Das Rechnungsprüfungsamt hat nicht die Aufgabe die Kommunalaufsicht oder die überörtliche Gemeindeprüfung zu mobilisieren

Im Überschneidungsbereich hat das Rechnungsprüfungsamt die gebotene Selbstbeschränkung zu üben.

- Das Rechnungsprüfungsamt ist nicht zur Strafverfolgung oder zur Ahndung von Dienstvergehen berufen. Dementsprechend darf es zwar Sachverhalte und Verhaltensweisen darstellen, die straf- und/oder disziplinarrechtlich relevant sind, es darf aber nicht die Straf- und/oder Disziplinarverfolgung von Personen zu seiner Aufgabe machen.

- Das Rechnungsprüfungsamt hat nicht die Aufgabe, die Kommunalaufsicht oder die überörtliche Gemeindeprüfung zu mobilisieren. Wenn es rechtswidrig an der Prüfung gehindert wird, hat es sich an seinen Dienstvorgesetzten und/oder an die Stadtverordnetenversammlung als seine Vorgesetzte zu wenden.

2. Aussetzung der Beförderung des Amtsleiters des Rechnungsprüfungsamts

Am 15. April 1997 trat der Leiter des Rechnungsprüfungsamts seinen Dienst in der Seestadt Bremerhaven an. Ihm wurde ein Dienstposten mit der Besoldung nach A 14 Bundesbesoldungsgesetz Anhang I71 übertragen. Die Stelle des Leiters des Rechnungsprüfungsamts ist in Bremerhaven nach Besoldungsgruppe A 15 bewertet.

In einem vor Dienstantritt geführten Gespräch teilte ihm die zuständige Mitarbeiterin des Personal- und Organisationsamts mit, eine Beförderung könne erst zum 1. Oktober 1999 erfolgen. Zur Begründung führte sie aus, der Magistrat habe eine 24-monatige Wartezeit zwischen zwei Beförderungen beschlossen. Da der Leiter des Rechnungsprüfungsamts erst im Dezember 1996 zum Verwaltungsoberrat ernannt und in eine entsprechende Planstelle nach A 14 eingewiesen worden sei, komme für ihn eine Beförderung und Einweisung in eine Planstelle nach A 15 dementsprechend frühestens zum 1. Dezember 1998 in Betracht. Aufgrund des durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen für das Land einheitlich zum 1. Oktober eines jeden Jahres festgelegten Beförderungstermins sei eine Beförderung somit frühestens zum 1. Oktober 1999 möglich.

Mit dieser Vorgehensweise erklärte sich der Leiter des Rechnungsprüfungsamts mündlich einverstanden.

Bis heute ist eine Beförderung des Amtsleiters des Rechnungsprüfungsamts unterblieben. Vor diesem Hintergrund hat sich der Ausschuss mit der Frage befasst, ob in diesem Unterlassen eine unzulässige Einflussnahme auf die Amtsführung des Rechnungsprüfungsamts zu sehen ist.

a) Antrag auf Beförderung vor dem regulären Beförderungstermin

Im Frühjahr 1999 regte der damalige Stadtverordnetenvorsteher Hans Joachim Petersen gegenüber dem Personal- und Organisationsamt an, den Leiter des Rechnungsprüfungsamts bereits zum 1. Juli 1999 zu befördern und ihn in eine Planstelle nach A 15 Anhang I einzuweisen.

Der Vorstand der Stadtverordnetenversammlung befürwortete diesen Vorschlag einstimmig. Zur Begründung führte der Stadtverordnetenvorsteher aus, der Leiter des Rechnungsprüfungsamts habe sich sehr gut bewährt. Er erfülle die Mindestwartezeit von zwei Jahren seit der letzten Beförderung. Ein Abweichen vom Regelbeförderungstermin erscheine gerechtfertigt, weil auch bei Polizei, Feuerwehr und Schulleitungen Ausnahmen gemacht worden seien. Im Falle des Leiters des Rechnungsprüfungsamts liege ein Härtefall vor, der eine Ausnahme rechtfertige.

Seine Arbeitsbelastung sei aufgrund der Vielzahl von Prüfaufträgen dauerhaft hoch. Außerdem warte er seit seinem Einstellungstermin im April 1997 unverhältnismäßig lange auf eine Beförderung. in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3434), zuletzt geändert durch Art. 8 des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3926) 72 Bd. 49, S. 3 f.

Bd. 49, S. 6

Das Personal- und Organisationsamt lehnte eine Ausnahme vom regulären Beförderungstermin mit der Begründung ab, die angeführte permanent hohe Arbeitsbelastung sei nicht ausreichend, um einen Härtetatbestand zu begründen;

Gleiches gelte für die lange Wartezeit. Darauf sei der Leiter des Rechnungsprüfungsamts vor Dienstantritt ausdrücklich hingewiesen worden. Der Stadtverordnetenvorsteher zog daraufhin seinen Antrag auf Beförderung des Leiters des Rechnungsprüfungsamts zum 1. Juli 1999 zurück.

b) Antrag auf Beförderung zum 1. Oktober 1999 und Aussetzung der Beförderung Zwecks Vorbereitung der Beförderung zum regulären Beförderungstermin am 1. Oktober 1999 erstellte der damalige Stadtverordnetenvorsteher Petersen Anfang September 1999 eine Beurteilung über den Leiter des Rechnungsprüfungsamts und befürwortete eine Einweisung in die Besoldungsgruppe A 15 Anhang I uneingeschränkt.

In der Beurteilung führt er unter anderem aus: ... Es gelang ihm, in kurzer Zeit die Anforderungen, die an das Amt gestellt werden, zu erkennen und die Besonderheiten eines kommunalen Rechnungswesens zu erfassen. Dabei kamen ihm seine profunden Fachkenntnisse und die ihm eigene Akribie zustatten.

Die vom Rechnungsprüfungsamt herausgegebenen und damit von ihm zu vertretenden Rechnungsprüfungsberichte zeichnen sich durch hohe Genauigkeit und Stichhaltigkeit aus.

Seine Vorgehensweise war in jedem Fall unbestechlich und vorurteilsfrei.

Es liegt im Wesen eines Rechnungsprüfungsverfahrens, dass er Vorgänge ohne Zorn und Eifer zu überprüfen hat, was bei den jeweilig betroffenen Dienststellen sicherlich nicht immer Zustimmung erfährt. Dennoch bleibt festzustellen, dass das Rechnungsprüfungsamt unter der Leitung des Herrn Mattern neutral und sachlich arbeitet.... Ungeachtet dessen wurde der Leiter des Rechnungsprüfungsamts zum 1. Oktober 1999 nicht befördert. Zuvor hatte der Magistrat Kenntnis erlangt, dass der Leiter des Rechnungsprüfungsamts Akten aus privaten Gründen angefordert haben könnte.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 richtete der damalige Stadtverordnetenvorsteher einen erneuten Antrag auf unverzügliche Beförderung an den Bürgermeister als Vertreter des erkrankten Oberbürgermeisters. Zur Begründung führte er aus, eine Aussetzung der Beförderung sei nicht berechtigt, weil weder ein Strafverfahren noch ein Disziplinarverfahren gegen den Leiter des Rechnungsprüfungsamts eingeleitet worden sei. Die dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts zur Last gelegten Vorwürfe seien seiner Ansicht nach nicht stichhaltig und würden voraussichtlich nicht zur Feststellung eines Dienstvergehens führen. Aus seiner Sicht bestehe kein Grund, die Beförderung auszusetzen.

In seinem Antwortschreiben verwies der Bürgermeister Niederquell darauf, dass der Verdacht bestehe, der Leiter des Rechnungsprüfungsamts habe ein Dienstvergehen begangen. Die Bemühungen des Magistrats, die Angelegenheit bis zum 1. Oktober 1999 aufzuklären, seien mangels Mitwirkung des Leiters des Rechnungsprüfungsamts gescheitert. Entsprechend der langjährigen Verwaltungspraxis in Bremerhaven sei die Beförderung aufgrund der bekannt gewordenen Tatsachen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten, bis zur Aufklärung des Sachverhaltes ausgesetzt worden. Nach herrschender Rechtsprechung könne ein Beamter beanspruchen, dass über seine Beförderung ohne Rechtsfehler entschieden und von praktizierten Verwaltungsgrundsätzen nicht zu seinem Nachteil grundlos abgewichen werde. An diesen Grundsatz habe sich der Magistrat im Sinne einer Gleichbehandlung aller Beschäftigten auch im Falle des Leiters des Rechnungsprüfungsamts gehalten.

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung und dem Magistrat der Stadt Bremerhaven vor diesem Hintergrund eine Überarbeitung und Anpassung der entsprechenden Bestimmungen der Dienstanweisung.

aa) Anforderung einer Ausländerakte im Sommer 1999

Der Verdacht eines Dienstvergehens beruhte auf folgenden Sachverhalten:

Am 22. Juni 1999 beauftragte der Leiter des Rechnungsprüfungsamts einen Prüfer, bei der Verwaltungspolizei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven die Ausländerakte einer in Bremerhaven lebenden Thailänderin anzufordern. Einen besonderen Anlass, warum gerade diese Akte geprüft werden sollte, nannte er nicht.

Der Prüfer forderte die Akte telefonisch bei der zuständigen Abteilung der Verwaltungspolizei an. Ausweislich eines Aktenvermerks der Sachbearbeiterin vom 24. Juni 199979 erklärte der Prüfer auf die Frage nach dem Grund der Aktenanforderung, dies geschehe auf die Bitte seines Vorgesetzten. Er wisse selbst nicht genau, was er mit der Akte machen solle, und hoffe, aufgrund des Inhalts der Akte Aufschluss darüber zu bekommen.

Nach Übersendung der Akte prüfte der Mitarbeiter des Rechnungsprüfungsamts, ob für die betreffende Thailänderin sog. Verpflichtungserklärungen zur Absicherung des Unterhalts vorlagen oder zu Unrecht Sozialhilfe bezogen wurde. Der Prüfer konnte keine prüfungsrelevanten Ansätze feststellen.

Er fertigte einen entsprechenden Vermerk, den er zusammen mit der Akte dem Amtsleiter vorlegte. Dieser nahm Kenntnis von dem Vorgang und reichte die Akte an den Prüfer zur Rückgabe an die Verwaltungspolizei zurück.

Die Unauffälligkeit der Ausländerakte begründete sowohl beim Leiter der Ausländerabteilung bei der Verwaltungspolizei als auch beim Direktor der Ortspolizeibehörde Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aktenanforderung. Aus diesem Grund bat der Direktor der Ortspolizeibehörde mit Schreiben vom 16. Juli 1999 den Leiter des Rechnungsprüfungsamts mitzuteilen, zu welchem Zweck diese Ausländerakte angefordert worden sei und auf welche Rechtsgrundlage sich diese Anforderung stütze.

Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts erläuterte, die Befugnis des Rechnungsprüfungsamts, Akten anzufordern, ergebe sich aus der Landeshaushaltsordnung und der Rechnungsprüfungsordnung. Die Ausländerakte sei im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Nr. 11 RPO83 angefordert worden. Prüfungsrelevante Ansätze hätten sich allerdings nicht ergeben. Im Übrigen verweise er auf § 1 Abs. 1 S. 2 RPO, wonach das Rechnungsprüfungsamt bei der Auswahl und Durchführung der Prüfungen unabhängig und an Weisungen nicht gebunden sei.

Da diese Begründung dem Direktor der Ortspolizeibehörde nicht ausreichend erschien und ihm zudem bekannt war, dass die betreffende Ausländerin seit dem 13. Juli 1999 polizeilich unter der Anschrift des Leiters des Rechnungsprüfungsamts gemeldet war, informierte er erstmals mit Schreiben vom 28. Juli 1999 den damaligen Oberbürgermeister Manfred Richter und regte eine Prüfung zum Vorliegen eines dienstlichen Fehlverhaltens an.