Geplante Neuregelung der Kurtaxordnung der bayerischen Staatsbäder

Gemäß dem bayerischen Kostengesetz wird die Kurtaxe zur Finanzierung des Unterhalts von Staatsbädern erhoben. Die Höhe der Kurtaxe orientiert sich dabei am jeweiligen Kostenaufwand dieser Einrichtungen. Nachdem die Staatsbäder ohnehin am oberen Ende der Kurtaxenhöhe in Deutschland stehen, frage ich die Staatsregierung angesichts der derzeitigen Diskussion um eine weitere Erhöhung der Kurtaxe in den Staatsbädern:

1. Wie lässt sich erklären, dass der Kurtaxensatz in Staatsbädern weit über dem privater Bäder und anderer Kurorte liegt?

2. Inwieweit wird die besonders hohe Kurtaxe der Staatsbäder als ein Problem im Wettbewerb der Kurorte gesehen?

3. Woraus resultieren die Unterschiede in den Kurtaxensätzen zwischen den bayerischen Staatsbädern?

Welche Gründe sind anzuführen, dass die Kurtaxe in Bad Kissingen mit 3,40 (Stand 2007) besonders hoch ausfällt?

4. Wie hoch ist der Anteil der Gäste in den bayerischen Staatsbädern, die vom Einnächtlerprinzip betroffen sind?

a) Inwieweit würde sich die Abschaffung der auf die Einnahmesituation und damit auf die Kostendeckung der Staatsbäder auswirken?

b) Wie würde sich die Abschaffung der Ein-Nacht-Regelung auf die Höhe der Kurtaxen in den jeweiligen Staatsbädern auswirken, wenn zu ihrer kostendeckenden Kompensation die Kurtaxe erhöht würde?

5. Welche Alternativen zur Abschaffung des Einnächtlerprinzips bzw. zur Erhöhung der Kurtaxe kommen für die Staatsbäder in Frage?

6. Inwieweit werden mögliche Einsparpotentiale in den Staatsbädern ausgeschöpft, um die Kurtaxe zu senken?

7. Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um der weit überdurchschnittlichen Verschuldung der Staatsbä10. 02. 2009 der, aber auch der übrigen bayerischen Kurorte entgegenzuwirken?

Zieht die Staatsregierung in Erwägung, die überdurchschnittliche Infrastruktur der Kurorte im kommunalen Finanzausgleich verstärkt zu berücksichtigen? Wenn ja, in welcher Art und Weise ­ wenn nein, warum nicht?

Zu 1.: Rechtsgrundlage für die Kurtaxerhebung in den Staatsbädern ist Art. 24 Kostengesetz (KG), für die Kurbeitragserhebung in kommunalen Bädern Art. 7 Kommunalabgabengesetz.

Beide gesetzliche Regelungen stellen hinsichtlich der Abgabenhöhe auf die Deckung der einmaligen und laufenden Aufwendungen der für die Bereitstellung von Einrichtungen, die zu Kur- und Erholungszwecken in den jeweiligen Orten unterhalten werden, ab. Der höhere Aufwand in den Staatsbädern gegenüber den meisten kommunalen Bädern ist im Wesentlichen auf den hohen Standard der Kurtaxleistungen, wie umfangreiche Kurparkanlagen, Kurmusik (z.B. philharmonisches Orchester Bad Reichenhall), besondere kulturelle Veranstaltungen (z.B. Kissinger Sommer und Winterzauber, Bad Reichenhall), Gradierwerke etc. aber auch auf die Vielzahl der zu betreibenden denkmalgeschützen Liegenschaften zurückzuführen. Auf das neoklassizistische Kurhausbad (Baujahr 1927), den Regentenbau (Baujahr 1913) oder das Luitpoldbad (Baujahr 1871) in Bad Kissingen oder das Alte Königliche Kurhaus in Bad Reichenhall (Baujahr 1900) wird beispielhaft hingewiesen. Die Liegenschaften schaffen einerseits ein einzigartiges Ambiente, das zweifelsfrei als Gäste- und Besuchermagnet wirkt, andererseits aber auch Lasten mit sich bringt, die zumindest teilweise über die von den Gästen zu entrichtende Kurtaxe aufgefangen werden müssen.

Zu 2.: Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, führt der hohe Standard der Kurtaxleistungen sowie die historische Infrastruktur in den Staatsbädern zu Vermarktungspotentialen, andererseits werden daraus resultierende Folgelasten im Wege einer höheren Kurtaxe zu einem kleinen Teil auf die Gäste umgelegt. Zusammenfassend halten sich die der hohen Kurtaxe zugrunde liegenden Vorteile und die in ihrer Höhe begründeten Nachteile zumindest die Waage, sodass eine Wettbewerbsneutralität unterstellt werden kann.

Die umfangreichen Leistungen des Freistaates für die Staatsbäder verschaffen der Kur im Übrigen Wettbewerbsvorteile.

Zu 3.: Der Kurtaxsatz eines Staatsbades orientiert sich an der zur Aufrechterhaltung der für Kur- und Erholungszwecke bereitgestellten Infrastruktur. Der Aufwand fällt von Staatsbad zu Staatsbad unterschiedlich aus und spiegelt sich im jeweiligen Kurtaxsatz wider.

Bad Kissingen verfügt, wie der beispielhaften Aufzählung der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen ist, über die weitaus größte Anzahl an zu bewirtschaftenden historischen Einrichtungen. Darüber hinaus verfügt das Staatsbad Bad Kissingen über Parkanlage in einer Größenordnung von 69,24 ha, die wegen ihrer besonderen Attraktivität und Blumenpracht auch bereits diverse Auszeichnungen erhalten hat, sowie ein Kur- und Wanderwegenetz mit einer Gesamtlänge von 109 km, für die der Bayerisches Staatsbad Bad Kissingen die Unterhalts- und Versicherungspflichten obliegen.

Parkanlagen und Wegenetz sind ebenfalls historisch gewachsene Kureinrichtungen, die aus den Kurtaxeinnahmen unterhalten werden müssen. Auf das sehr umfangreiche Kulturprogramm wurde bereits hingewiesen. Da kein anderes Staatsbad über eine solch umfangreiche Angebotspalette für den Kurgast wie Bad Kissingen verfügt, sind in diesen auch die erhobenen Kurtaxsätze entsprechend niedriger.

Zu 4.: Der Anteil der sog. Einnächtler im Kalenderjahr 2007 wird in der Tabelle (Anlage) dargestellt.

Die Ergebnisse der durchgeführten Außenprüfungen haben gezeigt, dass die bisherige sog. Einnächtler-Befreiung am missbrauchsanfälligsten ist. In einer signifikanten Zahl von Fällen musste festgestellt werden, dass regelmäßig mehrtägige Aufenthalte im Kurbezirk als eine Aneinanderreihung von kurtaxfreien Einnacht-Aufenthalten verschleiert wurden.

Die Befreiungsvorschrift muss daher zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung und zur Vermeidung eines strukturellen Vollzugsdefizits aufgehoben werden. Im Staatsbad Bad Kissingen wurden die geschilderten Missbrauchsfälle mit weitem Abstand am häufigsten festgestellt.

In einem Einzelfall addierte sich die hinterzogene Kurtaxe im dreijährigen Prüfungszeitraum auf 50.000. Bereits im April 2006 wurde der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes Bad Kissingen, Herr Heinz Stempfle, in der Saale-Zeitung mit der Äußerung zitiert, dass rund 20 Prozent der kurtaxpflichtigen Gäste in Bad Kissingen nicht offiziell gemeldet würden.

Einnächtler genannte Personen sind darüber hinaus nach den Feststellungen der Kurbetriebsgesellschaften nur zu einem sehr geringen Teil Geschäftsreisende, die eigentlich im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise ausgenommen werden sollten. Der Regelfall, der von dieser Befreiungsvorschrift erfasst wurde, ist der Kurzurlauber im Staatsbad, der zum Besuch einer kulturellen Veranstaltung anreist und nach einer Übernachtung wieder abreist (Trend zu immer kürzeren Aufenthaltsdauern). Es ist nicht gerechtfertigt, diesen Gästekreis, der gezielt ein mit Staatsbadmitteln ermöglichtes Kulturprogramm in Anspruch nimmt, von der Abgabepflicht auszunehmen.

Mit der Abschaffung der sog. Einnächtler-Regelung verbessert sich die Einnahmesituation der Kurbetriebsgesellschaften um rund 240 Tsd.. Gemessen am bisherigen Gesamt-Kurtaxaufkommen von 7.784 Tsd. p.a. ist theoretisch von einer Steigerung von rund 3 Prozent auszugehen.

Alternativ müsste der Kurtaxsatz in den Staatsbädern um durchschnittlich 10 Cent angehoben werden. Mit dieser Lösung würde jedoch die latente verfassungsrechtliche Problematik eines strukturellen Vollzugsdefizits bei der Kurtaxerhebung nicht behoben.

Zu 5.: Wegen des bereits angesprochenen Vollzugsdefizits bei der Kurtaxerhebung gibt es rechtlich gesehen zur Abschaffung der sog. Einnächtlerregelung keine Alternative. Die mit einer Beibehaltung der sog. Einnächtlerbefreiung verbundenen Einnahmeausfälle könnte auch der Freistaat nicht ausgleichen, sie wären von den Kurbetriebsgesellschaften einzusparen. Dabei ist zu bedenken, dass das Kurtaxaufkommen nicht dem Staatshaushalt zufließt, sondern in den jeweiligen Staatsbädern zum Betrieb und Unterhalt der Kureinrichtungen belassen wird. Ein Verzicht auf die vorgesehene Maßnahme müsste demnach zu unmittelbarem, sichtbarem und spürbarem Leistungsabbau in den Staatsbädern führen. Gemessen daran erscheint die Abschaffung der in Rede stehenden Befreiungsvorschrift das mildere Mittel.

Zu 6.: Auch in den bayerischen Staatsbädern sind bedingt durch verschiedene Gesundheitsreformen seit 1996 die Übernachtungszahlen deutlich zurückgegangen und damit auch das Kurtaxaufkommen. Schon dadurch bedingt sind in den bayerischen Staatsbädern seit Längerem massive Kostensenkungsprogramme im Einsatz. Allerdings sind der Wirksamkeit solcher Kostensenkungsprogramme natürliche Grenzen gesetzt. Diese sind in den bayerischen Staatsbädern erreicht, sodass die Öffnung der Ertrags-/Aufwandsschere seit geraumer Zeit stetig ansteigt. Ein weiterer Faktor in dieser dienstleistungsorientierten Unternehmensbranche sind die in den zurückliegenden Jahren gestiegenen Personal- und Energiekosten sowie die einschneidenden Veränderungen in der Gäste- und Kundenstruktur der bayerischen Staatsbäder, die das Vorhalten eines zunehmend höherwertigen Angebotes erfordern. Alleine die Personalkosten machen zwischen 70 und 80 Prozent des gesamten Unternehmensaufwandes aus. Der zur weiteren Kostensenkung notwendige Personalabbau wird seit Jahren sozialverträglich im Rahmen der natürlichen Fluktuation vollzogen. Beispielhaft wird hierbei auf das Staatsbad Bad Brückenau verwiesen, in dem seit 1993 der Personalstand von rund 110 Mitarbeitern auf aktuell 42 gesenkt werden konnte. Die zugehörigen Arbeitsplätze sind dabei nicht alle ersatzlos entfallen, sondern zu einem großen Teil in die Privatwirtschaft verlagert worden. Vergleichbare Maßnahmen in den anderen Staatsbädern können infolge einer ungünstigeren Altersstruktur der Mitarbeiter und sonstiger Rahmenbedingungen nicht im gleichen Ausmaß vollzogen werden.

Zu 7.: Die Staatsbadliegenschaften werden vom Freistaat direkt unterhalten und belasten die kommunalen Haushalte daher nicht. In Bad Kissingen, Bad Reichenhall und Bad Bocklet beteiligen sich die Kommunen an der Abdeckung des laufenden Betriebsdefizits.

Durch den kommunalen Finanzausgleich sichert der Freistaat Bayern den Gemeinden, Landkreisen und Bezirken eine angemessene finanzielle Grundausstattung und gleicht unterschiedliche Einnahmemöglichkeiten aus. Dies geschieht insbesondere durch die Schlüsselzuweisungen. Diese haben die Aufgabe, bestehende Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden auszugleichen und damit den leistungsschwächeren Kommunen eine ausreichende Finanzausstattung zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu verschaffen. Dazu werden für die Ermittlung der Schlüsselzuweisungen die Einnahmenseite, ausgedrückt in der Steuerkraft der Gemeinde, und die Ausgabenbelastung gegenübergestellt.

Für die Ausgabenbelastung einer Gemeinde wird nicht auf die tatsächlichen Ausgaben einer Gemeinde zurückgegriffen, sondern eine fiktive Ausgabenbelastung nach pauschalen Gesichtspunkten ermittelt. Der einwohnerbezogene Hauptansatz drückt die durchschnittliche Ausgabenbelastung einer Gemeinde aus. In Ergänzungsansätzen werden wenige, besonders herausragende Belastungen berücksichtigt. Dazu zählen eine Strukturschwäche sowie ­ bei den kreisfreien Städten ­ deren Kreisfunktion und eine Belastung durch Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Die Einführung weiterer Ergänzungsansätze, etwa für Kurorte oder Staatsbäder, wäre nicht zielführend. Zum einen würde eine Vielzahl von Ergänzungsansätzen das Schlüsselzuweisungssystem überfrachten. Schließlich würde die Einführung eines zusätzlichen Ergänzungsansatzes eine Vielzahl von Anschlussforderungen produzieren. Viele Ergänzungsansätze würden sich jedoch gegenseitig in den Auswirkungen aufheben. Außerdem könnte bei einer Vielzahl unterschiedlicher Ergänzungsansätze die Ausgleichsfunktion der Schlüsselzuweisungen bei Steuerkraftunterschieden gefährdet sein. Zum anderen ist die Einstufung als Kurort für die jeweiligen Gemeinden auch mit Vorteilen verbunden. Ihre Attraktivität wird gesteigert und sie haben die Möglichkeit, Kurbeiträge oder Fremdenverkehrsbeiträge zu erheben.

Diese bleiben bei der Bemessung der Steuerkraft unberücksichtigt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es für Infrastrukturmaßnahmen eine Reihe von Fördermöglichkeiten innerhalb und außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs gibt.

An diesen partizipieren auch die Kurorte.