Beamten einer Polizeidienststelle

1. Existieren Vorgaben, wonach die Beamten einer Polizeidienststelle für jeden als alkoholbedingt aufgenommenen Verkehrsunfall fünf rechtlich relevant alkoholisierte Verkehrsteilnehmer ohne Unfall aufzuspüren haben?

2. Gibt es Richtlinien, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt ein Polizeibeamter ohne vorheriges Einschalten eines Ermittlungsrichters eine Blutentnahme anzuordnen, einen Führerschein zu beschlagnahmen oder eine Wohnungsdurchsuchung durchzuführen hat?

3. Gibt es polizeiliche Schulungen zur Beurteilung alkoholtypischer Ausfallerscheinungen?

4. Gibt es Statistiken zur Zahl polizeilicher Anzeigen bezogen auf einzelne Beamte oder Dienststellen?

5. Werden solche Statistiken nach dem Wert der Anzeige differenziert?

6. Wird auch das Unterbinden einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat statistisch erfasst und bewertet? Werden die Zahl und Art der durch Polizeibeamten beigebrachten Anzeigen in dessen dienstlicher Beurteilung erwähnt oder berücksichtigt?

7. Gibt es entsprechend der Zahl und Art der Anzeigen auf einer Polizeidienststelle bezogene Rankinglisten?

A) Einleitung: 788 Menschen wurden in Bayern im Jahr 2008 im Straßenverkehr getötet und über 70.000 verletzt. Neben der präventiven Arbeit ist die Verfolgung und Ahndung von Verstößen ein wesentliches Kriterium für die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Die Verkehrssicherheitslage hat sich seit den 1970er-Jahren trotz ansteigenden Verkehrsaufkommens ständig verbessert. Verkehrskontrollen leisten einen wichtigen Beitrag zur Verringerung von Verkehrsunfällen oder deren schweren Folgen. Verkehrstote werden nach wie vor als Nebenfolge der Mobilität zu einfach hingenommen. Aus meiner Sicht ist aber jeder Tote ein Toter zu viel. Und oftmals sind es vermeintliche Kleinigkeiten, wie ein nicht angelegter Sicherheitsgurt, die über Leben und Tod entscheiden.

Die polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit konzentriert sich auf die besonders unfallträchtigen Fehlverhaltensweisen wie Geschwindigkeit, Abstand, Überholen, Gurt sowie Fahren unter Alkohol-, Drogen- und Medikamenteneinfluss.

Die Bayerische Polizei handelt dabei ausschließlich auf der Basis spezifischer Lagebilder und daraus entwickelter sicherheitspolitischer Vorgaben, nicht nach Fallzahlen und Quoten. Es gilt der Grundsatz Qualität vor Quantität!.

Vor dem Hintergrund des nach wie vor hohen Anteils von alkoholbedingten Verkehrsunfällen ist es unerlässlich, neben präventiven Aktionen auch über einen entsprechenden Verfolgungsdruck die Verkehrsteilnehmer stärker für die Risiken des Straßenverkehrs zu sensibilisieren, um die Unfallursache zu reduzieren.

Im Rahmen des Controllings wird sowohl auf Ebene des Bayer. Staatsministeriums des Innern als auch auf Ebene der Polizeipräsidien und deren nachgeordneten Dienststellen regelmäßig überprüft, ob und in welchem Umfang die getroffenen Maßnahmen zur Zielerreichung beitragen. Statistiken mit Auswirkungen auf die berufliche Laufbahn einzelner Beamter werden weder vom Bayerischen Staatsministerium des Innern noch seitens der Polizeipräsidien toleriert.

B) Zu den einzelnen Fragen

Zu 1.: Zur Bekämpfung der Unfallursache Alkohol haben sich die Polizeipräsidien bereits im Jahre 1999 gemeinsam mit der Polizeiabteilung des Bayer. Staatsministeriums des Innern im Rahmen einer Zielvereinbarung auf den in Rede stehenden Verfolgungsindex 1:5 geeinigt.

Der Verfolgungsindex soll das Verhältnis einer bestimmten Anzahl von Verkehrsunfällen (hier den Alkoholunfällen) zu den polizeilichen Sanktionen wegen unfallträchtiger Verkehrsdelikte (hier dem Fahren unter Alkoholeinfluss) zum Ausdruck bringen. Zugrunde liegt der Gedanke, dass Unfälle am besten durch Bekämpfung der unfallauslösenden Ursachen vermieden werden. Denn bekanntermaßen steigt die Akzeptanz von Normen mit der Erhöhung des Entdeckungsrisikos.

Mit dieser Zielvereinbarung sind aber keine starren Vorgaben hinsichtlich der Anzahl der durchzuführenden Kontrollen verbunden. Vielmehr orientiert sich die polizeiliche Kontrollaktivität an der vorher eingetretenen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch Alkoholunfälle.

Beginnend im Jahr 2007 hat das Bayer. Staatsministerium des Innern die neue Verkehrssicherheitsaktion Sicher und fair im Straßenverkehr gestartet. Schwerpunkt der Aktion ist u. a. der Schutz der schwachen und gefährdeten Verkehrsteilnehmer sowie die Bekämpfung der Hauptunfallursachen wie Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen.

Im Rahmen dieser Aufgabenstellung gilt es, Trunkenheitsfahrten nicht nur zu verfolgen, sondern verstärkt zu unterbinden. Auch um die Akzeptanz gegenüber Alkoholkontrollen zu erhöhen, wird dabei beispielsweise der präventive Aspekt der Schlüsselhinterlegung gegenüber der repressiven Maßnahme hervorgehoben. In diesem Kontext wird regelmäßig die polizeiliche Strategie zur Bekämpfung von Alkoholunfällen, einschließlich des Verfolgungsindexes, im Hinblick auf deren Wirksamkeit und Akzeptanz evaluiert und ggf. angepasst.

Zu 2.: Die Vornahme der angeführten Handlungen ergibt sich aus den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit den konkreten Umständen im Einzelfall. Eine Richtlinie kann daher allenfalls eine grundsätzliche Hilfestellung sein.

Eine solche gibt beispielsweise die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Justiz und für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz vom 5. April 2001 zur Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten; Sicherstellung und Beschlagnahme von Führerscheinen 2001, S. 165).

Zu 3.: Die Beurteilung alkoholtypischer Ausfallerscheinungen ist Gegenstand der Ausbildung. In Dienstunterrichten wird bestehendes Wissen vertieft.

Zu 4.: Solche Statistiken gibt es nicht. Im Übrigen darf auf die vorangehenden grundsätzlichen Ausführungen verwiesen werden.

Zu 5.: Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.

Zu 6.: Zur Frage der Erfassung und Bewertung wird auf die vorhergehenden Fragen verwiesen.

Zur Frage der Beurteilung ist auszuführen, dass für die Beurteilung eines Polizeibeamten die Bewertung seiner Leistung, Eignung und Befähigung in Bezug auf seine Funktion und im Vergleich zu anderen Beamten derselben Besoldungsgruppe maßgeblich ist.

Die materiellen Beurteilungsrichtlinien des Finanzministeriums geben vor, dass in einer Beurteilung abhängig von den Aufgaben des Beamten insgesamt 21 Einzelmerkmale mit einem Punktwert von 1­16 bewertet werden müssen. Eines dieser Einzelmerkmale bezieht sich auf den Arbeitserfolg, der sich wiederum in Arbeitsmenge und Arbeitsgüte aufteilt.

Im Bereich der Bayer. Polizei ist bei den Beurteilungen der Sachbearbeiter nicht für die Arbeitsmenge, sondern nur für die Arbeitsgüte eine Doppelgewichtung zulässig. Insofern tritt die Arbeitsmenge bei der Vergabe eines schlüssigen Gesamturteils hinter der Arbeitsgüte zurück.

Auch damit wird deutlich, dass für die Bayer. Polizei der Schwerpunkt nicht allein bei der Arbeitsmenge liegt, sondern vielmehr darin, wie die Qualität der geleisteten Arbeit zu bewerten ist. Eine Überbewertung der zählbaren Arbeit ist somit ausgeschlossen.

Natürlich muss es dem Beurteiler möglich sein, die fachliche Leistung richtig und angemessen zu bewerten. Zu diesem Zwecke ist es nicht beurteilungsfehlerhaft, wenn bei einer großen Anzahl von zu beurteilenden Beamten und wegen des Beurteilungszeitraums von drei Jahren der unmittelbare Vorgesetzte Leistungsnotizen führt. Dass diese Notizen ohne eine qualitative Bewertung der Arbeit wenig Aussagekraft für die Erstellung der Beurteilung hätten, ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass ­ wie bereits ausgeführt - vom Arbeitserfolg die Arbeitsgüte im Gegensatz zur Arbeitsmenge doppelt zu gewichten ist.

Zu 7.: Die Qualitätskontrolle hinsichtlich der polizeilichen Verkehrssicherheitsarbeit erfolgt ergebnisorientiert. Entscheidend ist in erster Linie die Entwicklung der Unfallzahlen. Eine solche Qualitätssicherung ist aus polizeilicher Sicht unverzichtbar für eine erfolgreiche Arbeit. Eine auf einzelne Polizeibeamte bezogene Listung nach Zahl und Art der Anzeigen gibt es nicht.