Auflagen und Maßnahmen beim Rakoczyfest in Bad Kissingen

Ich frage die Staatsregierung:

1. a) Welche Auflagen werden den Veranstaltern von sogenannten Stadtfesten hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes gemacht?

b) Welche Auflagen erhalten Veranstalter sogenannter Stadtfeste hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes hinsichtlich Minderjähriger, die nach 22 Uhr ohne Eltern oder Erziehungsberechtigte unterwegs sind?

2. Welche Maßnahmen müssen seitens der Veranstalter solcher Stadtfeste gewährleistet sein, um Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen einzudämmen?

3. Welche Maßnahmen wurden konkret beim Rakoczyfest in Bad Kissingen am 25./26. Juli 2009 vom Veranstalter getroffen, um im Bereich von dem zügellosen Alkoholmissbrauch von Jugendlichen Einhalt zu gebieten?

4. Warum schaute die dort anwesende Polizei ohne einzugreifen zu, wie sich Jugendliche betranken?

5. Wie ist es zu erklären, dass die anwesende Polizei hierzu die Aussage trifft Wir greifen erst ein, wenn die nicht mehr stehen können!?

6. Wie können zum einen Festwirten oder Vereinen bei Zeltfesten hohe Auflagen hinsichtlich des Sicherheitsdienstes gemacht werden und bei derlei Stadtfesten keinerlei Einlasskontrollen erfolgen?

7. Warum wurde speziell beim im Rakoczyfest Alkohol an Jugendliche unter 16 Jahren ohne Ausweiskontrolle durch die Ständebetreiber ausgegeben und warum erfolgte keine Überprüfung der Ausschankpraxis an Jugendliche durch die Polizei?

8. Warum erfolgten beim Rakoczyfest keine stichprobeartigen Überprüfungen zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes nach 22 Uhr für Minderjährige ohne Eltern/Erziehungsberechtigten-Begleitung?

Die Schriftliche Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie sowie mit dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen wie folgt:

Zu 1. a): Das Jugendschutzgesetz ist unmittelbar geltendes Bundesrecht, das unabhängig von etwaigen Auflagen an den Veranstalter Anwendung findet und somit unabhängig von der Art der öffentlichen Veranstaltung und etwaiger Auflagen zu beachten und einzuhalten ist. Dessen ungeachtet werden vielerorts Veranstalter nochmals ausdrücklich zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes angehalten.

Die für Stadtfeste, Vereinsfeiern und ähnliche Veranstaltungen einschlägigen Bestimmungen zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit sind:

· § 4 ­ Gaststätten § 4 Abs. 1 bestimmt, dass Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren der Aufenthalt nur in Begleitung einer erziehungsbeauftragten oder personensorgeberechtigten Person gestattet werden darf oder wenn sie zwischen 5 Uhr und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen.

Jugendlichen ab 16 Jahren ist der Aufenthalt ohne Begleitung einer erziehungsbeauftragten oder personensorgeberechtigten Person bis 24 Uhr gestattet. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, insbesondere kann die zuständige Behörde Ausnahmen genehmigen.

· § 9 ­ Alkoholische Getränke § 9 Abs. 1 bestimmt, dass Branntweine oder branntweinhaltige Getränke nicht an Minderjährige und andere alkoholische Getränke nicht an Jugendliche unter 16 Jahren oder an Kinder abgegeben oder ihnen der Verzehr gestattet werden darf. Jugendliche unter 16 Jahren dürfen allerdings Bier, Wein oder andere nicht branntweinhaltige Getränke konsumieren, wenn sie in Begleitung einer personensorgeberechtigten Person (z. B. Eltern, Vormund) sind.

· § 10 Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren Tabakwaren dürfen in der Öffentlichkeit an Kinder und Jugendliche weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen gestattet werden.

Veranstalter von öffentlichen Festen sind gesetzlich verpflichtet, diese Bestimmungen zu beachten und ihre Einhaltung sicherzustellen.

Daneben kann das Jugendamt nach § 7 weitergehende Anordnungen treffen, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung eine Gefährdung für das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen ausgeht (z. B. Alters-/ Zeitbegrenzungen). Solche Auflagen sollten die Größe und Art des jeweiligen Festes ebenso berücksichtigen wie die Zuverlässigkeit des Veranstalters. Bei Festen, die regelmäßig stattfinden, können auf der Basis der vor Ort bereits gemachten Erfahrungen die jugendschutzspezifischen Auflagen sehr genau der Veranstaltung angepasst werden.

Das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat den Vollzugsbehörden in den Vollzugshinweisen zum Jugendschutzgesetz (abrufbar unter www. stmas.bayern.de/jugendschutz/vollzugshinw-juschg.pdf) ausführliche und differenzierte Empfehlungen gegeben, welche Auflagen ­ über die unmittelbar geltenden Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes hinaus ­ sinnvoll und möglich sind. Damit wurden Orientierungen für einen möglichst einheitlichen und auch im Einzelfall angemessenen Vollzug bei den bayerischen Jugendämtern geschaffen.

Da es sich bei Stadtfesten regelmäßig um erlaubnispflichtige Veranstaltungen nach § 2 des Gaststättengesetzes handelt, die nach § 12 der Gestattung durch die zuständige Gemeinde bedürfen, hat die Gemeinde die Möglichkeit, geeignete Auflagen nach § 12 Abs. 3 zu erteilen. Hierzu zählen auch Auflagen, die gewährleisten, dass Kinder und Jugendliche durch die Veranstaltung nicht in ihrer Entwicklung beeinträchtigt oder gar gefährdet werden (vgl. insoweit die als Anlagen 2 und 3 zu den o. g. Vollzugshinweisen abgedruckten Rundschreiben des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie).

Zu 1. b): Siehe zunächst die Ausführungen zu Frage 1a. Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit Einlasskontrolle wird dem Veranstalter empfohlen, das Alter der Jugendlichen durch geeignete Maßnahmen (z. B. verschiedenfarbige Armbändchen) sichtbar zu machen oder Ausweise zu verwahren, um sicherzustellen, dass 16- und 17-Jährige die Veranstaltung um 24 Uhr verlassen.

Zu 2.: Der Alkoholmissbrauch von Jugendlichen ist ein zentrales aktuelles Problem des Jugendschutzes. Hier müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um eine Gefährdung Minderjähriger zu verhindern.

Die in der Antwort zu Frage 1a dargelegten Möglichkeiten bieten ein umfangreiches Instrumentarium, um den problematischen Alkoholkonsum von Minderjährigen bei öffentlichen Feiern wirksam zu begrenzen. Neben den beschriebenen gesetzlich zwingenden Vorgaben und im Einzelfall anzuordnenden Auflagen kommt vor allem präventiver Beratung eine zentrale Funktion zu. Als bewährtes Instrument erweisen sich vielerorts Sicherheitsgespräche oder Runde Tische, die bereits im Vorfeld zu geplanten Großveranstaltungen mit den Veranstaltern, der Polizei, den Ordnungsämtern, dem Jugendamt, den Hilfsdiensten (Malteser/Rotes Kreuz), der Feuerwehr und den für den Vollzug des Gaststättenrechts zuständigen Behörden durchgeführt werden.

Daneben stellen zahlreiche Jugendämter umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung, welches Veranstalter bereits in der Planungsphase unterstützt, entsprechende jugendschutzrechtliche Bestimmungen zu berücksichtigen.

Außerdem können die Gemeinden, sofern Veranstaltungen als öffentliche Einrichtung der Gemeinde stattfinden, durch Satzung auf Grundlage der Gemeindeordnung verbieten, dass alkoholische Getränke zu einem Stadtfest mitgebracht werden.

Zu 3.: Im Vorfeld des diesjährigen Rakoczyfestes fand eine Besprechung mit Vertretern der Stadt Bad Kissingen (Oberbürgermeister, Ordnungsamt), der Bayer. Staatsbad Bad Kissingen und den beteiligten Wirten und Vereinen statt.

Hierbei wurde auf das Abgabeverbot von Alkohol an Jugendliche und auf Kontrollen von Alkoholmissbrauch durch Sicherheitswacht, Polizei und Jugendamt hingewiesen.

Bereits in den Vorjahren hatte sich die Örtlichkeit als ein Brennpunkt erwiesen, weil sich dort in den Abend- und Nachtstunden mehrere Hundert Jugendliche und Heranwachsende aufhielten, um außerhalb des Veranstaltungsgeländes zu feiern und mitgeführte alkoholische Getränke zu konsumieren. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre errichteten Polizei, das Bayer. Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk sowie die Freiwillige Feuerwehr während der Festtage vor der Herz-Jesu-Kirche einen abgesperrten Bereitstellungsraum. Seitens der Polizei wurde die mobile Wache des Polizeipräsidiums Unterfranken aufgestellt und mit einer Festwache besetzt.

Die dort eingesetzten Polizeibeamten hatten den Auftrag, durch eine ständig sichtbare Polizeipräsenz typische Sicherheitsstörungen nach übermäßigem Alkoholkonsum, auch durch Jugendliche, aber auch Straftaten wie Körperverletzungen und Sachbeschädigungen zu verhüten und ggf. für Bürgeranliegen sofort ansprechbar zu sein.

Tatsächlich wurde im Vergleich zum Vorjahr während der drei Festtage ein erheblicher Rückgang der Straftaten um 80 % (von 19 auf 4 Fälle) festgestellt.

Zu 4.: Der Vorwurf, dass die anwesende Polizei ohne einzugreifen zuschaute, wie sich Jugendliche betranken, wird vom Polizeipräsidium Unterfranken zurückgewiesen.

Das Rakoczyfest wird seit dem Jahr 2000 jährlich durch Jugendamt und Polizei hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes (insbesondere Alkoholkonsum von Jugendlichen) kontrolliert. Die Polizeiinspektion Bad Kissingen hat während der gesamten Veranstaltung mit unterstellten Kräften der Bayerischen Bereitschaftspolizei unter Beteiligung des Jugendamtes Jugendschutzkontrollen durchgeführt. So erfolgten Jugendschutzkontrollen am Freitag durch die Polizei, am Samstag durch Jugendamt und Polizei.

Dabei wurde der Alkoholkonsum von Minderjährigen (Alter, Art des Alkohols, Herkunft des Alkohols) nicht nur im Kernbereich der Veranstaltung kontrolliert, sondern auch im weiteren Umfeld gemäß der Erfahrungen der letzten Jahre (Parkhäuser, Sparkassenpassage, Berliner Platz, Telekomgebäude, Liebfrauen-See, Theaterplatz mit Seitenstraßen, Rosengarten, Kurgarten usw.). Der Schwerpunkt der Kontrolle war dabei der Bereich der Von-Hessing-Straße/Herz-Jesu-Kirche. Weiter wurden Grünflächen und Nischen in den Randbereichen auf Alkoholdepots hin kontrolliert, da die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, dass Jugendliche ihre Rucksäcke mit Alkoholika dort versteckt hatten. (Stark) alkoholisierte Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen hatten, wurden vor weiterem Konsum gewarnt (Prävention) und ggf. einem freiwilligen Alko-Test unterzogen.

Vereinzelt musste gegen den Alkoholkonsum Jugendlicher eingeschritten und entsprechende Verstöße, in enger Absprache mit den anwesenden Vertretern des Jugendamtes, unterbunden werden. Neun Minderjährige wurden des Platzes verwiesen, drei alkoholisierte Jugendliche in Gewahrsam genommen und ihren Eltern übergeben.

Zu 5.: Die geschilderte Äußerung eines befragten Polizeibeamten kann seitens des Polizeipräsidiums Unterfranken nicht nachvollzogen werden.

Die Polizeiinspektion Bad Kissingen war als örtlich zuständige Polizeidienststelle für die polizeiliche Betreuung der Veranstaltung, auch über die Veranstaltungszeiten hinaus, verantwortlich und kann dabei auf eine langjährige Einsatzerfahrung bei der Betreuung dieser Veranstaltung zurückgreifen. Die seit Jahren praktizierte, konsequente Einsatztaktik orientiert sich an der behördenübergreifenden Grundsatzregelung zur Bewältigung von Veranstaltungen in Unterfranken, die in Zusammenarbeit mit der Regierung von Unterfranken erarbeitet und durch das Polizeipräsidium Unterfranken erlassen wurde. Dieses Konzept setzt unterfrankenweit einen Rahmen, der den Dienststellen Handlungssicherheit bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und klare Leitlinien gibt.

Zu 6.: Die Notwendigkeit, Auflagen zu verfügen, ergibt sich aus der Art der Veranstaltung und den mit dieser Veranstaltung gemachten Erfahrungen (vgl. Antwort zu 1a). Im Gegensatz zu einer Festlichkeit in einem Zelt/einer Räumlichkeit oder auf einem sonstigen abgegrenzten Veranstaltungsgelände erscheinen Einlasskontrollen auf einem grundsätzlich frei zugänglichen Straßenfest wenig praktikabel.

Zu 7.: Seitens Polizei und Jugendamt wurde der Alkoholausschank hinsichtlich der Einhaltung des Jugendschutzgesetzes während des gesamten Veranstaltungszeitraumes kontrolliert und festgestellte Verstöße zur Anzeige gebracht. In vier Fällen erfolgte wegen der unerlaubten Abgabe branntweinhaltiger Mix-Getränke an Jugendliche die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens.

Siehe auch Ausführungen zu Frage 4.

Zu 8.: Wegen der zu erwartenden Teilnahme von Minderjährigen bei dieser Veranstaltung und dem evtl. damit verbundenen Konsum von Alkohol wurden gemeinsame Jugendschutzkontrollen von Polizei und Jugendamt des Landratsamtes Bad Kissingen durchgeführt. Die Jugendschutzkontrollen erfolgten stichpunktartig und an den unterschiedlichsten Örtlichkeiten im Veranstaltungsraum, da eine lückenlose Kontrolle sämtlicher Veranstaltungsteilnehmer nicht möglich war.

Siehe auch Ausführungen zu den Fragen 1a, 4 und 7.