Quellensteuer-Rückerstattung ­ Finanzsümpfe trockenlegen

Die Stadtsparkasse München teilt ihren Kunden auf Anfrage mit, dass die Rückerstattung der Quellensteuer aus Italien auf Antrag erst nach 7 bis 12 Jahren erfolgt. Der Landesverband der Bayerischen Sparkassen hat seine diesbezüglichen Bemühungen um rasche Rückerstattung vor vier Jahren als hoffnungsloses Unterfangen eingestellt.

Ich frage die Staatsregierung:

1. In welchen Zeiträumen erfolgt die Rückerstattung der Quellensteuer an die europäischen bzw. außereuropäischen Staaten?

2. Welches Jahresvolumen umfasst die von den Banken und Sparkassen im Auftrag der Finanzverwaltung einbehaltene Quellensteuer insgesamt und aufgegliedert nach Staaten? Wie viel davon entfällt auf den Freistaat Bayern?

3. Welches Ausmaß haben die Außenstände der nicht erstatteten Quellensteuerzahlungen erreicht?

4. Welche Außenstände haben die Bayerische Landesbank und die Bayerische Landesstiftung bei der Quellensteuer?

5. Sind die bilateralen Verträge in Sachen Quellensteuer, die aus der Zeit stammen, als die Herren Dr. Waigel und Prof. Dr. Köhler dem Bundesministerium der Finanzen vorstanden, fehlerhaft? Wieso hat die Staatsregierung dagegen keine Beschwerde eingelegt?

6. Welche Vorschläge kann die Staatsregierung dem Bundesministerium der Finanzen bezüglich annehmbarer Vertragsveränderungen hinsichtlich der unterbreiten?

7. Ist es nicht besser, die Quellensteuer abzuschaffen, anstatt diese erst nach Jahren zurückzuerstatten? Würde dies nicht viel Verwaltungsaufwand und Ärger ersparen?

8. Ist der Staatsregierung bekannt, welche Verwendung die Gelder aus der Quellensteuer der bayerischen Bürger in Italien finden?

Allgemeines Vorab wird zum besseren Verständnis der Problematik der Verfahrensablauf beim Einbehalt und der (teilweisen) Rückerstattung der italienischen Quellensteuer im Überblick kurz dargestellt: Schüttet eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Italien eine Dividende an ihre Aktionäre aus, wird von der Ausschüttung ein Quellensteuerabzug einbehalten, der (ähnlich wie der Lohnsteuerabzug bei Arbeitnehmern) der Sicherung des Steueranspruchs ­ hier des italienischen Fiskus ­ dient. Der Steuerabzug beträgt 27 % der Dividende. Der Steuereinbehalt erfolgt bereits in Italien, Banken oder Kreditinstitute in Deutschland sind daran nicht beteiligt. Befinden sich die Aktien in einem Depot bei einer Bank in Deutschland, fließt dem Depot die bereits um den Quellensteuerabzug geminderte Dividende zu.

Hiervon zu unterscheiden ist die zwischenstaatliche Ebene des deutsch-italienischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA), das u.a. die Frage regelt, welcher Staat das Besteuerungsrecht ausüben darf, wenn ein deutscher Aktionär Dividenden aus Italien erhält. Nach Art. 10 Abs. 1 DBA können die Dividenden im Ansässigkeitsstaat, also in Deutschland besteuert werden. Nach Art. 10 Abs. 2 DBA können die Dividenden jedoch auch in dem Staat besteuert werden, in dem die die Dividende zahlende Gesellschaft ansässig ist ­ also in Italien ­, wobei die Steuer aber 15 % des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen darf.

Der Differenzbetrag von (27 % abzüglich 15 % =) 12 % wird gemäß Art. 29 DBA auf Antrag erstattet (Teilerstattungsverfahren). Alternativ dazu lässt die italienische Finanzverwaltung eine Absenkung des Quellensteuersatzes auf DBA-Höhe bereits im Zeitpunkt der Auszahlung der Dividende zu (Teilfreistellungsverfahren). Dabei findet die vom DBA vorgeschriebene Steuersatzbegrenzung auf 15 % schon zum Auszahlungszeitpunkt direkte Anwendung. Die Verzögerungen durch die häufig mehrere Jahre dauernde Bearbeitung von Erstattungsanträgen können auf diese Weise vermieden werden. Allerdings ist auf Grund der relativ hohen Kosten, die die Wertpapierlagerstellen für die Abwicklung in Rechnung stellen, das Teilfreistellungsverfahren für Kleinanleger eher ungeeignet. Das Teilfreistellungsverfahren geht auf Verwaltungsanweisungen des italienischen Finanzministeriums zurück. Zur Inanspruchnahme des Teilfreistellungsverfahrens ist der vom deutschen Wohnsitzfinanzamt bestätigte Antrag vom Antragsteller oder seinem Rechtsvertreter/Bevollmächtigten rechtzeitig vor Zahlung der Dividende an den Schuldner weiterzuleiten.

Dem italienischen Verfahren vergleichbar ist im Übrigen auch das Verfahren auf deutscher Seite. So wird von Ausschüttungen einer deutschen Kapitalgesellschaft an einen italienischen Aktionär eine deutsche Quellensteuer von 20 % (ab 2009: 25 %) einbehalten. Den Differenzbetrag zu dem nach DBA zulässigen Höchstsatz von 15 % erstattet auf Antrag das Bundeszentralamt für Steuern (§ 50d Abs. 1 Einkommensteuergesetz).

Zu 1., 2. und 3.:

Die Fragen 1 bis 3 werden zusammengefasst beantwortet.

Bei der Beantwortung der Fragen 1 bis 3 wird unterstellt, dass mit dem Begriff Quellensteuer ausschließlich die italienische Quellensteuer gemeint ist. Die Rückerstattung der italienischen Quellensteuer erfolgt durch die zuständige italienische Behörde (Centro Operativo der Agenzia delle Entrate). Zu der Frage, wie lange die Erstattungsverfahren durchschnittlich dauern, liegen keine belastbaren Daten vor.

Dass es wegen der häufig langwierigen Bearbeitungsdauer zu Verzögerungen bei der Teilrückerstattung kommt, ist allgemein bekannt. Als Ausweg bietet sich jedoch das Teilfreistellungsverfahren an, das ­ bei allerdings relativ hohen Gebühren der Wertpapierlagerstellen ­ eine zeitnahe Steuerentlastung ermöglicht. Zu den weiteren Fragen, welches Jahresvolumen die einbehaltene italienische Quellensteuer umfasst und welches Ausmaß die Außenstände der nicht erstatteten Quellensteuer erreicht haben, liegen ebenfalls keine statistischen Angaben vor, da insoweit nicht der Zuständigkeitsbereich der deutschen, sondern der italienischen Finanzverwaltung berührt ist. Ich darf in diesem Zusammenhang nochmals betonen, dass die Banken und Sparkassen in Deutschland lediglich deutsche Quellensteuer einbehalten und an die Finanzämter abführen. Die italienische Quellensteuer wird bereits in Italien einbehalten.

Zu 4.: Angaben hierzu können aus Gründen des Steuergeheimnisses (§ 30 der Abgabenordnung) nicht gemacht werden. Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, inwieweit Außenstände der genannten Institute für die geschilderte Problematik von Bedeutung sein können.

Zu 5.: Die Regelungen im deutsch-italienischen DBA bezüglich der Dividendenbesteuerung sind aus Sicht der Staatsregierung nicht fehlerhaft. Sie entsprechen vielmehr internationalem Standard. So sehen das Musterabkommen der OECD ebenso wie die meisten von der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten abgeschlossenen Abkommen vergleichbare Regelungen vor. Davon abgesehen stellt das DBA die Steuerpflichtigen in Deutschland insoweit günstiger, als im Ergebnis Italien als Quellenstaat nur 15 % Steuer erheben darf. Der Differenzbetrag ist zu erstatten. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Staatsregierung sich gegen eine solche die Steuerpflichtigen in Deutschland begünstigende Regelung hätte aussprechen sollen.

Zu 6.: Aus den in der Antwort zu Frage 5 dargelegten Gründen sieht die Staatsregierung derzeit keinen Anlass für eine Änderung des deutsch-italienischen DBA. Was die verzögerte Erstattung der Quellensteuer durch die italienischen Steuerbehörden anbelangt, steht es jedem Aktionär frei, sich diesbezüglich an die Europäische Kommission zu wenden. Im Übrigen gibt es hierzu derzeit auf EU-Ebene bereits Überlegungen, wie Verbesserungen beim Quellensteuer-Erstattungsverfahren erreicht werden können. Bis wann allerdings mit konkreten Ergebnissen gerechnet werden kann, ist derzeit nicht absehbar.

Zu 7.: Das italienische Quellensteuerabzugsverfahren könnte allenfalls der italienische Staat selbst abschaffen, da es sich insoweit um nationales Recht Italiens handelt. Dagegen spricht, dass der Einbehalt von Quellensteuer durch den Staat, in dem die ausschüttende Kapitalgesellschaft ansässig ist, nicht nur in Deutschland und Italien, sondern auch in vielen anderen Staaten üblich ist und internationalem Standard entspricht.

Eine Abkehr von diesem Standard würde im Übrigen dazu führen, dass auch Deutschland keine Quellensteuer mehr erheben dürfte. Dies hätte nicht unerhebliche Steuerausfälle zur Folge. Aus Sicht der Staatsregierung wäre eine Regelung auf EU-Ebene der richtige Weg. Bis wann dies erreichbar sein wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Zu 8.: Die in Italien einbehaltene Quellensteuer ist Teil der Steuereinnahmen und dürfte in den Haushalt des italienischen Staates einfließen. Wie die Steuereinnahmen im Einzelnen verwendet werden, ist ausschließlich Angelegenheit des italienischen Staats.