Sondernetzkarten bzw. Freifahrt für Polizeibeamte in Bayern

Öffentliche Sicherheit und Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr Teil I: Sondernetzkarten bzw. Freifahrt für Polizeibeamte in Bayern.

Wie der Vorfall in der Münchner S-Bahn zeigt, hatte Herr Brunner zwar offenbar alles richtig gemacht, war aber zuletzt völlig schutzlos seinen Mördern ausgeliefert. Jedoch mit entsprechenden Maßnahmen zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit wäre sein Tod vielleicht zu verhindern gewesen. So wie es etwa auch das Polizeiaufgabengesetz vorsieht, muss dabei Prävention vor Repression gehen. Aber genau für die Vorbeugung von Straftaten und zur Verhinderung von Verbrechen wird m. E. offensichtlich bei Weitem nicht genug getan.

Eine vollständige Kostenfreiheit im ÖPNV für Polizeibeamte und auch etwa Angehörige der Münchner Sicherheitswacht wäre so eine effiziente und ohne großen Aufwand durchführbare Maßnahme, die unmittelbar zu einer Erhöhung des Sicherheitsfaktors in den öffentlichen Verkehrsmitteln führt. Die u. a. mehrfach vorgebrachten Gegenargumente, dass bereits Vollzugsbeamte in Uniform generell Freifahrt auf allen MVV-Linien und bei der Deutschen Bahn hätten und nicht uniformierte Vollzugsbeamte persönliche Sondernetzkarten kaufen können, greifen zu kurz. Denn, wenn potenzielle Gewalt- und Straftäter jedoch jederzeit damit rechnen müssten, dass etwa Polizisten und sonstige Sicherheitskräfte auf dem Weg von und zur Arbeit sowie vor allem in ihrer Freizeit vermehrt auch den ÖPNV nutzen, schafft dies automatisch ein Gewalttaten eindämmendes Klima.

Hinzu kommt, dass m. E. nach insbesondere auf den weitverzweigten Außenästen des MVV-Netzes sowohl die Anzahl des vor Ort präsenten Sicherheitspersonals und vor allem die Reaktionszeiten bei Weitem nicht ausreichend sind, um schnellstmöglich auf Zwischenfälle reagieren zu können.

Vor allem die für die Bahnstrecken und damit auch für die Münchner S-Bahn zuständige Bundespolizei scheint, außer im Bereich ihrer zentralen Dienststellen an Ost- und Hauptbahnhof sowie am Münchner Flughafen, routinemäßig kaum auf den weiteren Bahnhöfen präsent zu sein und hat offenbar für weiter abgelegene Bahnhöfe außerhalb der Stammstrecke 04.12. viel zu lange Anfahrts- und Reaktionszeiten.

Schließlich haben auch die in der Vergangenheit immer wieder geführten Diskussionen um Ausstattung, Ausbildung und Bezahlung der privaten Sicherheitsdienste im Bereich des MVV und der MVG mehr als deutlich gezeigt, dass auch hier dringender Handlungsbedarf besteht, damit diese zur Unterstützung der staatlichen Organe im Rahmen der öffentlichen Sicherheit qualitativ und quantitativ entsprechend verfügbar sind.

Ich frage die Staatsregierung hinsichtlich Sondernetzkarten für Polizeibeamte im Ballungsraum München zur Nutzung des MVV sowie bzgl. Freifahrt auch privat in allen öffentlichen Verkehrsmitteln für alle Polizeibeamten:

1. Wie viele Polizeibeamte nehmen absolut und prozentual (bezogen auf alle) bisher das Angebot der Sondernetzkarte für den MVV an?

2. Welche Erkenntnisse zur Häufigkeit der privaten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Uniform liegen der Bay. Staatsregierung vor?

3. Wie oft sind in den letzten 5 Jahren den ÖPNV privat nutzende Polizeibeamte unter Nutzung der Sondernetzkarte in Zivil gegen Fehlverhalten eingeschritten?

4. Wie oft sind in den letzten 5 Jahren den ÖPNV nutzende Polizeibeamte in Uniform gegen Fehlverhalten eingeschritten?

5. Bestand bereits früher einmal in Bayern, z. B. für die Stadtpolizei München, die Möglichkeit für Polizeibeamte, den ÖPNV generell kostenfrei zu nutzen?

b) Zu welchen Konditionen?

Primär werden die öffentlichen Verkehrsmittel in Anspruch genommen:

· in Zivil auf dem Weg von/zur Wohnung ­ Dienststelle, auf Dienstgängen und Einsätzen

· in Uniform auf dem Weg von/zur Wohnung ­ Dienststelle und auf Dienstgängen

· in Zivil mit privater Nutzung im gesamten MVV-Bereich

Zu 3.: Nachfolgende Auflistung gibt die Gesamtzahl der außerdienstlichen Einschreitfälle im MVV-Bereich wieder.

Darüber hinausgehende Aufzeichnungen liegen nicht vor.

Die Übersicht stellt die Anzahl der Einschreitfälle dar, die bayernweit von uniformierten Beamten der bayerischen Polizei im Bereich der Deutschen Bahn vorgenommen wurden. Die Einschreitfälle für den sonstigen ÖPNV werden nicht erhoben.

Nach unseren Erkenntnissen gibt es die Sondernetzkarten (MVV) bereits seit 01.07.1976 (Stadtpolizei München wurde zum 01.10.1975 verstaatlicht). Bis zum 31.12.1991 war die Nutzung durch uniformierte und zivile Vollzugsbeamte kostenfrei. Seit 01.01.1992 besteht eine Eigenbeteiligungspflicht für alle Nutzer. Die Eigenbeteiligung der Vollzugsbeamten beträgt derzeit monatlich 18,17 ; dieser Betrag wird grundsätzlich an die Tariferhöhungen des MVV angepasst.

Zu 7. a): Neben einem Vertrag mit der Deutschen Bahn AG und mit der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund bestehen bayernweit eine Vielzahl von bilateralen Vereinbarungen zwischen den Polizeiverbänden bzw. Dienststellen vor Ort mit den jeweiligen Verkehrsgesellschaften bzw. privaten Busunternehmen (z. B. Regionalverkehr Oberbayern ­ RVO, Stadtwerken etc.), die eine Freifahrt von Polizeivollzugsbeamten überwiegend in Uniform ermöglichen.

Zu 7. b) und c): Über konkrete Vereinbarungen in anderen Städten außerhalb Bayerns bzw. in anderen Bundesländern liegen keine Erkenntnisse vor.

Zu 8.: Der Ministerrat hat am 16.09.2009 beschlossen, eine kostenfreie Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für Polizeivollzugsbeamte in ganz Bayern (unabhängig von der Uniformierung) anzustreben. Hierzu laufen bereits erste Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Dachverbänden der Verkehrsunternehmen. Wie schnell und zu welchen Konditionen eine kostenfreie Benutzung umgesetzt werden kann, bleibt den weiteren Verhandlungen vorbehalten.