Entfernung von Schutzbepflanzungen entlang bayerischer Autobahnen

In letzter Zeit wurden mehrere Fälle bekannt, in denen die Autobahndirektion Südbayern und die ihr untergeordneten Autobahnmeistereien bei angeordneten Pflegemaßnahmen durch Baumfällungen deutlich und mehrmals über das Ziel hinausgeschossen sind:

So wurden am 11. und 12. Januar 2009 zwischen der A 96 Windach-Schöffelding und einem Privatgrundstück alle Bäume der Schutzbepflanzung, die als Immissions- und Lärmschutz dienten, radikal entfernt.

In einem anderen Fall wurde nicht nur die Schutzvegetation entfernt, sondern dies auch noch ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse.

In einer Online-Beschreibung zum Straßenbetriebsdienst findet sich im Internetangebot des Innenministeriums der Satz: Auf gleichförmige flächenhafte Pflegehiebe wird aus ökologischen und gestalterischen Gründen verzichtet.

Ich frage die Staatsregierung:

1. Wie ist der zitierte Satz mit den skizzierten faktischen Kahlschlägen in Einklang zu bringen?

2. Aus welchen fachlichen Gründen waren die genannten Pflegemaßnahmen in diesem Umfang notwendig?

3. Welche Sicherheitsgefahren gehen von Hecken am Straßenrand aus?

4. a) Da bei den jeweiligen Pflegemaßnahmen Mengen an Holz anfallen, frage ich die Staatsregierung, wie verfahren die Straßenmeistereien und Autobahnmeistereien damit?

b) Wird dieses zu marktüblichen Preisen veräußert?

c) Wie hoch beziffern sich die Einnahmen aus der etwaigen Veräußerung des geschlagenen Holzes?

5. Liegt dem Innenministerium eine diesbezügliche Vergleichsübersicht aller bayerischen Straßen- und Autobahnmeistereien vor und kann diese dem Parlament zugängig gemacht werden?

6. a) Im Hinblick darauf, dass durch die Veräußerung des Holzes Einnahmen entstehen, frage ich die Staatsregierung, wie werden diese Einnahmen verwendet bzw. welchem Haushaltsposten werden diese zugerechnet?

b) Können die einzelnen Straßen- und Autobahnmeistereien, die Autobahndirektionen oder das Innenministerium über die Einnahmen verfügen?

c) Werden mit den Einnahmen ökologische Ausgleichsprojekte und Immissionsschutzmaßnahmen gefördert und diese orts- und zeitnah zu den Baumpflegemaßnahmen durchgeführt?

7. Welche finanziellen Vorteile bringt eine Vergabe an ein Landschaftsplanungsbüro bzw. eine Landschaftsbaufirma gegenüber der Pflege durch die Straßenmeistereien selbst?

8. a) Infolge der Pflegemaßnahmen entsteht ein Verlust an Lärm- und Immissionsschutz positiv beeinflussenden Grünpflanzen, weshalb ich die Staatsregierung frage, worin liegt der Vorteil, dass gewachsene und gestufte Waldränder an der Autobahn komplett ausgelichtet werden (Bsp. A 96 bei Schöffelding)?

b) Welche Kosteneinsparung pro m2 Hecke wird dadurch erreicht, dass Hecken auf der straßenabgewandten Seite von Lärmschutzwällen komplett auf einer Länge von über 100 m auf den Stock gesetzt werden?

c) Welche Anpflanzungen sind als Ersatz geplant?

Vorbemerkung:

Mit dem schrittweisen Ausbau der B 12 zur Autobahn A 96 zwischen München und Landsberg wurden gleichzeitig die straßenbegleitenden Grünflächen angelegt. Sie umfassen insgesamt etwa 300 Hektar. Da an den straßenbegleitenden Gehölzpflanzungen seit deren Bestehen keine Pflegemaßnahmen durchgeführt wurden, handelte es sich durchweg um stark überalterte Bestände mit einem hohen Anteil an degenerierten, zum großen Teil auch verkehrsgefährdenden Bäumen und Totholzbeständen im Unterwuchs.

In einem ersten Arbeitsgang der zwischenzeitlich erforderlich gewordenen Pflegearbeiten war daher ein sehr intensiver Rückschnitt erforderlich, um die unmittelbar verkehrsgefährdenden Bäume zu entfernen und ein Grundgerüst an zukunftsfähigen, bestandsbildenden Gehölzen herauszuarbeiten. Das gesamte Arbeitsvolumen für die rund 50 km lange Strecke war nur mit dem Einsatz von leistungsfähigen Großgeräten wie z. B. Baggerscheren zu bewältigen. Ein selektives Ausschneiden von einzelnen Gehölzen innerhalb eines dicht bewachsenen Bestandes ist bei dieser Form der maschinellen Bearbeitung nicht möglich.

Die Bearbeitung erfolgte entweder von der Fahrbahn aus oder ­ um die notwendige Sperrung von Fahrstreifen in einem vertretbaren Maß zu halten ­ fahrbahnabgewandt. Dies war nur dort möglich, wo entsprechend befahrbare Zuwegungen vorhanden sind. Zusätzlich musste der entlang der Strecke durchgehende Wildschutzzaun zur Vermeidung von Wildunfällen überprüft und abschnittsweise instand gesetzt werden. Letzteres bedingte ­ zumindest für den Arbeitsbereich beidseitig der Zaunanlagen ­ das komplette der vorhandenen Gehölze.

Zu 1.: Die zitierte Vorgehensweise Auf gleichförmige flächenhafte Pflegehiebe wird aus ökologischen und gestalterischen Gründen verzichtet stellt die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen ­ auch an der A 96 ­ dar.

Abweichungen zu der grundsätzlichen Vorgehensweise der selektiven und abschnittsweisen Bearbeitung von Gehölzbeständen waren an der A 96 in kleinen Teilbereichen entweder aufgrund der stark erschwerten Zugänglichkeit (z.B. an der Lechleite) oder der oben dargestellten dringend notwendigen grundhaften Pflege erforderlich.

Zu 2.: Die Gehölzpflegearbeiten orientierten sich an dem Pflegeund Entwicklungsplan für den 50 km langen Streckenbereich der A 96 von München bis Landsberg, der eine Bearbeitung in einem Zeitraum von 5 Jahren vorsah. Die Durchführung der Gehölzpflegearbeiten erfolgte seit 2003 von München beginnend durch eine von der Autobahndirektion Südbayern beauftragte Fachfirma. Nach Art. 13 e sind die Rückschnittmaßnahmen auf das Winterhalbjahr zu beschränken, d.h. die Pflegearbeiten müssen aus naturschutzrechtlichen Gründen spätestens zum 1. März für den jeweiligen Arbeitsabschnitt beendet sein. Dies bedingt eine entsprechend große Abschnittsbildung, um die Arbeiten in den vorgesehenen Zeiträumen abwickeln zu können.

Zu 3.: Gehölzbestände an Straßen sind sehr vielfältigen, häufig negativen Umwelteinflüssen (z.B. Streusalz, Anfahrschäden, erhöhte Emissionen) ausgesetzt. Mit fortschreitender Altersentwicklung im geschlossenen Gehölzbestand kommt es zudem durch Lichtmangel zu statischen Problemen, vor allem bei zu dicht stehenden Gehölzen. Die Standsicherheit des gesamten Gehölzbestandes wird dadurch mittelfristig nachteilig beeinflusst. Ein Verkehrssicherheitsrisiko besteht insbesondere, wenn sich in den Gehölzbeständen ein durch Samenanflug bedingter hoher Anteil von Bäumen befindet, die im ungünstigen Fall auch auf die Fahrbahn fallen können.

Zu 4. a):

Bei Pflegemaßnahmen durch den Straßenbetriebsdienst wird das anfallende Ast- und Buschwerk i.d.R. umgehend gehäckselt und in der Fläche ausgebracht. Fallen größere Mengen an Ast- und Buschwerk an, werden diese abgefahren und entweder zur thermischen Verwertung beispielsweise in betriebseigenen Hackschnitzelheizungen der Meistereien verwendet oder an Unternehmer zur weiteren energetischen Verwertung veräußert. Fällt bei den Maßnahmen Brennholz an, so erfolgt ein Verkauf an Bedienstete der Meistereien.

Zu 4. b): Ja.

Zu 4. c): Erlöse aus dem Verkauf von geschlagenem Holz werden nicht eigens erfasst. Daher können auch keine Aussagen zur Höhe dieser Einnahmen gemacht werden.

Zu 5.: Nein (vgl. Antwort zu 4 c).

Zu 6. a):

Die Einnahmen aus dem Verkauf von geschlagenem Holz fließen als Verwaltungseinnahmen und dgl. bei Bundesfernstraßen dem Bundeshaushalt und bei Staatsstraßen dem Staatshaushalt zu.

Zu 6. b): Nein, da die Haushaltspläne für derartige Einnahmen keine Koppelung von Einnahmen und Ausgaben vorsehen.

Zu 6. c): Nein (vgl. Antwort zu 6 b).

Zu 7.: Entsprechend den Betriebsdienstkonzepten Autobahnmeisterei 21 (AM 21) und Straßenmeisterei 21 (SM 21) werden die eigenen Ressourcen der Meistereien (Personal, Fahrzeuge und Geräte) auf die Kernaufgaben des Betriebsdienstes konzentriert (Winterdienst, Streckenwartung, Sofortmaßnahmen). Darüber hinaus wird eine weitere Erhöhung des Vergabeanteiles angestrebt. Die Personalbemessung der Straßenwärter erfolgt auf der Basis der notwendigen Ersteinsätze im Winterdienst. Die für den Winterdienst benötigten Ressourcen sind im Ganzjahresbetrieb optimal einzusetzen. Die Meistereien werden dabei nach betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten geführt, wodurch auch im Vergleich zu den privaten Anbietern wettbewerbsfähige Kosten der Meistereien gewährleistet werden können.

Die Vergabe von Gehölzpflegemaßnahmen erfolgt insbesondere dann, wenn Art und Umfang der erforderlichen Arbeiten eine wirtschaftliche Durchführung durch die Meistereien nicht erwarten lassen. Allgemeine Gehölzpflegearbeiten können nur dann vom Straßenunterhaltungsdienst durchgeführt werden, wenn keine Winterdiensteinsätze oder spezielle Fachkräfte oder Spezialgeräte erforderlich sind oder eine Vergabe aufgrund der Kleinteiligkeit kein wirtschaftliches Ergebnis erwarten lässt.

Die Umsetzung eines Grünpflegekonzeptes wie zum Beispiel an der A 96 ist mit der zur Verfügung stehenden Personal- und Geräteausstattung der Meistereien nicht möglich.

Durch die Spezialisierung einzelner Anbieter können Pflegeleistungen im notwendigen Umfang am wirtschaftlichsten im Vergabewege durchgeführt werden.

Zu 8. a):

Zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Wildschutzzaunes im Waldrandbereich müssen die eingewachsenen Bäume und Sträucher in regelmäßigen Abständen entfernt und der Zaun gegebenenfalls repariert werden. Eine gewisse Anzahl von Bäumen im Waldrandbereich, die als verkehrsgefährdend eingestuft wird, muss ebenfalls entfernt werden. Eine komplette Auslichtung erfolgt im Zuge dieser Maßnahmen nicht.

Zu 8. b):

Die Kosteneinsparung eines etwa 10- bis 15-jährigen Pflegeturnus in Form von selektivem Auf-Stock-Setzen von Gehölzbeständen besteht in der kostengünstigeren Abwicklung, da die Herstellung von Zufahrten sowie die Einrichtung von Verkehrssicherungen nur in der entsprechenden Häufigkeit anfällt.

Zu 8. c):

In der Regel erfolgt ein zügiger und vitaler Stockaustrieb der regenerationsfähigen Gehölze innerhalb der darauffolgenden Vegetationsperiode. Ersatzpflanzungen sind im angesprochenen Streckenabschnitt daher nicht vorgesehen.