Beweisaufnahme

Die vom Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen sowie die vom Verwaltungsgericht Bremen überlassenen Akten wurden ebenfalls vertraulich behandelt.

d) Verfahren hinsichtlich der Niederschriften über die Beweisaufnahme

Die Aussagen der vor dem Untersuchungsausschuss im Rahmen der öffentlichen Beweisaufnahme vernommenen Zeugen wurden auf Tonband aufgezeichnet und sodann als schriftliche Wortprotokolle niedergelegt. In entsprechender Anwendung des § 273 Abs. 3 Satz 3 Strafprozessordnung übersandte der Untersuchungsausschuss den Zeugen Abschriften der ihre Aussagen betreffenden Vernehmungsprotokolle für Einwendungen gegen die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger oder Richtigstellungen in der Sache, die dem entsprechenden Protokoll als Anlage beigefügt wurden.

4. Beweisaufnahmeverfahren

a) Beweisbeschlüsse

Der Untersuchungsausschuss fasste zur Durchführung der Beweisaufnahme insgesamt 14 Beweisbeschlüsse6 von denen einer nachträglich aufgehoben wurde.

b) Beiziehung von Akten

Die aktenführenden Stellen übersandten insgesamt 280 Akten einschließlich umfangreicher Aktenpläne. Die erste Aktenübersendung erfolgte am 17. Juni 2002, die letzte am 5. Dezember 2002.

Der Ausschuss trug dem Schutz personenbezogener Daten durch besonderen Verschluss Rechnung.

Die Beiziehung der Akten des Senats der Freien Hansestadt Bremen, des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen sowie der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bremen und der Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Bremen verlief problemlos und zügig.

Die Herausgabe von Akten des Magistrats und des Stadtverordnetenvorstehers der Stadt Bremerhaven gestaltete sich eingangs schwierig. Auf Vermittlung des Senats der Freien Hansestadt Bremen konnten diese Akten dem Ausschuss ab Mitte August 2002 zur Verfügung gestellt werden.

c) Zeugenvernehmung

Der Untersuchungsausschuss vernahm insgesamt 43 Zeugen, teilweise mehrfach.

Darüber hinaus wurde ein Gutachter als sachverständiger Zeuge gehört.

Soweit für die Zeugen beamtenrechtlich oder aus sonstigen Gründen eine Aussagegenehmigung erforderlich war, wurde diese in jedem Fall erteilt. Eine Anfrage zur Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht erledigte sich; der Ausschuss hob aufgrund des Verstreichens der dem Bevollmächtigten gesetzten Frist den zugrunde liegenden Beweisbeschluss9 auf.

Der Ausschuss hat in Einzelfällen die Frage der Vereidigung von Zeugen und in einem Fall der Beantragung eines Ordnungsgeldes beraten. Entsprechende Maßnahmen wurden nicht ergriffen.

5 vom 1. Februar 1877 i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, ber. S. 1319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S.

Das Gutachten wurde dem Ausschuss am 18. November 2002 zugestellt.

Darüber hinaus beschloss der Untersuchungsausschuss mit dem Beweisbeschluss XI, ein kriminaltechnisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob die Vertragsentwürfe vom 19. und 21. September 2000 aus demselben Ausgabegerät stammen. Mit der Anfertigung des Gutachtens wurde das Kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamts Bremen beauftragt, das sein Gutachten mit Datum vom 29. November 2002 vorlegte.

II. Feststellungen und Bewertungen

1. Grundlagen

Nach § 118 Abs. 3 Landeshaushaltsordnung

(LHO) hat die Stadtgemeinde Bremerhaven ein vom Magistrat unabhängiges Rechnungsprüfungsamt einzurichten, das die Rechnungen, das Vermögen und die Schulden, die Verwahrungen und Vorschüsse, die Wirtschaftsführung der Unternehmen und die Betätigung der Stadtgemeinde Bremerhaven als Gesellschafter oder Aktionär in Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit nach näherer Bestimmung des Ortsrechts zu prüfen hat. Die Stadtverordnetenversammlung kann dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen.

Das Rechnungsprüfungsamt hat hauptsächlich das Verwaltungshandeln zu prüfen, über das Ergebnis zu berichten und die Verwaltung aufgrund seiner Prüfungserfahrungen zu beraten. Die Prüfung erstreckt sich nach § 58 der Verfassung für die Stadt Bremerhaven auf die Einhaltung der allgemeinen Wirtschafts- und Haushaltsgrundsätze. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan eingehalten wurden, die Einnahmen und Ausgaben begründet und belegt und die Haushaltsrechnung und der Vermögensnachweis ordnungsgemäß aufgestellt sind, wirtschaftlich und sparsam verfahren wird und die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder auf andere Weise wirksam erfüllt werden kann. Das Rechnungsprüfungsamt hat seine Bemerkungen in einem Schlussbericht zusammenzufassen.

a) Stellung des Rechnungsprüfungsamts und seines Leiters innerhalb der Verwaltung der Seestadt Bremerhaven

Das von Herrn Rechtsanwalt Professor Günter Pottschmidt erstattete Rechtsgutachten wurde im Rahmen der öffentlichen Beweisaufnahme erörtert. Ferner nahm der Gutachter zu den mit dem weiteren Beweisbeschluss XII15 vom 11. November 2002 an ihn gerichteten ergänzenden Fragen Stellung.

aa) Allgemeines zur Stellung des Rechnungsprüfungsamts

Der Gutachter führt aus, das Rechnungsprüfungsamt sei eine gemeindliche Dienststelle, die aufgrund rechtlicher Regelungen besonderen organisatorischen Anforderungen unterliege. Es sei Teil der Gemeindeverwaltung und könne nach 10 Anlage 2

11 ehemals Präsident des Staatsgerichtshofs der Freien Hansestadt Bremen und des Oberverwaltungsgerichts Bremen 12 vom 25. Mai 1971 S. 143) 13 vom 13. Oktober 1971 S. 243), zuletzt geändert durch Ortsgesetz vom 18. April 1996 1998, S. 338) 14 Rechtsanwalt Professor Günter Pottschmidt, Rechtsgutachten zur Stellung des Rechnungsprüfungsamts Bremerhaven in der Verwaltungshierarchie vom 15. November 2002 (im folgenden Gutachten genannt) 15 Anlage 2 außen nicht eigenständig auftreten; das gelte auch gegenüber der Kommunalaufsicht.

Nach § 62 ist das Rechnungsprüfungsamt der Stadtverordnetenversammlung gegenüber unmittelbar verantwortlich und ihr unmittelbar unterstellt.

Hierin liegt nach Auffassung des Gutachters jedoch keine umfassende Zuweisung der aus der Stellung des Dienstherrn folgenden Kompetenzen an die Stadtverordnetenversammlung. Vielmehr handele es sich um eine aufgespaltene Unterstellung. In dienstrechtlichen Angelegenheiten der Bediensteten des Rechnungsprüfungsamts sei grundsätzlich der Magistrat zuständig, allerdings mit der Ausnahme, dass der Stadtverordnetenversammlung nach § 62 Abs. 2 ein Vorschlagsrecht für Einstellung, Beförderung und Entlassung der Bediensteten zustehe.

Demgegenüber stehe die fachliche, die Arbeitsabläufe in der Dienststelle des Rechnungsprüfungsamts steuernde Weisungsbefugnis der Stadtverordnetenversammlung zu. Diese werde jedoch durch die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts wesentlich begrenzt.

bb) Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts

Nach § 1 Abs. 1 S. 2 des Ortsgesetzes über die Rechnungsprüfung in der Stadtgemeinde Bremerhaven

(RPO) ist das Rechnungsprüfungsamt bei der Auswahl und Durchführung der Prüfungen unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.

Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit bestehen nach dem Wortlaut der Vorschrift sowohl gegenüber dem Magistrat als auch gegenüber der Stadtverordnetenversammlung. Diese Regelung geht weiter als die gesetzliche Ermächtigung in § 118 Abs. 3 LHO, die nur die Unabhängigkeit gegenüber dem Magistrat festschreibt.

Die landesgesetzliche Regelung steht nach Auffassung des Gutachters einem nach allen Seiten unabhängigen Rechnungsprüfungsamt aber nicht entgegen.

Nach seinem Sinn und Zweck unterbinde § 118 Abs. 3 LHO die Hauptgefahr für jede unabhängige Rechnungsprüfung, nämlich die Einflussnahme der geprüften Verwaltung auf die in eben diese Verwaltung eingegliederte Stelle. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Landesgesetzgeber die Ausweitung der Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung hätte verhindern wollen.

Die von der Unabhängigkeit erfassten Tätigkeiten sind im Wege der Auslegung zu ermitteln. Insoweit führt der Gutachter aus, nach allgemeiner Auffassung gehörten zum weisungsfreien Bereich die Auswahl des Prüfungsgegenstandes, die Arbeitsplanung und Wahl des Prüfungszeitpunkts, die Anlage der Prüfung (Prüfungskonzept), die Prüfungsintensität, die Auswahl von Prüfungsprioritäten sowie die Ergebnisfeststellung und -bewertung.

Zugänglich für Weisungen blieben allgemeine Regelungen für den förmlichen Dienstbetrieb. Diese dürften sich aber nicht auf die Arbeitsplanung des Rechnungsprüfungsamts und die einzelnen Prüfungsvorgänge bezüglich Konzept, Zeitpunkt, Ablauf und Ergebnisbewertung beeinflussend auswirken. In Zweifelsfällen sei Zurückhaltung angebracht, weil die sachliche Unabhängigkeit der kommunalen Rechnungsprüfung und die persönliche Unabhängigkeit des Amtsleiters und der Prüfer eher als fragil eingeschätzt werden müssten und erhebliche Vertrauensverluste drohten, wenn Weisungen die Grenze der Unabhängigkeit unnötig intensiv ausloten oder gar die

Frage einer Grenzüberschreitung aufwerfen würden.

Das Rechnungsprüfungsamt sei zweifelsfrei an Aufträge, die ihm nach § 63 Abs. 3 durch den Stadtverordnetenvorsteher oder den Oberbürgermeister erteilt werden, gebunden. Diese Befugnis erstrecke sich darauf, eine bestimmte Prüfung zu veranlassen. Im Weiteren gelte aber die Unabhängigkeit des 16 Gutachten.