Rechnungsprüfungsamt

Weiterleitung einzelner Prüfberichte:

Auch die verzögerte oder nicht erfolgte Weiterleitung einzelner Prüfberichte sorgte für Konflikte zwischen dem Rechnungsprüfungsamt einerseits sowie dem Magistrat und Stadtverordnetenvorsteher andererseits.

Das Rechnungsprüfungsamt beklagte erstmals Ende 1998 die durch den zuständigen Bürgermeister Burghard Niederquell unterlassene Weiterleitung von Prüfberichten an den Wirtschafts- und Finanzausschuss.

Es handelte sich um den Magistrat betreffende Prüfberichte.

Im Juni 1999 stellte das Rechnungsprüfungsamt einen Prüfbericht über die Erstattung von Erwerbsausfällen für ehrenamtliche Magistratsmitglieder der Stadt Bremerhaven fertig. Der Bürgermeister leitete den Prüfbericht nicht sofort dem Wirtschafts- und Finanzausschuss für die im Juli stattfindende Sitzung zu und führte zur Begründung aus, der Magistrat habe am 30. Juni 1999 einen Beschluss über den Umgang mit Prüfungsberichten gefasst.

Danach sollten Prüfungsberichte erst nach Vorliegen der Stellungnahmen der geprüften Bereiche zur weiteren Behandlung an die zuständigen Fachausschüsse weitergeleitet werden. Diese Maßnahme sei wegen der vorzeitigen Veröffentlichung von Prüfberichten notwendig geworden, um den Betroffenen zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewährleisten.

Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts widersprach dieser Vorgehensweise in der Erwartung, der Magistrat hebe den Beschluss vom 30. Juni 1999 auf, da dieser das Informationsrecht des Wirtschafts- und Finanzausschusses und die unabhängige Entscheidung des Rechnungsprüfungsamts über die Information der Stadtverordnetenversammlung einschränke. Eine unverzügliche Information des Wirtschafts- und Finanzausschusses über aktuelle Prüfungsberichte sei wegen der dadurch erzielbaren Einsparmöglichkeiten unumgänglich.

Der Magistrat bekräftigte indessen in seiner Sitzung am 24. November 1999 den zuvor genannten Beschluss auf der Grundlage einer Stellungnahme des Rechtsamts und führte zur Begründung aus, bei kritischen Feststellungen in Bezug auf individualisierbare Privatpersonen sei den Betroffenen zuvor rechtliches Gehör einzuräumen.

Auch im Jahr 2000 setzten sich die Konflikte zwischen Magistrat und Rechnungsprüfungsamt wegen verzögerter oder gar nicht an den Wirtschaftsund Finanzausschuss weitergeleiteter Prüfberichte fort. Mit Schreiben vom 16. November 2000224 wandte sich der Leiter des Rechnungsprüfungsamts an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss und rügte unter anderem, dass der Magistrat seit fast einem Jahr keine Prüfungsberichte mehr an den Wirtschafts- und Finanzausschuss weitergeleitet habe und somit insgesamt sechs Prüfberichte im Rückstand sei.

Im Einzelnen handelte es sich um Berichte zur Auftragsvergabe für das Aufstellen und Abbauen von Verkehrszeichen und Absperrgeländern, zum Verkauf des Wulsdorfer Buernhuses sowie um eine gutachterliche Stellungnahme zu den Grundstücken Grashoffstraße 8 und 10, um ein Schreiben bezüglich eines Wahlaufrufs eines Beamten, um den Bericht über die Prüfung der an das Sozialamt gerichteten Abrechnungen privater Pflegedienste sowie um den Bericht über die Verwendung der dem Frauenzentrum e. V. gewährten Zuwendungen.

Protokoll der öffentlichen Beweisaufnahme am 27. August 2002, S. In Ausnahmefällen dauere die Stellungnahme der geprüften Bereiche auch länger, so dass er aufgrund des Magistratsbeschlusses vom 30. Juni 1999 an einer zügigeren Weiterleitung gehindert sei.

Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, über einen sich mehr als eineinhalb Jahre erstreckenden Zeitraum habe der Stadtverordnetenvorsteher Prüfungsberichte nicht an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet. Erst in der ersten Sitzung des neu gebildeten Rechnungsprüfungsausschusses im Februar 2001 seien die seit dem Jahr 1998 vorliegenden Berichte behandelt worden.

c) Zusammenfassende Bewertung

Die Prüfung des Personalbereichs stellt wegen des erheblichen Kostenvolumens einen wichtigen Teil der Haushaltsprüfung einer Stadt dar. Die Informationen sind überwiegend den Personalakten zu entnehmen, so dass der Untersuchungsausschuss mit dem Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen übereinstimmend der Auffassung ist, dass eine Prüfung im Personalbereich unabdingbar die Hinzuziehung der Personalakten erfordert. Die vom Magistrat vertretene Auffassung, das Rechnungsprüfungsamt müsse dem Personal- und Organisationsamt den konkreten Anlass und das konkrete Prüfungsziel mitteilen und erhalte dann alle zahlungsrelevanten Vorgänge aus der betreffenden Personalakte, widerspricht § 93 e danach ist die ­ auch nur teilweise ­ Herausgabe von Personalakten oder deren Inhalten zu Prüfzwecken an die Zustimmung des Betroffenen oder an das Vorliegen einer gesetzlichen Bestimmung gebunden.

Die Entscheidung darüber, welche personellen Vorgänge durch das Rechnungsprüfungsamt überprüft werden, obliegt allein diesem. Damit ist auf der einen Seite die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamts unmittelbar berührt. Auf der anderen Seite ist auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu berücksichtigen. Hier ist eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die beiden Interessen hinreichend Rechnung trägt.

Nach Fertigstellung und Aushändigung der Prüfungsberichte an den Bürgermeister ist dieser für die Weiterleitung an die Ausschüsse verantwortlich. Der Leiter des Rechnungsprüfungsamts geht unzutreffenderweise von der Annahme aus, die Entscheidungsbefugnis in allen Rechnungsprüfungsangelegenheiten liege ausschließlich beim Rechnungsprüfungsamt.

Ab dem Zeitpunkt der Aushändigung der Prüfberichte obliegen dem Oberbürgermeister und dem Magistrat die Einhaltung der Rechtsvorschriften. Das Rechnungsprüfungsamt kann sich jedoch an die ihm vorgesetzte Stadtverordnetenversammlung wenden.

6. Aufsichtstätigkeit durch die Freie Hansestadt Bremen

Nach dem Einsetzungsbeschluss war es auch Aufgabe des Ausschusses zu untersuchen, ob Organe des Landes Bremen unzulässig auf das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Bremerhaven Einfluss genommen haben. Insoweit kommen allenfalls Maßnahmen der Aufsichtsbehörden in Betracht.

a) Ausgestaltung der Kommunalaufsicht im Land Bremen

Nach Art. 147 LV übt der Senat die Aufsicht über die Gemeinde Bremerhaven aus.

Die Aufsicht beschränkt sich auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und stellt somit eine Rechtsaufsicht dar. Landesgesetzliche Vorschriften über die Aufsichtsmittel der Kommunalaufsicht existieren nicht.

b) Ausübung der Kommunalaufsicht durch den Senat

Nach § 2 der Geschäftsordnung des Senats der Freien Hansestadt Bremen

(GO Senat) wird die Gemeindeaufsicht vom Senator für Inneres, Kultur und Sport und ­ soweit Angelegenheiten der Finanzen betroffen sind ­ vom Senator für Finanzen und geschäftsführend für den Senat wahrgenommen. Die Mitglieder des Senats sind dessen unbeschadet verpflichtet, Angelegenheiten der Gemeindeaufsicht aus ihrem Geschäftsbereich zu bearbeiten und dem Senat zu berichten. Sind allgemeine Fragen oder Angelegenheiten der Finanzen berührt oder soll die Angelegenheit dem Senat zur Entscheidung vorgelegt werden, ist der Senator für Inneres, Kultur und Sport bzw. der Senator für Finanzen zu beteiligen.

Gegenstand der Kommunalaufsicht sind Handlungen und Beschlüsse der Organe der Stadt Bremerhaven, also des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung. Es handelt sich allein um eine Rechtmäßigkeitskontrolle.

Nach § 65 kann sich der Senat jederzeit über die Angelegenheiten der Stadt informieren. Dies geschieht in der Praxis in der Form, dass die Stadt Bremerhaven dem Senat regelmäßig Vorlagen und Protokolle des Magistrats sowie der Stadtverordnetenversammlung übersendet. Außerdem übermittelt der Rechnungshof der Freien Hansestadt Bremen die Ergebnisse der überörtlichen Gemeindeprüfung nach § 18 des Gesetzes über die Rechnungsprüfung in der Freien Hansestadt Bremen an den Senat. Dieser wertet die Unterlagen aus und leitet sie an die geschäftsführenden Stellen weiter.

Dem Senat lagen die Berichte des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen über die überörtliche Gemeindeprüfung für die Jahre 1996 und 1997234 vor. Aufgrund der Prüfbemerkungen sah der Senat keinen Anlass für ein kommunalaufsichtliches Einschreiten. Ebenso verhielt es sich mit der dem Senat bekannten Anfrage der Stadtverordnetenfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17. Dezember 2001 an die Stadtverordnetenversammlung bezüglich der Urheberschaft des Vertragsentwurfs vom 19. September 2000 und der darauf in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung erteilten Antwort des Magistrats.

Der Magistrat führte aus, ausweislich der Protokolle seiner Sitzungen habe ihm der Vertragsentwurf vom 19. September 2000 zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Auch im Rundgespräch des Magistrats sei ausweislich der entsprechenden Protokolle Derartiges nicht vorgetragen worden. Ein solches Schreiben sei weder im Wissen noch im Auftrag eines oder mehrerer Mitglieder des Magistrats verfasst worden.

Auch die an den Magistrat gerichtete Anfrage eines weiteren Stadtverordneten vom 28. Januar 2002236 bezüglich der Rolle des für öffentliches Dienstrecht zuständigen Referatsleiters beim Senator für Finanzen in dem Disziplinarverfahren gegen den Leiter des Rechnungsprüfungsamts sowie per Telefax versandter Unterlagen, mit dem dem Referatsleiter vertrauliche Informationen übersandt werden sollten, nahm der Senat zur Kenntnis.

Nach dem Akteninhalt sind weder der Senator für Inneres, Kultur und Sport noch der Senator für Finanzen kommunalaufsichtlich tätig geworden.

Auch aufgrund der Presseveröffentlichungen zu dem Vertragsentwurf vom 19. September 2000 wurde der Senat nicht tätig. Hierzu sagte der Mitarbeiter des Senators für Finanzen, Joachim Kahnert, vor dem Untersuchungsausschuss aus, er habe von eigenen Maßnahmen abgesehen, weil unklar gewesen sei, wer Urheber des Vertragsentwurfes war, und nach seinen Informationen kein Organ der Stadtgemeinde Bremerhaven das Papier erstellt habe.