Unterstützung auch für lernbenachteiligte Jugendliche

Es bietet mit seinem Ausbau der Beteiligung zugleich eine bessere Unterstützung auch für lernbenachteiligte Jugendliche.

Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Kultusministerium und dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung wie folgt:

Frage 1. Welche neuen Impulse setzt die Landesregierung für die Kooperation der Akteure und ihren jeweiligen Verantwortungsbereich nach dem neuen Berufsbildungsgesetz (BBiG)?

Die in Hessen seit 1998 entwickelte und erprobte Teilzeitberufsausbildung wurde von der Landesregierung in den Prozess der Novellierung des BBiG eingebracht. Die Berufsausbildung nach BBiG ist grundsätzlich als Vollzeitausbildung angelegt, damit auch die erforderlichen Berufserfahrungen erworben werden. Auf Anregung Hessens gab der Bund-Länder-Ausschuss "Berufliche Bildung" bereits am 30. März 2001 eine Empfehlung zur "modifizierten Vollzeitausbildung" ab, der bisher jedoch nicht von allen für die Eintragung von Ausbildungsverhältnissen zuständigen Stellen gefolgt wurde.

Nunmehr ist in § 8 Abs. 1 BBiG ausdrücklich klargestellt, dass sich der Antrag auf Verkürzung der Ausbildungszeit auch auf die Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Ausbildungszeit (Teilzeitberufsausbildung) richten kann. Die gesetzliche Klarstellung erleichtert insbesondere allein erziehenden Elternteilen oder pflegenden Personen die Aufnahme oder Fortsetzung einer Berufsausbildung.

Des Weiteren wurde die in Hessen und anderen Bundesländern bereits seit Jahren erprobte und finanziell geförderte Verbundausbildung in § 10 Abs. 5 BBiG nun ausdrücklich als mögliche Ausbildungsvertragsform aufgenommen. Durch diese gesetzliche Klarstellung wird das Anliegen der Hessischen Landeregierung, die Kooperation mehrerer natürlicher oder juristischer Personen in Ausbildungsverbünden auszuweiten, erleichtert.

Die Landesregierung begrüßt, dass die seit langem geforderte engere Zusammenarbeit der Lernorte Betrieb und Schule (Lernortkooperation), die bisher nur zum Teil auf regionaler Ebene erfolgte, nunmehr im BBiG verbindlich festgeschrieben wurde (§ 2 Abs. 2). Bisher oftmals vorhandene Reibungsverluste bei der passgenauen Abarbeitung der Ausbildungspläne und Lehrpläne durch ausbildende Betriebe und Berufsschulen müssen durch diese Kooperation abgebaut werden.

Die Flexibilität für die Kooperation von Betrieben, beruflichen Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen wird erhöht. So sieht § 7 des novellierten BBiG vor, dass die Landesregierungen nach Anhörung des Landesausschusses für Berufsbildung durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass der Besuch eines Bildungsganges berufsbildender Schulen oder die Berufsausbildung in einer sonstigen Einrichtung ganz oder teilweise auf die Ausbildungszeit angerechnet wird. Des Weiteren ermächtigt das novellierte BBiG in § 43 Abs. 2 die Landesregierungen, Auszubildenden in sonstigen Berufsbildungseinrichtungen sowie Schülerinnen und Schülern der beruflichen Schulen einen Zugang zur Kammerprüfung zu ermöglichen.

Die Hessische Landesregierung wird die neuen Regelungen im Berufsbildungsrecht nach Abschluss der entsprechenden Beratungen im Landesausschuss für Berufsbildung nutzen, um die Ausbildungschancen junger Menschen zu verbessern, das duale System der Berufsausbildung zu stärken und gleichzeitig die Qualität der Berufsausbildung zu sichern und zu erhöhen.

Frage 2. Auf welche Weise setzt die Landesregierung insbesondere die mit dem nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland verbundene Mitwirkung der Länder um, auch Jugendlichen mit eingeschränkten Vermittlungschancen Perspektiven für den Einstieg in die berufliche Ausbildung und das Berufsleben zu eröffnen?

Im "Hessischen Pakt für Ausbildung 2004 ­ 2006", der Anfang September 2004 zwischen den Verbänden der Wirtschaft, den Kommunalen Spitzenverbänden, der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit und der Landesregierung geschlossen wurde, verpflichten sich die vertragsschließenden Parteien - unabhängig vom nationalen Pakt - durch gemeinsames Engagement nach Kräften eine Trendwende auf dem Ausbildungsstellenmarkt herbeizuführen.

Dies soll erreicht werden

- im Regelfall durch Vermittlung einer Ausbildung im dualen System,

- durch das Angebot sonstiger betrieblicher Ausbildung,

- durch die Optimierung der Vermittlung auf offene Plätze,

- durch Qualifizierungsangebote, die in eine spätere duale Ausbildung einmünden, sowie

- durch verbesserte Angebote zur Förderung des Übergangs von der Schule in den Beruf.

Das Land Hessen sagt in diesem Rahmen zu, seine Programme zur Förderung der Berufsausbildung und der Berufsvorbereitung für die Dauer des Paktes aufrechtzuerhalten. Das Land Hessen hat in diesen Bereichen ein ausgefeiltes, nach Zielgruppen und Problemlagen ausdifferenziertes Angebot an Programmen und Maßnahmen. Der überwiegende Teil der Programme richtet sich an benachteiligte Jugendliche im Alter von 14 bis 27 Jahren, die besonderer individueller Hilfe und Unterstützung bei der Vermittlung in Ausbildung und Arbeit bedürfen. Alle Programme haben zum Ziel, entweder direkt zur Vermittlung in eine betriebliche Ausbildung beizutragen oder durch einen hohen Praxisanteil eine gleichwertige Berufsausbildung zu gewährleisten sowie bei der Berufsvorbereitung realistische Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt und Hilfestellungen bei der Bewerbung um Ausbildungs- oder Arbeitsplätze zu geben.

Die Landesprogramme zur Berufsvorbereitung sind:

- Eingliederung in die Berufs- und Arbeitswelt (EIBE) des Hessischen Kultusministeriums sowie folgende Programme in der Verantwortung des Hessischen Sozialministeriums:

- Qualifizierung und Beschäftigung für junge Menschen,

- Qualifizierung und Beschäftigung für Mädchen und junge Frauen,

- START ­ Qualifizierung und Beschäftigung von berufsschulpflichtigen jungen Menschen, insbesondere Schul- und Bildungsverweigerern,

- Fit für Ausbildung und Beruf (FAUB) ­ eine schwerpunktmäßig über betriebliche Praktika organisierte betriebs- und praxisnahe Alternative zum 10. Pflichtschuljahr für schulmüde Jugendliche,

- Modellfirma "Unternehmen Hessen" ­ hier geht es um die Vermittlung von Einblicken in betriebliche Berufsausbildung und von bewerbungsrelevanten Zusatzqualifikationen für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz bei privatwirtschaftlichen Bildungsträgern.

Die Landesprogramme des Hessischen Sozialministeriums zur Förderung der Ausbildung von Benachteiligten sind:

- Ausbildungskostenzuschüsse (AKZ) für die betriebliche Ausbildung von lern- oder leistungsbeeinträchtigten jungen Menschen (z.B. Sonderschulabsolventen),

- Betriebliche Ausbildung Alleinerziehender (auch in modifizierter Teilzeit),

- Ausbildung in der Migration,

- "Ausbildung statt Arbeitslosengeld II (AstA)" (bisher: "statt Sozialhilfe"),

- Betreuung Jugendlicher in externer Ausbildung in Wohnheimen.

Drei dieser fünf Programme (AKZ, Betriebliche Ausbildung Alleinerziehender und Jugendwohnheime) unterstützen eine betriebliche Ausbildung. Die zwei übrigen Programme sollen jungen Menschen, die keine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz haben und auch von der Arbeitsverwaltung wegen ungünstiger Erfolgsprognose nicht in eine außerbetriebliche Ausbildung aufgenommen werden, ermöglichen, doch noch ­ und zwar dann in außerbetrieblicher Ausbildung ­ einen Berufsabschluss zu erreichen.

Hinzu kommen die Programme des Hessischen Wirtschaftsministeriums zur Förderung betrieblicher Ausbildung:

- Ausbildungsstellen für Altbewerberinnen und Altbewerber,

- Ausbildungsstellen bei Existenzgründungen,

- Förderung von Auszubildenden aus insolventen Betrieben,

- Ausbildungsverbünde,

- Verbesserung des Ausbildungsumfelds.

Die ersten 4 Programme dienen unmittelbar der Akquise von Ausbildungsplätzen. Hierbei bietet insbesondere das Altbewerberprogramm bisher bei der Bewerbung erfolglosen Jugendlichen eine Perspektive für den Einstieg in eine Berufsausbildung. Mit dem Programm zur Verbesserung des Ausbildungsumfeldes werden durch Verbesserung der Ausbildungsbedingungen, der Beratung und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben, Strukturstudien u.v.m. mittelbar und nachhaltig Ausbildungsplätze geschaffen.

Darüber hinaus hat sich das Kultusministerium im Hessischen Pakt für Ausbildung verpflichtet, die Eingangsvoraussetzungen für die Berufsbildung zu verbessern, SchuB-Klassen mit hohem Praxisanteil einzurichten und die Anzahl der Absolventen ohne Hauptschulabschluss in den nächsten drei Jahren um ein Drittel zu verringern. Das Hessenpraktikum als nachrangiges Angebot wird weiter vorgehalten.

Frage 3. Welche Initiativen hat die Landesregierung beispielsweise im Landesausschuss für Berufsbildung ergriffen, damit auch die in der Aufsicht des Landes befindlichen pflegerischen Berufe in das Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit einbezogen werden?

Auf Initiative der Vertreter der Hessischen Landesregierung hat sich der Hessische Landesausschuss für Berufsbildung mit dem neuen Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit für die Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen (BvB) vom 12. Januar 2004 auseinandergesetzt und die neuen BvBStrukturen ausführlich diskutiert. Die BvB sind nach dem neuen Fachkonzept so ausgerichtet, dass ein breit gefächertes und differenziertes Angebot nicht nur Ausbildungsberufe nach BBiG und Handwerksordnung abdeckt, sondern auch gleichwertige (wie z. B. die pflegerischen) Berufe. Kein Beruf wird von vornherein ausgeschlossen. Der Prozess der Erarbeitung von Qualifizierungsbausteinen für pflegerische Berufe hat begonnen (vgl. die Antwort auf Frage 4).

Frage 4. Welche Initiativen hat die Landesregierung darüber hinaus ergriffen oder beabsichtigt sie zu ergreifen, damit unabhängig von bürokratischen Beschränkungen aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten des Sozial- und des Kultusministeriums Qualifizierungsbausteine und Teilzertifizierungen durch übergreifende Betrachtung von Inhalten pflegerischer Berufe und dualer Ausbildungsberufe nach dem Berufbildungsgesetz (BBiG) im Gesundheitsbereich entwickelt werden können?

Mit Einführung der §§ 50 ff. BBiG (alt) bzw. §§ 68 ff. BBiG (neu) sind Ausbildungsbetriebe (auch der pflegerischen Berufe) ermächtigt, Berufsausbildungsvorbereitung durchzuführen. Die hierfür erforderlichen Qualifizierungsbausteine haben sich nach der Berufsausbildungsvorbereitungs-Bescheinigungsverordnung (BAVBVO) auszurichten.