Verbraucherschutz

Gemäß § 191a GVG kann eine blinde oder sehbehinderte Person nach Maßgabe der Verordnung zur barrierefreien Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Personen im gerichtlichen Verfahren ­ Zugänglichmachungsverordnung (ZMV) ­ verlangen, dass ihr die für sie bestimmten gerichtlichen Dokumente auch in einer für sie wahrnehmbaren Form, z. B. elektronisch, akustisch, mündlich, fernmündlich oder schriftlich in Blindenschrift oder in Großdruck, zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren erforderlich ist.

Auslagen werden hierfür nicht erhoben.

Zu 3.: Da auch Behinderte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden können und auch diese Freiheitsstrafen vollzogen werden müssen, sind in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Vorkehrungen für einen behindertengerechten Strafvollzug getroffen worden (vgl. die Antworten zu den Fragen 3.1)­ 3.3).

Zu 3.1:

Die Frage nach der aktuellen Zahl der behinderten bzw. schwerbehinderten Gefangenen wird für die schwer Gehbehinderten und Menschen im Rollstuhl beantwortet, da auf diese in der Einleitung der Anfrage Bezug genommen wird und eine Beantwortung für alle Behinderungen gleich welcher Art und welchen Schweregrades einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Aktuell befinden sich in den Justizvollzugsanstalten 26 Gefangene mit schwerer Gehbehinderung bzw. im Rollstuhl, das sind 0,2 % der Gefangenen. Auf die einzelnen Anstalten verteilen sich diese Gefangenen wie folgt: Aichach - 1, Amberg - 1, Bayreuth - 2, Kaisheim - 4, Landshut - 2, München - 7, Nürnberg - 1, Passau - 2, Straubing - 6.

Zu 3.2: Barrierefreie Justizvollzugsanstalten gibt es in Bayern nicht, da diese nach wohl einhelliger Auffassung ihre Funktion als Justizvollzugsanstalt nicht erfüllen könnten. Es stehen aber insgesamt 30 rollstuhlgerechte Haftplätze zur Verfügung, für schwer Gehbehinderte, die nicht auf einen Rollstuhl angewiesen sind, sind es mehr.

Zu 3.3: Da genügend behindertengerechte Haftplätze zur Verfügung stehen, ist körperliche Behinderung allein kein Grund, den Vollzug einer Freiheitsstrafe auszusetzen. Dies würde auch dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen. In wenigen Ausnahmefällen müssen Gefangene, die nicht nur schwer gehbehindert oder Rollstuhlfahrer sind, sondern darüber hinaus einer besonders intensiven medizinischen Pflege (ab Pflegestufe 3) bedürfen, in ein Justizvollzugskrankenhaus in ein anderes Bundesland verlegt werden. Grund hierfür ist aber nicht die Behinderung, sondern die besondere Pflegebedürftigkeit.

Die Kriterien der Haftunfähigkeit gelten für behinderte Menschen gleichermaßen wie für nicht behinderte Menschen.

Eine Verlegung in den offenen Vollzug erfolgt nicht aufgrund einer körperlichen Behinderung, sondern bei allen Gefangenen gleichermaßen dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen (keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr) erfüllt sind.

Zu 4.: Zur Anzahl der rollstuhlgerechten Haftplätze wird auf die Antwort zu Frage 3.2 Bezug genommen. In den Justizvollzugsanstalten werden in der Regel keine Arbeitsplätze vorgehalten, die explizit für den Einsatz von Behinderten bestimmt sind. Vielmehr wird über den jeweiligen Arbeitseinsatz im Benehmen mit dem Gefangenen und ggf. dem Anstaltsarzt entschieden und bei Bedarf der Arbeitsplatz situationsabhängig eingerichtet. Insbesondere in den Unternehmerbetrieben sind sitzende Tätigkeiten üblich und damit für Rollstuhlfahrer und schwer Gehbehinderte geeignet.

Zu 4.1: Zur Zeit befinden sich von den 26 behinderten Gefangenen vier in Arbeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von den übrigen behinderten Gefangenen einige arbeitsunfähig, einige bereits im Rentenalter oder als Untersuchungsgefangene nicht arbeitspflichtig sind, und dass im Strafvollzug keine Vollbeschäftigung angeboten werden kann.

Zu 4.2: In den bayerischen Justizvollzugsanstalten erhalten alle Gefangenen, ob behindert oder nicht, eine Betreuung durch Fachdienste, z. B. Ärzte, Psychologen, Sozialpädagogen, Geistliche etc. sowie durch den uniformierten Dienst. Auf die besonderen Belange der Behinderten wird dabei Rücksicht genommen.

Zu 5.: Die unterschiedlichen Bedingungen und Regelungen für den Vollzug der verschiedenen Haftarten (Strafhaft, Untersuchungshaft, Beugehaft etc.) sind gesetzlich bzw. in der Untersuchungshaftvollzugsordnung geregelt und gelten für alle Gefangenen, ob behindert oder nicht, gleichermaßen. Die behindertengerechten Hafträume stehen auch für Untersuchungsgefangene und Gefangene in Beugehaft zur Verfügung.

Zu 5.1: Diskriminierung und Mobbing von behinderten Gefangenen, etwa durch Mitgefangene, wird entschieden entgegengetreten. Im Bedarfsfall wird mit entsprechenden Unterstützungsund Interventionsmaßnahmen der Bediensteten (insbes. Fachdienste) reagiert; Fehlverhalten wird ggf. disziplinarisch geahndet. Die Regel ist aber, dass Behinderte Unterstützung und Rücksichtnahme durch ihre Mitgefangenen erfahren.

Bei der Belegung der Hafträume wird darauf geachtet, dass es zu Unzuträglichkeiten gar nicht erst kommt.

Zu 5.2: Behindertenbeauftragte oder Kontaktbeamte nur für behinderte Gefangene gibt es in den Justizvollzugsanstalten nicht, weil hier im Bedarfsfall sowohl die Fachdienste (vgl. Antwort zu Frage 4.2) als auch die Beamten des uniformierten Dienstes zur Verfügung stehen.

Zu 6.: Die Anzahl der Menschen mit Behinderung, die zum Stichtag 31. Dezember 2008 in der bayerischen Justiz arbeiteten, betrug: Kopfzahl Quote

Im Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 8 4,10 %

Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften 806 5,61 %

Im Justizvollzug 182 3,70 %

Insgesamt 996 5,11 %

Getrennte Zahlen für Gerichte und Staatsanwaltschaften wurden nicht erhoben.

Die Differenz zu den unter 6.2 angegebenen Zahlen für das Jahr 2008 ergibt sich insbesondere daraus, dass die an den Bayerischen Landtag über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gemeldeten Zahlen sich auf den Stichtag 31. Dezember des jeweiligen Jahres und nicht auf den Jahresdurchschnitt beziehen.

Zu 6.1: Wegen der besonderen körperlichen und geistigen Voraussetzungen, die die Bediensteten des uniformierten Justizvollzugsdienstes zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in den bayerischen Justizvollzugsanstalten erfüllen müssen, ist es ­ ebenso wie bei der Polizei ­ nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, einen schwerbehinderten Bewerber für den uniformierten Dienst neu einzustellen. Schwerbehinderten ist die Teilnahme an den beamtenrechtlichen Auswahlverfahren vorbehaltlos eröffnet. Nach den in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen kann es jedoch nur in sehr seltenen Einzelfällen zur Einstellung von schwerbehinderten Bewerbern in den Justizvollzugsdienst kommen, weil die Amtsärzte bei der Einstellungsuntersuchung die uneingeschränkte physische bzw. psychische Eignung für den uniformierten Justizvollzugsdienst aufgrund der bei den Bewerbern vorhandenen psychischen oder physischen Einschränkungen in der Regel verneinen.

In der Verwaltung und bei den Fachdiensten (Ärzte, Psychologen, Pädagogen und Sozialarbeiter) bestehen weniger hohe Anforderungen an die körperlichen Voraussetzungen.

Schwerbehinderte Personen können in diesen Bereichen uneingeschränkt beschäftigt werden, soweit sie die Mindestanforderungen hierfür erfüllen. Bei Stellenausschreibungen wird hierauf gesondert hingewiesen. Die für die Personalgewinnung und -auswahl zuständigen Personen werden angehalten, im Rahmen von Informationsveranstaltungen oder bei Bewerberanfragen die Belange der schwerbehinderten Menschen besonders zu berücksichtigen.

Zu 6.2: Der Prozentsatz für die Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen beträgt 5 % (§ 71 Abs. 1 SGB IX).

Damit wurde die Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte von 5 % für den gesamten Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz erfüllt. Die Beschäftigungsquote im Bereich der Justizvollzugsanstalten liegt unter der im übrigen Justizdienst. Im Hinblick auf die besonderen Anforderungen im Strafvollzugsdienst kann die Erfüllung der Pflichtquote dort nicht erreicht werden.

Zu 7.: Zum Stichtag 31. Dezember 2008 waren von den insgesamt 3.227 Rechtsreferendaren und Beamtenanwärtern im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz 21 schwerbehindert oder gleichgestellt.

Im bayerischen Justizvollzug findet eine Berufsausbildung für Bedienstete ausschließlich im Rahmen von beamtenrechtlichen Vorbereitungsdiensten statt. Behinderten Personen ist der Zugang hierzu grundsätzlich ohne Vorbehalt möglich. Im Hinblick auf die zu Frage 6.1 geschilderte Situation können jedoch nur wenige schwerbehinderte Bewerber tatsächlich eine Ausbildung aufnehmen. Die Ausbildungsanstalten und die Bayerische Justizvollzugsschule Straubing sind in solchen Fällen angehalten, die betroffenen Anwärter in jeder Hinsicht zu unterstützen. So absolviert beispielsweise ein in seiner Gehfähigkeit stark eingeschränkter und auf Gehhilfen angewiesener Anwärter des mittleren Verwaltungsdienstes derzeit problemlos seinen Vorbereitungsdienst.

Zu 7.1: Die Bayerische Justizvollzugsschule Straubing ist für eine behindertengerechte Ausbildung geeignet. Betroffene Personen können Unterrichtsräume, Kantine und Aufenthaltsbereiche barrierefrei erreichen. Die Schule verfügt zudem über eine mobile Rampe, mit deren Hilfe bei Bedarf auch andere Räumlichkeiten erschlossen werden können.

Der Zugang zu einer Vielzahl der Einzelzimmer in den Unterkunftsgebäuden ist ebenfalls ohne Weiteres möglich. Daneben ist ein Zimmer mit eigener Nasszelle zusätzlich speziell an die Bedürfnisse von Personen mit schweren Einschränkungen in ihrer Bewegungsfreiheit angepasst.