Wiederherstellung der Hochwassersicherheit an Donau und Isarmündungsgebiet

Nachdem das Wasserwirtschaftsamt Deggendorf aufgrund der hydraulischen Berechnungen der Rhein-Main-Donau Wasserstraßen (RMD) großflächige Rodungen von Wald und Weidengebüsch zur Wiederherstellung der Hochwassersicherheit im Isarmündungsgebiet plant, frage ich die Staatsregierung:

1. Liegt dem Umweltministerium das Gutachten von Prof. Dr.-Ing. habil. Hans Helmut Bernhart von der Universität Karlsruhe vor, das das Vorlandmanagement im Flussabschnitt Straubing-Vilshofen mit Isarmündung/Staatshaufen gemäß den hydraulischen Nachweisen der RMD bewertet?

a) Wenn ja, wie beurteilt die Staatsregierung diese Ergebnisse?

2. Inwieweit sind die von der RMD vorgelegten hydrologischen Berechnungen zum Vorlandmanagement überhaupt von neutraler Seite geprüft worden?

a) Wenn ja, welche Ergebnisse ergab eine derartige Überprüfung?

b) Welche Auswirkungen haben die ehemaligen Maisanbauflächen im Deichvorland auf den Wasserspiegel?

c) Welche Auswirkungen haben die bestehenden Gehölz- und Waldtypen, insbesondere die Weichhölzer in unmittelbarer Ufernähe?

3. Weshalb stellt die RMD nicht die im Auftrag des Bundes bereits erworbenen Grundstücke zur Realisierung des dringend notwendigen Hochwasserschutzes zur Verfügung?

a) Welche Maßnahmen wird der Freistaat Bayern ergreifen, damit die sich im Eigentum des Bundes befindlichen Flächen ­ unabhängig vom Donauausbau ­ für Deichrückverlegungen (zwischen Staatshaufen und Thundorf, Thundorf und Aicha, Hofkirchen) zur Verfügung gestellt werden?

b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Maßnahmen zur Deichrückverlegung?

4. Wie schätzt die Staatsregierung die Vereinbarkeit der Rodungen mit den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie, der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie sowie mit den Zielen von Naturschutz und Landschaftspflege ein?

a) Welche Auswirkungen hätten Rodungen für die terrestrische wie auch aquatische Tier- und Pflanzenwelt?

b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Rodungen vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Isarmündung um ein Gebiet mit besonderem Schutzstatus handelt?

5. Welche Maßnahmen werden zur Renaturierung und ökologischen Aufwertung der Isarmündung ergriffen?

a) Weshalb wurden die früheren Pläne für Rinnen- und Muldensysteme verworfen, obwohl diese ökologischer und im Hochwasserfall effektiver wären?

b) Wie beurteilt die Staatsregierung die Abtragung von Uferauflandungen (sog. Uferrehnen)?

c) Wie wirkt sich die Abtragung von Uferrehnen auf den Hochwasserschutz aus?

6. Gibt es Pläne zu Verbesserungen der mangelhaften Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen zum UA I und UA II?

a) Wenn ja, welche?

Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 31.07.

Zu 1.: Das Gutachten von Prof. Dr.-Ing. habil Hans Helmut Bernhart liegt dem Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit vor.

Zu 1. a):

Das besagte Gutachten ist Teil der Einwendungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für den dritten und letzten Abschnitt der Sofortmaßnahmen in Bezug auf die Gehölzeingriffe. Das Genehmigungsverfahren ist derzeit bei der Regierung von Niederbayern anhängig. Im Verfahren wird das Gutachten abschließend bewertet. Mit dem Abschluss ist im Sommer 2009 zu rechnen.

Zu 2.: Die Überprüfung der hydraulischen Berechnungen erfolgte durch das Bayerische Landesamt für Umwelt.

Zu 2. a):

Die erforderlichen Eingriffe im Umsetzungsabschnitt (UA) I, II und III sowie der Maisanbauverbotskorridor wurden mit dem gleichen, hydrodynamischnumerisch zweidimensionalen Berechnungsmodell (HYDRO_AS-2D) ermittelt. Die Eignung des verwendeten Berechnungsmodells zur Beurteilung von Eingriffsnotwendigkeit und Planungsvarianten im gesamten Donauabschnitt von Straubing bis Vilshofen wurde bestätigt. Es wurde im Übrigen bisher auch gerichtlich nicht in Zweifel gezogen. Auf das Urteil des VG Regensburg vom 25. Februar 2008 wird hierzu verwiesen.

Zu 2. b):

Im Rahmen des transnationalen Projektes SUMAD (Sustainable Use and Management of Alluvial Plains in Diked River Areas) wurde nachgewiesen, dass Ackerkulturen wie Mais und Sonnenblumen sowie gleichermaßen Gehölze (Bäume und Sträucher) im abflusswirksamen Vorlandbereich den Wasserspiegel bei Hochwasser erhöhen. Im UA III befinden sich keine Maisanbauflächen.

Zu 2. c): Sie verhindern das Ein- und Ausströmen von Hochwasser in die Vorländer. Um dies wieder ausreichend zu ermöglichen, sollen die Ufergehölze an definierten Abschnitten in der gesamten Strecke Straubing ­ Vilshofen gerodet und aufgelichtet werden. Hierdurch werden die Vorländer wieder besser am Abflussgeschehen beteiligt. Im Isarmündungsgebiet soll entsprechend den hydraulischen Erfordernissen der vorhandene Wald (Bäume und Sträucher) dauerhaft und ausreichend für den Hochwasserdurchfluss geöffnet werden.

Zu 3.: Die Maßnahmen des Vorlandmanagements erfolgen unabhängig vom geplanten Donauausbau, das heißt auch unabhängig von Variante A oder einer Variante C bzw. C 2,80.

Der Freistaat Bayern hat keinen Zugriff auf Grundstücke des Bundes, die dieser im Hinblick auf den Donauausbau erworben hat.

Zu 3. a): Vergleiche Antwort zu Frage 3.

Zu 3. b):

Das Hochwasserschutzaktionsprogramm 2020 der Bayerischen Staatsregierung ist Grundlage für das raumgeordnete Hochwasserschutzkonzept Straubing ­ Vilshofen. Dieses erfüllt die Anforderungen an einen modernen Hochwasserschutz. In Bereichen zwischen Straubing und Vilshofen, in denen aufgrund der besiedelten Polderräume (= potentielles Überschwemmungsgebiet der Donau landeinwärts hinter den Deichen) noch Deichrückverlegungen möglich und zweckmäßig sind, um der Donau wieder mehr Raum zu verschaffen, wurde dies im Hochwasserschutzkonzept berücksichtigt. In der Summe handelt es sich um ca. 35 km Deichrückverlegungsabschnitte, wodurch rund 750 ha neue Donauauen bzw. Retentionsräume entstehen sollen. Entsprechend sollen auch in den Abschnitten Staatshaufen, Thundorf, Aicha, Hofkirchen Deiche zurückverlegt werden.

Hydraulisch relevant sind allerdings Engstellen wie beispielsweise zwischen den beiden donaunahen Orten Niederalteich und Thundorf. Diese markante Engstelle dominiert die hydraulischen Verhältnisse weitgehend unbeeinflusst von geplanten Deichrückverlegungen in diesem Abschnitt (Flaschenhalseffekt).

Zu 4.: In rechtlicher Hinsicht sind nachweislich notwendige Eingriffe im Allgemeinwohlinteresse auch in Natura 2000-Gebieten ausnahmsweise zulässig. Das gilt ebenso für Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete. Die Eingriffe sind jedoch im Sinne der FFH-RL so auszugleichen, dass die Qualität des Geländes nicht nachhaltig verschlechtert wird (Kohärenzausgleich). Dies wird in Form von Auflagen im Rahmen der Genehmigungsbescheide verbindlich festgelegt, wie dies bereits im UA I und UA II der Fall ist.

Zu 4. a): Erhebliche Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen in Natura 2000-Gebieten erfordern zwingend einen Ausgleich dieser Eingriffe. Der notwendige Ausgleich wird aufgrund entsprechender Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierungen festgelegt. Einzelheiten in Bezug auf Auswirkungen und Ausgleich können den Antragsunterlagen für den UA III entnommen werden, die im Rahmen des noch laufenden Genehmigungsverfahrens geprüft werden.

Zu 4. b):

Die herausragende Bedeutung des Isarmündungsgebietes wird mit der erforderlichen Sorgfalt berücksichtigt. Es wurde hier deshalb ein eigener, naturraumverträglicher Lösungsansatz entwickelt. Die dauerhafte Öffnung des Gebietes soll durch naturnahe Rinnen bewerkstelligt werden. Diese Lösung wurde in Abstimmung mit den Fachstellen und Verbänden entwickelt. Die Ausführung ist in zwei Schritten geplant. Zur unmittelbaren Hochwassergefahrenabwehr müssen im ersten Schritt die Gehölzeingriffe umgehend erfolgen, da diese bereits einen deutlichen Beitrag zur Absenkung der überhöhten Hochwasserspiegel leisten. Im zweiten Schritt ist die Planung, Planfeststellung und bauliche Umsetzung der Altarme vorgesehen. Erfahrungsgemäß ist hierfür ein Zeitraum von etwa 5 Jahren erforderlich. Die Eingriffskorridore wurden so ermittelt, dass diese einerseits hydraulisch wirksam sind und andererseits soweit wie möglich auf die Natur Rücksicht nehmen und deshalb möglichst klein sind (Minimierungsgebot). Ohne entsprechende Rodungen können die Altarme nicht hergestellt werden. Die Vereinbarkeit, die Auswirkungen und der notwendige bzw. zulässige Umfang der Rodungen bzw. der Gehölzeingriffe sind Gegenstand der Antragsunterlagen sowie des laufenden Genehmigungsverfahrens.

Zu 5.: Das Eingriffs- bzw. Lösungskonzept für die geplanten Gehölzeingriffe wurde unter Berücksichtigung aller bislang vorhandenen relevanten Fachplanungen für das Isarmündungsgebiet erstellt. Beantragt ist zunächst der Gehölzeingriff. Die hierzu erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen sind Gegenstand der Prüfung im laufenden Genehmigungsverfahren.

Zu 5. a):

Die Pläne hinsichtlich Lösungsansatz mittels Mulden- und Rinnensysteme bzw. der naturnahen Altarme wurden nicht verworfen. In Anbetracht der sich, nach hydraulischen und ökologischen Erfordernissen, im Laufe des Planungsprozesses entwickelten Dimensionen der Flutrinnen bzw. Altarme ist eine ursprünglich angedachte unverzügliche Realisierung nicht machbar.

Zu 5. b):

Die Abtragung der Uferrehnen im Bereich der geplanten Eingriffskorridore sind aus hydraulischen Gründen erforderlich (Beseitigung von Abflusshindernissen) und dient zudem der Redynamisierung der Auenlandschaft. Dadurch kann die Aue wieder besser und vor allem häufiger überflutet werden.

Diese positive Wirkung wird auch von den beteiligten Fachstellen und Verbänden anerkannt. Deshalb wurden die Uferrehnenabträge im Rahmen der Gewässerunterhaltung als Vorwegmaßnahme im Januar 2009 unverzüglich ausgeführt.

Zu 5. c):

Durch Abtragung der Uferrehnen wird ein Abflusshindernis am rechten Isarufer partiell beseitigt. Die hydraulische Wirksamkeit der geplanten Abflusskorridore wird dadurch verbessert. Auf die Belange der Schifffahrtsverhältnisse ist dabei Rücksicht zu nehmen. Die hydraulische Wirkung von Uferrehnen ist im Einzelfall nachzuweisen.

Zu 6.: Derartige Pläne gibt es nicht und sind auch nicht erforderlich.

Die Ausgleichsmaßnahmen für den UA I sind bis 2010 und für den UA II bis 2015 entsprechend den Auflagen in den jeweiligen Bescheiden zu realisieren. Die Ausgleichsmaßnahmen befinden sich in der Umsetzung und liegen bislang im Zeitplan.

Zu 6. a):

Siehe Antwort zu Frage 6.