ist. Eine akustische Überwachung mit technischen Mitteln ist hiernach gemäß Abs. 2 Satz 2 nicht zulässig.

Abs. 3 Satz 1 stellt die Übergabe von Gegenständen an die Untersuchungsgefangenen unter den Erlaubnisvorbehalt der Anstaltsleitung. In Abs. 3 Satz 2 wird der Einsatz einer Trennvorrichtung entsprechend der bayerischen Vollzugspraxis klarstellend geregelt.

Der Trennscheibenbesuch hat sich angesichts der steigenden Zahl drogenabhängiger Gefangener bewährt. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts des bayerischen Justizvollzugs zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs ist es, das Einbringen von Drogen in die Anstalten konsequent zu verhindern.

Abs. 4 regelt den aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gegebenenfalls erforderlichen Abbruch von Besuchen.

Dass zur Überwachung des Besuchs auf Kosten der Staatskasse Dolmetscher oder Übersetzer und Sachverständige hinzugezogen werden können, ist angesichts des in der Praxis vergleichsweise hohen Anteils ausländischer Untersuchungsgefangener noch bedeutsamer als im Strafvollzug, bedarf aber insoweit keiner besonderen gesetzlichen Regelung und kann in Verwaltungsvorschriften aufgenommen werden.

Zu Artikel 18

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen Nr. 28 und Nr. 29 Abs. 3 und beinhaltet in Abs. 1 Satz 1 das Recht der Untersuchungsgefangenen auf Schriftwechsel. Dieses Recht stellt die wichtigste Möglichkeit der Untersuchungsgefangenen dar, ihre Kontakte außerhalb der Anstalt auch während der Untersuchungshaft zu pflegen. In Einzelfällen kann nach Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 2 Nr. 1 bei einer Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt der Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagt werden.

Etwaige weitere Einschränkungen des Schriftwechsels von Untersuchungsgefangenen können sich zudem aus verfahrenssichernden Anordnungen nach § 119 Abs. 1 ergeben.

In Abs. 2 Satz 1 wird klargestellt, dass die Untersuchungsgefangenen die Kosten ihres Schriftverkehrs als Ausfluss des Angleichungsgrundsatzes nach Art. 4 Abs. 1 wie auch in Freiheit selbst zu tragen haben. Lediglich bei bedürftigen Untersuchungsgefangenen sieht Abs. 2 Satz 2 eine Kostenübernahme aus Billigkeitsgründen vor. Insoweit sind bei der Ermessensentscheidung über die Kostenübernahme insbesondere die Auswirkungen von Art. 6 GG und des Rechts auf Verteidigung maßgeblich zu berücksichtigen; namentlich, aber nicht abschließend genannt ist in Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 der Schriftverkehr mit Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und Verteidigern.

Zu Artikel 19

Die Vorschrift ersetzt die Regelungen der Nr. 30 und gleicht die Praxis der Briefkontrolle an das an.

Auch hier ist auf Grund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eine zweifache Kontrolle möglich. Einerseits kann das Gericht eine Briefkontrolle nach § 119 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 anordnen. Andererseits normiert Abs. 1 aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, also aus vollzuglichen Gründen, eine grundsätzliche Überwachung des Schriftwechsels.

Abs. 2 sieht vor, dass in den Fällen, in welchen eine Gefährdung von Sicherheit und Ordnung der Anstalt ausgeschlossen werden kann, von einer Überwachung des gedanklichen Inhalts des Schriftwechsels (nicht des Schriftwechsels als solchem, also insbesondere der Kontrolle auf verbotene Beilagen wie beispielsweise Betäubungsmittel) abgesehen wird.

Dass zur Überwachung des Schriftverkehrs auf Kosten der Staatskasse Dolmetscher oder Übersetzer und Sachverständige hinzugezogen werden können, ist angesichts des in der Praxis vergleichsweise hohen Anteils ausländischer Untersuchungsgefangener noch bedeutsamer als im Strafvollzug, bedarf aber insoweit keiner besonderen gesetzlichen Regelung und kann in Verwaltungsvorschriften aufgenommen werden.

Der Entwurf sieht in Abs. 3 davon ab, den privilegierten Schriftverkehr ähnlich auszuweiten wie § 119 Abs. 4 Satz 2 Dies ist von der Gesetzgebungskompetenz gedeckt. § 119 Abs. 4 Satz 2 untersagt dem Entscheidungsträger nach § 119 Abs. 1 Beschränkungen anzuordnen, die den Verkehr mit den benannten Stellen beeinträchtigen. Dies kann aber auf Grund der Systematik der Regelung nur im Hinblick auf die verfahrensbezogenen Beschränkungen gelten, da für die Sicherheit und Ordnung die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers eröffnet ist. Es obliegt also allein dem Landesgesetzgeber, die Ausnahmen von der aus Gründen der Sicherheit und Ordnung erforderlichen Briefkontrolle festzulegen. Deshalb kann durch Landesgesetz eine Beschränkung festgelegt werden, welche auch von der privilegierte Stellen erfasst. Ausnahmen von der Briefkontrolle müssen aus Sicherheitsgründen so eng wie möglich gefasst und auf das verfassungsrechtlich unbedingt Notwendige begrenzt werden.

Art. 32 Abs. 2 schafft einen angemessenen und sachgerechten Interessenausgleich zwischen dem verfassungsrechtlich verbürgten Petitionsrecht eines jeden Bürgers einerseits und der Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalten andererseits. Gerade wenn der übliche Briefverkehr überwacht wird, besteht für Untersuchungsgefangene, die sicherheitsrelevante Informationen weitergeben oder erhalten bzw. verbotene Gegenstände in die Anstalt einschmuggeln wollen, ein erheblicher Anreiz, durch die Wahl eines unverdächtigen Adressaten bzw. Absenders die Briefkontrolle zu umgehen. Insbesondere die mit einer vergleichsweise einfachen Computeranlage mögliche täuschend echte Imitation der Briefköpfe und Umschläge etwa von Behörden und Gerichten macht eine weitgehende Beschränkung privilegierter Stellen erforderlich. Dass über den schon nach geltendem Recht unüberwachten Schriftverkehr insbesondere mit Verteidigern (vgl. Art. 22 Abs. 1) in Einzelfällen die Möglichkeit des Missbrauchs durch Umgehung der Briefkontrolle besteht, muss aus verfassungsrechtlichen Erwägungen hingenommen werden.

Umso wichtiger erscheint es, die bestehenden Kontrollmöglichkeiten vollumfänglich beizubehalten, zumal die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des unter dem Gesichtspunkt der Einschränkung des Briefgeheimnisses (Art. 10 GG) auch durch das Bundesverfassungsgericht 2, 78) bestätigt wurde.

In Abs. 4 werden die bewährten Regelungen in Art. 33 bzw. Nr. 31 Abs. 3 Satz 1 zur Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben auch im Untersuchungshaftvollzug für entsprechend anwendbar erklärt. Besondere Einschränkungen auf Grund der Stellung der Untersuchungsgefangenen nach Art. 3 sind insoweit nicht erforderlich.

Zu Artikel 20

Die Vorschrift ersetzt in Abs. 1 und 2 zur Anhaltung von Schreiben die Nrn. 34 und 35 soweit vollzugliche Belange betroffen sind. Daneben ist auch eine Anhaltung von Schreiben nach der (aus verfahrenssichernden Gründen) möglich.

Einem Bedürfnis der vollzuglichen Praxis folgend ist in Abs. 1 Nr. 5 zusätzlich auch die Möglichkeit normiert, Schreiben anzuhalten, wenn sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können. Hierbei handelt es sich um keine Durchbrechung der Unschuldsvermutung nach Art. 3 Abs. 1, weil es um die Eingliederung anderer Gefangener geht. Zwar gilt für die Untersuchungsgefangenen naturgemäß nicht der Behandlungsauftrag des doch können Fälle vorkommen, in denen Untersuchungsgefangene Schreiben versenden wollen, welche die Wiedereingliederung ihnen bekannter anderer Strafgefangener der Anstalt gefährden. Auch in solchen Fällen muss zum Schutz der Strafgefangenen die Möglichkeit bestehen, Schreiben anzuhalten.

In Abs. 1 Nr. 6 wird entsprechend der Regelung in Art. 34 Abs. 1 Nr. 6 auch für den Untersuchungshaftvollzug die Möglichkeit eröffnet, insbesondere Schreiben anzuhalten, die ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind, weil andernfalls Gefahrenlagen für Sicherheit und Ordnung der Anstalt nicht hinreichend beurteilt werden können. In der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa OLG Karlsruhe Beschluss vom 3. Mai 1991 - 1 Ws 92/91 -, OLG Nürnberg, Beschluss vom 27. November 2003 - Ws 1267/03 -, sowie OLG München.