Gesetz
Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 RPO sei gleichrangig mit § 62 Abs. 1 wonach das Rechnungsprüfungsamt der Stadtverordnetenversammlung unmittelbar unterstellt ist. Die Regelungen seien auch nicht widersprüchlich, da die Unterstellung unter die Stadtverordnetenversammlung deren innere Organisation nicht dergestalt festlege, dass die Dienstanweisung unmittelbar von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden müsse. § 62 Abs. 1 sei im Kontext mit § 18 zu lesen. Damit sei die Befugnis zum Erlass einer Dienstanweisung für die Geschäftsführung des Rechnungsprüfungsamts auf den Verfassungsund Geschäftsordnungsausschuss rechtlich einwandfrei übertragen worden.
Inhaltlich überschreitet die Dienstanweisung für das Rechnungsprüfungsamt vom 31. Januar 2001 nach Auffassung des Gutachters in weiten Bereichen die Grenzen der Weisungsbefugnis. Eine Dienstanweisung ist nicht als Rechtsnorm, sondern als Weisung des fachlichen Vorgesetzten zu qualifizieren. Deshalb habe sie die gesetzlich verankerte Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts zu respektieren. Soweit sie diese Begrenzung nicht einhalte, sei sie rechtswidrig und unbeachtlich.
Wie bereits oben ausgeführt49 gewährleistet die Unabhängigkeit, so wie sie in dem Gutachten dargestellt wird, dem Rechnungsprüfungsamt Weisungsfreiheit bezogen auf die Arbeitsplanung, die Auswahl der Prüfungen, das Prüfungskonzept, die Prüfungstiefe, die Prioritätensetzung sowie die Ergebnisfeststellung und -bewertung, und zwar unter Einbeziehung von Prüfungsaufträgen.
Die Kommunikation mit den Organen der Stadt sei beim Leiter des Rechnungsprüfungsamts gebündelt. Kontaktlinien an ihm vorbei dürfe es nicht geben, und zwar weder von außen in das Rechnungsprüfungsamt hinein noch in umgekehrter Richtung. Zulässig seien nur allgemeine Weisungen für den äußeren Dienstbetrieb, die gesichert ohne Einfluss auf die so umschriebene Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts blieben.
Der Gutachter unterzog alle Regelungsinhalte der Dienstanweisung einer rechtlichen Prüfung mit dem Ergebnis, dass die Dienstanweisung teilweise die Grenzen der Weisungsbefugnis überschreite. An dieser Stelle wird darauf verzichtet, auf alle kritischen Regelungen im Einzelnen einzugehen. Dargestellt werden lediglich die nach Auffassung des Ausschusses besonders problematischen Inhalte der Dienstanweisung vom 31. Januar 2001.
Im Gutachten wird ausgeführt, die Weisung an den Leiter des Rechnungsprüfungsamts und die zuständigen Prüfer, an den Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses teilzunehmen,51 erscheine kritisch. Bezogen auf die zuständigen Prüfer kollidiere sie mit dem Prinzip der Bündelung der Außenkontakte beim Leiter des Rechnungsprüfungsamts.
Hinsichtlich des Leiters des Rechnungsprüfungsamts sei sie problematisch, weil nach § 4 Abs. 3 RPO die Zuständigkeit des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses für alle Angelegenheiten des Rechnungsprüfungsamts gegeben sei, soweit nicht andere Vorschriften die Zuständigkeit der städtischen Organe vorsähen. Dem Gutachter sei nicht ersichtlich, dass diese Regelung die Einbindung eines ortsgesetzlich nicht vorgesehenen Unterausschusses zulasse. Aufgabe des Rechnungsprüfungsausschusses sei, weitgehend die Funktionen der Abschlussgespräche zu übernehmen oder doch die Abschlussgespräche zu überformen. So könne für das Rechnungsprüfungsamt ein zusätzlicher Rechtfertigungsdruck entstehen, der ortsgesetzlich nicht vorgesehen sei. Die Abschlussgespräche seien Teil der Erarbeitung des Prüfungsergebnisses und der abschließenden Bewertung. Sie fielen deshalb in die Eigenständigkeit des Rechnungsprüfungsamts. Die Frage, ob Prüfungsgruppen eingesetzt würden, wer sie leite und wer sich beteiligen könne, betreffe die Unabhängigkeit der Arbeitsplanung des Rechnungsprüfungsamts. Ähnliche Zweifel bestünden gegenüber der Anweisung, zur Erörterung allgemeiner und grundsätzlicher Angelegenheiten Dienstbesprechungen durchzuführen.
Soweit die Dienstanweisung das Weisungsrecht des Amtsleiters auf Prüfungsumfang und -methode beschränke,56 überschreite sie den ortsgesetzlich vorgegebenen Rahmen. Nach den Ortsgesetzen sei das Rechnungsprüfungsamt hierarchisch organisiert. Dementsprechend umfasse das Weisungsrecht des Vorgesetzten alle Aspekte. Auch sei es nicht möglich, die Prüfer in Prüfungsumfang und -methode gegenüber dem Rechnungsprüfungsamt unabhängig zu stellen.
Die Unabhängigkeit erstrecke sich auf das Rechnungsprüfungsamt als Einheit, wodurch ausgeschlossen werde, von außen Handlungskompetenzen aufzuspalten.
Die Anweisung, Prüfungen so lange fortzusetzen, bis über die Sach- und Finanzzusammenhänge ausreichend Klarheit bestehe, und die Vorgabe der Stichprobenprüfung,59 die Beschränkung der Prüfer auf ihre Prüfungsgebiete, das Prinzip der Einigung bei Arbeitsüberschneidungen sowie die Reduzierung der Entscheidung des Amtsleiters auf den Fall der Nichteinigung beträfen den weisungsfrei zu haltenden Bereich der Arbeitsplanung und seien daher unzulässig.
Die Dienstanweisung sei unbeachtlich, soweit sie die Vorgesetzteneigenschaft des Stadtverordnetenvorstehers betreffe.
Nach den Ortsgesetzen sei der Stadtverordnetenvorsteher nicht der Vorgesetzte des Leiters des Rechnungsprüfungsamts oder der weiteren Mitarbeiter des Amtes.
Die Anweisung, die bei Ämtern und Betrieben bestehenden langjährigen Verfahrensweisen einer kritischen Würdigung zu unterziehen,64 betreffe die Bewertung von Prüfungsergebnissen. Das Rechnungsprüfungsamt werde mit dieser Anweisung von außen zu einer bestimmten Wertung angehalten. Damit liege ein Eingriff in die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts vor.
Die Regelungen über die Besonderen Prüfungen griffen ebenfalls in die gesetzlich normierte Unabhängigkeit ein. Die Verpflichtung zu besonderen Prüfungen und die Festlegung des Prüfungsumfangs auf eine umfassende Prüfung beträfen Auswahl und Art der Durchführung der Prüfung. In diesem Bereich dürften dem Rechnungsprüfungsamt von außen keine Weisungen erteilt werden.
Auch sei es unzulässig, von außen zu bestimmen, dass alle Prüfungsaufträge als Sonderprüfungen auf eine bestimmte Art und Weise abgewickelt werden sollten. Dies gelte insbesondere bei Unstimmigkeiten zwischen Rechnungsprüfungsamt und geprüftem Amt. Außerdem stehe diese Anweisung im Widerspruch zu § 5 Nr. 1 RPO, wonach die Schlussbesprechung der Beendigung der Prüfung vorausgehe und zwischen Rechnungsprüfungsamt und dem Fachamt stattfinde. Nach § 5 Nr. 2 RPO seien nur im Falle festgestellter Unregelmäßigkeiten oder sonstiger Verfehlungen oder bei Unstimmigkeiten zwischen Rechnungsprüfungsamt und geprüftem Amt das zuständige Magistratsmitglied, ggf. der Oberbürgermeister zu unterrichten. Eine Einschaltung des Stadtverordnetenvorstehers sei nicht vorgesehen.
Auch die Information des Stadtverordnetenvorstehers für den Fall, dass ein Amt oder eine Einrichtung eine Prüfungsbemerkung nicht anerkenne,70 eröffne die Möglichkeit einer Einflussnahme vor Abschluss der Prüfung und sei deshalb unzulässig. Zudem stehe diese Anweisung im Widerspruch zu § 5 Nr. 4 RPO, wonach nur bedeutsame Prüfberichte dem Stadtverordnetenvorsteher zugeleitet werden müssten.
b) Zusammenfassende Bewertung
Der Ausschuss stimmt den Ausführungen des Gutachtens im vollen Umfang zu.
Legt man das Gutachten der Beurteilung zugrunde, lassen sich folgende Kernaussagen zusammenfassen:
- Das Rechnungsprüfungsamt ist eine gemeindliche Dienststelle. Es unterliegt besonderen organisatorischen Anforderungen, die eine sachliche und auch eine begrenzte persönliche Unabhängigkeit des Amtsleiters und der anderen Beschäftigten gewährleisten sollen.
- Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter/-innen des Rechnungsprüfungsamts ist der Oberbürgermeister. Vorgesetzter der Mitarbeiter/-innen ist der Amtsleiter.
Vorgesetzte des Amtsleiters ist die Stadtverordnetenversammlung, die die Ausübung ihrer Befugnisse auf den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss übertragen kann. Die Stadtverordnetenversammlung ist somit die höhere Vorgesetzte der Bediensteten des Rechnungsprüfungsamts.
- Der Stadtverordnetenvorsteher ist nicht Vorgesetzter des Leiters des Rechnungsprüfungsamts. Er darf keine Kompetenzen der Stadtverordnetenversammlung an deren Stelle ausüben. Er darf dem Rechnungsprüfungsamt keine Weisungen erteilen. Allerdings laufen die Kontakte zwischen Rechnungsprüfungsamt und Stadtverordnetenversammlung über den Stadtverordnetenvorsteher. Insoweit hat er einen gewissen Gestaltungsspielraum.
- Das Rechnungsprüfungsamt ist gegenüber Magistrat und Stadtverordnetenversammlung unabhängig, d. h., in Bezug auf die Auswahl des Prüfungsgegenstandes, die Arbeitsplanung, die Wahl des Prüfungszeitpunkts, das Prüfungskonzept, die Prüfungsintensität sowie die Ergebnisfeststellung und -bewertung ist es weisungsfrei. Weisungen zugänglich bleiben allgemeine Regelungen des äußeren Dienstbetriebs, sofern sie nicht die Prüfungen als solche beeinflussen. Weisungsadressat ist der Leiter des Rechnungsprüfungsamts.
- Ein Recht kommunaler Funktionsträger auf Einsicht in die Akten über laufende Prüfungen besteht nicht. Die Akteneinsicht in abgeschlossene Vorgänge folgt den allgemeinen Regeln.