Betrachte man das dargestellte Dienstvergehen isoliert so sei von einer Verjährung auszugehen

Dadurch habe der Leiter des Rechnungsprüfungsamts vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten nach §§ 53, 55 S. 2 und 3 wonach er zur gewissenhaften und uneigennützigen Amtsführung und zum ansehensgerechten Verhalten verpflichtet sei, verstoßen.

Darüber hinaus verletze derjenige, der durch Vortäuschung eines amtlichen Informationsersuchens und durch Benutzung eines ahnungslosen Mitarbeiters Zugriff auf geschützten Akteninhalt nehme, auch seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.

Gleichzeitig habe der Leiter des Rechnungsprüfungsamts durch sein Verhalten seine Weisungsbefugnis gegenüber seinen ahnungslosen Mitarbeitern missbraucht. Als Amtsleiter sei er Vorgesetzter der Prüfer, Prüferinnen sowie der übrigen Bediensteten des Rechnungsprüfungsamts und als solcher gerade für eine ordnungsgemäße Durchführung der Aufgabe des Rechnungsprüfungsamts verantwortlich.

Betrachte man das dargestellte Dienstvergehen isoliert, so sei von einer Verjährung auszugehen. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Bremische Disziplinarordnung verjährt die Verfolgung von Dienstvergehen nach drei Jahren. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit dem Tage, an dem die Verfehlung begangen wurde, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges (§ 4 Abs. 1 S. 2

Diese Verjährungsfrist gilt nicht für solche Dienstvergehen, die eine Entfernung aus dem Dienst oder eine Aberkennung des Ruhegehaltes rechtfertigen. Davon sei im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesdisziplinargerichtes aber nicht auszugehen.

Vorliegend sei allerdings zu berücksichtigen, dass das Vorermittlungsverfahren auf weitere Vorwürfe ausgedehnt worden sei. Für die Feststellung, ob ein Beamter tatbestandsmäßig ein Dienstvergehen begangen habe, gelte der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens. Dies bedeute, dass mehrere Verfehlungen eines Beamten ein einheitliches Dienstvergehen bildeten, das einheitlich zu würdigen sei.

Der Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens bewirke, dass auch bei der Anwendung der Verfolgungsverjährung nach § 4 Abs. 1 die einzelnen Pflichtverletzungen des Dienstvergehens nicht getrennt zu beurteilen seien. Vielmehr seien alle Pflichtverletzungen verfolgbar, solange die letzte Verfehlung noch nicht verjährt sei.

Die einheitliche Betrachtung des Dienstvergehens werde nur dann unterbrochen, wenn sich eine einzelne Pflichtverletzung gegenüber anderen Verstößen desselben Dienstvergehens verselbständigen lasse. Eine solche Verselbständigung sei angebracht, wenn die verschiedenen Pflichtverletzungen nicht in einem zeitlichen, ursächlichen, psychologischen und wesensmäßigen Zusammenhang stünden. Unter diesen Voraussetzungen könne für eine Pflichtverletzung getrennt von anderen eine Verjährung bejaht und diese Pflichtverletzung aus dem vorwerfbaren Dienstvergehen ausgesondert werden. Nach allem sei die Ahndung der Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit sowie des Missbrauchs von Weisungsbefugnissen durch den Leiter des Rechnungsprüfungsamts von der abschließenden Beurteilung der übrigen gegen ihn erhobenen Vorwürfe abhängig.

Der Abschlussbericht des Vorermittlungsführers liegt noch nicht vor.

Für die abschließende Beurteilung werden nach Auffassung des Ausschusses aber auch dessen Ergebnisse maßgeblich sein.

c) Klageverfahren auf Beförderung und Schadensersatz

Mit Schriftsatz vom 15. 48, S. 1 stellen, als wäre er bereits zum 1. Oktober 1999 zum Verwaltungsdirektor befördert worden.

Zur Begründung trug er vor, die Ausländerin, deren Akte angefordert worden sei, habe ihr Einverständnis zur Einsichtnahme in die Akten erklärt.

Bei der Aktenanforderung sei es um die Prüfung der Durchsetzung von Rückforderungsansprüchen aufgrund erteilter Bürgschaftserklärungen für bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge gegangen. Insoweit habe er im Mai 1999 einen anonymen Hinweis erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe er die betroffene Thailänderin noch nicht gekannt. Er habe den zuständigen Prüfer mit der Aktenanforderung und Prüfung beauftragt, diesen aber nicht angewiesen, ihm die Akten vorzulegen.

Beanstandungen hätten sich bei der Prüfung nicht ergeben.

Die Stadt Bremerhaven sei zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie durch vorsätzliche pflichtwidrige Vorermittlungen seit drei Jahren seine Beförderung verhindere. Wenn überhaupt, könne das Disziplinarverfahren nur mit einem Verweis oder einer Geldbuße enden. Derartige Disziplinarmaßnahmen stünden einer Beförderung aber nicht entgegen.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2002138 wies das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stehe Beamten kein Anspruch auf Beförderung zu. Dies gelte auch dann, wenn alle Beförderungsvoraussetzungen ­ unter Umständen schon seit einigen Jahren ­ erfüllt seien und eine Beförderung bereits geplant gewesen sei. Insbesondere aus der Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens ergebe sich auch kein Anspruch auf Verleihung eines entsprechenden Status. Wegen des Ermessens- und Beurteilungsspielraums sowie der Organisationsbefugnis des Dienstherrn sei eine Verpflichtungsklage auf Beförderung in aller Regel nicht spruchreif. So verhalte es sich auch hier.

Eine Zusicherung, aus der sich ein Anspruch auf Beförderung ergeben könne, habe die Seestadt Bremerhaven dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts nicht erteilt. Man habe dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts vor seinem Dienstantritt die Beförderung schriftlich lediglich in Aussicht gestellt. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des Schreibens vom 20. März 1997, auf das sich der Leiter des Rechnungsprüfungsamts berufe, als auch aus dem Umstand, dass die Stadtverordnetenversammlung dem Magistrat lediglich die Bestellung des Betreffenden zum Leiter des Rechnungsprüfungsamts vorgeschlagen habe, nicht jedoch seine Beförderung zum Verwaltungsdirektor. Eine Zusicherung der Beförderung wäre daher rechtswidrig gewesen, weil es an der erforderlichen vorherigen Mitwirkung des Magistrats fehle.

Ein Rechtsanspruch auf Beförderung ergebe sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Stadt Bremerhaven habe dargelegt, dass Beamte, die sich eines Dienstvergehens verdächtig gemacht hätten, stets von der Beförderung zurückgestellt würden, solange der Sachverhalt nicht im Wege der disziplinarischen Vorermittlungen zu Gunsten des Beamten geklärt sei. Aufgrund der Fürsorgepflicht sei es dem Dienstherrn lediglich untersagt, sich bei der Entscheidung über die Beförderung eines Beamten von anderen als sachlichen Erwägungen leiten zu lassen. Für die Einleitung disziplinarischer Vorermittlungen genüge ein Anfangsverdacht. Es sei aber nicht erkennbar, dass die Stadt Bremerhaven diesen willkürlich angenommen habe. Demnach habe die Beklagte die Beförderung zu Recht unter Hinweis auf die noch laufenden disziplinarischen Vorermittlungen versagt.

Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts habe auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Nichtbeförderung zum 1. Oktober 1999. Der Bescheidungsanspruch habe sich nicht im Wege einer Ermessensreduzierung in einen Anspruch auf Beförderung umgewandelt. Ein solcher Anspruch sei auch nicht aus der Beförderungspraxis in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick darauf, dass die disziplinarischen Vorermittlungen erst nach dem Beförderungszeitpunkt eingeleitet worden seien, gegeben. Denn der Verdacht auf disziplinarisch relevantes Fehlverhalten sei bereits durch die Aktenan136 Bd. 265, S. 4 ebenda - Bd. 265 forderungen im Sommer des Jahres 1999 und damit vor dem regulären Beförderungstermin entstanden. Im Hinblick auf diese Verdachtsmomente sei die Ausnahme von der Beförderung nicht willkürlich gewesen, auch wenn die förmliche Einleitung der Vorermittlungen erst nach dem Beförderungstermin erfolgt sei.

d) Zusammenfassende Bewertung

Eine unzulässige Einflussnahme auf das Rechnungsprüfungsamt bzw. seinen Leiter wegen der unterbliebenen Beförderung, der Durchführung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und disziplinarischer Vorermittlungen konnte der Untersuchungsausschuss im Ergebnis nicht erkennen.

Die Stadt Bremerhaven hat berechtigterweise einen Anfangsverdacht für das Vorliegen eines Dienstvergehens angenommen und dementsprechend disziplinarrechtliche Vorermittlungen eingeleitet, ohne sich des Verdachts einer unzulässigen Einflussnahme auf das Rechnungsprüfungsamt auszusetzen. Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Leiter des Rechnungsprüfungsamts die Ausländerakte seiner thailändischen Lebensgefährtin und die Unterhaltsvorschussakte ihres minderjährigen Kindes aus privaten Gründen hat anfordern lassen.

Soweit der Verdacht eines Dienstvergehens vorliegt, spricht ­ gerade auch unter Berücksichtigung der bisherigen Verwaltungspraxis der Stadt Bremerhaven ­ nichts dagegen, von einer Beförderung abzusehen. Voraussetzung für eine Beförderung ist unter anderem, dass der Beamte sich sowohl fachlich als auch persönlich geeignet erwiesen hat. Zweifel an der persönlichen Eignung sind auf jeden Fall berechtigt, solange disziplinarische Vorermittlungen durchgeführt werden.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Stadt Bremerhaven die Vorermittlungen mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 förmlich eingeleitet hat, obwohl der Leiter des Rechnungsprüfungsamts zuvor nicht zu den Vorwürfen Stellung genommen hat.

Disziplinarische Vorermittlungen sind geeignet, den Sachverhalt aufzuklären.

Diesem Zweck sollten auch die vorgesehenen, aber nicht stattgefundenen Gespräche seitens des Personal- und Organisationsamtes mit dem Leiter des Rechnungsprüfungsamts dienen.

Kritikwürdig erscheint allerdings der Ablauf des Disziplinarverfahrens. Zum einen ist die Verfahrensdauer von mehr als drei Jahren für das Vorermittlungsverfahren außergewöhnlich lang. Darüber hinaus hat der Dienstvorgesetzte das Verfahren durch zahlreiche Vorwürfe erweitert, ohne eine ihm obliegende eigenständige Prüfung der Anwürfe vorzunehmen. Insoweit lässt sich aber nicht feststellen, dass die Grenze zu einer unzulässigen Einflussnahme bereits überschritten wurde.

Auch im Hinblick auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahrens lässt sich eine unzulässige Einflussnahme nicht feststellen. Die objektiv lange Dauer des Verfahrens gegen den Leiter des Rechnungsprüfungsamts erklärte sich nach der Aussage des zuständigen Staatsanwalts Haar dadurch, dass es sehr schwer gewesen sei, den Vertretern der Ortspolizeibehörde nahe zu bringen, dass die Anforderung von Akten nicht strafbar sei. Im Übrigen ergab die Beweisaufnahme, dass die Staatsanwaltschaft Bremen, Zweigstelle Bremerhaven, zum Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens durch eine Reihe von Kapitalverbrechen arbeitsmäßig sehr stark belastet war. Außerdem erklärte der zuständige Staatsanwalt in der Beweisaufnahme, dass sich die Bearbeitung durch seine längere Dienstunfähigkeit nach zwei Operationen verzögert habe.

Aufgrund des in Bremerhaven ­ wie im ganzen Land Bremen ­ einheitlich zum 1. Oktober eines Jahres festgesetzten Beförderungstermins hätte der Leiter des Rechnungsprüfungsamts nicht vor dem 1. Oktober 2000 befördert werden können. Allerdings hätte ungeachtet der langen Dauer des im Sommer 2000 eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens dieser Termin eingehalten werden können. Zur Vorbereitung der Beförderungsentscheidung hat der Magistrat den Stadtverordnetenvorsteher um eine aktuelle Leistungsbeurteilung des Leiters des Rechnungsprüfungsamts gebeten. Dazu sah sich der Stadtverordnetenvorsteher - Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme am 29. August 2002, S.