Krankenhaus

21211/6). Eine erfolgreiche Aufklärung hätte ähnliche Vorkommnisse zu Lasten der Prüftätigkeit und zugunsten einzelner Verbände (siehe dazu die Feststellungen im Prüfbericht Bd. 60 III, S. 63) in der Zukunft möglicherweise verhindert.

c) Anhalten eines Akteneinsichtsgesuchs

Mit der Nichtweiterleitung des hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens gegen ein Unternehmen der Elektrobranche beantragten Akteneinsichtsgesuches des Rechnungsprüfungsamtes an die Staatsanwaltschaft hat der Oberbürgermeister die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes verletzt. Das Rechnungsprüfungsamt führt in dem Gesuch aus, es verspreche sich damit auch Informationen darüber, inwieweit geltende Vorschriften und Grundsätze der Haushalts- und Wirtschaftsführung verletzt worden seien (Bd. 58 I, S. 4), was unstreitig zu den Aufgaben der Rechnungsprüfung gehört. Vor diesem Hintergrund hätte der Oberbürgermeister das Akteneinsichtsgesuch ­ auch zum Zeitpunkt noch nicht abgeschlossener Ermittlungen ­ an die Staatsanwaltschaft weiterleiten müssen. Die Entscheidung, ob, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise Informationen eingeholt werden, fällt als Bestandteil der Prüftätigkeit in die alleinige Zuständigkeit des Rechnungsprüfungsamtes. Hier geht es insbesondere um eine Frage der Ausgestaltung der Prüfung, die dem Bereich der Weisungsfreiheit angehört. Es obliegt nicht dem Oberbürgerbürgermeister zu entscheiden, in welchem Verfahrensstadium polizeilicher Ermittlungen dem Rechnungsprüfungsamt Akteneinsicht gewährt wird Über die Gewährung von Akteneinsicht hat die Staatsanwaltschaft in eigener Verantwortung unter Würdigung des vorgetragenen berechtigten Interesses zu entscheiden.

d) Kontrolle der Kommunikation zwischen Rechnungsprüfungsamt und Strafverfolgungsbehörden

Die Kontakte zwischen Ermittlungsbehörden im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren haben den in der Strafprozessordnung normierten Regeln zu folgen, wie oben unter b) bereits dargestellt wurde. Insofern geht der Versuch einer persönlichen Rechtfertigung seitens des Stadtverordnetenvorstehers Beneken in seiner Vernehmung an der Sache vorbei. Dieser hatte bekundet, bei seiner Intervention gegenüber dem Leiter der Ortspolizeibehörde sei es ihm lediglich darum gegangen, das Vorhandensein einer Aussagegenehmigung zu überprüfen (Protokolle, S. 21210/4). Abgesehen davon, dass der Stadtverordnetenvorsteher für die Erteilung von Aussagegenehmigungen für Mitarbeiter des Prüfungsamtes nicht zuständig ist, verkennt er auch den wesentlichen Umstand, dass für Auskunftsverlangen der Strafverfolgungsbehörden eine solche nicht erforderlich ist. Die Behauptung des Stadtverordnetenvorstehers, es sei ihm allein um die Klärung gegangen, ob in einem bestimmten Fall eine Aussagegenehmigung vorgelegen habe, sehen Bündnis 90/Die Grünen schon durch den eindeutigen Wortlaut des Textes des Schreibens als widerlegt an. Dort heißt es ausdrücklich, dass zukünftig alle Anfragen der Polizei über ihn gestellt werden sollten (Bd. 131, S. 5).

Auch die von Oberbürgermeister Schulz im Rahmen seiner Vernehmung geäußerte und verteidigte Auffassung, die Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden sei insgesamt über ihn selbst abzuwickeln (Protokolle, S. 21207/3), erweist sich in diesem Licht als irrig.

Es ist deshalb in dem oben gesteckten Rahmen von unzulässigen Einflussnahmen respektive entsprechenden Versuchen auf die Kommunikation zwischen dem Rechnungsprüfungsamt und den Strafverfolgungsbehörden auszugehen. Fraglich könnte allenfalls noch sein, ob dem Stadtverordnetenvorsteher und dem Oberbürgermeister das entsprechende Unrechtsbewusstsein möglicherweise gefehlt hat.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass dem Oberbürgermeister als ehemaligem Strafrichter am Amtsgericht Bremerhaven die Rechtslage hätte bekannt sein können. Auch der Stadtverordnentenvorsteher hätte, unabhängig von der Frage seiner Vorgesetzteneigenschaft, wissen können, dass er in die ­ speziellen gesetzlichen Regeln folgende ­ Kommunikation im Rahmen der Strafverfolgung nicht ohne weiteres eingreifen darf. Dem Leiter der Ortspolizeibehörde war dies jedenfalls geläufig. Im Rahmen seiner Vernehmung hat er diese Regeln dergestalt beschrieben, dass bei Einbindung der Polizei in ein Ermittlungsverfahren der direkte Wege von dort zu den Zeugen gegeben sei (Protokolle, S. 21211/2); Vorgesetzte seien dann nicht einzubeziehen (Protokolle, S. 21212/1). Er hat auch dem Stadtverordneten in seinem Antwortschreiben auch einen entsprechenden Hinweis gegeben: ... soweit nicht gesetzliche Regelungen eine andere Verfahrensweise vorschreiben (Bd. 131, S. 18).

4. Die Sonderrolle des Stadtverordnetenvorstehers Benekens Deutlich zeichnet sich im Rahmen der Beweiserhebung die zentrale Rolle des Stadtverordnetenvorstehers in den Konflikten rund um die Rechnungsprüfung in Bremerhaven ab. Weitere Beispiele unzulässiger Einmischung in Prüfungstätigkeit und Amtsführung über die Eingriffe in die Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden und die Vorgänge um das Vertragspapier hinaus lassen sich darstellen.

a) Störungen des Kontakts zur Stadtverordnetenversammlung

Im Mehrheitsbericht werden die Beschwerden des Leiters des Rechnungsprüfungsamts über Verzögerungen der Behandlung von Prüfberichten durch den Magistrat beschrieben und bewertet. Keine ausdrückliche Würdigung findet dort allerdings die Rolle des Stadtverordnetenvorstehers in diesem Zusammenhang.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2000 (Bd. 62, S. 54), vom 10. August 2000 (Bd. 2 II, S. 86) und vom 12. September 2000 (Bd. 56 II, S. 7) bat der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes den Stadtverordnetenvorsteher, die Mitglieder des Verfassungsund Geschäftsordnungsausschusses gemäß § 5 Abs. 2 RPO über Prüfungsbehinderungen zu unterrichten. Die Behinderungsanzeigen betrafen die Prüfung einer Nebentätigkeit eines Verwaltungsangestellten, eine fehlende Stellungnahme zur disziplinarrechtlichen Bewertung eines Vorganges sowie die unterbliebene Unterrichtung des Rechnungsprüfungsamtes über die bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppe Anti-Korruption. Weiter habe der Stadtverordnetenvorsteher auch ein Schreiben des Leiters des Rechnungsprüfungsamtes zur Änderung der Rechnungsprüfungsordnung (Bd. 2 I, S. 163) nicht an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss weitergeleitet. Zu einem späteren Zeitpunkt hat der Stadtverordnetenvorsteher dem Leiter des Rechnungsprüfungsamtes ausdrücklich untersagt, sich mit einem Schreiben vom 29. Januar 2001 (Bd. 2 I, S. 283) an die Stadtverordneten zu wenden oder sie in anderer Weise von dem Inhalt zu unterrichten (Bd. 2 I, S. 287). In diesem Schreiben wollte der Leiter darauf aufmerksam machen, dass aufgrund verschiedener Eingriffe des Stadtverordnetenvorstehers eine ungestörte Arbeit des Rechnungsprüfungsamtes nicht mehr sichergestellt sei.

Streit gab es auch in der Frage der rechtzeitigen Zuleitung von Prüfberichten an die Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung. Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes sagte im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass der Stadtverordnetenvorsteher über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren hinweg Prüfberichte nicht an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet habe (Protokolle, S. 20728/1). Erst anlässlich der ersten Sitzung des neuen Rechnungsprüfungsausschusses, die im Februar 2001 stattfand, seien dann Berichte aus dem Jahre 1998 weitergeleitet worden (ebenda).

Diese Eingriffe waren rechtswidrig. Der Stadtverordnetenvorsteher stellt ein Bindeglied zwischen dem Rechnungsprüfungsamt und der Stadtverordnetenversammlung bzw. den von ihr eingesetzten Ausschüssen dar. Er ist verpflichtet, Berichte und Schreiben des Rechnungsprüfungsamtes der Stadtverordnetenversammlung sowie deren Ausschüssen zu übersenden. Deren Nichtweiterleitung stellt deshalb eine unzulässige Einflussnahme auf die Rechnungsprüfung dar.

Eine Anweisung gegenüber dem Rechnungsprüfungsamtsleiter dergestalt, sich nicht an die Stadtverordneten zu wenden, durfte er ebenfalls nicht aussprechen (so Prof. Pottschmidt, Protokolle, S. 21106/4). Eine solche Anweisung war außerdem dazu geeignet, den Amtsleiter gegenüber den ihm nachgeordneten Mitarbeitern zu diskreditieren, weil sie eine unzulässige und unangebrachte Reglementierung beinhaltete, die nicht ohne Auswirkungen auf die Motivation und die Loyalität der Mitarbeiter gegenüber dem Amtsleiter geblieben sein dürfte.

b) Zugriffe auf einzelne Prüfer und Einmischung in Prüfvorgänge

Am 22. März 2002 führte der Stadtverordnetenvorsteher Beneken ein Telefonat mit dem Prüfer Mertin. Darin ging es zunächst um die Frage der Herausgabe von Prüfungsunterlagen. Im weiteren Verlauf erklärte Beneken nach Angaben des Zeugen Mertin, er sei die ständigen Anwürfe aus dem Rechnungsprüfungsamt leid und werde die Angelegenheit einem Dritten übergeben und einen Rechtsanwalt einschalten. Die Sache habe Folgen für den Verfasser. Folgen für sich könne er vermeiden, wenn er erklären würde, dass die Anschuldigungen nicht von ihm, sondern vom Amtsleiter kämen (Aussage Mertins im Vorermittlungsverfahren, Bd. 6, S. 87). Der Prüfer legte über den Inhalt des Gesprächs einen Vermerk an, weil er Repressalien fürchtete (Bd. 6, S. 88). Der Stadtverordnetenvorsteher sagte im Rahmen der Vorermittlungen dazu aus, er habe zwar gegenüber dem Prüfer gesagt, es könne Ärger geben, bestritt aber, angeboten zu haben, diese Folgen vermeiden zu können, falls er den Amtsleiter als Verfasser angebe (Bd. 6 a, Bl. 3).

Der Prüfer Mertin erklärte in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss, er sei schockiert gewesen und habe sich unter Druck gesetzt gefühlt (Protokolle, S. 20813/6). Wenige Tage später, am 8. April 2002, bat der Stadtverordnentenvorsteher Beneken den Prüfer Mertin in sein Büro. Beneken kritisierte den Prüfer wegen des frechen Tons eines Schreibens und fragte, ob er dazu genötigt worden sei. Er versuchte ferner herauszubekommen, wer der Verfasser der Stellungnahme sei (Vermerk Mertin, Bd. 58 II, S. 10). Des Weiteren verwickelte er den Prüfer in eine Diskussion über die Prüfung des Zentralkrankenhauses Reinkenheide. In dem gleichen Gespräch äußerte der Stadtverordnetenvorsteher seine Verwunderung darüber, dass der Prüfer in einem Ermittlungsverfahren als sachverständiger Zeuge eingebunden sei, ohne dass er darüber informiert worden sei (dazu siehe auch oben unter 3. d).

Einige Wochen später, am 14. Juni 2002, betrat Stadtverordnetenvorsteher Beneken das Büro des Prüfers Mertin. Unter Hinweis auf seine Vorgesetzteneigenschaft und sein damit verbundenes Akteneinsichtsrecht fragte er nach dem Stand der Prüfungen bezüglich des Zentralkrankenhauses Reinkenheide und bat um Einsicht in die Prüfungsakten (Vermerk Mertin, Bd. 58 II, S. 9). Auf die Vorlage der Akten verzichtete er allerdings, als der Prüfer ihm erklärte, es gebe in der Sache nichts Neues.

Bei den geschilderten Vorgängen handelt es sich um gezielte Eingriffe des Stadtverordnetenvorstehers in die Unabhängigkeit der Prüftätigkeit des Rechnungsprüfungsamtes. Der Stadtverordnetenvorsteher hat kein Überwachungsrecht bezüglich einzelner Prüfungen und nicht das Recht, Berichte von Prüfungsamtsmitarbeitern anzufordern, wie der Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt (S. 39) und in seinen mündlichen Ausführungen bekräftigt hat (Protokolle, S. 21105/2; 21105/5). Die entsprechenden Aktivitäten sind auch nicht durch Rechtsirrtum entschuldigt, denn diese wären auch unzulässig gewesen, wenn er auf eine eingeschränkte Vorgesetzteneigenschaft, wie in der Stellungnahme des Rechnungshofes zugestanden, vertraut hätte. Dass Beneken dabei direkten Zugriff auf einzelne Prüfvorgänge und die entsprechend eingesetzten Bediensteten des Rechnungsprüfungsamtes am Amtsleiter vorbei nahm, muss als weiterer Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung gewertet werden. Besonders bedrohlich für die Arbeitsatmosphäre im Rechnungsprüfungsamt erscheint an dieser Stelle der Versuch, einen Mitarbeiter gezielt gegen seinen Amtsleiter in Position zu bringen.

5. Einflussnahme durch Organe des Landes

Den Sachverhaltsfeststellungen des Mehrberichts ist insoweit nichts hinzuzufügen. Eine unzulässige Einflussnahme auf die Unabhängigkeit und Amtsführung des Rechnungsprüfungsamtes durch Organe des Landes ist vom Untersuchungsausschuss im Ergebnis nicht festgestellt worden. Hinsichtlich der Bewertungen soll aber noch Folgendes angemerkt werden:

Der Vertragsentwurf war dem Senat zumindest aufgrund der Presseveröffentlichungen bekannt; trotzdem wurden keine näheren Informationen angefordert.